Fahrradtour von Venedig nach Bremen
Es geht los
Ab in den Zug
11.05.2012
Zugfahrt nach Venedig
Am Freitag dem 11.05 um 12 Uhr war ich endlich startbereit. Meine Sachen waren auf meinem Fahrrad verstaut und ich fuhr los Richtung Bremer Bahnhof.
Mit dem RE4419 ging es dann um 13:19 Uhr im Fahrradabteil sitzend von Bremen nach Hannover.
In Hannover ging es im IC 1981 nach München. Hier kam ich um 20:15 Uhr an. Der Einstieg in dem Zug nach München gestaltete sich ziemlich schwierig, da ich wahrhaftig nicht der einzige Fahrradfahrer mit Gepäck war der in den Zug musste. Zunächst ging es darum alle Räder reinzubekommen. Das gelang nach anfänglichem Zweifel sogar vor Abfahrt des Zuges. Als alle Fahrräder im Waggon waren fing ein Tetris Spiel an. Die Fahrräder mussten in die vorgesehenen Ständer eingehakt werden. Als dann alle Fahrräder eingehakt waren leerte sich das Fahrradabteil und ich wanderte zu meinem Sitzplatz im 6´ er Abteil. Hier erwartete mich eine Reisebegleitung in Form eines Lehrerehepaars in den Ende 50iger und ein adipöser Gerd Fröbe Doppelgänger. Zunächst bedankte ich mich in Gedanken dafür, dass der Lehrer bequem auf meinem reservierten Fensterplatz saß und setzte mich gegenüber von Gert der dann schon recht früh wieder ausstieg.
Nachdem über den Lautsprecher die Verspätungsmeldung aufgrund einer Streckensperrung, mit hiermit verbundenem Umweg, auf mittlerweile 70 Minuten anschwoll entwickelte sich doch tatsächlich noch ein kleines Gespräch mit meinem Lehrerehepaar.
Ich machte mir etwas Sorgen um meinen Anschlusszug in München. Ich fragte den Schaffner ob der Anschlusszug warten würde. Er vermutete dieses, sagte aber auch dass er davon ausgeht, dass wir noch mindestens eine halbe Stunde wieder reinholen könnten wenn alles gut geht. Der Lehrer entgegnete darauf, dass auch in einem Zug der Deutschen Bundesbahn das Gesetz von Murphy gilt: Alles, was schiefgehen kann wird auch schiefgehen. Darauf folgte von ihm noch der Satz: Thank you for travalling with the deutschen Bahn. Dann lehnte er sich wieder in meinem Fensterplatzsessel zurück.
Irgendwann stiegen die Lehrer aus (waren das überhaupt Lehrer? hmm sie sahen zumindest so aus). Nun hatte ich das Abteil alleine und trank zwei Becks.
Am Ende hatte der Zug fast die komplette Verspätung aufgeholt und ich konnte mir beim Umsteigen in München Zeit lassen. Es war nach 21 Uhr aber es herrschte eine unheimliche Hitze in München.
Der Einstieg in den Zug nach Venedig war aufgrund dessen, dass der Zug im Sackbahnhof nicht durchfuhr sondern bereitgestellt wurde easy. Im Radwaggon befand sich noch ein weiteres Fahrrad und mein Sitzabteil befand sich gleich neben dem Fahrradabteil. Im 6´ Abteil erwarteten mich diesmal ein sehr stylisch angezogenes japanisches Touristenpaar und ein mal deutsch mal spanisch sprechendes Paar um die 30 Jahre. Das Paar wurde irgendwann gegen eine Österreicherin um die 30 ausgetauscht.
Es kam die Nacht und ich freute mich über meinen Fensterplatz und darüber, dass mir gegenüber keiner saß und ich mich echt gut breit machen konnte. Die Österreicherin freute sich wohl auch. Die Japaner freuten sich wohl nicht.
Nachts kam noch ein Italiener ins Abteil. Er nahm den Platz mir gegenüber. Jetzt war auch meine Freude zu Ende und essig war es mit breit machen.
Irgendwann nachts als der Zug schon mehr als eine Stunde irgendwo hielt kam der Schaffner rein und fragte ins Abteil ob alle nach Venedig wollten. (Die hintere Hälfte des Zugs wurde nämlich abgekoppelt und fuhr Richtung Verona weiter) Ja wir wollten alle nach Venedig. Nur die Japaner haben irgendwie nichts geschnallt, glaubte ich zumindest. Nett wie ich bin fragte ich die Japanerin auch noch mal weil Sie ja keine Antwort gab. Aber sie guckte mich an und gab auch mir keine Antwort und auch keine Regung. Nun waren wir alle auf den Weg nach Venedig.
An schlafen war nicht mehr zu denken. Im Zug war es voll und laut. Irgendwo musste ein Rudel Fußballfans oder so was Ähnliches eingestiegen sein. Lauter Schlachtengesang ging mir so um die 3 Uhr voll auf die Nerven.
