Zwischen Rapsfeldern und Streuobstwiesen

Reisezeit: April / Mai 2017  |  von Herbert S.

Weltkulturerbe Grube Messel : Weitere Beschreibungen zur Grube Messel

Einzigartigkeit von Weltrang - UNESCO Welterbe

Am 09.12.1995 wurde den offiziellen Vertretern der Grube Messel die Urkunde überreicht, welche ihre Aufnahme in die Liste der UNESCO-Welterbestätten bestätigt. Der Antrag hierzu war am 20.06.1994 von der Hessischen Ministerin Professor EveliesMayer unterzeichnet worden.
„Die Anerkennung durch die UHESCO basiert auf der Erhaltung von Lebewesen in Schichten, die in einem Zeitabschnitt der Erdgeschichte enthalten sind, der wissenschaftlich als Mittel-Fozän (Alttertiär, Erdneuzelt) benannt ist, und ein Alter von etwa 50 Millionen Jahre besitzen.
Es ist keine andere Lokalität auf der Erde bekannt, an der diese Fossilien die folgenden Eigenschaften aufweisen:
1) Typ und Qualität der Erhaltung der Lebewesen
2) Menge ihres Vorkommens
3) Diversität der Arten
Die Einzigartigkeit der Grube Messel Fossillagerstätte basiert auf dem Zusammentreffen dieser Faktoren. Jeder von Ihnen passt individuell betrachtet auch auf andere Fossillagerstätten, doch hier kommen sie zusammen vor - an einem Ort!!! - was die globale Bedeutung der Grube Messel Fossillagerstätte als paläontologisches Denkmal erklärt."
In Deutschland gibt es keine zeitgleiche Fundstätte, sondern sie sind geologisch jünger (Eckfeld in der Vulkaneifel, Enspel im Westerwald und das Geiseltal bei Halle). Im globalen Umfeld gibt es eine zeitlich vergleichbare Säugetierfundstätte in Riversleigh/Naracoorte (Australien).
Die Grube Messel ermöglicht jedem Besucher einen Blick quasi durch ein Fenster in die Vergangenheit der Erde und in eine Welt zu werfen, die hier vor 47 Millionen Jahren existierte.

Entstehung und Inhalt der Grube Messel

Landschaftlich liegt die Grube Messel im Messeler Hügelland, einem Teil des Odenwaldes. Geologisch gesehen ist sie Teil einer Gebirgsscholle im Norden des vorderen Odenwaldes, dem Sprendlinger Horst.
Diese Scholle geriet im Zuge des Alpenaufstiegs unter Stress und der Oberrheingraben entstand, mit Rissbildung parallel zur N-S-verlaufenden Grabenachse. Dies begünstigte die Aufstiegsmöglichkeit von heißen Gesteinsschmelzen aus etwa 60 km Tiefe. In der Umgebung der Grube Messel sind etwa 50 Vulkane durch basaltische Gesteine belegt (z.B. Stücksbühl, Roßdorf Vulkan, Ötzberg).
Viele Jahre war die Entstehung der Grube Messel unklar. Erst mit der 433 m tiefen Forschungsbohrung im Jahr 2001 konnte die vulkanische Entstehungsgeschichte des Messel-Sees als Maarvulkan bestätigt und abschließend geklärt werden.
Beim Vulkanausbruch wurden die harten Odenwald-Tiefengesteine (z.B. Granite) zerfetzt. Durch die schlagartige Umwandlung von flüssigem Wasser in Wasserdampf wurden sie an die Erdoberfläche geschleudert und sind am Ost- und Westhang der heutigen Grubenränder als fast weiß verwitterte Anschnitte gut erkennbar. In den entstandenen Hohlraum in der Erdrinde rutschen darüber liegende Gesteine nach. In der Landschaft entstand ein Maarkrater, der sich mit Wasser aus den umliegenden Gesteinen füllte. Schnell den See besiedelnde Algen bildeten Matten aus, die sich nach einer 2-maligen Algenblüte pro Jahr auf dem Seeboden absetzten. Von den Hängen rutschten, je nach Wetterlage, Schuttströme in den Kratersee. Tonschichten bildeten sich und am Seeboden entstand ein Faulschlamm mit feinster Schichtung. Dank fehlenden Sauerstoffs am Seegrund wurden Pflanzenteile und im See verendete Tiere vor Fäulnis und Zersetzung bewahrt und im Faulschlamm eingebettet.

