Rekordversuch

Ich ahne es schon irgendwie: Bulgarien wird mein persönliches Waterloo dieser Reise. Das Futon-Matratzen-Bett, welches auf einer Art EURO-Palette drauf-konstruiert ist, ist letzte Nacht an einer Stelle eingeknickt. Das winzige Bad habe ich heute morgen komplett unter Wasser gesetzt, weil es nur eine sehr ulkige Duschvorrichtung gibt. Leider habe ich diesmal vergessen, das Zimmer zu fotografieren - es ist sehenswert, aber okay.

Es klopft wer an meine Zimmertür - ach ja - Frühstück wird im Zimmer serviert, das wurde beim check-in erwähnt, denn das Hotel hat keinen Frühstücksraum und kein Restaurant. Auf tripadvisor hatte ich vorab gelesen, dass nur ein sehr karges Frühstück angeboten würde, was häufig Anlass zu arger Kritik war. Und das hat sich offenbar mittlerweile geändert. Warum man sich nun ausgerechnet entschieden hat, hier ein englisches Frühstück zu servieren, statt einer bulgarischen Variante oder meinetwegen auch "continental" werde ich wohl nie verstehen... Egal, eine stämmige Bulgarin schmettert mir ein "dobro utro" = Guten Morgen entgegen und platziert folgendes auf dem Tisch:

So, satt und zufrieden, Kamera gegriffen und ich stelle gerade fest, dass ich gar keinen vernünftigen Stadtplan habe. Zwar habe ich mir gestern noch am Flughafen von Malta einen Lonely Planet Eastern Europe gekauft, aber da ist nur ein ziemlich unpraktischer, kleiner Winzig-Plan von Sofia drin, das schwere Buch will ich nicht mitschleppen, also habe ich die Mini-map herausgerissen und mir in die Hosentasche gestopft. Ein guter Stadtplan wäre jedoch besser. Ich frage an der Rezeption danach. Selbige ist heute Morgen mit einer echten "Olga" besetzt, sorry, die sieht einfach so aus... Sie übergibt mir kostenlos einen Stadtplan mit den Worten "da (=ja), ciity-maap heerrre, ooll sightseeing verrry cloose, all centerrr, all nearrr, you just wallking by corrrnerrr in strrreet to biig Hotel and shooping centerrr" Hammer-süß und ich kenne schon jetzt die Marschrichtung.

Oh, oh und nun hadere ich schon mit meinem Stadtplan, weil die Straßenschilder in Sofia nuneinmal kyrillisch sind und ich sie nicht entziffern kann. Mein Orientierungssinn ist und bleibt gut, eigentlich müssten beide Straßen links und rechts dieses Gebäudes zu meinem Ziel führen, aber ich frage mal lieber. Das riesige Gebäude links ist offenbar irgendwas hoch-offizielles, jedenfalls jede Menge Polizisten schwer-bewaffnet vor der Tür. Ich ignoriere die umgehängte Kalaschnikow, nähere mich einem Uniformierten und frage "Alexander-Newsky-church" ??? Er erschießt mich nicht, sondern antwortet in sehr gebrochenem englisch + strahlendem Lächeln "da, (=ja), this way - Fingerzeig - 1500 m, trrraffic light annd rrright at crrroossinng." "Blagodarya"= danke, auf bulgarisch.

Es sind auch Parkanlagen rund um die Kirche, dort sitzen recht viele alte Damen, die Tischdecken, Stickereien und sonstige Souvenirs anbieten, aber auch einige, die einfach nur betteln. Direkt vor dem Eingang der Kirche dann ein Auflauf mit Polizei. Hier wird offenbar eine ganze Kolonie von männlichen Bettlern vertrieben. Scheiße. Bulgarien ist ein bettelarmes Land mitten in Europa, insbesondere den alten Menschen geht es hier richtig besch... aufgrund der Mini-Renten, die weder zum leben, noch zum sterben reichen.

Das Fotografieren innen ist leider verboten, aber ich versuche meinen Eindruck zu beschreiben. Wenn man weiß, dass sie die 2.-größte orthodoxe Kathedrale des Balkans ist und ihr Innenraum 10.000 Menschen fasst, kann man sich schon vorstellen, wie gewaltig sie ist. Das Innere ist dekoriert mit italienischem Marmor, brasilianischem Onyx und Alabaster. Hinzu kommt noch viel Gold und viele wertvolle Ikonen. Dennoch macht sie einen sehr düsteren Eindruck von innen, es fällt nicht viel Licht hinein. Sie ist etwas unheimlich, finde ich.

Unmittelbar in der Nähe befinden sich am Largo die Zentrale der Bulbank, das Zentralkaufhaus und das luxuriöse Sheraton-Hotel. Geht man weiter, befindet man sich in der shopping-Zone von Sofia, aber darauf habe ich heute gar keine Lust. Ich bin ehrlich müde, schon jetzt fällt es mir schwer, mich weiter aufrecht zu halten. Die Luft ist raus, ich kann nicht mehr, ich bin platt.

Es ist irgendwie 15.00 Uhr nachmittags bei strahlend schönem Wetter in einer wunderschönen Hauptstadt Osteuropas mit dem tollen Namen Sofia und ich bin k.o. LmaA, ich bin platt, hundemüde und nicht mehr aufnahmefähig. Mich nervt alles um mich herum nur noch an. Morgen muss ich schon wieder brutal früh aufstehen, um noch 2 Tage Athen auf die Reihe zu kriegen. Also Abbruch Besichtigung von Sofia, das Wichtigste habe ich intus und den Rest muss ich mir einfach sparen.

Letzte Aktionen des Tages: Supermarkt in Sofia. Brot, Käse, Tomaten, Obst, Getränke. Hotel, TV, Telefonat mit Mutti, Weckauftrag + Taxibestellung an "Olga" von der Rezeption für 03.00 Uhr morgens. 17.00 Uhr: Zzzz...