Mari e Monti: Eine Frau, ein Motorrad...
¡Hola España!
oder: Hurra, wir leben noch!
So, jetzt fast 3 Wochen nach Start der Tour will ich es endlich wahr machen - und Frankreich endgueltig verlassen.....
Die grobe Zeitplanung der Reise ist nicht mal mehr einen Gedanken wert - mal schauen, wie ich in der verbleibenden Zeit das gesamte Nordspanienkapitel bewerkstelligen kann...
Beim Verlassen von Collioure Richtung Norden zeigen sich in den nahen Bergen bereits die Auswirkungen des Tramontes: Schneebedeckte Gipfel - brrrr!! Dennoch wage ich mich bei schoenstem Sonnenschein in die Pyrenaeen - ohne grosse Idee, was mich erwarten wird - geschweige denn, welche Route ich nehmen soll.
Beim der Planung der Tagesetappe stellt sich heraus, dass ich kartenmaessig zwar prima fuer Suedfrankreich und Nordspanien ausgeruestet bin - allerdings nicht fuer den Teil dazwischen - die Pyrenaeen....Und so starte ich ersteinmal Richtung Andorra , letzte kartenmaessig erfasste Gegend, bevor terra incognita beginnt und ich nur noch der Sonne nach fahren kann....
Ja, klar, man haette natuerlich fuer kleines Geld eine Karte an der Tanke kaufen koennen - aber wo bleibt da bitte schoen der Expeditionscharakter??
Schon vor dem ersten Pass - noch in FRankreich - muss ich meine Ausruestung anpassen und aus den Tiefen der Koffer die Handschuhe hervorkramen - kurz ueber 2000 m ist es dann auch Zeit fuer ein waermendes Fleece...Trotzdem friere ich mir den A**** ab, als wir endlich ueber den Grenzpass nach Spanien fahren. Ich mag garnicht dran denken, wie es sich temperaturtechnisch bei bewoelktem Himmel anfuehlen mag... Und so traeume ich vor schoenster und fast einsamer Bergkulisse mit schneebedeckten Gipfeln erst von heissen Duschen und nur wenig spaeter von finnischen Saunen....
Immer der Sonne nach fahre ich offensichtlich gen Westen und lande quasi mit dem Sonnenuntergang irgendwo in der Walachei in der Region Tremp. Die Landschaft ist grandios, Schluchten und Canyons schimmern in der untergehenden Sonne und ich bin allein auf weiter Flur.
Gluecklicherweise entdecke ich am Strassenrand ein passabel aussehendes Hostal und checke kurzentschlossen (und
wahrscheinlich als einziger Gast) dort ein. Welch eine Ueberraschung, als ich das mehr als grosse - quasi riesige - komplett neue Zimmer betrete: meine Wuensche sind in Form einer Badewanne erhoert worden. Super - endlich auftauen und vom Fischstaebchen zum Menschen mutieren!!
Nach erholsamer Nacht in der Einsamkeit der spanischen Pyrenaeen wartet nach leckerem Fruehstueck die zweite Ueberraschung, die das Hostal El Doll bereithaelt: Der ganze Spass hat gerade mal 20 € gekostet - dafuer habe ich an der Cotes d'Azur eine ganze Nacht gezeltet.....
Weiter geht's Richtung Nordwesten - und mit zunehmender Bewoelkung und fallenden Temperaturen aendere ich unsere Taktik "Immer der Sonne nach" und hangele mich von Tanke zu Tanke, um den Strassenverlauf zu checken. Waere es sonnig, wuerde ich wahrscheinlich auch Spass an der Tour durch die Berge gehabt haben - aber so: alles grau in grau - und ich sehe zu, dass ich Strecke mache. Irgendwann sehe ich in der Gegend von Jaca Pamplona ausgeschildert und beschliesse kurzerhand, die Bergetappe zu beenden und wieder in gemaessigte Zonen abzusteigen...(Schliesslich muss auch der BMW Service endlich getestet werden)
Nach Suche eines passablen Quartiers in Pamplona am Wochenende und einem Fussmarsch in kompletter Montur durch die gesamte Innenstadt kann ich mich ueber Kaelte nicht mehr beklagen und checke schliesslich in einem netten, kleinen Hotel ein und verbringe das WE relaxt in Pamplona - quasi auf den Spuren Hemingways - der Cafe con Leche in der Bar Iruña ist Pflicht - ebenso der Versuch, noch eine Corrida in der beruehmten Arena mitzuverfolgen - aber no chance, kein Stierkampf an diesem WE.
