Le tour de Bénin
24. - 30. September: Zehnte Woche
Diese Woche erblickte ein neues Netzwerk das Licht der Welt. Als ob es nicht schon genug gäbe, mittlerweile habe ich aufgehört zu zählen. Ganz bescheiden und etwas schwammig nennt es sich Cadre de Concertation de Natitingou (etwa: Abstimmungsrahmen von Natitingou). Am Samstag, als wir am Jugendzentrum vorbei gefahren sind, waren jede Menge Teilnehmer da. Der Masse an Motorrädern nach zu urteilen zumindest. Wir konnten allerdings nicht dabei sein, denn wir verließen Natitingou und fuhren nach Abomey, der alten Königsstadt von Dahomey! Anfang nächster Woche findet in Cotonou nämlich die DED-Vollversammlung statt. Das hat mit Abomey aber noch gar nichts zu tun, das liegt nur zufällig auf dem Weg und wir nutzen die Gelegenheit für etwas Tourismus.
Doch zuerst die Wochentage, die ich hier mal brutal abkürze (auch, um nicht immer so viel über Politikwissenschaft zu labern): Es gab nicht viel Neues. Ich hab an meinen Berichten gearbeitet, von denen leider nur die Zusammenfassung des DSCRP fertig geworden. Dafür umfasst diese aber auch 23 Seiten. Außerdem war ich mal wieder auf einem Frauenförderungsseminar. Und sonst? Gut, es gab noch ein interview mit einer ONG, das sehr interessant war. Es handelte sich um CoWaDES, die Durchführenden eines EU-Projekts mit Riesenbudget vor Ort: OSCAR (siehe letzter Reisebericht). Es verlief sehr positiv und es stellten sich viele mögliche Anknüpfungspunkte dieses Projektes mit dem ProDOSC heraus (Nikolais Projekt). Kein Wunder, denn beide Projekte haben ja fast die gleiche Zielsetzung...
Ich sitze übrigens gerade in einem Internetcafe, wo seit 3 Stunden das gleiche Lied gespielt wird. Langsam geht es mir wirklich auf den Geist. Pour moi l'amour est FATAAAA-LEEEE.... AAAHHHHHH...
Egal, wieder zum Wochenende: Am Freitag abend haben wir noch ein Abschiedsessen gemacht, bevor es dann für Andrea, Nikolai, Stefan und mich nach Süden ging. Natürlich aßen wir bei Daniel in unserem Stammlokal, wo sonst. Raoul war auch dabei, einer der Journalisten vom Seminar bei der Friedrich Ebert-Stiftung Ende August. Das wurde auch langsam Zeit, denn ich hatte den ganzen September durch versucht, ihn irgendwie zu treffen. Es war echt wie verhext, 4 Mal war ich an seiner Radiostation und hab ihn immer verpasst... Wie auch immer, das Abschiedsessen war nett und lecker. Daniel hat mir sogar eine Kette und ein Armband zum Abschied geschenkt. Echt nett. Nagut, die Kette fand ich etwas geschmacklos, aber das Armband trage ich immer noch. Als Dankeschön hab ich ihm eine Flasche guten Pendjari-Honig da gelassen, mit dem er hoffentlich ein paar leckere Nachtische zubereitet.
Am Samstag, nach einem letzten Frühstück bei Daniel, ging es dann los nach Abomey. Weil wir (nagut, ich) ziemlich getrödelt haben, sind wir erst recht spät losgefahren. Entsprechend waren wir auch fast den ganzen Tag im Auto.
Dafür haben wir noch den König von Savalou besucht, eine Stadt auf dem Weg nach Natitingou. Zuerst wurde uns verheißungsvoll der Besuch einer Prinzessin angekündigt, die allerdings nicht dem Bild der wunderschönen, blutjungen und goldgeschmückten schwarzen Nixe entsprach, das sich in meinem Kopf geformt hatte. Zu viele Märchen gelesen. Nachdem wir der Prinzessin kurz "hallo", oder eher "bonjour" gesagt hatten, wurde uns der Palast gezeigt. Am Ende bekamen wir noch eine Audienz beim König. Der König ist noch recht neu im Geschäft, er ist erst seit einem Jahr "an der Macht". Sein Name bedeutet übersetzt in etwa: Gift, dass die Fische tötet. Sinngemäß könnte man es auch mit "Unkrautvernichter" übersetzen, denn es soll bedeuten, dass er ordentlich aufräumen wird, in seinem Königreich. Er ist übrigens von der gleichen Familie wir Monique und Virgil, die im ProDOSC arbeiten. Die traditionbellen Eliten sind hier noch relativ einflussvoll. Auf die Frage wie er seine Rolle neben der demokratischen Regierung sieht, antwortet er, die monarchischen Strukturen bestünden seit Jahrhunderten - als König die Demokratie zu beobachten, sei, wie den Kindern im Hof beim Spielen zuzuschauen.
