Mari e Monti: Eine Frau, ein Motorrad...
- Mehr zur Toskana!
Toskana - in memoriam
Spaetestens als die Sonne aufgeht und Gaeta und Formia im ersten Sonnenlicht vor uns liegen, fange ich an, mich wie ein kleines Maedchen auf das Fruehstueck in der Bar Bazzanti in Gaeta zu freuen - mit dem weltbesten Cappu (hatte ich das nicht schon erwaehnt??)und leckeren Teilchen, die einen super Start in den Fahrtag versprechen.
Der Besuch bei Alfredo und seiner sympathischen Crew verleitet fast dazu, auch den Rest des Tages wieder am Golfo di Gaeta zu verbringen - doch wir widerstehen dem aufkeimendem Wunsch und machen uns auf den Weg nach Bomarzo.
Bei herrlich luftigem Wetter sausen wir ueber die Piste, sehen den Monte Circeo langsam im Rueckspiegel verschwinden und sind schneller als erwartet in Hoehe von Rom, Civitavecchia - und schliesslich bereits mittags fast an der Grenze zu Umbrien.
Das gruene Herz Italiens macht seiner Bezeichung aller Ehre, schattige Waelder und - Haselnussstraeucher so weit das Auge blickt - es wuerde mich nicht wundern, hier auch den gemeinen Nutellabaum zu finden...
Die Drachen und Monster von Bomarzo sind schnell gefunden, ebenso ein herrliches Pick-Nick(er)plaetzchen quasi im Vorgarten des Parco dei Mostri.
Gemessen am Eintrittspreis ist der Garten etwas enttaeuschend - viele Skulpturen sind weitraeumig abgesperrt (angebliche restaurationen???) und nicht zu besichtigen, saemtliche Fontaenen ausser Betrieb und das Fotografierverbot ein Witz......s.u.
Obwohl schoen zum Fahren ist mir dieser Teil von Italien zu duester - auch die Orte kleben aus grauem Stein gehauen dunkel und schattig an ihrem Huegeln - und ich beschliesse bis an den Lago di Bolsena weiter zu fahren.
Nicht nur die Orte sind irgendwie duester, auch die Stimmung in den Staedten ist ernst, wenig chaotisch und ich habe Probleme, mich wieder an die offensichtlich bestehenden Regeln im Strassenverkehr zu gewoehnen..
Auf dem Weg zum Lago passieren wir Orte, deren Namen ich sonst nur von den Etiketten der vernichteten Weinflaschen kannte - aber irgendwie kommt kein hier-will-ich-bleiben-Gefuehl auf; auch der See ist nach dem vielen Mee(h)r der letzten Wochen nicht unbedingt der Brueller....
Ein Blick auf die Karte zeigt noch gute 80 km bis ins Val d`Orcia und kurz entschlossen starten Moeppi und ich doch noch zu einer weiteren Reise in die Vergangenheit - auch wenn wir mittlerweile ueber 13 Stunden unterwegs sind und Ankommen eigentlich auch ganz prima waere.
Spontane Navi-Einstellung: San Quirico d`Orcia - Ort meines ersten Toskanabesuches vor mehr als 15 Jahren. Ein kleines Staedtchen fern des Tourismus der Toskana-Fraktion, mit einer liebenswerten Bar Centrale und einer kleinen Zimmervermietung direkt darueber. Zumindest damals - ich bin gespannt.....
der Glueckshormonspiegel steigt, als wir Huegel der Crete sehen - jetzt abgeerntet und gelb/braun in allen Varianten - in den Besuchen zuvor waren diese Huegel stets gruen. Malerische Postkartenmotive mit Zypressenalleen, toskan. Bauernhaeusern und bluehenden Sonnenblumenfeldern lassen wir links liegen - keine zeit fuer ein Foto - Ankommen und ein- kuehles-Bierchen-zischen ist angesagt.
Endlich: Abfahrt San Quirico und ich staune nicht schlecht ueber den Wandel, den dieses kleine und offensichtlich prosperierende Oertchen vollzogen hat. Moderne Neubaugebiete, Umgehungsstrassen und Fahrverbot im Centro Storico - wo kommen wir denn da hin????
