Corona-Ausflüge von Aachen aus
Nordeifel: Freilichtmuseum Kommern
Vor vielen Jahren haben wir bereits einmal das Freilichtmuseum Kommern besucht. Damals lag der Eingang noch nahe der Hauptstrasse. Ob es auch damals bereits die vier regionalen Baugruppen Westerwald, Eifel, Niederrhein und Bergisches Land gab, die die bäuerliche Lebenswelt und Bauweise vergangener Jahrhunderte darstellte ist mir nicht mehr bekannt.
Heute befindet sich der Eingang hinter einem riesigen Parkplatz für PKWs und Busse, der heute kurz nach Wiedereröffnung nach der Corona-Sperrung nahezu verwaist ist. Der Eintritt ist z.Zt. frei (freiwillige Spenden erwünscht) und der Rundgang ist im Einbahnstrassenmodus geregelt.
Während des kurzen aber steilen Aufstiegs zum Eingang fällt der Nachbau eines historischen Vermessungsgerüstes auf.
Nachbau mit Unterstützung durch den Deutschen Verein für Vermessungswesen e.V. Gesellschaft für Geodäsie, Geoinformation und Landmanagement
Vor dem Aufkommen der satellitengestützten Punktbestimmung mit z. B. GPS •
.(„Global Positioning System") war die Bestimmung der Hauptvermessungspunkte für die Landesvermessung und die amtlichen Kartenwerke ein mühsames Geschäft,
Die Lage der Punkte wurde so erkundet, dass zwischen benachbarten Punkten
Sichtverbindung bestand. In diesem aufgespannten Dreiecksnetz
wurden mit dem Theodolit (Winkelmessinstrument) die Winkel gemessen,
so dass sich bei Kenntnis der Länge einer Dreiecksseite alle Punkte
in einem einheitlichen System berechnen ließen.
Bei diesem Verfahren spricht man von Triangulation und bezeichnet
die Punkte als Trigonometrische Punkte (kurz: TP). ,
Hinderten jedoch die Erdkrümmung sowie topographische Hindernisse die Sicht zwischen den oft mehr als 50 km voneinander entfernten Punkten, 'jgjp errichtete man schwere hölzerne und nicht wiederverwendbare Vermessungsgerüste.
Text der Infotafel
Westerwald / Mittelrhein
Die Zimmerungstechnik ist im Westerwald hochent wickelt. Selbst bescheidene Häuser zeigen ein Fachwerkgefüge, das gekonnt die tragenden Konstruktion-selemente mit wirkungsvollen Schmuckformen verbindet. Selbst die Details an den Häusern sind dekorativ geformt: Rautenmuster und Andreaskreuze unter den Fenstern, geschnitzte und bemalte Türstürze, bunt verzierte Haustüren.
Das alles hat seine Vorbilder im städtischen Bau wesen. Seine Einflüsse konnten vor allem deshalb weit in den ländlichen Raum ausstrahlen, weil seit dem Mittelalter bedeutende Handelsstraßen den Westerwald durchzogen: die Antwerpen-Leipziger-Straße, die Köln-Frankfurter-Straße, die Kob-lenz-Siegener-Straße> -
Westerwald - das heißt Waldland. Aber mit dem Wald wurde jahrhundertelang Raubbau getrieben: im Mittelalter wurde wild drauf los gerodet und seit 1500 sorgte Westerwälder Brennholz für die Energieversorgung der Siegerländer Eisenindustrie. Aus dem 18. Jahrhundert gibt es Karten, die den Kahlschlag deutlich zeigen: nur noch an wenigen Stellen gibt es geschlossene Waldflächen.
Durch Gesetze und Verordnungen bemühten sich die Landesherren, den Kahlschlag zu stoppen. Bauholz wurde rationiert, Holzfrevel unter schwere Strafe gestellt, ein Wiederaufforstungsprogramm entwik-kelt. Denn der Raubbau hatte nicht nur eine wesentliche Quelle des Reichtums zerstört, sondern auch zu einer Bodenverschlechterung geführt, die die ganze Landwirtschaft in Mitleidenschaft zog.
Eine zweite Grundlage für die Wohlhabenheit der Westervrälder Bauern bis zum Ende des 18. Jahrhunderts war die Viehwirtschaft. Wie in anderen Gebirgslandschaften gab es auch hier eine eigene Rindviehrasse. Die Westerwälder Kuh war Milch-, Fleisch- und Fettlieferant, sie war Zugtier und mußte sich bei allem mit kargen Weiden zufrieden geben.
