Work & Travel in Australien

Reisezeit: Oktober 2005 - März 2006  |  von Ferdinand Kopietz

Tasmanien - Die große Reise beginnt...Unten: Tag 3 - Vom Albtraum zur (Eis)Hoelle

Wie auch letzte Nacht begann dieser Tag bereits gegen 2Uhr. Ich spuerte zwar erneut mein natuerliches Beduerfnis rufen, doch die Kaelte diese Nacht war schier unertraeglich. Normalerweise sollte der Anwendungsbereich unserer Schalfsaecke bis 5Grad gehen - aber wir wissen ja, wie es sich mit Grenzwerten verhaelt - doch wir hatten nicht einmal das Gefuehl, dass es im Schlafsack waermer war, als ausserhalb. Mag sein, dass es auch daran gelegen haben koennte, dass ich eigentlich gar nichts mehr spuerte - ich fuerchtete sogar meine Fuesse anzusehen. Den Blick eines eingefrorenen, blauen Zehs haette ich beim besten Willen nicht verkraftet. Und raus aus dem Zelt, um die Blase zu erleichtern und den Kreislauf etwas in Schwung zu bringen und waerme zu spueren, war ueberhaupt nicht zu denken. Mittlerweile hatte es zwar aufgehoert zu regnen. Dafuer schuettete es nun, als wenn es kein Morgen mehr geben wuerde. Noch 5h bis der Tag beginnt. 5h bis es hell wird und man raus und in die Berge kann - einfach nur bewegen, wandern, rennen "Hitze in die Glieder treiben". Das Plaetschern des Wassers auf unserem Zelt verstaerkte nun auch noch meinen Harndrang - womit habe ich das verdient? Was habe ich getan? Werde ich etwa auf die Probe gestellt? Ich stehe das durch - egal wie. Nachdem ich um meine Fuesse, die schon von 3 Paar Socken gewaermt wurden - oder wenigstens sollten - 2 weitere T-Shirts wickelte und noch immer keine Besserung verspuerte. Trieb mich die bittere Verzweiflung zur allerletzten Loesung. Es ging fuer mich ums nackte ueberleben. Und so riss ich mich zusammen, griff zum letzten, hoffentlich rettenden, Strohhalm und fragte Dennis: "Darf ich mich an Dich kuscheln?" Den Tod vor Augen begriff Dennis sofort, dass es unsere einzige Moeglichkeit war, den naechsten Sonnenaufgang zu erleben - oder wenigstens irgendeinen in naher Zukunft. Also kuschelten wir. Ihr lacht jetzt vielleicht - ok, haben wir auch in dem Augenblick - aber Ihr koennt Euch gar nicht vorstellen, wie schnell es in unserem Schlafsack warm geworden ist - ein Zeichen fuer die gute Isolierung des Schlafsacks. Vielleicht war es aber auch die Schamesroete, die uns die Waerme - mehr jedenfalls als vorher - in den Koerper trieb. Hauptsache es hatte funktioniert. So schliefen wir dann endlich in Loeffelchen-Stellung ein. Gegen 5Uhr wachten wir erneut auf - es plaetscherte uebrigens immernoch. Saemtliche Gliedmassen waren mittlerweile eingeschlafen - wahrscheinlich fuerchtete sich sogar mein Koerper im Schlaf aus der Position zu gehen. Also wurden die Seiten gewechselt und weitergeschlafen.

Bis wir schliesslich zum letzten Mal die Augen oeffneten - wir hatten es wirklich geschafft. Es war hell und regnete nicht mehr. Raus aus dem Zelt und zur Toilette rennen - so schnell und lange wie moeglich - und begannen sehr bald natuerliche Waerme zu spueren (keine Kuschelwaerme ).

Fuer den heutigen Tag hatten wir uns vorgenommen zu angeln. Dafuer benoetigte es einer Angellizenz 17,50$ und einer Angel 20$. Und um niemehr Kaelte zu spueren, kaufte ich mir zudem, im australischen Sommer, eine Muetze 12$ und ein Paar Wollhandschuhe 25$ - nie mehr frieren.

Nicht zu übersehen: "Die Regentropfen auf der Wasseroberfläche!" - und zwar nicht zu wenige...

Nicht zu übersehen: "Die Regentropfen auf der Wasseroberfläche!" - und zwar nicht zu wenige...