Irgendwann kam der morgen und als ich durch den Gang ging um den Toilettenraum aufzusuchen musste ich über noch schlafende Menschen im Gang steigen und fühlte mich zurückversetzt in meinen letzten Interrail Rucksackurlaub nach Istanbul.
12.05.2012
Als der Zug gegen 6 Uhr morgens über den Damm in Venedig einfuhr stand die Sonne noch tief über der Lagune. Beim Ausstieg half mir glücklicherweise ein Italiener.
Wenn man aus dem Bahnhof Venedig kommt steht man gleich am Kanal. Ich machte 2 Fotos von meinem Fahrrad und begann die Tour. Zunächst musste ich jedoch mein Rad über eine Brücke die Stufen hinauf befördern.
So nun stand ich am Damm der zum Festland führte. Auf dem Damm befand sich auf der linken Seite ein von der Straße abgetrennter Radweg. Alles schien bestens. Ich fuhr die ersten Kilometer und war gespannt was mich die nächsten Tage erwarten würde. Am Ende des Damms überholte ich einen Fußgänger. Typischer Italiener. Schwarze Haare, schwarze Sonnenbrille und eine Zeitung steckte in seiner Jeansgesäßtasche.
Auf einmal als das Festland gerade erreicht wurde war an einem Holzhaus der Radweg auf der Via della Liberta zu Ende und ich war gespannt wie es hier weiter gehen sollte. Fakt war das mich nur ein Weg weiter führen würde und zwar der Weg auf der zweispurigen autobahnartigen Straße entlang als Gegenverkehr auf der Überholspur. Meine Fahrradkarte aus dem Bikelineverlag schien die Tatsache des anstehenden Selbstmordes im Übrigen völlig zu ignorieren und dokumentierte den Verlauf der claudia augusta kommentarlos in Straßenverlauf. Ich war begeistert!.
Da ich die Hoffnung noch nicht aufgegeben hatte das irgendwo noch ein klitzekleiner leicht zu übersehender Weg auf mich wartete versuchte ich mein Glück beim einzigen Menschen der mir zu Fuß näherkam. Ich sprach den Italiener an, den ich zuvor überholte. Ich wußte natürlich nicht, dass ich gerade dabei war den größten Vollpfosten Norditaliens anzusprechen. Auf meine Frage, wie ich denn mit dem Fahrrad nach Maestre komme, pfiff er mich im schärfesten Ton an. Man ging der mir auf die Nerven. Der Typ musste die Straße ja auch nehmen. Er ging über die Straße auf die Überholspur und ging an der Leitplanke weiter. Mir blieb nichts anderes übrig und ich folgte ihm indem ich mein Fahrrad schob und 50 Meter hinter ihm blieb. Die Straße war wirklich sehr, sehr gefährlich und die Autos und LKW´s knallten nah an uns vorbei.
Ich verließ die Straße im Gegenverkehr der nächsten Auffahrt. Hier kam ich auf die via dell´ Idraulica die mich von dieser Autobahn in ein Industriegebiet führte.
Auf der via dei petroli traf ich auf zwei nette Italiener die mir den weiteren Weg zeigen konnten. Ist halt so, auf Regen folgt Sonnenschein!
Ich fuhr durch ein hässliches Industriegebiet. Die Karte in meinem bikeline Radführer war ungeeignet den Weg durch die Stadt zu finden. Ich fragte mal hier mal dort. Irgendwie konnte mir keiner Richtig hier raus helfen und ich hatte einen bitteren Geschmack auf der Zunge das die Tour eigentlich be*******n losging.
Der frühe Morgen verging und ich befand mich irgendwo in Mestre und kam über die großen Straßen nicht rüber bzw. hatte Hemmungen auf die großen Straßen zu fahren. Dann kam ein Kiosk und ich kaufte mir einen Stadtplan von Mestre.
Dieses war eine sehr gute Entscheidung und endlich konnte ich vernünftig nach Karte fahren.
Langsam kam ich aus Mestre raus und fuhr über Favaro Veneto in eine sehr ländliche Gegend. Ich verfuhr mich oft und ärgerte mich total über meine Karte im bikeline Radtourenbuch. Das mit dem verfahren sollte den ganzen Tag so bleiben und ich musste mich echt zusammenreißen das ich dieses sch*** Radtourenbuch nicht zerreiße.
Eine Beschilderung der via claudia augusta gab es nicht. Es tauchte nur einmal ein Schild auf (hinter Treviso). Ich feierte dieses Schild und fotografierte es "via chiesa; via claudia augusta". Dieses Schild blieb aber das einzige und führte mich auch nicht wirklich auf den richtigen Weg. Normalerweise kann man sehr schön fast ohne Karte Fahrrad fahren wenn man die Dörfer und Städte kennt durch die man durch muss. Das funktioniert zumindest in Deutschland so. In Frankreich funktionierte es anders. Hier nimmt man sich eine Michelin Straßenkarte und sucht sich die Nummern der Straßen raus die akribisch auf den Straßenschildern stehen. Das funktionierte auf meiner Reise nach Südfrankreich super. Aber wie funktioniert das eigentlich in Italien??
