Corona-Ausflüge von Aachen aus
Kamp-Lintfort - Kloster und Landesgartenschau
von der Industrieregion zur Hochschulstadt
Der Bergbau hat die Region am Niederhein über hundert Jahre nachhaltig geprägt. Mit Stilllegung der letzten Zechen Anfang 2000 endete diese Ära unwiederbringlich. Noch vor Schließung der letzten Zeche im Jahre 2012 machte sich Kamp-Lintfort auf den Weg, um nach neuen Perspektiven für die Stadt zu suchen. Mit Ansiedlung der Hochschule Rhein-Waal wurde aus der Zechenstadt eine Hochschulstadt. Auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Friedrich Heinrich ist jetzt die Landesgartenschau zu Hause.
Parallel zur Landesgartenschau wird auf dem Gelände kräftig an den alten Industriebauten restauriert und umgebaut. Zukünftig soll hier ein neues Wohnquartier mit hoher Lebensqualität entstehen.
Die beiden Fördertürme der Steinkohlenzeche sind in die Landesgartenschau integriert,.
Am 1. Juli 1912 ging die Zeche Friedrich Heinrich in Betrieb, die erste Kohle wurde im Schacht 2 zu Tage gehoben. Bald darauf war auch der Schacht 1 fertig, der nun zum Förderschacht wurde. Sein ursprüngliches Fördergerüst sah aus wie das erhaltene über Schacht 2.
1955-57 ersetzte man ihn durch die leistungsfähigere Turmförderanlage, die für über 20.000t Rohkohle pro Tag ausgelegt war. Der markante 79-m-Förderturm wurde rasch zum Wahrzeichen der Stadt.
2017 sprachen sich die Kamp-Lintforter in einer Bürgerbefragung für den Erhalt dieses Stücks Industriekultur aus. Der Turm blieb, er wurde 2019 denkmalgerecht saniert. Auch Teile der Technik sind erhalten: Zwei Vierseil-Fördermaschinen hoben die Kohle aus 600 m Tiefe zu Tage. Zwei Fördermaschinisten hatten hier ihren Arbeitsplatz.
Förderturmanlage Schacht 1 - Maschinen und der Balkonumgang auf etwa 67 m Höhe können besichtigt werden
Coronabedingt sind am Eingang und in einigen Bereichen der Gastronomie und in Innenräumen Masken vorgeschrieben. Allerdings ist der Andrang überschaubar und im Freien ist gut Abstand zu halten. In der Umgebung des Fördertürme sind die unterscheidlichsten Vorschläge für Hausgärten angelegt und geben dem Buscher zahlreiche Ideentipps.
eine Kombination aus Trennwand, Bienenhaus und Kräutergarten - die würde ich sofort in meinen Garten integrieren (wenn ich wüßte wo)
Auflockerungen in Form von Figuren finden sich verstreut über die Anlage
Ein Weg erzählt Geschichte
Den südlichen Bereich mit Verkaufsständen und Gastronomie halten wir uns für das Ende des Besuches, damit wir ggf. Einkäufe tätigen können. Am nördlichen Ende des Geländes befindet sich der 'Stadteingang' (mit Parkplatz, aber ohne Ticketverkauf) - über ihn ist der sogenannte Wandelweg erreichbar, der durchaus interessant ca. 3 km zum zweiten Teil der Landesgartenschau am Kloster Kamp-Lintfort führt.
Die Stadt Kamp-Lintfort hat zwei unterschiedliche historische Wurzeln: Während der dünn besiedelte Ortsteil Kamp durch die ehemalige Zisterzienserabtei bis in das Jahr 1123 zurückverweist und über eine reichhaltige Kunst- und Kulturgeschichte verfügt wird der Siedlungsschwerpunkt Lintfort seit 1906 industriell bzw. städtisch geprägt.
Verbindendes Element zwischen diesen beiden geografischen und stadtgeschichtlichen Polen ist die Große Goorley, die in Richtung Kamp fließt und dort in die Fossa Eugeniana, ein zum Rhein führendes spanisches Kanalbauwerk des 17. Jahrhunderts, einmündet.
Wie beschließen den Weg zu Fuß zu nehmen und auf den kostenlosen Shuttlerbus zu verzichten. Nach wenigen 100 Metern beetreten wir das Stephänswäldchen. Das im Volksmund sogenannte „Stephanswäldchen" hat einen imponierenden Bestand an Platanen mit großen Kronen.
