Fahrradtour von Venedig nach Bremen
....auf nach Thüringen
23.05.2012
Morgens wachte ich auf und es regnete ein wenig. Aber der Sommer begleitete mich ja schon seit einigen Tagen und da störte es nicht, zumal es warm war und der Regen auch ganz schnell wieder aufhörte. Aber ich blieb dann doch etwas länger im Zelt. Um 5:30 Uhr wurde dann der Regen weniger und ich ging Richtung Waschhaus. Das Waschhaus war das mit Abstand beste Waschhaus was ich auf meiner Tour kennenlernen sollte. Es war sehr groß, sauber, hatte eine Fußbodenheizung und im Hintergrund lief Musik. Bayrische Zittermusik. War sehr lustig. Als ich aus dem Waschhaus kam war es trocken und Ich baute mein Zelt ab, schnürte meine Sachen auf das Rad und fuhr weiter.
Die heutige Tour sollte mich nochmal ein Stück durch die Rhön bis zur Werra nach Philippsthal führen. Von Philippsthal wollte ich den Werraradweg bis zur Weser fahren. Als Übernachtungsort hatte ich mir Milah ausgewählt. Hier sollte es nach den Angaben meiner Werraradwegkarte einen Campingplatz geben.
Mit dem Fahrradplan vom Campingplatz hatte ich jetzt ein gutes Kartenmaterial. Bis zur Werra konnte ich nun auf einen richtigen Fahrradfernweg fahren und zwar den Rhönradweg. Auf der Karte konnte man nun tatsächlich schön sehen, dass es ab jetzt nur bergab gehen sollte.
In Ehrenberg hielt ich zunächst an Deutschlands unfreundlichster Bäckerei an. Sie hatte noch nicht auf und ich besaß tatsächlich die Frechheit morgens nach dem Aufschließén der erste Kunde zu sein. Das bekam ich dann auch zu spüren. Als ich dann noch fragte ob man auch einen Kaffee bekommen könnte hatte ich das Gefühl man wollte mich umbringen. Ich habe keine Ahnung was dem Bäcker in der Nacht passiert ist. Egal in direkter Nähe gab es eine Tankstelle in der ich mir die notwendigsten Sachen für ein Frühstück am Straßenrand besorgte. Aus Ehrenberg heraus ging es einen kleinen Berg hinauf, oben hatte ich einen schönen Blick auf den Campingplatz und ich fand zudem noch eine Bank. So frühstückte ich zunächst in aller Ruhe und fuhr dann weiter.
Ich befand mich nun auf den ausgeschilderten Rhönradweg und hatte zudem noch eine kleine Radkarte vom Campingplatzbesitzer in der Lenkertasche. So macht es Spass zu fahren.
Die Karte beschreibt den Teilabschnitt des Rhönradweges zwischen Ehrenbach und Philippsthal an der Werra folgendermaßen:
Der Teilabschnitt verläuft im Tal der Ulster. Es sind nicht auch zuletzt die weiten Täler, durch die Flüsschen heute noch so fließen wie seit vielen hundert Jahren. Hier blieb vieles so, wie es immer schon war. Der Grund: Mitten in der Rhön war die deutsche Teilung besonders schmerzhaft zu verspüren, denn sie trennte nicht nur den Lebensraum, sondern auch die Kulturlandschaft und verhinderte dort tiefgreifende Veränderungen. Heute, trotz der Zugehörigkeit zu drei Bundesländern, ist die Rhön wieder eine kulturlandschaftliche Einheit. Mit dem Vorteil, dass die Unterschiedlichen Entwicklungen in den beiden Deutschen Staaten hier ihre Spuren hinterlassen haben.
Der Rhönradweg war in diesem Teilabschnitt auch als Ulsterradweg beschildert. Er sollte mich über Melperts, Seiferts, Thaiden, Findlos bis nach Hilders führen. Dann über Aura, Neuschwarmbach, Unterrückersbach, Lahrbach, Wendershausen, Tann nach Günthers.
Die Strecke war echt seht schön und führte durch schöne Landschaft. Auf den Waldstrecken kam ich an schönen Marienstatuen und bei den kleinen Orten an Steinstatuen vorbei.
Nach Günthers sollte ich zum ersten Mal die Landesgrenze von Hessen nach Thüringen überqueren. Ich freute mich darauf ein Stück durch Thüringen zu fahren. Denn ich glaubte, dass ich noch nie in Thüringen gewesen war. Außerdem war es für mich trotz über 20 Jahre Mauerfall immer noch was Besonderes über die alte Grenze zu gehen.