Die industrielle Nutzung

Aus dem ehemaligen Tagebau Grube Messel wurden etwa 20 Millionen Tonnen Ölschiefer abgebaut. Daraus wurden etwa 1 Millionen Tonnen Rohöl erschwelt. Diese Gesamtmenge an erschweltem Rohöl entspricht heute der Füllung eines Supertankers! In der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts jedoch spielte die Messeler Rohölgewinnung eine bedeutende Rolle für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland.

Messeler Schwelöfen
Die Schwelerei bildet das Zentrum der Messeler Ölschieferaufbereitung. Die trockene Destillation des Ölschiefers erfolgt in diesen speziell entwickelten Öfen, wobei die Beheizung von innen erfolgt. In einem kontinuierlichen Ablauf konnten die einzelnen Schwelschritte durchgeführt werden. Insgesamt waren 32 Rundöfen erbaut worden von denen jeder einen Tagesdurchsatz von 26 Tonnen Ölschiefer hatte. Im Innern jedes Rundofens waren 24 Retorten kreisförmig angeordnet. Im Gegenstromprinzip wurden diese durch die Heizgase erwärmt. Somit war eine exakte Temperaturführung möglich. Im oberen Bereich erfolgte bei ca. 120°C die Trocknung des Ölschiefers. In der darunter folgenden Vergasungszone erfolgte die Bildung des Rohöls bei ca. 500°C Das Rohöl wurde abgeführt und in der Kondensation abgekühlt und in flüssige Form überführt. In der untersten Zone, dem »Krätzeraum« fielen die Rückstande bei einer Temperatur von ca. 1200°C alle 40 Minuten an. Diese wurden mit einem Elektroschieber aus den Öfen abgezogen und teilweise  weiter verarbeitet.

Messeler Schwelöfen
Die Schwelerei bildet das Zentrum der Messeler Ölschieferaufbereitung. Die trockene Destillation des Ölschiefers erfolgt in diesen speziell entwickelten Öfen, wobei die Beheizung von innen erfolgt. In einem kontinuierlichen Ablauf konnten die einzelnen Schwelschritte durchgeführt werden. Insgesamt waren 32 Rundöfen erbaut worden von denen jeder einen Tagesdurchsatz von 26 Tonnen Ölschiefer hatte. Im Innern jedes Rundofens waren 24 Retorten kreisförmig angeordnet. Im Gegenstromprinzip wurden diese durch die Heizgase erwärmt. Somit war eine exakte Temperaturführung möglich. Im oberen Bereich erfolgte bei ca. 120°C die Trocknung des Ölschiefers. In der darunter folgenden Vergasungszone erfolgte die Bildung des Rohöls bei ca. 500°C Das Rohöl wurde abgeführt und in der Kondensation abgekühlt und in flüssige Form überführt. In der untersten Zone, dem »Krätzeraum« fielen die Rückstande bei einer Temperatur von ca. 1200°C alle 40 Minuten an. Diese wurden mit einem Elektroschieber aus den Öfen abgezogen und teilweise weiter verarbeitet.