Im Vergleich zum Rindvieh heute war die Westerwald-Kuh klein und gedrungen. Ihre Leistungen könnten mit denen heutiger Kühe nicht mehr konkurrieren. Aber dennoch war diese Kuh Basis des Westerwälder Reichtums. Nicht umsonst nannte man
den Westerwald das "nassauische Holl- und Fries-
land".
Hof aus Bad Breisig
Der Hof wurde nach einem Ortsbrand 1770 im engbebauten Ortskern von Oberbreisig gegenüber der Kirche errichtet. Mansarddach und reichgestaltete Fachwerkfassade geben dem Haupthaus ein besonders repräsentatives Aussehen. Die Hofeigentümer betrieben Landwirtschaft, vor allem Getreidebau, und in älterer Zeit auch Weinbau. Im Raum neben dem Hoftor stand die Weinkelter. Zwischen Haus und Scheune und im linken Scheunenteil befanden sich Ställe für das Großvieh. Von 1809 bis 1859 war das Haus Wohnsitz des Pfarrers. 1963 wurde die Landwirtschaft aufgegeben, 1974 der Hof von den Museumshandwerkern abgebaut und 1995-1997 als Museumsgaststätte (mit neuem Küchentrakt) wiedererrichtet.
Marktplatz Rheinland
Der Marktplatz Rheinland im LVR-Freilichtmuseum Kommern widmet sich der Zeit zwischen 1945 und 1990. Die städtebauliche Entwicklung des ländlichen Raumes ist in dieser Zeitspanne verbunden mit der Auflösung der traditionellen regionalen Bauweisen, die das Orts- und Landschaftsbild bis in das 19. Jahrhundert prägten.
Mit dem Marktplatz Rheinland entsteht ein weiterer Baustein des kulturgeschichtlichen Bogens, der sich vom 15. Jahrhundert bis in die jüngste Vergangenheit zieht. [...]
Nach und nach wird auf dem Marktplatz Rheinland ein Dorf entstehen, dessen Gebäude und Geschäfte die Zeit zwischen 1945 und 1990 widerspiegeln sollen.
Auf dem Marktplatz Rheinland begegnet man dagegen unterschiedlichsten Wohn- und Lebensverhältnissen: von der Notunterkunft bis zum schicken Bungalow. Vor allem seit der ..Wirtschaftswunderzeit" zeigt sich der Wandel an Bauten, Objekten und im täglichen Bedarf.
Der Zweite Weltkrieg ist vorbei, Städte und Dörfer liegen in Trümmern. Mit der Darstellung dieser Notzeit nach dem Krieg starten die Museumsgäste zum Marktplatz. Zwei Notunterkünfte der Nachkriegszeit dienten ursprünglich als Soldatenunterkunft. Die Bezeichnung ..Nissenhütte" geht auf seinen Entwickler Peter Norman Nissen zurück.
Notunterkunft der Nachkriegszeit. Ursprünglich militärische Nutzung als Soldatenunterkunft. Nach dem 2. Weltkrieg von der britischen Regierung in ihrer Besatzungszone als Notunterkünfte zur Verfügung gestellt. Halbrundes Stahlgerippe, verkleidet mit Innen- und Außenschicht aus Wellblechplatten, Stirnseiten aus Holzbrettern mit je einer Eingangstür und zwei Fenstern, Holzfußboden im Inneren. In den Hütten herrschen katastrophale klimatische Bedingungen. Die Wellblechhaut lässt die Hitze im Sommer ungehindert hinein und ebenso die Kälte im Winter.
Neben den Nisenhütten liegt versteckt ein sogenannter Einmannbunker. Er wurde häufig zur Unterbringung von Schrankenwärtern an Bahnlinien benutzt, die der häufigen Bombardierung unterlagen. Wir haben sie in anderer Form in Albanien kennengelernt (s. meinen Reisebericht)
Wir selbst haben einmal vor vielen Jahren Erkundigungen über Fertighäuser eingezogen, letztlich aber konventionell gebaut.
Hier haben wir nun die Gelegenheiten, die Erinnerungen aufzufrischen mit einem Quelle-Fertighaus.
Quelle-Fertighaus Typ 100 F - Ortsteil Stommelerbusch I Stadt Pulheim I Rhein-Erft-Kreis - 1965
Fertighäuser wurden in den 1960er/70er Jahre schnell zu einer typischen Bauweise im modernen Wohnungsbausektor. Die standardisierte Fertigung der Bauteile erlaubte niedrige Herstellungskosten.
Das Fertighaus steht auf einem massiven Keller, der die gesamte Hauslänge, aber nur circa zwei Drittel der Breite des darüber liegenden Wohnteils einnimmt. Der Fertighausteil ragt also in der Breite an beiden Seiten über den Keller hinaus und trägt ein Flachdach. Es ist in Skelettbauweise mit Wandelementen konstruiert.
