Zwischen Rapsfeldern und Streuobstwiesen
Michelstadt-Erbach II
Zunächst bin ich gespannt, ob mein 'Luxuschlitten' wieder Lust hat oder ob er mit Jumpstart gezwungen werden muß. Aber er will! Unser heutiges Programm besteht aus ‚Restpunkten‘, wie letzte Besorgungen oder Sehenswürdigkeiten die nur sa/so geöffnet sind. Der Biohofladen, der im Fernsehen Rote Bete mit rotweißen Ringen hatte, führt sie w‘ nicht mehr, da die Dame sagt, sie hätten ihr nicht so geschmeckt wie die ‚normalen‘. In Beerfeldt macht die Schnapsbrennerei nur sa auf, es ist erst kurz vor 10 Uhr, trotzdem müssen wir probieren; die geschäftstüchtige Mama schenkt immer noch einen ein. So kommen wir doch wieder auf 3 Flaschen. (1 Dieter, 1 Ricci, 1 wir).
Elfenbeinstadt
Immer wieder wundem sich Erbachs Besucher, wenn sie hier, im Zentrum des Odenwaldes, auf zahlreiche Elfenbeingeschäfte in der Innenstadt stoßen. Und da sich Erbach außerdem offiziell gern die„Elfenbeinstadt" nennt, fragen sich die Gäste von auswärts zu Recht, was es damit denn auf sich hat. Sicher, als Jagdgebiet haben schon die Nibelungen den Odenwald geschätzt, wie die Sage berichtet - aber Elefanten, die dürften hier im südhessischen Raum doch wohl schwerlich anzutreffen gewesen sein ...
Das„weiße Gold" kommt in die Stadt
Nun, die Erklärung sei sogleich gegeben: Erbach blickt zurück auf eine über 200jährige Tradition der Elfenbeinschnitzerei, die im ausgehenden 18. Jahrhundert von Graf Franz I. zu Erbach-Erbach (1754-1823, reg. 1776-1806) eingeleitet wurde. Was dieser Landesherr während einer Kavalierstour durch Europa kennenlernte, nämlich das aristokratische Steckenpferd der Elfenbeindrechselei, machte er 1783 in seiner Odenwälder Grafschaft heimisch. Er stellte den hier ansässigen Holz- und Hornschnitzern das edle Material zur Verfügung und schuf ihnen damit eine neue Verdienstmöglichkeit, die tatsächlich Zukunft besaß. Erbachs Aufstieg zu einem bedeutenden deutschen Schnitzerzentrum erfolgte im 19. Jahrhundert, und wenn es nach dem weltweiten Handelsverbot für Elefanten-Elfenbein (1989) so aussah, als müsse Erbach nun einen Teil seiner Identität aufgeben, so kam es zum Glück doch anders: jetzt werden nämlich die Stoßzähne des ausgestorbenen Mammuts verarbeitet, die Erbach von Funden in den sibirischen Weiten her bezieht. Bis zu 30.000 Jahre alt ist dieses Schnitzmaterial, und mit seiner Bearbeitung kann Erbach sowohl die alte Tradition fortführen wie zugleich einen Neuanfang wagen.
Das Deutsches Elfenbeinmuseum
Typische Beispiele für die Odenwälder Elfenbeinschnitzerei, aber auch einzigartige Elfenbeinkunstwerke aus vielen Epochen und Ländern zeigt das 1966 gegründete Deutsche Elfenbeinmuseum. Ende 2015 schloss es seinen bisherigen Standort an der Werner-Borchers-Halle, um Mitte 2016 In der Trägerschaft des Landes Hessen im Erbacher Schloss wiedereröffnet zu werden.
Im Gegensatz zu den Sammlungen im Erbacher Schloß ist die Präsentation im Elfenbeinmuseum völlig neuartig: In dunklen Räumen, durch die ein gewundener Gang in rötliches Licht getaucht von Vitrine zu Vitrine leitet,
werden die verschiedensten Elfenbeinschnitzereien ohne Beschriftung (man erhält ein Blatt, auf dem sowohl der geschlungene Weg als auch der Inhalt der Vitrinen beschrieben wird) gezeigt: Dosen, die vom Grafen 1783 selbst gefertigt wurden, Erbacher Broschen aus dem 19. Jh., ein Querschnitt durch deutsch Schnitzereien vom 18. bis zum 20. Jh. , allerdings auch neuere Werke von Erbacher Künstlern aus den Jahren zwischen 1956 und 1979. Letzere fallen aus dem gezeigten Rahmen und waren wohl auch schon Anlass für Diskussionen.
Man darf mal wieder nicht fotografieren - aber einen ersten Eindruck der Präsentation kann man auf der Webseit (s.o.) erhalten.
Punkt 12.30 Uhr öffnet danach auch die Museumswerkstatt, in der uns eine Elfenbeinschnitzerin alles über das Material erzählt. Nach 1989 (Verbot der Elfenbeinverbreitung) werden nur noch Restbestände unter Aufsicht verarbeitet, oder es werden aus dem Permafrost von Sibirien ‚tiefgekühlte‘ Mammutzähne bearbeitet. Es gibt allerdings auch pflanzliches Elfenbein von den Steinnüssen der Elfenbeinpalme auch Steinnusspalme genannt, deren Früchte ein Endokarp besitzen, das nach Trocknung etwa so hart wie Knochen wird.
Im Museumsladen findet Ulrike (mal) ein Teebuch und ein Kaffeebuch mit Rezepten ( für Ricci/ für uns).
Aufbruch: | 23.04.2017 |
Dauer: | 9 Tage |
Heimkehr: | 01.05.2017 |