Erst 1981 erwarb die Stadt Kamp-Lintfort die bewaldete Fläche an der Großen Goorley vom heimischen Bergbau.
Beamtensiedlung der Zeche Friedrich Heinrich
Unmittelbar an das Stephanswäldchen schließt sich die so genannte „Beamtensiedlung" an. Im Jahre 1907 wurde mit dem Bau der großzügig geschnittenen Häuser für die privilegierten Belegschaftsangehörigen der Steinkohlenbergwerk Friedrich Heinrich AG begonnen - bewusst westlich der Zeche, denn der vorherrschende Wind trug die Emissionen des Bergwerks in die entgegen gesetzte Himmelsrichtung. Kennzeichnend für diese Werksiedlung, die erst in den 1930er Jahren fertig gestellt wurde, sind u.a. ein hoher Freiflächenanteil, eine repräsentative Gestaltung der Baukörper und durchgängig großzügige Gebäudegrundrisse. Stilelemente wie aufwändige Laibungs- und Türgestaltungen, ausladende Podesttreppen, tiefe Vorgärten, Erkervorbauten und andere architektonische Gestaltungsmittel erzeugten bzw. verstärkten die soziale Hemmschwellen für jene, die nicht betrieblich und gesellschaftlich privilegiert waren.
Mammutbaumwäldchen
Steinkohle bildet die geologischen und zugleich die wirtschaftlichen Wurzeln der Zechenstadt Kamp-Lintfort. Vor ca. 358 bis 296 Millionen Jahren, im Zeitalter des Karbons, entstanden in weitausgedehnten Kohlesümpfen die weltgrößten Vorräte an Steinkohle. Um diese Wurzeln wieder erlebbar zu machen, wurde durch die Anlage einer entsprechenden Pflanzung ein Eindruck vermittelt, wie die Landschaft um Kamp-Lintfort in den Zeiten der Steinkohlebildung ausgesehen haben mag.
Das Karbon gilt als Zeitalter der Farne. Auch Schuppenbäume und Siegelbäume, heute ausgestorbene Vertreter der Bärlapppflanzen, beherrschten das Landschaftsbild mit Größen bis zu 40 Metern und Stammdurchmessern von über einem Meter. Schachtelhalme brachten bis zu 20 Meter große Baumformen hervor. Die Ansiedlung von Pflanzen aus der Steinkohlezeit ist heute unmöglich, da deren meiste Vertreter ausgestorben sind oder, wie bei den Bärlappgewächsen, lediglich als kleine, fast immer krautige Arten existieren. Durch die Verwendung von Mammutbäumen, Sumpfzypressen, Farnen, Schachtelhalmen u.a. wird mit den biologischen Nachfahren der ausgestorbenen Pflanzenarten versucht, einen Eindruck des damaligen Vegetationsbildes zu vermitteln.
Fossa Eugeniana
Zwei Ziele verfolgten die Spanier, als sie 1626 mit dem Bau der Fossa Eugeniana begannen: Einerseits sollte der Kanal die Maas und den Rhein miteinander verbinden und so einen von den Niederländern unabhängigen Handelsweg eröffnen. Andererseits sollte eine starke militärische Verteidigungslinie geschaffen werden. Namensgeberin für das mit 24 Erdschanzen befestigte Kanalbauwerk war Isabella Clara Eugenia, die Statthalterin der spanischen Krone in den Niederlanden.
Finanzierungsschwierigkeiten, technische und wasserwirtschaftliche Probleme sowie mehrere Überfälle der Niederländer führten jedoch dazu, dass die Bauarbeiten 1629 eingestellt werden mussten. Die Fossa Eugeniana, die ursprünglich sogar bis zur Schelde bei Antwerpen weiter geführt werden sollte, blieb ein landschaftsprägender Torso. Das Bett des unvollendeten Kanals ist das größte obertägige Baudenkmal im Kreis Wesel und durchzieht das Kamp-Lintforter Stadtgebiet.
Heiligenhäuschen am Kamper Berg
Die St. Josef-Kapelle, im Volksmund besser bekannt als Heiligenhäuschen, wurde 1894 von der St. Johannes-Nepomuk-Bruderschaft Alt-Lintfort als Fronleichnamsaltar und als Haltepunkt auf dem Weg zur Abteikirche Kamp gebaut. Zwei Weltkriege hat es nahezu unbeschadet überstanden, wenn man davon absieht, dass es in einer Nacht im November 1942 mutwillig verwüstet wurde.
