Zwischen Rapsfeldern und Streuobstwiesen

Reisezeit: April / Mai 2017  |  von Herbert S.

römische Spuren II - Römerbad und Wachtturm

Kastell Würzberg - eine Limeskastell und seine Geschichte

Etwas mehr Schwierigkeiten haben wir dann beim Finden des Römerkastells Michelstadt-Würzberg – wir müssen 1,6 km durch den Wald zu einer Lichtung laufen.

Badefreuden am Odenwaldlimes
Vom Südtor des Kastells führte ein mit Kies bedeckter Weg zum Bad. Das Bauwerk wurde im Auftrag des Grafen Franz I. zu Erbach-Erbach bereits im frühen 19. Jahrhundert untersucht. Im Jahr 1909 restaurierte man das Bad erstmals. Letzte Instandsetzungsarbeiten fanden 2008 statt. Das rund 26 m lange und bis zu 15 m breite Bad zählt zu den kleinsten Thermen am obergermanischen Limes. Dennoch bot das zu Beginn des 2. Jahrhunderts n. Chr. errichtete Gebäude den Besuchern alle Annehmlichkeiten mediterraner Badekultur.
Die Bäder bildeten einen unverzichtbaren Bestandteil der Militärlager am Limes. Der Grundriss folgte dabei meist einem festen Schema. Man begab sich zunächst in die Umkleide (apodyterium), die in Würzberg als hölzerner Vorbau zu ergänzen ist. Dann durchlief der Besucher eine Reihe von Räumen. An das unbeheizte Kaltbad (F; frigidarium) mit dem kleinen Becken (P; piscina) schloss sich ein nachträglich eingebautes Schwitzbad (S; sudatorium) an. Im Anschluss folgte ein lauwarmer Raum (T; tepidarium) mit einer weiteren Wanne (T1). Den Abschluss des Rundgangs bildete das Warmbad (C; caldarium) mit einer Warm wasserwanne (C1). Die Feuerstellen (praefurnia) für das Heizen der Räume waren in hölzernen Anbauten (H) untergebracht. Erhalten sind von ihnen nur die gemauerten Heizkanäle. Von der Innenausstattung des Bades ist kaum etwas erhalten.
Das Militär sorgte für Bau und Unterhalt der Thermen. Täglich waren Soldaten zum Dienst bei den Bädern (ad balneam) abkommandiert. Die Männer badeten zumeist nach Dienstschluss am Nachmittag. Im übrigen konnten die Bewohner der Lagerdörfer die Bäder nutzen. Ein Besuch der Thermen diente nicht nur der Hygiene und Gesundheitspflege. Sie waren vielmehr die zentralen Treffpunkte antiker Siedlungen. Das rekonstruierte Bad vermittelt somit einen lebendigen Eindruck römischen Lebensstils direkt am Limes.

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Aufgrund seiner guten Erhaltung geriet das Numeruskastell Würzberg nie gänzlich in Vergessenheit. Wahrscheinlich handelt es sich bei der in einer Beschreibung der Michelstädter Gemarkung aus dem Jahr 819 genannten »vulline burch« um die Ruine des Kastells. Daniel Schneider erwähnte 1736 als Erster den römischen Ursprung des Baus. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts ließ Graf Franz l.zu Erbach-Erbach (1754-1823) das Kastell durch Johann Friedrich Knapp untersuchen und die dabei aufgefundenen Steine in den Eulbacher Park bringen. Sie dienten dort zum Bau des Obelisken. Dessen Inschrift meißelte man auf eine im Graben vor dem Nordtor des Kastells gefundene Sandsteinplatte ein, die ursprünglich eine aufgemalte römische Bauinschrift trug. Die ebenfalls aus Würzberger Steinen erbaute Rekonstruktion des Kastelltors entsprach dem damaligen Kenntnisstand und den romantischen Vorstellungen des Grafen.
Seine Größe (knapp 0,6 ha), die Architektur und Geschichte verbinden das Kastell Würzberg mit den übrigen Numeruskastellen des nördlichen Odenwaldlimes. Es wurde um 100 n. Chr. als Holz-Erde-Lager errichtet. Später erhielt es zunächst eine zweischalige Trockenmauer, schließlich eine 0,90 m breite Wehrmauer aus vermörteltem Sandstein. Von dieser fanden sich Zinnendecksteine und profilierte Gesimse im 6,0 m breiten Kastellgraben. Ein Erdwall hinter der Mauer trug den Wehrgang. Spuren der Innenbebauung sind kaum bekannt. Im Norden, Süden und Osten konnten Tore nachgewiesen werden, im Westen existierte nur eine kleine Pforte. Das Kastell war zum Limes hin ausgerichtet, der rund 80 m östlich vorbeizog. Aus dem Osttor führte eine etwa 5,0 m jDreite, mit Kies bedeckte Straße überdie Grenze in das Waldbachtal und von dort vermutlich weiter zum Main. Die Besatzung des Kastells, ein Numerus, ist nicht bekannt. Sie räumte den Wehrbau um 160 n. Chr.

