Mari e Monti: Eine Frau, ein Motorrad...

Reisezeit: Juni - Oktober 2007  |  von Susanne R.

Oh happy days

Sonne am Morgen - vertreibt Kummer und Sorgen - und vor allem die Sorge, im Laufe des Tages einen nassen A**** beim Fahren zu bekommen...

Daher wird in bester Laune (die ich in den letzten Wochen eigentlich fast immer habe - abgesehen von den close encounters mit schlecht autofahrenden Opis und Muttis) eine kurze Fotosession in den malerischen Kuestenoertchen Kantabriens gestartet - bevor es sich Petrus wieder anders ueberlegt und einen verhangenen Himmel bietet...

Obwohl Comillas bei Sonnenschein ein idyllisches Oertchen ist, checke ich in der kleinen Pension aus - das Leben mit Omi und Opi Tuer an Tuer (inkl. gemeinsamer Nutzung des Badezimmers) ist mir doch etwas eng - zumal sie mir auch nicht wirklich wohlgesonnen sind und mich argwoehnisch beaeugen....

Comillas "Zentrum"

Comillas "Zentrum"

Friedhof in einer Kirchenruine - was das dt. Friedhofsgesetz wohl dazu sagen wuerde??

Friedhof in einer Kirchenruine - was das dt. Friedhofsgesetz wohl dazu sagen wuerde??

Auch die angeblich schoenste Stadt Spaniens - Santillana - wird von mir eingehend unter die Lupe genommen, fuer museal befunden und schnellstens wieder verlassen, als die Touribusse puenktlich zur Mittagszeit einfallen. Dennoch ein paar schoene Motive waren den kurzen Besuch wert...

Santillana - ein lebendes Museum...

Santillana - ein lebendes Museum...

...aber der romanische Kreuzgang ist natuerlich eine Klasse fuer sich!

...aber der romanische Kreuzgang ist natuerlich eine Klasse fuer sich!

Mit mir auf dem Weg immer wieder Jakobspilger - vornehmlich aeltere Maenner auf der Suche nach whatever - die die alte Nordroute entlang der Kueste Richtung Santiago nehmen. Immer schoen der Strasse entlang im Abgasdunst der vorbeibrausenden Autos, LKWs - und Moppeds.
Na, ich weiss nicht, ob das Fahren mit dem Moeppi nicht doch die bessere Variante ist. Aber vielleicht erreicht man ja auch bei soviel CO und CO2 Gemenge auch einen anderen Bewusstseinszustand....

Auf jeden Fall werde ich Suendenabsolution bis in alle Ewigkeit erreichen: Camino Primitivo auf dem Hinweg und Camino Francés auf dem Rueckweg - Viel hilft (hoffentlich) viel....

Am spaeten Nachmittag wird das Etappenziel erreicht: Llanes - ein kleines Fischerstaedtchen (mittlerweile)in Asturien, das sich prima fuer Kuesten- und Bergexkursionen (Die Picos liegen nur ca. 30 km im Inland)eignet.
Auch die schnuckelige Pension La Guia (http://www.pensionlaguia.com) mitten in Llanes erweist sich wieder als prima Wahl mit grossem Wohlfuehlfaktor - und endlich wieder netten Menschen um uns herum (Was doch eine Grenzueberschreitung ausmachen kann...).
Sieht man mal vom Baulaerm der Nachbarschaft, dem Leeren der Glascontainer mitten in der Nacht und eingehender Saeuberung der ganzen Stadt in den fruehen Morgenstunden ab...

Apropos Baulaerm: rege Bautaetigkeit herrscht an der gesamten Nordkueste vom kleinen Bergdorf bis hin zum Kuestenstaedtchen. Auch wenn ich nicht weiss, wer hier alles hinziehen moechte - Neubaugebiete allerorten.


Am naechsten Tag bekommt das Moeppi mal wieder eine Auszeit und ich einen Bewegungstag verordnet. Irgendwie kommt das Wandern auf diesem Trip verdammt kurz - ich werde doch wohl nicht zum Bewegungsmuffel??

