Sahara - Grenzfahrten zwischen den Welten
Durch die nördliche Ténéré in den Niger
Eine Teerstraße führt noch bis zum Flughafen von Djanet, dann müssen wir uns die Piste suchen. Ein Metallpfosten und ein paar Autospuren im Sand markieren den Einstieg. Nach zwei Stunden Fahrt erreichen wir die Grenze zum Niger. Der gottverlassen wirkende Grenzposten besteht aus ein paar abbruchreifen Gemäuern, um die der Wind pfeift. Alte Decken dienen als Türen. Etwa zehn algerische Grenzsoldaten, die sich sichtlich freuen, dass sie durch unsere Ankunft etwas Abwechslung bekommen, tun hier Dienst. Als wir den angebotenen Kaffee gerne annehmen, führen Sie uns in eine als Küche und Speiseraum dienende Wellblechhütte und servieren uns auch noch Fleisch in Tomatensauce und Linsen mit Brot. So freundlich sind wir noch an keiner Grenze abgefertigt worden! Wir revanchieren uns gerne mit Keksen und Obstkonserven.
Die nördliche Ténéré ist eine Sand- und Steinwüste, die zwischen dem Tassili-Gebirge im Osten und dem Hoggar-Gebirge im Westen verläuft. Für die Durchquerung haben wir drei Tage veranschlagt. Wir verzichten abends auf ein Lagerfeuer, bereiten eine schnelle Mahlzeit. In diesem Rebellengebiet wollen wir keine Aufmerksamkeit auf uns lenken. Die Wüstennacht ist sternenklar und mondhell. Plötzlich sehen wir in der Dunkelheit in weiter Ferne das Flackern von Lichtern. Hier gibt es keine Oase, kein Dorf, nichts. Hier sind wir ganz alleine. Seit unserer Abfahrt am Morgen in Djanet ist uns außer den Grenzsoldaten keine Seele begegnet. Was mögen die Lichter bedeuten? Nach einiger Zeit ist es völlig außer Zweifel: die Lichter bewegen sich in unsere Richtung! Es muss sich um Autoscheinwerfer handeln. Sie kommen langsam näher. Es sind die Scheinwerfer von drei Fahrzeugen, die genau auf uns zuhalten. Gespannt sitzen wir da. Es weiß doch niemand, dass wir hier sind. Ist den Rebellen unsere Ausreise zugetragen worden? Wie verlaufen hier die Drähte? Da hier ein Lichtschein schon auf sehr weite Entfernungen zu sehen ist, dauert es unendlich lange, bis die Scheinwerfer näher kommen. Unser Auto erscheint mir als kein sicheres Versteck für die Reisekasse, es könnte ja gleich gestohlen werden. Deshalb vergrabe ich die mitgeführten Dollar unter dem Zelt. Die France behalte ich am Körper. Die wären im Fall des Falles als Wegezoll vorgesehen. In der Hoffnung, uns mit den France freikaufen zu können, harren wir der Dinge, die da kommen sollen. Die mir in den Kopf schießenden Bilder von allen je im Fernsehen gesehenen Überfällen versuche ich tapfer zurück zu drängen. Plötzlich schöpfen wir Hoffnung! Was so aussah, als würden Autos direkt auf uns zufahren, löst sich beim Näherkommen in drei nebeneinander fahrende Autos auf, die im Abstand von einigen Kilometern linker Hand an unserem Lager vorbeisteuern. Vermutlich handelt es sich um Schmuggel-Lkws, die ihre Ware auf diesen Schleichwegen auf Wüstenpisten transportieren. Geschmuggelt wird hier alles, besonders beliebt sind Zigaretten, mit denen man sich in jedem Ort der Sahara zu günstigsten Preisen eindecken kann. Noch halten wir den Atem an, dass unser Camp im hellen Mondlicht nicht als Silhouette am nächtlichen Horizont entdeckt wird. Dann endlich ist der Spuk vorbei. Wir blieben unentdeckt und ich buddle meine Dollar wieder aus dem Sand.
Den Rest der Strecke bis Chirfa treffen wir keine Fahrzeuge, keine Nomaden, nichts. Drei Tage lang durchqueren wir eintönigste Steinwüste. Die einzige Abwechslung bietet eine Reifenpanne. Der Reifen wird gewechselt, der kaputte für den nächsten Notfall geflickt. Im 360° Grad Winkel um uns herum nur eine flache Scheibe aus Schotter ohne jede Erhebung: "Hammada" - große Gesteinsdecken, "Serir" - feine Kieselsteinbedeckung, "Erg" - Sandwüste, lebensfeindlich, wasserlos, inmitten einer unendlichen Weite.
Autowrack in der nördlichen Ténéré
Reifenpanne auf dem Weg von Algerien in den Niger
Aufbruch: | 05.11.2001 |
Dauer: | 3 Monate |
Heimkehr: | 10.02.2002 |
Niger
Mali