rekonstruierter Limes-Wachtturm

Die originalgetreue Nachbildung eines Limes-Wachturmes bei Vielbrunn ist dagegen weithin sichtbar. Am und im Turm informieren Infotafeln in Wort und Bild über Bau und Funktion des Wachturmes sowie über das Leben am Limes. Rekonstruierte Palisaden der befestigten Grenze des einstigen römischen Reiches befinden sich gegenüber vom Turm.
Das Bauwerk soll Funktion und Bedeutung des Limes veranschaulichen und das Interesse für die antiken Relikte im Verlauf des Odenwaldlimes wecken.
Zahlreiche Reste der ehemaligen Grenzlinie findet man heute noch entlang des Limeswanderweges.

Bis zur hessischen Landesgrenze bei Hesseneck liegen weitere 18 Wachtposten und drei Numeruskasteile (Eulbach, Würzberg und Hesselbach) entlang der Strecke. Die Kastelle Eulbach und Würzberg sowie ein Großteil der Türme wurden bereits im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts ausgegraben. Kastell Hesselbach ist das einzige im 20. Jahrhundert vollständig untersuchte Militärlager des Odenwaldlimes.

Blickt man aus einem der Fenster gen Westen, so blickt man auf das ehemalige Gebiet des Römischen Reiches. Der Odenwald wurde unter Kaiser Vespasian (69/70-79) ab etwa 75 n. Chr. von römischen Truppen besetzt. Um 85 n. Chr. | richtete Kaiser Domitian (81-96) die Provinz Obergermanien (Germania Superior) mit der Hauptstadt Mainz (Mogontiacum) ein. Mit Fertigstellung des Odenwaldlimes um 100/110 n. Chr. sicherten Soldaten die Grenze des antiken Weltreiches und ermöglichten damit den Aufbau ziviler Strukturen im Hinterland. Dabei spielte das Militär nicht nur als Machtfiktor eine zentrale Rolle. Es schuf große Teile der Infrastruktur und stellte darüber hinaus einen wichtigen Wirtschaftsfaktor und Kulturträger innerhalb der Region dar.

Geschichte des Limes
Vor fast 2000 Jahren wurde der Odenwald ein Teil des Römischen Weltreiches. Viele Überreste sind aus dieser Zeit noch als Zeugen vorhanden. Eine planmäßige Besiedlung des inneren Odenwalds hat erst Mitte des 1 Jahrhunderts nach Chr. mit dem Vordringen der Römer über den Rhein begonnen. Diese eroberten Gebiete sicherten die Römer etwa 100 nach Chr. durch den Bau des Limes, als Schutz gegen die Germanen, die Ureinwohner unserer Landschaft. Durch das Anlegen des Limes entstand eine zum Teil heute noch sichtbare Schneise in dem für die Römer unbekannten Waldgebiet, die sie unter anderem auch als Postweg nutzten. Auf einer Strecke von knapp 80 km, von Obernburg bis Bad Wimpfen, entstanden außerdem 20 Kastelle und ca 80 Wachtürme aus Holz und Stein, die Sichtverbindun untereinander haben mussten. Im Jahre 2010 wurde rnit der Rekonstruktion eines Limes-Wachturms begonnen, der noch im gleichen Jahr fertiggestellt werden konnte. Dieser aufwändige Nachbau soll die Funktion dieses Bauwerks veranschaulichen und auf diese Weise auch das Interesse für die antiken Relikte im Verlauf des Odenwaldlimes wecken.

© Herbert S., 2017
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Hessen Drei brachte eine ganze Reihe von Sendungen über die Perlen des Landes, die uns Lust machte mal eine Woche im Odenwald zu verbringen.
Details:
Aufbruch: 23.04.2017
Dauer: 9 Tage
Heimkehr: 01.05.2017
Reiseziele: Deutschland
Der Autor
 
Herbert S. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Herbert sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
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