Nach 1945 wurde es von der St. Nepomuk-Bruderschaft renoviert und fortan in Stand gehalten. Leider musste das Heiligenhäuschen 1963 im Zuge der Planung der B 510 abgerissen werden. Erst 1998 nahm die St. Josef-Bruderschaft Kloster Kamp ihr 550-jähriges Jubiläum zum Anlass, das Heiligenhäuschen nach alten Vorlagen und Bildern originalgetreu wieder zu errichten.
Hier ist der Eingang zum westlichen Teil der LAGA
Bienenhaus am Kamper Berg
Die Mönche auf dem Kamper Berg haben über Jahrhunderte hinweg auch Gartenflächen bewirtschaftet. Nachweislich betrieb die Abtei eine ausgedehnte Bienenzucht. Das Bestäuben der Blüten durch die Bienen erbrachte guten Ernteertrag. Bienenprodukte ließen sich als Medizin und natürliche Süßungsmittel einsetzen. Wichtig war das Wachs, aus dem man Kerzen herstellte. Damit gab es in den dunklen Klosterzellen und Gottesdiensträumen Licht und die Gebets- und Arbeitszeiten konnten produktiver gestaltet werden. Bernhard von Clairvaux (um 1090 -1153) ist in der ehemaligen Abteikirche als Holzskulptur mit einem Bienenkorb zu sehen.
Das Bienenhaus - in dem es natürlich auch Honig zu kaufen gibt - liegt am ande des Alten Gartens, der heute so angelegt ist, dass er Abteilungen nach Farben geordnet präsentiert.
In Serpentinen führt der Weg hoch an die Klosterkirche heran - ein Weinverkostungsstand erinnert daran, dass die Mönche auch Wein angebaut haben
Bald betritt man durch ein großes Gittertor den Terrassengarten des ehemaligen Klosters.
Abteikirche
Im Jahre 1123 unserer Zeitrechnung stiftete nach der Überlieferung der Kölner Erzbischof Friedrich I. die Abtei Kamp als erstes Zisterzienserkloster im deutschsprachigen Raum, das schon bald zum Ausgangspunkt für 84 Tochter- und Enkelgründungen bis hin nach Livland und Kurland werden sollte.
Im Jahre 1585 machten Soldaten des Moerser Grafen Adolf von Neuenahr die Kamper Kirche im Zuge des Truchsessischen Krieges dem Erdboden gleich; nur die Spitze des Chorraumes blieb erhalten. Im Zeitraum von 1683 bis 1700 wurden die Kirche und die übrigen Klostergebäude neu aufgeführt; 1714 errichtete man die sechseckige Marienkapelle als Anbau an die alte Sakristei.
Die Aufhebung der Abtei Kamp erfolgte während der französischen Herrschaft am Niederrhein zum 9. August 1802. Die Abteikirche diente fortan als Pfarrkirche; das frühere Krankenhaus (Infirmarium) der Zisterzienser wurde zum Pfarrhaus, während die umfangreichen Wohn- und Wirtschaftsgebäude der Abtei im Zuge der Säkularisation verkauft und abgebrochen wurden.
Für den Rückweg wählen wir dann den Shuttlebus, dfa wir noch entlang der Friedrich-Heinrich-Allee die alten Industriebauten und das Casino ansehen wollen.
Leider fährt der Bus jeoch bis zum Parkplatz zurück, so dass wir wieder ein Stück zurück laufen müssen.
es ist immer wieder bewundernswert wieviel Aufwand bei der Gestasltung der Fassaden aleter Industriebauten betrieben wurde
Der sich anschließende Besuch im Gastronomiebereich und der Rundgang an den Verkaudfsständen bringt keine neuen Ideen und auch nichts Kaufwürdiges zu tage. Und solang Corona gilt, haben wir uns entschlossen auf Gastronomie zu verzichten - es gibt ja Picknick.
(die informativen Texte stammen weitgehende von den Infotafeln)
Aufbruch: | Mai 2020 |
Dauer: | 6 Monate |
Heimkehr: | November 2020 |
Belgien
Niederlande