Der Ölschiefer - weicher Schwarzpelit - enthält rund 40 Prozent Wasser und trocknet bei Sonneneinwirkung rasch aus. Er besteht zu über einem Viertel aus organischen Bestandteilen -
Bituminöses Material, das bei einer Erhitzung auf Temperaturen von 400-500 Grad Celsius im Schwelofen als gasförmiges Rohöl abspaltet, verflüssigt und in der Raffinerie aufbereitet wurde. Die beim Verschwelungsprozess entstehenden Schlacken wurden auf der benachbarten, noch heute sichtbaren Halde (siehe Westeseite) abgelagert und werden u. a. als Beläge für Tennisplätze und als Substrate für Hydrokulturen verwendet. Weitere Nebenprodukte bei der Verschwelung wurden zur Farbenherstellung, der Düngemittelgewinnung, zur Herstellung von Elektrodenkoks und einer Teersalbe mit Namen Tumenol verwendet.
Zur Industriegeschichte der Grube Messel gehören ebenfalls die Pläne zur Errichtung einer Mülldeponie. In der Zeit bis zur Aufhebung des Planfeststellungsentscheids konnte diese fast fertig gestellt werden. So befindet sich heute in der Grubensohle eine etwa 6 m dicke Abdeckschicht, die heute den darunter liegenden Ölschiefer vor Austrocknung schützt. Der auf dieser Fläche gut sichtbare Brunnenschacht sammelt das von den Hängen radial zuströmende Wasser, das zur Kläranlage am Südrand der Grube gepumpt, dort gereinigt und dem Bach beim Bahnhof Messel zugeführt wird.

Fossillagerstätte Ölschiefer
Die Grube Messel ist eine Fossillagerstätte aus Ölschiefer, die Lebewesen eines ehemaligen Regenwalds und seiner Umgebung enthält. In der ca. 1,5 Millionen Jahren währenden Existenz des Messel-Sees wurden etwa 190 m Faulschlamm abgelagert, der später zu Ölschiefer verfestigte. Die darin konservierten Zeitzeugen von vor 47 Millionen Jahren sind in ihrer Erhaltungsqualität einzigartig. Vollständige Skelette, mitsamt Haut, Haaren und Resten der quasi letzten Mahlzelt wurden gefunden. Sogar Föten im Leib schwangerer Urpferdchen-Muttertiere und noch nicht abgelegte Eier bei Schildkröten konnten gut erhalten geborgen werden. Viele Insekten tragen noch ihre ursprünglichen Farben und Funde von Halbaffen geben Auskunft über unsere eigenen Vorfahren.
In fast 30 Jahren engagierter Grabungsaktivität durch wissenschaftliche Institutionen konnten zahlreiche Fossilien einer vielfältigen Pflanzen-und Tierwelt geborgen, konserviert und gedeutet werden. In der Summe erhalten die Wissenschaftler ein detailliertes Bild über das eozäne Ökosystem im und um den Messel-See, die Nahrungsketten, die stammesgeschichtliche Entwicklung der Lebewesen und das Klima vor 47 Millionen Jahren.
Eine besondere Herausforderung bei der Sicherung der Funde stellt der brüchige und unter normalen Raumbedingungen rasch zerfallende Ölschiefer dar. Mittels einer speziell entwickelten Transfermethode werden die Funde zur dauerhaften Konservierung auf eine Epoxidharz-Substanz übertragen. Den Messel-Funden sind in den folgenden Museen jeweils eigene Abteilungen gewidmet: Naturmuseum Senckenberg (Frankfurt/Main; www.senckenberg.de), Hessisches Landesmuseum (Darmstadt; www. hlmd.de), im Fossilien- und Heimatmuseum (Messel; www.messelmuseum.de), in Karlsruhe und in Brüssel.

© Herbert S., 2017
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Hessen Drei brachte eine ganze Reihe von Sendungen über die Perlen des Landes, die uns Lust machte mal eine Woche im Odenwald zu verbringen.
Details:
Aufbruch: 23.04.2017
Dauer: 9 Tage
Heimkehr: 01.05.2017
Reiseziele: Deutschland
Der Autor
 
Herbert S. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Herbert sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
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