Venedig - Italien - 2017
3. Tag - San Michele und Murano
3. Tag - 3. November 201 7 - San Michele (Friedhofsinsel) und Murano
Freitag, 3. November 2017 3. Tag
San Michele, Friedhofsinsel und Murano
Auch heute Morgen wollen wir früh los. Beim Frühstück treffen wir auf Ornella, die den Frühstücksservice unter sich hat. Bisschen quatschen, wir kennen uns schon viele Jahre. Dann machen Anneken und ich uns auf den Weg. Mit dem Boot Nr. 4.2 können wir gleich bis Cimitero San Michele fahren. Es ist toll, dass man am Fondamente Nuove nicht mehr umsteigen muss.
Was uns sofort auffällt, sind die vielen frischen Blumen auf fast allen Gräbern. Man sieht hier kaum ungepflegte Gräber oder Gräber ohne Blumenschmuck. Das ist doch bei uns oder auch in Frankreich ganz anders. San Michele ist ein Blumenmeer. Herrlich. Wir wandern gemächlich umher, bleiben stehen, um zu schauen und zu fotografieren. Mir gefallen besonders die großen Statuen oder Skulpturen. Wir kommen auch zu einem Hinweisschild Igor Strawinsky, aber das eigentliche Grab finden wir nicht, obwohl wir das ganze Feld ablaufen.
In der Kirche wird gerade eine Totenfeier abgehalten, wir können da nicht stören. Bald darauf wird der Sarg zum Grab getragen und die Angehörigen folgen ihm.
Wir sind inzwischen zurück an der Haltestelle. Dort wartet auf einem Boot ein weiterer Sarg, der durch ein ungeschicktes Manöver fast vom Boot fällt.
Mit der Linie 4.2 fahren wir nun hinüber nach Murano. An der Haltestelle Faro steigen wir aus. Es ist herrliches Wetter, die Sonne lacht vom Himmel. Anneken schlägt vor, dass wir in der nahen Bar Approdo einen Bellini trinken.
Bellini ist ein Cocktail, der aus trockenem Prosecco, Sekt oder Champagner, einem halben pürierten weißen Pfirsich und nach Geschmack etwas Zuckersirup besteht. Entwickelt wurde der Bellini von Giuseppe Cipriani (1900-1980) im Jahr 1948. Cipriani eröffnete am 31. März 1931 Harrys Bar in Venedig, die ein Lieblingsaufenthalt von Ernest Hemingway und Orson Welles war. Benannt ist der Bellini nach dem venezianischen Maler Giovanni Bellini, der zusammen mit seinem Bruder Gentile Bellini die Venezianische Malschule gründete. Der Bellini avancierte in Venedig schnell zum beliebten Cocktail und gehört mittlerweile zu den international bekannten Klassikern. In Harrys Bar wird er noch heute gemixt und ist als Signature Drink ein wichtiger Werbeträger.
Inzwischen sind im Handel eine Vielzahl von Fertigcocktails in Flaschen und Dosen erhältlich und werden mit der Geschmacksrichtung Bellini bezeichnet. Dabei handelt es sich teilweise um aromatisierte weinhaltige Getränke, die mit dem traditionell aus weißen Pfirsichen hergestellten Cocktail nur den Namen gemein haben.
Leider wird uns auch so ein nachgemachtes Getränke vorgesetzt, was im Geschmack einfach nicht mit dem Original mithalten kann. Und dann der Preis: 8 Euro/Glas. Wegelagerer sind das. Eben eine typische Touristenfalle, ein Lokal nahe der Haltestelle, mit Fastfood etc. – ich gehe normalerweise nie in solche Lokale, einmal wegen der Preise und zum anderen, weil man dort nichts Vernünftiges bekommt.
Doch wir haben in der Sonne sitzen und die Boote beobachten können. Das hat uns dann über den Preisschock hinweg getröstet. Langsam wird es mir zu warm in der Sonne und wir machen uns auf den Weg.
Durch die Viale Bressagio zum Fondamente Daniele Manin. Unterwegs kommen wir an einer Glaswerkstatt vorbei. Man kann dort von der Straße zuschauen. Im Geschäft selber läuft eine mehr als unfreundliche Dame umher, schnauzt die Leute an, die fotografieren. Das trägt natürlich nicht dazu bei, dass man in diesem Geschäft etwas kauft. Wir verlassen den ungastlichen Ort und laufen weiter. Es gibt viel zu schauen. Alte Palazzi, geschmückt mit Statuen und alten Wappen, kleine Geschäfte und einen Laden, wo man Glasteile für 1 Euro kaufen kann.
Unfassbar - China-Ramsch, ich mag das gar nicht. Entweder echtes Murano-Glas oder gar nichts. Dazwischen hängt an einigen Häusern die Wäsche zum Trocknen auf der Straße. Wir machen überall Fotos. Natürlich sieht man nicht nur schöne Kunstwerke, sondern auch viel Kitsch, eben für jeden Geschmack etwas.