Von Llanes aus mache ich mich auf den Weg, die Bufones zu erwandern - lt. Reisefuehrer aus Meerwasser gespeiste Geisyre unweit von Llanes.
Vielleicht macht mich das gute Wetter arg optimistisch - die Tour ist eigentlich als Mountainbiketrip gedacht - entspechend lang (oneway ca. 15 km - zurueck ggf. mit der Bahn - Abfahrt allerdings ungewiss) ist der Weg...Relativ zuegig sind wir nach anspruchsloser, aber schoener Wanderung durch das baeuerlich gepraegte Hinterland und teilweise mit grandiosen Strecken entlang der Kueste an den Bufones angelangt - doch welch Enttaeuschung: die See ist zu ruhig - keine meterhohen Fontaenen weit und breit.

Allerdings das gruselige Grollen dicht unter der Oberflaeche hoert sich an, als ob sich das Boese hoechstpersoenlich
zu Wort melden wollte - wahrscheinlich hat J. Carpenter hier die Inspiration fuer die Tonspur seiner diversen Horrorschocker erhalten....

Eigentlich ist mein Bewegungsdrang nach 15 km Wanderung erschoepft - aber irgendwie muss man aus der Pampa ja wieder zurueck nach Llanes....und so mache ich mich wieder auf den Weg....Ueberfluessig zu erwaehnen, dass ich an diesem Tag kein Entertainmentprogramm mehr benoetigt habe...

Hey, die ersten 15 Km sind geschafft....

Hey, die ersten 15 Km sind geschafft....

Feuchtgebiete...

Feuchtgebiete...

...Fjorde...

...Fjorde...

...und dunstige Kuesten lassen in Asturien manchmal an Irland denken...

...und dunstige Kuesten lassen in Asturien manchmal an Irland denken...

...wenn nicht die Kuestenstaedtchen die wahre Lokalitaet verraten wuerden (Llanes)

...wenn nicht die Kuestenstaedtchen die wahre Lokalitaet verraten wuerden (Llanes)

Waehrend der Wanderung an der Kueste entlang werfe ich immer nmal wieder einen Blick gen Sueden: Doch die Berge verstecken sich hinter dichten Wolken und so beschliesse ich, das Bergprogramm auf den Rueckweg zu verschieben und weiter entlang der vorwiegend sonnigen Kueste zu fahren und nach dem Wandertag mal wieder einen faulen Strandtag einzulegen.

Bei Abreise aus Llanes daher noch schnell den Bikini unter die Motorradkluft gezogen und schon sind wir wieder auf dem Weg.
Doch welch Ueberraschung, als sich der Morgennebel hebt: Die Berge sind klar - vielleicht noch ein bisschen dunstig- aber kein Vergleich zu den Tagen vorher. Daher gibt es kein Halten: Jetzt oder nie - Strand und Faulenzen sind vergessen - ab geht`s in die Berge!

Als sich der Fruehdunst hebt...

Als sich der Fruehdunst hebt...

..liegen die Picos in ungeahntem Sonnenschein!

..liegen die Picos in ungeahntem Sonnenschein!

Fuer diese Spontanentscheidung werden wir belohnt mit atemberaubenden Panoramen der Picos, menschen- und autoleeren anpruchsvollen Motorradpisten (die Off-Road-Tracks schenke ich mir schweren Herzens wg. des Gepaecks).

Und so fahren wir den ganzen Tag, nehmen (fast) jede Strasse mit (sind nicht so viele) und landen abends irgendwo im Inland an einem fast ausgetrockneten, riesigen Stausee mit irrem, surrealen Charakter: Riaño sieht partiell alt aus - ist es aber nicht. Wahrscheinlich wurde das originaere Dorf geflutet und etwas hoeher wieder aufgebaut , nunmehr nach neusten staedtebaulichen Erkenntnissen: Schachbrettmuster in Beton....

Eagl, ich finde den Platz super - vor allem nach einem langen Fahrtag.

Licht und Wolken verstaerken den surrealen Charakter von Riaño massiv!

Licht und Wolken verstaerken den surrealen Charakter von Riaño massiv!

Auch der Sonntag macht seinem Namen alle Ehre - nach dichtestem Nebel am Stausee, strahlender Sonennschein, als wir den ersten Pass bei gut 1.500 m ueberfahren - und wieder: keine Menschenseele unterwegs...
Langsam wird mir das etwas unheimlich: Lebe ICH mittlerweise im Paralleluniversum und merke es gar nicht????