Auf Anhieb finde ich nichteinmal den Weg ins Zentrum und muss mehrere Runden um den Block einlegen. Dann aber das gute Gefuehl endlich angekommen zu sein: Die BAr Centrale an der Piazza della Liberta - voll, laut, lebendig und mit schoenem Blick auf das Treiben der Piazza. Alles wie gehabt - auch die Zimmervermietung funktioniert noch und bietet mir -welch Ueberraschung - dasselbe ZImmer wie vor jahren. HIer scheint die Zeit gestanden zu haben - immer noch die abgewetzte, aber makellos saubere Omi-Einrichtung und ich beschliesse, irgedetwas in die hinterste Ecke der untersten Schublade des ^Schrankes zu legen und darauf zu wetten, dass dieses irgendetwas auch noch beim naechsten besuch in x-Jahren dort unangetastet liegen wird...
Nach eines langen Tages Ritt genehmige ich mir in der BAr ein paar medizinisch indizierte birre, um den Fluessigkeitsverlust auszugleichen und der Dehydrierung vorzubeugen....und schlafe in voller Montur ohne Moeppi abzusatteln auf dem Bett ein.
DAs hole ich erst am naechsten Morgen unter den erstaunten Blicken der Fruehstueckenden in der Bar nach, als mich der Kaffeeduft um halb sieben weckt und freue mich schon nach ausgiebigem Duschprogramm auf den eigenen Cafe mit Beilage.
Der erste Tag ohne Meer seit Wochen - faellt mir beim Fruehstueck ein - trotzdem freue ich mich auf die geplante Tagestour, die noch einmal die schoensten (mir bekannten) Strecken der Gegend beinhalten soll - quasi ein best-of-South-Tuscany.
Beim Abfahren der Strecken und Orte fallen mir viele Geschichten und Begegnungen der vergangenen Besuche ein und quasi ex post bin ich dankbar dafuer, das alles erlebt zu haben - auch wenn die Erinnerungen manchmal etwas ueberlagert sind und erst wieder aktiviert werden muessen:
Bagno Vignoni - Nicht nur traumhafte Filmkulisse in Tarkowskis Nostalghia mit wabernden Schwaden ueber den heissen Quellen, sondern auch ein Stueck Alltags-/Urlaubskomik von Frau Ungeschickt - damals noch mit ihrem Golf: Auf der Suche nach dem alleroptimalsten Stellplatz auf dem ziemlich dichtgeparkten Parkplatz von Bagno Vignoni sehe ich eine schmale Parkbox ganz am Ende des Platzes, fast schon mitten in der Bestuhlung der oertlichen BAr. Gesehen und eingeparkt und weil mir der Abstand zu den Tischen der Bar noch etwas gering erschien und der Stellplatz offensichtlich nur von ein bisschen Gestruepp nach hinten begenzt wurde, wollte ich die Parkposition noch ein wenig optimieren. DAss vermeintlich optimale, aber leere Parkplaetze in Italien eigentlich saemtliche Alarmglocken aktivieren muessten.....naja, das weiss ich heute. Aber damals: noch 30 cm, 20 cm, 10 cm, und schwupps unter schallendem Gelaechter der Barbesucher mit der Vorderachse in einem kleinen, offenen Abwasserschacht gehangen, der perfekt vom Gestruepp verdeckt wurde...So lernt frau natuerlich auch Leute kennen....
Pienza - Vorzeigetoskanastaedtchen, nach deutscher Invasion schon vor Jahrzehnten nunmehr fest in der Hand amerikanischer "Besatzer", die meinen, hier - zwischen all den Souveniershops - noch das unverfaelschte Italien zu finden. Das Staedtchen schaut aus wie der gewinner von Unser-Dorf-soll-schoener-werden - sehr malerisch, aber leider auch etwas museumshaft....In der zentralen Bar habe ich vor Jahren Maria mit ihren Kindern getroffen. Wir kamen ins gespraech und ich erzaehlte ihr, dass ich auf der Suche nach einer guenstigen Unterkunft sei. Da in Italien aber die Osterfereien begannen, gestaltete sich dies aeusserst schwierig. Kurzerhand quartierte mich Maria in einem halbrenovierten, absolut einsamen Bauernhaus irgendwo in den Bergen hinter Castiglione d`Orcia ein. Wem das Haus gehoerte oder warum sie dafuer Schluessel besass, weiss ich bis heute nicht - wohl aber, dass ich dort in absoluter Abgeschiedenheit und gerade mal mit fliessendem kalten Wasser versorgt, eine super zeit verbracht habe.
Montalcino - mir nicht nur wg. des exquistiten Brunellos bekannt, sondern vor allem nachhaltig in Erinnerung geblieben durch meinen ersten Besuch im Weingut Col d`Orcia.