Stattdessen der 2. Teil von Bridget Jones im Fernsehen - auch wenn ich kein Wort verstehe: Hollywood macht's moeglich - dank "aeusserst anspruchsvollen" Handlungsverlaufs kann ich prima folgen und fuehle mich bei der Skiabfahrtsszene boese an meine Geroellabhangfahrten mit Moeppi erinnert...und lache mich dementsprechend weg.
Dann am Montag Test des BMW-Services: negativ - kein Vergleich zu den hilfsbereiten und freundlichen Werkstaetten in Italien. Fuer ein winziges Ersatzteil (2 Muttern und ein Gewinde) warte ich fast 2 Stunden bis der der Chef endlich Zeit fuer mich findet, zahle einen unangemessen hohen Preis und komme so erst gegen Mittag auf die Piste Richtung Baskenland. Vielleicht sollte ich mich berufstechnisch auf die Produktion von Ersatzteilen konzentrieren - scheint ein mehr als eintraegliches Geschaeft zu sein....
Ueber kleine Nebenstrecken fuehrt mich der Weg Richtung Atlantik, durch eine unbeschreiblich gruene Landschaft, die zuerst ein bisschen an die Eifel erinnert, in den hoeheren Lagen fast an das Alpenvorland - und gerade als ich meine, dass Bad Toelz irgendwann ausgeschildert sein muesste, liegt er vor uns: Der Atlantik. Still, bleigrau und verhangen - so gar nicht meinen Vorstellungen entsprechend - und auch nicht nach Meer riechend.
Nebelverhangen - aber extrem mild- geht es an der ganzen baskischen Kueste weiter. In Lekeitio mache ich Zwischenstopp auf dem Weg Richtung Bilbao und werde mit dem wahrscheinlich unfreundlichsten Kellner aller Zeiten - dafuer aber dem weltbesten Cafe con Leche in einer kleinen Hafenkneipe konfrontiert. Dass sich dieses merkwuerdige Verhalten - nicht nur von Kellnern - noch eine Weile an der Nordkueste ziehen wird, ahne ich nicht...
Nach der kleinen Staerkung gehts weiter - da die Kuestenstrasse nicht der Brueller ist - diesmal im Inland uber kleine Straesschen ins bergige Hinterland. Aufgrund des Nebels spontane Assoziation mit den Nebelwaeldern in Asien - alles ist weiterhin menschenleer und wir schliddern nunmehr ueber rutschige und schmierseifenglatte Strassen quer durch die "gruene Hoelle".
Abends wird endlich Bilbao erreicht - und wir machen uns auf die Suche nach der dortigen Jugendherberge, die im Reisefueherer so gepriesen wurde....- und angeblich in Naehe des Busbahnhofs liegen soll....Wie gut, dass wir mittlerweile Oktober haben - und die meisten Campingplaetze in Spanien geschlossen sind...
Nach mehreren Touren um den Block - ohne auch nur einen Hinweis auf die Existenz der Herberge beschliesse ich, in der Tourist Information nach dem Weg zu fragen - aber auch hier Fehlanzeige: am Montag hat diese Institution geschlossen. Also weiter - irgendwo muss die Herberge doch sein!
Nach dem x-ten Fragen schliesslich der entscheidende Tipp: Jenseits der Umgehungsstrasse und dann nochmals ueber die Autobahn...Aha, das muss einem ja mal gesagt werden - und tatsaechlich nach fast 2 Stunden Kreisens um den Busbahnhof sehe ich das Jugendherbergszeichen vor mir - in der Tat nur ca. 2 km vom Busbahnhof entfernt und nur getrennt durch o.g. Strassen.....