Italien scheint hier einen Sonderweg zu gehen. Etwa beschildern sie gar nicht oder sie beschildern nach Regionen, die ich aber vom Namen her auf keiner Karte (zumindest nicht in meinem bikelinebuch) fand. Schönen Dank noch mal nach Italien an dieser Stelle.
Es kam die erste große Stadt namens Treviso. Mit meinem super Kartenmaterial hatte ich nichts zu verlieren. Ich musste hier durch, fuhr mittenrein und kam nicht mehr heraus. Ich war total genervt und versuchte grob der Himmelsrichtung zu folgen was natürlich nicht im Geringsten funktioniert. Vereinzelt fragte ich mal einen Anwohner nach der Richtung einer Region die in meiner Karte stand. Es war heiß, es war nervig und die Zeit verging.
Ich stand mal wieder an einer Straße und schaute in meine Karte und versuchte irgendwas darin zu finden. Da kam er wieder der Engel der vom Himmel gefallen war und beauftragt wurde Thomas Eggers an dieser Stelle genau zu diesem Zeitpunkt aus seinem Auto hupenderweise seinen Daumen hochhaltend darauf aufmerksam zu machen dass kein Pauschalurlaub gebucht wurde. Danke dafür!
Ich fragte einen Busfahrer der mir super weiterhelfen konnte und mich auf den richtigen Weg brachte und irgendwann war ich aus Treviso raus.
Ich musste mich immer wieder durchfragen. Die Gegend war nicht besonders aufregend. In einem kleinen Tante Emma Laden fragte mich der Inhaber im weißen Kittel nach meinem Weg. Er fand´s super was ich mache und ich fand es super dass mal jemand die Claudia Augusta kannte.
Als auf einer Landstraße ein Pizzbringdienst kam aß ich in der Sonne die fettigste Thunfischpizza die ich jemals gesehen habe. Aber das brachte Kraft.
Mein Ziel dieses Tages war echt anzukommen. Anzukommen in Follina. Hier hatte ich mir bei meiner Planung ein Bed and Breakfast Hotel in der Karte markiert. Campingplätze gab es in dieser Gegend gar nicht.
Irgendwann war Follina ausgeschildert. Ich befand mich auf einer wenig befahrenen Bundesstraße und beschloss diese bis Follina nicht mehr zu verlassen. Ich pfiff darauf was mein Radtourenbuch sagte und bog nicht in die homöopathisch beschriebenen Fahrradstraßen ab. Somit war endlich mal nur Fahrradfahren angesagt und keine Wegsucherei.
Auf dieser Bundesstraße änderte sich auch auf einmal die Landschaft und aus dem platten Land wurde eine grüne bergige Landschaft. Ich kam um 17 Uhr in Follina an und stand nach 113 km vor meiner bed and breakfast Herberge.
Der Wirt stand zufällig draußen und freute sich über mich mit meinem überladenen Fahrrad. Ich checkte ein und bekam ein super Apartment hinterm Haus.
Abends trank ich mit dem Wirt noch ein Bier und quatsche mit Ihm über die Tour. Er schaute sich mein bikeline Radbuch an und empfahl mir nicht der Route zu folgen da die Strecke über den Praderadego Pass führen sollte. Bei meinem Gepäck sei dieses eine schwierige Aufgabe. Hinzukam das Regen angesagt war.
Er schenkte mir eine Karte und zeichnete eine alternative Strecke ein. Die Karte war super.
Es war eine Karte vom Touring Club Italiano
Titel: La Strada del Prosecco e Vini dei Colli "Conegliano, Valdobbiadene". Maßstab 1:70.000.
Die Karte sollte mich bis nach Feltre führen. In der Karte wurde die Landschaft die mich bis nach Feltre erwarten sollte schön beschrieben:
Die Weinberge der Prosecco DOC erstrecken sich, etwas mehr als eine Stunde von Venedig entfernt, zwischen Conegliano und Valdobbiadene im Norden der "Marca Trevigiana" wie die Provinz Treviso früher hieß. Wo sich unweit bereits die gewaltigen Dolomiten ankündigen, öffnet sich vor dem von der Ebene kommenden Reisenden unvermittelt eine vollkommende neue Landschaft: Ein natürliches Amphitheater von abwechselnd steil und sanft abfallenden Hängen, von endlos sich hinziehenden Weinbergen beherrscht.
Man hätte es besser nicht beschreiben können.
Tag 1:
Venedig - Folina
Tagestour: 113 km
Gesamt: 113 km
Albergo "Da Gildo"
Di Rizzi Bruno
Via Sottoriva, 25-loc. La Bella
31061 Follina (TV)
Aufbruch: | 11.05.2012 |
Dauer: | 17 Tage |
Heimkehr: | 27.05.2012 |
Österreich
Deutschland