Beim Fondamente Daniele Manin angekommen, am Rio dei Vetrai, sieht man in der Ferne schon den Torre dell’Orologio di Murano auf dem Campo San Stefano. Der Turm aus dem 19. Jh. wurde auf den Fundamenten eines Glockenturms einer Pfarrkirche aus dem 12. Jh. errichtet.
Wunderschön der Kontrast zu dem direkt daneben platzierten modernen, in vielen Blauschattierungen leuchtenden, blauen Glas-Kunstwerk – Cometa di Vetro. Ein krasser Gegensatz zu den umliegenden historischen Bauten. Die moderne Glasskulptur ist das neue Wahrzeichen von Murano.
Hier sind mir viel jedoch zu viele Leute unterwegs. Man muss so auf seine Sachen aufpassen – vor Taschendieben wird immer wieder auf diversen Tafeln gewarnt. Ich mag das gar nicht.
Über die Ponte San Pietro Martire gelangen wir an das andere Ufer zu der Chiesa San Pietro Martire auf dem Campiello Michieli.
Es sind hier aber so viele Menschen unterwegs, dass man gar nicht vernünftig fotografieren kann. Wir schauen uns die schöne Kirche jedoch von Innen an und machen einige Fotos, ehe wir weiterlaufen am Fondamente da Mula.
Hier befindet sich der Palazzo da Mula mit einer reichen spätgotischen Fassade, am Südufer des Canale degli Angeli, bei der Brücke Ponte Vivarini, die zur Hauptinsel Muranos San Donato führt. Der Palazzo ist eines der letzten Zeugnisse der zahlreichen Prachtvillen, die im 15. und 16. Jh. auf Murano errichtet wurden. Murano gehörte zu den bevorzugten Sommeraufenthalten der Venezianer, weil man von der gesundheitsfördernden Wirkung dieses Ortes überzeugt war. Früher befanden sich nur wenige Villen mit weitläufigen Gärten auf der Insel. Heute ist der Palazzo da Mula in eine Häuserzeile eingebunden.
Der aus der Wende des 14. zum 15. Jh. stammende Palast zeigt die für die venezianische Baukunst typischen Bauformen der Spätgotik. Er ist aus rötlichen Ziegeln gebaut, mit einem Ziegeldach gedeckt, die dekorativen Elemente sind aus weißem istrischen Marmor. Anders als bei vielen venezianischen Palästen führt das Portal auf der Wasserseite nicht direkt in den Kanal, sondern auf die schmale Straße, die den Kanal begleitet.
Über die Ponte Vivarini (auch Ponte Longo) wollen wir an das andere Ufer, Fondamente Cavour - heute Riva Longa. Auf der Brücke ist ein junges Paar, welches Anneken fotografiert. Im Gegenzug macht der junge Mann ein paar schöne Bilder von uns beiden. Ein sehr nettes und freundliches Paar. Im Gegenzug zu den meisten Touristen, die hier unterwegs sind. Sie hasten und eilen, schubsen und drängen, ich kann das absolut nicht ausstehen. Anneken und ich lassen uns Zeit. Wir wollen alles in Ruhe anschauen und genießen.
Über die Fondamente Cavour (Riva Longa) schlendern wir weiter und ich entdecke das Geschäft der Glaskünstlerin Roberta Piga, wo ich vor Jahren eine filigrane Spinne und andere Tiere gekauft habe. Auch heute werde ich fündig und freue mich, dass das Geschäft noch gut läuft. Eine große schöne Schildkröte hat es mir in einem anderen Geschäft angetan, aber hier passe ich – zu groß und zu teuer. Aber eben schön anzusehen.
Wir biegen nun ab in die ruhige Calle Angelo da Mistro, die zum Campo San Bernardo führt. Ich möchte mit Anneken in die Arbeiterkneipe La Perla ai Bisati zum essen gehen. Vor vielen Jahren haben mein damaliger Mann und ich hier öfter mit den Arbeitern zu Mittag gegessen, alle an einem großen langen Tisch, keine Speisekarte, es gab, was es gab. Immer super lecker, preisgünstig und eine wunderbare Atmosphäre, oft lustige Gespräche mit den Arbeitern.
Heute ist eine lange Schlange vor dem Lokal. Eine Dame kommt heraus und meint, man müsse zum Seiteneingang. Ich schüttle den Kopf und quetsche mich in die Männer, die in dem Lokal an der Bar stehen. Frage, ob wir zum Essen bleiben können, man bejaht, wir müssten allerdings warten. 8 Personen sind vor uns. Na ja, wir haben Zeit. Es dauert auch nicht sehr lange und wir werden an einen Tisch platziert, an dem schon zwei Deutsche sitzen. Keinen Gruß, kein Wort wechseln die mit uns. Komische Menschen. Gott sei Dank verschwinden sie bald. Wir haben schon vorher die winzige Karte studiert, fotografiert und wissen schnell, was wir essen wollen.