Anstatt bei der Weinverkostung fand ich mich kurz nach Betreten des Gutes laufend durch den Garten wieder - gehetzt von einem riesigen Rottweiler, der seine Aufgabe als Wachhund ziemlich ernst nahm.....Der Rueckzug zum Auto wurde durch ein automatisch schliessendes Tor vereitelt und so hatte mich der Koeter ziemlcih schnell gestellt...Durch das Spektakel war mittlerweile auch der Gutsbesitzter alarmiert und staunte nicht schlecht, wen sein HUnd auf dem abgelegenen Gut verbellte....
Auf den Schreck ersteinmal ein Selbstgebrannter, dann die ausgedehnte Weinprobe und schliesslich - kurz vor Eintritt der absoluten Fahruntuechtigkeit - die Olivenoelverkostung.
Fazit: keine spontanen Gutsbesuche mehr zwischen 13.00 h und 17. 00 h und das Olivenoel immer als erstes verkostet...
Sant`Anna in Camprena - kleine Abtei ganz gross; zumindest nach den beruehmt-beruechtigten Filmaufnahmen zum Englischen Patienten, der hier gedreht wurde. Zur cineastischen Erinnerung: Juliet Binoche pflegt besagten englischen Patienten - oder besser was von ihm uebrig blieb, in den letzten Tagen des 2. Weltkrieges in verlassenem Kloster und verliebt sich (nein, nicht in die Mumie) in einen indischen Bombenentschaerfer, der ihr - haengend am Glockenseil - die Fresken des Klosters im Kerzenlicht zeigt, waehrend sich der Patient in morphingetraenkten Erinnerungen seiner grossen Liebe verliert.....Mehr Herz-Schmerz ist kaum in einem Film unterzubringen....aber molto romantico.....
Waehrend vor Jahren die Abtei halbverfallen von einem alten Faktotum gehuetet wurde, das dem seltenen Besucher gerne die tatsaechlich existierenden Fresken gezeigt hat, hat sich Sant`Anna heute zu einem wunderbar restaurierten Agriturist gemausert...Sant`Anna
MOntepulcialno - waehrend ich noch vor Jahren auf der Suche nach einer Unterkunft spaetabends verzweifelt bin und kurzerhand die Nacht irgendwo in den Weinbergen im Auto verbracht habe, treffe ich diesmal im oertlichen I-netshop eine schwerwiegende Entscheidung - und buche die Rueckfahrt nach D.
Nach ueber 6 Wochen on Tour wird es wieder Zeit, in der Heimat nach dem Rechten zu sehen, Freunde zu treffen und mein "Projekt 2007" weiterzufuehren. Moeppi koennte mit nahezu 10000 km auf dem Zaehler eine Inspektion vertragen und ich Ende Juli ein Endurotraining, damit der naechste Besuch einer einsamen Bucht über abschuessige Geroellpiste nicht wieder zu einem Rein- oder besser Hinfall wird.....oder falls doch, zumindest das Bergen am Hang besser klappt.....
So kommt es, dass ich mit Moeppi an einem Sonntag nach tollen Touren durch die Toskana und einem letzten Strandbesuch wieder in Livorno einfinde, noch ein bisschen Sight-Seeing mache (allerdings zum ersten MAl kein sonderlich gutes Gefuehl bei den innerstaedtischen Abstellmoeglichkeiten habe und Moeppi tatsaechlich an die Kette lege) und schliesslich den Autozug Richtung D nehme - genau 7 Wochen nach meiner Ankunft hier.
Ein bisschen traurig, weil Teil 1 meiner Tour nun definitiv vorbei ist - vor allem aber gluecklich, dass mein Miniabenteuer so gut geklappt hat, ich viele neue und tolle Eindruecke und Bekanntschaften gewonnen habe und ich mich auf die Fortsetzung der Tour freue (wohin auch immer!!!!), steige ich in den Zug.
Zum Abschluss meint es das Schicksal nochmals richtig gut und beschert mir mit dem Vorsitzenden des Goldwing Clubs Deutschland als Abteilnachbarn eine äußerst kurzweilige Rueckfahrt (Tony, sei gegruesst - und denk dran: bei mir wird das Bier NIE warm......)))
tbc.....
Aufbruch: | 03.06.2007 |
Dauer: | 4 Monate |
Heimkehr: | Oktober 2007 |
Frankreich
Spanien