An der Stelle an der ich die Grenze passierte war ein großes Schild aufgestellt. Hier war die Karte Europas dargestellt mit einer Trennungslinie. Auf dem Schild stand "Hier waren Deutschland und Europa bis zum 8. Dezember 1989 um 14 Uhr geteilt" Ich schob mein Rad unter das Schild und machte ein Bild.
Es ging nun auf Thüringenscher Seite durch Orte mit den Namen Motzlar, Geisa, Bosch, Buttlar, Pferdsdorf und Unterbreizbach bis ich schließlich wieder auf Hessischer Seite in Philippstal an die Werra kam. Hier fuhr ich in den Stadtkern und ging in ein Gartenlokal (Klosterkeller) mittag essen
Die Orte in Thüringen hatten was "Putziges" an sich. Die Gegend mit ihren Häusern erinnerte mich ein wenig an eine Landschaft die ich mir als Kind Ende der 70 Jahre mit der Märklin Eisenbahn und den alten Plastikhäusern vom Dachboden meiner Großeltern aufgebaut hatte.
Dieses mochte vielleicht auch an den alten nostalgischen Wandgemälden gelegen haben, wie z.B. das Gemälde einer Dampflock an einem Haus in Pferdsdorf oder die in Geisa am Ulstertalradweg an einem Gebäude aufgemalten tanzenden und musizierenden Bauer die was slawisches an sich hatten.
Als ich mir eine SD Karte für meine Kamera kaufen musste kam ich aber auch in Geisa durch eine Plattenbau Reihenhaussiedlung im Stile der DDR.
Von manchen Orten und Stellen hatte man eine super Aussicht auf den Monte Kali (oder Kalimanscharo genannt) in Heringen. Dieses ist eine Abraumhalde des Kalibergbaus. Er sieht wirklich aus wie ein riesiger weißer Berg. Der Berg besteht aus etwa 150 Millionen Tonnen aufgeschütteten Abraumsalzes. Das Abraumsalz besteht zu 96 % aus Natriumchlorid (Kochsalz). Der Salzeintrag in den umgebenden Boden und die umgebenden Flüsse ist enorm. Durch die hohen Salzmengen ist der umgebende Boden praktisch unfruchtbar geworden bzw. es können darauf nur salzliebende Pflanzen wachsen. Die Werra besitzt einen so hohen Salzgehalt dass für Süsswasserlebewesen keine Lebensgrundlage mehr besteht. Außerdem ist das Grundwasser versalzen.
Seit meiner Kindheit wusste ich, dass im Winter die Weser gar nicht zufrieren kann. Das heiß die Bremer Eiswette mit dem Schneider und dem Bügeleisen war immer nur Theater. Als Grund sagte man mir, dass der Salzgehalt in der Weser viel zu hoch ist. Dieses sollte an der Werra liegen. (Werra und Fulda fließen zur Weser zusammen). Die großen Einleitungsstellen liegen bei Unterbreizbach (Ulster), Dorndorf (Werra) und Heringen (Werra). Zwischen den 60 Jahren und der Wende sollen alle Abwässer der Kaligewinnung in die Werra geflossen sein und hatten hier für katastrophale Auswirkungen gesorgt.
Ich fand einen Bericht im Netz dass ein Düngemittelhersteller plane eine Salzlaugenpipeline bis an die Nordsee zu verlegen um die stark belastete Werra und somit auch die Weser zu entlasten. Es wäre schön wenn man diesen Fluss wieder renaturieren könnte und wir uns in Bremen endlich einen Eisbrecher anschaffen könnten. Andersrum frage ich mich ob man dieses Salz nicht vor Ort aus dem Abwasser herausbekommen könnte und was die Nordsee zu einem Direkteintrag sagen würde.
Als ich in Philippstal an die Werra kam fing ein neues Kapitel an und zwar das Kapitel des Werratal Radwegs. Hierzu hatte ich wieder ein bikeline Radtourenbuch welches ich mir in die Lenkertasche steckte.
Der Werraradweg war sehr gut zu fahren. Zunächst ging es nach Philippsthal durch ein Waldstück Richtung Heringen. An einem Richtungsschild nach Harnrode hatte ich dann meinen ersten Sturz. Ich wollte von der Straße auf einen Radweg wechseln und mein Vorderrad glitt vom Kantstein ab und ich legte mich auf die Straße. Ein Auto, welches gerade vorbeikam, schien meine Einlage nicht zu beeindrucken. Der Typ fuhr weiter. Egal, ich hatte keine Schäden weder an mir noch an meinem Rad. Nochmal gut gegangen.