Die Firma Quelle vertrieb ab 1962 diese Häuser neben dem klassischen Kataloggeschäft.
Ein Fertighaus von Quelle bedeutete nicht automatisch, sich mit Möbeln des Versandhauses Quelle einzurichten. Viele Besitzer eines Quelle-Fertighauses kauften anderweitig ihre Möbel.
Die Möblierung des Ehepaars Uhlmann war bei der Übernahme des Hauses ins Museum zunächst unklar. Die Originalmöbel waren überwiegend nicht erhalten. Allein die Deckenlampen, Tisch und Stühle im Esszimmer, verschiedene Küchengeräte und -möbel sowie einige Einzelmöbel und Bilder konnten in Stornmeierbusch gesichert werden.
Bungalow aus Kommern - Stadt Mechernich - Kreis Euskirchen 1958/59
Zeitschnitt: um 1963/1970
Flachdachbungalow am Originalstandort. Ehemalige Pächterwohnung des Restaurants "Haus Kahlenbusch". Einrichtung: Chippendale-Wohnzimmer und Einbauküche aus Quadrath-Ichendorf; Esszimmer und Schlafzimmer aus Schleiden. Der Grundriss zeigt einen für die Bauzeit typischen, abknickenden Flügel, in dem sich die Garage befindet. Der Bungalow von 1959 ist das erste Gebäude des geplanten „Neubaugebietes" der 1950er- bis 1970er-Jahre am Rande des „alten Ortskerns" des Marktplatzes Rheinland.
Gaststätte Watteler -Eschweiler über Feld - Gemeinde Nörvenich, Kreis Düren - um 1900/1946 I Zeitschnitt: 1974
Gaststatte Watteier mit Metzgerei. Verschiedene An- und Umbauten. Konzession seit 1931 in der Familie Watteler. Die Gaststätte wurde 2010 teilweise in ganzen Teilen in das LVR-Freilichtmuseum Kommein transloziert. Sie bildet mit der Garlenwirtschaft "Zur schonen Aussicht" den gastronomischen Mittelpunkt auf dem Marktplatz.
Bunkeranlage aus Kommern
Die Reste der Betonwände und die Trümmerteile gehören zu einer ehemaligen Bunkeranlage. Zwischen 1938 und 1939 wurde sie auf dem Kahlenbusch im Rahmen des Westwall-Programms gebaut. Für das Hitler-Regime hatte der Westwall eher propagandistischen als strategischen Wert. Dennoch wurden enorme Kraftanstrengungen in den Bau der Befestigungsanlagen gesteckt. Hinter dem eigentlichen Westwall an der Westgrenze des Dritten Reiches wurde seit 1938 die ..Luftverteidigungszone West" aufgebaut. Diese sollte von Jülich bis Speyer verlaufen. Geplant waren zunächst 60 befestigte Stellungen für Flakbatterien.
Zur Flakbatteriestellung auf dem Kahlenbusch gehörten neben mehreren Mannschaftsbunkern auch Munitions- und Wasserbunker, eine Pumpstation sowie die Stellungen für die Flakgeschütze.
Flüchtlingsunterkunft aus Opherten - Gemeinde Titz - Kreis Düren 1991
Zeitschnitt: 1991/2012
Diese provisorischen Unterkünften wurden in den 1990er-Jahren für die vielen Flüchtlinge des sog. Jugoslawien-Krieges errichtet. Bis 2012 dienten sie unzähligen Geflohenen weltweiter Krisenherde als Notunterkunft.
Notunterkunft für Flüchtlinge.
Die Containeranlage wurde 1991 von einer Dürener Firma als Übergangsheim für Asylbewerber aufgestellt. Der Großteil der Bewohnerwaren in den ersten Jahren Flüchtlinge aus den „Jugoslawien-Kriegen". Die Originalmöblierung zeigt die beengten Verhältnisse in den Containern in dieser Zeit.
2012 wurde die Anlage geschlossen. Einer der letzten Bewohner hat seine komplette Einrichtung dem Museum zur Verfügung gestellt. Die letzte Phase der Nutzung mit Einzelzimmerbelegung kann somit gezeigt werden.
Die Gebäude, die man besichtigen kann sind erst der Anfang - weiterhin sind geplant: Eisdiele, Friseurladen, Tante-Emma-Laden, Druckerei, Tankstelle, Kriegerdenkmal, Brunnen, Bushaltestelle u.a.m.
Wir verlassen den Marktplatz Rheinland und laufen ein längeres Stück durch Wald zur Bockwindmühle.