Gemischte Fischvorspeise: Baccala Mantecato, Gamberoni, Seppia, Gambas, Languste. Danach Fritto Misto di Pesce (Uschi). Anneken hingegen hatte zur Vorspeise Sarde in Saor und danach Spaghetti Vongole. Dazu hatten wir ½ l Rotwein, 1 l Wasser. Zum Nachtisch gab es eine Art Vin Santo mit selbstgebackenen Keksen. Alles sehr lecker und sehr preisgünstig.
Schön ist auch, dass wir bald ein nettes italienisches Paar an unseren Tisch bekommen: Federico Lombardo und Erika Diminich (aus Kroatien). Beide sind aus Genua, mit dem Camper auf Murano. Wie wir später feststellen, sind die zwei auf Hochzeitsreise. Die Zeit mit den Beiden vergeht wie im Fluge. Wir quatschen und quatschen und finden kein Ende. So ein freundliches Paar. Anneken und ich sind begeistert. Adressen werden ausgetauscht, beide sind auch auf Facebook zu finden.
Als ich abends ins Hotel komme, liegt die Freundschaftsanfrage von den beiden schon vor. Toll. Begegnungen mit solch netten Menschen mögen wir beide sehr.
Nachdem wir uns verabschiedet haben, wandern Anneken und ich weiter. Unterwegs entdecken wir alte Brunnen, schöne Palazzi und können durch ein Gitter in einen hübschen Innenhof schauen.
Der Weg führt uns durch die Calle de la Conterie bis zum Campo San Donato, zur Basilica di Santa Maria e Donato. Und wir haben Glück, sie ist geöffnet. Man ist immer wieder erschlagen, von der Pracht dieser alten Kirchen.
Es gelingt uns, einige Bilder zu machen, ehe wir weiter wandern. Vorbei an einem Krieger-Denkmal mit einer Tafel, auf der Folgendes geschrieben steht:
I Cavalieri di Vittorio Veneto del Comune di Venezia
„Ai Caduti di tutte le Guerre“
25. April 1987
Mich machen diese Denkmäler immer sehr nachdenklich. Über Fondamente Cavour laufen wir nun zur Haltestelle Venier. Anneken will sich noch die Chiesa Santa Maria degli Angeli ansehen, die aber leider geschlossen hat.
Im Mittelalter gründeten Nonnen des Ordens der Augustinerinnen das Kloster Santa Maria degli Angeli. Leider existiert das Kloster nicht mehr, aber die Kirche ist noch vorhanden. Santa Maria degli Angeli liegt am Zusammenfluss vom Canale Serenella und Canale degli Angeli, etwas abseits der Touristenströme.
So warten wir nun auf das Vaporetto Nr. 4.1, welches bis zu unserer Haltestelle Ferrovia durchfährt. Herrlich, wir brauchen nicht umsteigen. Ich suche mir, nachdem ich einige Bilder gemacht habe, schnell einen Sitzplatz, denn so lange kann ich nicht stehen. Anneken bleibt an Deck, ich mache ein paar Bilder von ihr in Aktion, d. h., wie sie fotografiert. Dann sehe ich sie nicht mehr. Das Boot ist sehr voll.
Ferrovia steige ich aus, keine Anneken zu sehen. Ich mache mir Sorgen, rufe gleich an. Anneken ist am Fondamente Nuove falsch ausgestiegen und kommt nun mit einem anderen Boot. Ich laufe schon mal vor ins Hotel, wo man auch gleich besorgt fragt, wo meine Freundin Anneken geblieben sei. Man will sogar die Polizei rufen. Ich kann Alvise beruhigen, Anneken wird gleich kommen und so ist es auch. Wir können uns nun 2 Stunden ausruhen, ehe wir zum Abendessen gehen.
Nach 19 Uhr nehmen wir das Boot Nr. 1 zur Haltestelle Ca d’Oro und laufen dann zur Salizzada del Pistor zum Restaurant a Pepi gia 54. Wir kennen den Wirt, waren 2013 dort essen und früher auch schon. Der Wirt und auch die Kellner sind sehr nett in diesem kleinen Lokal.
Beide essen wir Spaghetti aglio, olio, peperoncini, danach gibt es für Anneken gegrillte Paprika und für mich Hähnchen mit Spinat, dazu ½ l Rotwein. Alles sehr lecker, aber wir sind noch von heute Mittag satt und können nicht alles aufessen. Wir sitzen lange und quatschen. Erst nach 23 Uhr sind wir zurück im Hotel, wieder mit dem Boot Nr. 1 bis Ferrovia. Selbst heute Nacht war es noch sehr warm.
Ich habe bewusst, die Restaurants so ausgesucht, dass wir nicht allein nachts durch dunkle Gassen laufen müssen, alles in der Nähe einer Haltestelle ist. Man muss sein Glück ja nicht herausfordern.
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Aufbruch: | 01.11.2017 |
Dauer: | 6 Tage |
Heimkehr: | 06.11.2017 |