Die Strecke führte nun durch kleine Dörfer und schöner Flusslandschaft. Man sieht Störche in ihren hohen Nestern. Manchmal ist der Weg total schmal und gleicht eher einem Pfad (ist aber trotzdem gut zu fahren). Einmal bin ich auch über einen sehr langen Holzsteg über eine Feuchtwiese gefahren, dass hatte auch was Besonderes.
In Widderhausen kam irgendwann eine Art Kiesabbaugebiet oder so was Ähnliches. Man fährt hier mitten durch und denkt stets, dass das der falsche Weg seine muss. Komischerweise verläuft genau hier die alte Innerdeutsche Grenze und man fährt von Hessen nach Thüringen rein.
Man kommt durch die Stadt Gerstungen und überquert wieder die Werra. Anschließend verläuft die Grenze genau mit der Werra. Der Weg verläuft nun über eine längere Zeit auf einer Bundesstraße welche aber zum Zeitpunkt wo ich gefahren bin nicht stark befahren war.
Nach einer Weile fährt man unter eine riesige Autobahnbrücke der A4 hindurch, die genau durch das Tal verläuft. Eigentlich schrecklich.
Danach wird es wieder sehr schön und idyllisch. Ich mache am Stiftsgut Wilhelmsglücksbrunn Pause und trinke ein Hefeweizen. Hier beobachte ich zwei Tandemliegeradfahrer. Wie immer komische Kauze.
Es folgt bei Creuzburg eine Traumstrecke mit einer total schönen Steinbrücke über die Werra. Teilweise sieht man in dieser Gegend aber an anderen Stellen immer wieder alte Brückenpfosten in der Werra. Ob diese Brücken im Zuge des 2. Weltkrieges zerstört wurden oder ob sie gesprengt wurden weil Sie durch die Innerdeutsche Grenze verliefen weiß ich nicht.
Irgendwann kommt dann auch Mihla. Ich frage mich durch zum Campingplatz welcher in meinem Radtourenbuch angegeben war. Der Platz sollte abseits des Dorfes in der Schleife der Werra liegen.
Ich kam dann um 17 Uhr abseits des Dorfes zu einem Freibad. Ich wunderte mich, da ich ja eher zu einem Campingplatz wollte. Da es ein heißer Tag war, war das Schwimmbad gut gefüllt. Ich fragte an der Kasse wo denn der Campingplatz sei. Man sagte mir, dass man hinten auf der Wiese in einem bestimmten Bereich campen könnte und ich erst Mal mein Zelt aufstellen sollte.
So tat ich das dann auch. Ich war übrigens der einzige Camper und das sollte an diesem Tag und in der kommenden Nacht so bleiben.
Nachdem ich mein Zelt aufgebaut hatte schwang ich mich wieder aufs Rad und fuhr zum Rasthaus Padler Treff wo ich draußen auf der Terrasse einen Riesenhamburger bestellte.
Wieder auf dem Campingplatz angekommen verging die Zeit schnell und die Liegewiese vom Freibad leerte sich. Als alle weg waren kam die Bademeisterin zu mir, setzte sich mit mir an einen Holztisch und ich bezahlte meine 10 Euro.
Sie sagte mir, dass ich heute alleine auf dem Platz sein werde und Sie die Frauenduschen nicht abschließen werde da die Männerduschen kalt sind.
Die Stimmung hier auf dem Platz und auch beim Rasthaus am Padler Treff war irgendwie besonders. Irgendwie besonders unkompliziert. Das erinnerte mich doch sehr an die Campingplätze in Mirow (Mecklenburg Vorpommern). Hier habe ich schon ein paarmal eine Kanutour mit Freunden gemacht.
Ja und dann fuhr die Bademeisterin (nachdem wir noch etwas zusammen über Radtouren gesprochen haben). Ich fands schon cool. Sie gab mit einfach den Schlüssel für das Eingangstor des Freibads und sagte, dass ich morgens wenn ich abhaue den Schlüssel in den Briefkasten schmeißen soll.
Und so war ich dann alleine im Freibad mit meinem Zelt.
War schon recht einsam zumal das Freibad auch weit abseits umkreist von Felder lag.
Komischerweise habe ich nachts nicht gut geschlafen. Ich hatte oft Stimmen gehört. War teilweise ein scheiß Gefühl. Aber kaum wurde es draußen hell, war wieder alles in Ordnung und ich schlief richtig gut.
Freibad Dr. Ernst Wiedemann Bad
99826 Milah/Thüringen
Tagesetappe: 113 km
Gesamt: 1247 km
Aufbruch: | 11.05.2012 |
Dauer: | 17 Tage |
Heimkehr: | 27.05.2012 |
Österreich
Deutschland