Zufaellig erhasche ich einen Blick von mir in einer spiegelnden Scheibe an der Rezeption - und erkenne mich kaum selbst: durch die ewig feuchten Strassen bin ich vom Helm bis zu den Stiefeln gleichmaessig mit Schlamm eingesudelt(und ich wundere mich die Fahrt ueber, warum ich so schlecht sehe.....) - auch Moeppi sieht aus, als waeren wir den ganzen Tag MotoCross gefahren. Vielleicht ist doch das Aussehen Grund fuer das arg distanzierte - wenn nicht sogar unfreundliche - Verhalten der Menschen hier???
Bevor wir den Trip an der Kueste fortsetzen, wird in Bilbao ein Stadttag mit ein bisschen Kultur eingelegt - nicht ohne zuvor Aussehen und Outfit tageslichttaugtlich gemacht zu haben....
Nach 2 Naechten in der Jugendherberge umgeben von pubertierenden Franzosen ist auch fuer mich das Limit erreicht - den Kompass auf West geeicht machen wir uns bei extrem hoher Luftfeuchte auf den Weg Richtung kantabrische Kueste und verlassen damit das Baskenland (zu dieser Zeit recht friedlich).
Kleine Kuestenstadte liegen immer wieder auf dem Weg und laden zu einem Cafe con Leche und einer Fotopause ein. Auch landschaftstechnisch bleibt alles wie gehabt: gruen, gruen, gruen - leider bleibts auch wettertechnisch beim nebeligen Abfahrtswetter in Bilbao....
Und so naehern wir uns auch dem "spektakulaeren" Hoehepunkt diese Reisetages: in Hoehe von Santander sehe ich ein nettes Fotomotiv - leider auf der gegenuebergesetzten Strassenseite...Der Beschluss bei der naechsten Moeglichkeit links abzubiegen, um dann zu wenden, wird trotz gesetztem Blinker, runterbremsen und links einordnen irgendwie vom nachfolgenden Auto falsch verstanden...Die Fahrerin meint mich trotzallem noch ueberholen zu muessen, gerade als wir auf die Gegenfahrbahn einschwenken. Und so passiert, was nach fast 20.000 gefahrenen Kilometern irgendwann wahrscheinlich wird: Bremsenquietschen, Ausweichmanoever und Schliddern ueber die Strasse - meinereiner in horizontaler Schraeglage auf Koffer und Lenkergriff....
Gluecklicherweise ist unser Schutzengel hellwach und so krabble ich unversehrt unter dem immer noch blinkenden Mopped vor, stinksauer und fluchend! Mit Hilfe anhaltender Autofahrer wird das Meoppi wieder aufgerichtet - die Unfallverursacherin traut sich erst aus ihrem Auto, als ich den Helm abnehme...Nach kurzem Check ist auch Moeppi wieder fahrbereit - der in Mitleidenschaft gezogene Koffer wird an der naechsten Tanke auseinandergebaut und wieder zusammengesetzt.
Da mein Bedarf an Entertainment fuer diesen Tag mehr als befriedigt ist, lasse ich Santander links liegen, gehe in einem Einkaufscenter shoppen und suche mir eine kleine Pension in Comillas.
Spaetestens als ich (fast) vergeblich versuche, die Dose mit den Calamares per Einfachdosenoeffner zu oeffnen und mir vorkomme wie die Mietze vor der Whiskas-Dose, ist auch die gute Laune wieder da. Nach einer halben Stunde harter Arbeit und Blasen an der Hand, ist es endlich geschafft: Die Dose ist zumindest soweit offen, dass ich den Inhalt herauspulen und das Abendessen geniessen (??) kann - beim naechsten Einkauf wird drauf geachtet, dass die Dosen quasi selbstoeffnend sind!
Der strahlende Sonnenschein am naechsten Morgen entschaedigt fuer den vergeigten vergangenen Tag!
Aufbruch: | 03.06.2007 |
Dauer: | 4 Monate |
Heimkehr: | Oktober 2007 |
Frankreich
Spanien