An der mächtigen Statue von Gbehanzin vorbei ging es in die Stadt. Gbehanzin ist der beninische Nationalheld, ein Dahomeerkönig, der sich gegen die französischen Kolonisateure aufgelehnt hat. In Abomey kamen wir dann an, als es schon dunkel war. Dafür hatten wir die Chance, einen beninischen Kochwettbewerb zu verfolgen, der von der dortigen Tourismusdirektion organisiert war.
Die Organisation war so unglaublich schlecht, das sucht Seinesgleichen. Die Veranstaltung war auf 18.30 angesetzt. Obwohl wir in weiser Voraussicht schon zwei Stunden zu spät hingingen, war noch nichts aufgebaut außer einigen Plastikstühlen. Nachdem man erst eine Musikanlage und DJ zusammengesucht hatte, wurde zur Einstimmung auf ohrenbetäubender Lautstärke das Schlechteste aus den 70ern, 80ern und 90ern auf und ab gespielt. Dann fing man langsam an, mehrere Tische, Stühle und einige Töpfe auf die Bühne zu stellen. Dieser Vorgang zog sich über etwa eine Stunde hin - natürlich weiterhin von der dezenten Musik untermalt, der zwischendurch auch völlig unpassende Sounds beigemischt wurden (offensichtlich hatte man auch ein Mischpult auftreiben können). Irgendwann hielt es Renate, eine DEDlerin, die hier Tourismusförderung betreibt, nicht mehr aus und intervenierte.
So wurde eine einheimische Musiktruppe, die eigentlich nach den dégustations vorgesehen war, vorgezogen. Die Musik war echt schön, aber vor allem können die einfach irre tanzen. Alles schüttelt sich irgendwie und dabei sieht das ganze noch völlig einfach aus. Ab und zu tanzen die Tänzer aufs Publikum zu und wollen etwas Geld. Dann wird man so lange von einem wild zuckenden und grinsenden Beniner belagert, bis man ihm endlich etwas zusteckt.
Etwa um halb eins begann dann schlussendlich der Kochwettbewerb. Zuerst zogen die Vertreter der teilnehmenden Restaurants Lose um die Reihenfolge zu bestimmen und dann wurden nach und nach die Töpfe geöffnet. Eine 2-Mann Jury kostete. Daneben stand noch ein Besserwisser von der Tourismusdirektion, der sich auszukennen schien und von französischer und englischer Servierweise referierte. Ich fand's nicht so spannend, den Leuten beim Essen zuzuschauen. Ohnehin todmüde, ging ich schon früher pennen.
Am Sonntag bekamen wird dann noch eine Spitzen-Abomeyführung von Renate geboten, die hier seit 4 Jahren arbeitet. Unter anderem baut sie die Königspaläste von Dahomey wieder auf (UNESCO-Weltkulturerbe übrigens), stellt Schilder vor Sehenswürdigkeiten und bildet Tourismusführer aus. Es gibt übrigens deshalb mehrere Paläste (ganze 12) weil der Palast eines verstorbenen Königs nicht von einem neuen bezogen werden durfte. Könige sterben hier nämlich nicht, sie gehen nur woanders hin. Ganz logisch also, dass man den alten Palast nicht weiterbenutzt hat, denn man will Papa ja nicht in seinem alten Haus stören.
Die Könige von Dahomey waren übrigens ziemlich kriegstreibende Arschlöcher (wenn mir diese grobe Verallgemeinerung mal gestattet ist). Sie sind irgendwo aus der Gegend des heutigen Togo gekommen und haben sich dann in Abomey zu Herrschern erklärt. Ihre Haupttätigkeit bestand darin, in die umliegenden Gegenden den Krieg zu tragen, um die Menschen dort auszurauben und zu versklaven. Später haben sie dann die Sklaven an die Europäer verkauft und einen Reibach aus dem Sklavenhandel gemacht. Bis auf eine robuste Schmiedekunst haben sie nichts selbst erfunden. Alles, was es an kultureller Blüte gab, kam von den Sklaven. Die Armee hatte übrigens ein Frauenregiment, das Renate als den damaligen CIA bezeichnet - es handelte sich vor allem um Spioninnen.
Danach waren wir noch im Museum Abomeys wo wir eine weitere Führung bekamen. Da habe ich mir auch eine Stofftasche gekauft. Ich konnte zwischen zweien aussuchen. Eine trug das Symbol des Königs Glèlè, des Vaters von Gbehanzin, der ein ziemlicher Schlächter war. Die andere jenes von Agoli Agbo, dem letzten König von Abomey, der Gbehanzin an die Franzosen verkauft hat. Es hieß also: Schlächter oder Verräter. Ich habe mich für den Schlächter entschieden.
Nachmittags ging es dann weiter nach Cotonou. Im und ums DED-Gästehaus wimmelte es von DEDler, denn die Vollversammlung oder "VV" fand gerade statt. Mit denen gingen wir Abends noch schön essen und danach zog ich wieder "nach Hause" zu meiner Gastfamilie, die ich seit einem Monat nicht gesehen hatte. Ich wurde freudig empfangen und nachdem ich ausgiebig meine Fotos gezeigt hatte, konnte ich endlich ins Bett.
Aufbruch: | 23.07.2007 |
Dauer: | 3 Monate |
Heimkehr: | 22.10.2007 |
Togo