So sind wir dann in Richtung Angelplatz getigert. Natuerlich am Strand entlang und nicht an der Strasse, was sich nach 20min. als Fehler herausstellte, da wir ploetzlich mitten im Sumpf standen - aber uns war erstaunlich warm. Auf dem Rueckweg, zu einer weiteren Angelstelle, begann es ploetzlich zu niesseln. Wir haben uns natuerlich nichts dabei gedacht - viel kann oben nicht mehr sein, nachdem in der Nacht bereits die Schleusen geoeffnet wurden. Aber da belehrte uns Herr Petrus eines Besseren. Keine 5min. spaeter fuehlte sich unsere Haut genauso an, wie das Aussenzelt in der letzten Nacht - und wir hatten unseren Platz noch immer nicht erreicht: "Egal, dafuer werden wir am Abend frischen, selbstgefangenen und gebratenen Fisch essen!". Aha, werden wir das? Nun, an der Angelstelle angekommen war es nicht nur nass, sondern mittlerweile auch richtig kalt - wie sich spaeter herausgestellt hatte +6 Grad, im Sommer, am Tag. Und nach der Wanderung hatten wir auch schon wieder hunger, d.h. meine Angelrute war keine 10min. im Wasser, als ich mich unter verkuemmerten Aesten versteckte und wie ein Hauefchen Elend meinen Gaskocher auspackte und anzuendete, um erstmal meine Haende zu waermen, denn in der Kaelte und dem Regen spuerte ich gar nichts mehr. Im Frust zerriss ich erstmal die Trockenpastatuete und verstreute sie auf dem Boden - das gute Essen ;-( .
Und als wenn das nicht genug waere, hat sich noch ein Currawonga vor uns gesetzt und uns ausgelacht - ich hasse diesen Vogel. Eigentlich hat er nur darauf gewartet, dass ich mich ein wenig von den Pastaresten auf dem Boden entferne, damit er sie picken kann. Frustriert hat uns nur, wie dieser verdammte Vogel seelenruhig 2,5m vor uns auf einem Ast im Regen gesessen hat, und zwar voellig unbeeindruckt von dem verdammten Regen und der zerstoerenden Kaelte, die uns saemtliche Lebensenergie aus dem Koerper zog.

Im Anschluss zum Essen schafften wir es auch nicht mehr lange. Die Finger nicht in der Lage die Rute zu halten, geschweige denn den Ausloeseknopf unserer Kamera zu druecken - so dass wir leider keine Bilder zu diesem Trip zeigen koenen - packten wir nach weiteren sehr langen 30min. unsere Sachen zusammen und stapften zum Camping-Platz. Hier setzten wir uns in der Kueche bzw. dem Aufenthaltsraum fest, schnappten uns den mobilen Heizkoerper und besetzten ihn fuer mehrere Stunden. Es dauerte auch nicht lange bis sich der Raum mit dem wundervollen Duft unserer seit 2 Tagen getragenen Socken fuellte - was wir auch nur wegen den Kommentaren der anderen Besucher wahrnahmen Stunden spaeter nach dem Essen, unsere Sachen nicht wirklich trocken, goennten wir uns im Visitor Center noch einige heisse Getraenke - aufwaermen vor der naechsten Nacht.

Auf dem Weg zurueck in unser geliebtes Zelt - gegen 21Uhr, philosophierten wir darueber, wie schoen unser Urlaub sein koennte, wenn wir nachts nicht in unseren duennen Schalfsaecken in unserem kleinen Zelt - wegen der Queensize-Matratze - schlafen muessten. Es dauerte keine 5min. bis ich Dennis ueberzeut hatte in einem 4-Bed-Dorm zu schlafen. Wir also zurueck in der Hoffnung, dass sich alles noch zum Guten wendet. An der Rezeption stellte ich mich dann, wie ein winzelnder Hund vor die Lady: "We have a problem!" Als kurze Einleitung, um auf unsere schwere Situation zu fuehren "We sleep in a tent!" Meiner Meinung nach sollte nach diesem Satz alles klar sein. Aber irgendwie schien die Frau mich nicht zu verstehen "And it is very cold!" Mit einfachstem Englisch versuchte ich unmissverstaendlich klarzumachen, dass es keine Nacht mehr in unserem Zelt auszuhalten ist. "We want to move in a cabin!" Jetzt schien die Lady auch unser Problem zu verstehen. Doch wie sich alsbald herausstellte, war alles, was irgendwie 4 Waende und ein Dach besass ausgebucht - was fuer eine Ueberraschung. Sie sicherte uns aber eine Dorm fuer die darauffolgende Nacht, d.h. eine Nacht noch ueberstehen.

Aber ins Zelt konnten wir absolut nicht mehr zurueck. Wir hatten nur eine Wahl, und zwar die Kueche. Zunaechst setzten wir uns ganz unauffaellig rein, machten es uns auf der Bank gemuetlich, schrieben Tagebuch und lasen. Bis wir ploetzlich und ganz ueberraschend, einschliefen - in dieser trockenen und vor allem warmen Huette, waehrend wir aussen die Regentropfen auf die Fensterscheibe prasseln hoerten.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Ab nach Australien, um Sprache, Menschen und Kultur kennenzulernen. Und auch ein wenig Spaß zu haben:-)
Details:
Aufbruch: 07.10.2005
Dauer: 5 Monate
Heimkehr: 05.03.2006
Reiseziele: Australien
Der Autor
 
Ferdinand Kopietz berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
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