Abfahrt in die Schlucht von Cain

Abfahrt in die Schlucht von Cain

Waeren nicht die uebrigen Strassennutzer - Pferde, Kuehe, Schafe und Ziegen unterwegs (die sich uebrigens im Gegensatz zu den Spaniern kaum an Verkehrsregeln halten - oder ihre eigenen definieren), koennte man so richtig Gas geben - aber so ist Vorsicht angebracht - die meisten Abhaenge sind nicht gesichert - und die Schluchten verdammt tief....

Street Life: Street Cows...

Street Life: Street Cows...

...and Street Horses

...and Street Horses

Und dann, als es gerade mal wieder ueber ein Pass geht, zweigt eine prima Piste ab - kein Mensch weit und breit, der mein unbefugtes Fahren sehen koennte - nichts wie ab in die Pampa!

Was sich erst noch als 4WD-taugliche Piste zeigt, wird zunehmend rauer und endet nach x-Kilometern schliesslich in einer Auswahl von diversen Wanderwegen .... - wenigstens weiss ich jetzt in etwa, welche Richtung einzuschlagen ist und versuche mich an dem Weg Richtung Fuente Dé (ca. 2,5 Std. Wanderdauer...). Weiterhin ist alles oed und leer und damit super zum Fahren - allerdings ist die Piste niunmehr wirklich nur noch ein Wanderweg, der sich extrem steil und ab und an gg. Erosion durch Treppenstufen (!!) gesichert Richtung Tal windet....Mal wieder verfluche ich meinen Uebermut, und schliddere schwitzend und bibbernd nach unten.

Der Weg nimmt und nimmt kein Ende, die Hinterradbremse ist wahrscheinlich bald vollstaendig runter, die Auswaschungen werden immer tiefer - und langsam bekomme ich es doch mit der Angst zu tun - was, wenn ich das Vorderrad wieder verreisse und stuerze????

Kurzer Halt an gemaessigter Stelle, um das Zittern wieder einigermassen in den Griff zu bekommen und den Adrenalinspiegel zu senken.....Doch das Moeppi macht artig seinen Weg uber Geroell, Holzstufen und durch die tiefen Furchen(Finger weg von der Vorderradbremse!!) und nach gut 1,5 Stunden hat das Bibbern endlich ein Ende - ich sehe die Seilbahnstation von Fuente Dé!

Erleichtert, voellig durchgeschwitzt, fix und foxi schliddere ich auf den Parkplatz unter den verwunderten Blicken der Touris - Noch nie was von EnduroWandern gehoert???- und bin maechtig stolz auf mich, diese Tour ohne Sturz geschafft zu haben.....

Nur ein kuzer Halt, bevor ich mich fuer den talwaertsfuehrenden Wanderweg entscheide....

Nur ein kuzer Halt, bevor ich mich fuer den talwaertsfuehrenden Wanderweg entscheide....

Nur schweren Herzens kann ich mich wiedereinmal von diesem tollen Fleckchen Erde trennen - was kann jetzt noch kommen, um diese Erlebnisse und Eindruecke zu toppen???

Langsam fange ich mich auch an zu fragen, wieviel tolle, spektakulaere oder glueckliche Augenblicke, haelt das Leben ueberhaupt bereit, bevor....??? Unbegrenzt - oder auch hier die "Tausend-Schuss-Theorie"????? Rechne, rechne, rechne.....

Mal wieder ein Ausblick - aus dem Hotel in Riaño

Mal wieder ein Ausblick - aus dem Hotel in Riaño

Nur schwer kann ich mich von den Picos trennen...

Nur schwer kann ich mich von den Picos trennen...

...nicht bevor auch noch den Gletscherseen  bei Codavango ein Besuch abgestattet wird...

...nicht bevor auch noch den Gletscherseen bei Codavango ein Besuch abgestattet wird...

© Susanne R., 2007
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Die Reise
 
Worum geht's?:
...ein Monat Fahrpraxis und eine geplante Tour über Italien, Südfrankreich und Nordspanien bis zum Cabo Finisterre.
Details:
Aufbruch: 03.06.2007
Dauer: 4 Monate
Heimkehr: Oktober 2007
Reiseziele: Italien
Frankreich
Spanien
Der Autor
 
Susanne R. berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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