Mit der Gründung des heutigen LVR-Freiüchtmuseums in Kommern begannen im März 1958 die Bauarbeiten. Eines der ersten wiedererrichteten Gebäude war die Bockwindmühle von 1782 aus Spiel (Gemeinde Titz).
Die Mühle wurde in ihre Einzelteile zerlegt und mit LKW ins Museum transportiert. Viele Bauteile konnten im Original wieder eingebaut, andere waren verwittert und müßten erneuert werden. Nach Monaten der Restaurierung wurde sie 1959 fertiggestellt.
Nach 50 Jahren im Freilichtmuseum mußten 2011 die Flügel und das Segeltuch erneuert werden.
Auf dem Weg zur Abteilung Niederrhein steht eine weitere Windmühle: Kappenwindmühle aus Cantrup - Kreis Diepholz (Niedersachsen) - 1780
Es ist ein jüngerer Mühlentyp als die Bockwindmühle aus Spiel; sie kommt erst um 1700 in Deutschland auf.
Fest stehendes Mühlengebäude, nur die Kappe wird in den Wind gedreht - Flügel mit Jalousien, vom Boden aus verstellbar
Einziges nicht aus dem Rheinland stammendes Baudenkmal im Museum
Abteilung Niederrhein
Heyerhof aus Korschenbroich -Rhein-Kreis Neuss
Haus und Scheune 1647 Stall und Backhaus 1845
Dreischiffiges Hallenhaus
Kammerfach mit Wohn- und Schlafraum
Herdraum mit Essplatz durch Scherwand vom Wirtschaftsteil abgetrennl
Hunde-Laufrad mit angeschlossenem Butterfass
Längsdiele flankiert von Ställen für Kühe und Pferde
Hof war Bestandteil einer adligen Grundherrschaft und an Bauern verpachte
Speicher aus Lürrip - Stadt Mönchengladbach - Mitte 15. Jahrhundert
Bäuerliches Vorratsgebäude in spätmittelalterlichem Fachwerk zur Sicherheit von einem Wassergraben (Gräfte) umgeben
Eifel - Eifel-Vorland
Zehntscheune aus Sechtem - Stadt Bornheim Rhein-Sieg-Kreis - 1734
Scheune mit zwei Dreschtennen und drei Bansen zur Einlagerung der Naturalsteuern (Zehnten)
Die Sechtemer Bauern führten den zehnten Teil ihrer Ernte an das Benediktinerinnen-Kloster und spätere Damenstift Dietkirchen in Bonn ab
Haus aus Kessenich - Stadt Bonn - 1616
Eingeschossiges Fachwerkhaus mit Besonderheiten der Zimmerung des 16. und frühen 17. Jahrhunderts im Bonner Raum: Streben nur in der rechten Giebelseite, Wechsel von wandstarken und bohlenstarke Ständern, dichte Bundbalkenlage
Hof aus Brenig - Stadt Bornheim I Rhein-Sieg-Kreis - Haus 1556 Scheune 1785
Vierseithof mit Haus, Schweinestall, Backhaus und Scheune Straßengiebel mit Freigespärre als Schauseite
Kapelle aus Schützendorf - Stadt Mechernich Kreis Euskirchen - 1783
Eine der letzten Fachwerkkapellen der Eitel Datierung des Kapellenbaus 1783 über der Tür Kreuz auf dem Dachreiter mit Jahreszahl 1671 stammt vermutlich von einem Vorgängerbau Altar aus der 2. Hälfte 17. Jahrhundert
Haus aus Elsig Hof - Stadt Euskirchen 1719
Hof aus wallenthal - Gemeidne Kall - 1. Hälfte 19. Jahrhundert
Vierseithof mit Haus, Scheune, Stall, Backhaus, Remise und Torhaus Präsentation der Wohnsituation um 1910/30 Geräte verschiedener Herkunft zur Wäschepflegtin der Kammer Torhaus vom Kloster Schweinheim [Kreis Euskirchen), vermutlich 1726 Kelter von 1683 im Torhaus
Haus aus Bodenbach - Kreis Daun - 2. Hälfte 17. Jahrhundert
Haus mit verziertem, vorkragendem Schaugiebel Strohverkleidete Traufwand als Wetterschutz Einrichtung nach Bodenbacher%*/entar von 1883
Damit ist unser Rundgang beendet und auf einer Bank in der Nähe des Vermessungsgerätes mit grandiosem Ausblick auf die Ebene der Kölner Bucht nehmen wir noch einen Snack.
Aufbruch: | Mai 2020 |
Dauer: | 6 Monate |
Heimkehr: | November 2020 |
Belgien
Niederlande