Auf dem Jakobsweg durch die Schweiz

Reisezeit: Juni 2003  |  von Andreas Honisch

Lebe langsam...: von Einsiedeln nach Beckenried

13.6.2003 6. Tag, von Einsiedeln nach Beckenried


8 Uhr, Großer Platz vor der Kirche in Einsiedeln, wo sich die Pilgernden nach Santiago sammeln. Viele sind es heute nicht, und nachdem ich mich versammelt hatte, machte ich mich auf meinen einsamen Weg in Richtung Vierwaldstädtersee auf. Erste Station machte ich im Kloster Au, wo ich kurz vor einem Regenguss eintraf und kurz nach dem Regenschauer wieder weiterwanderte. Inzwischen wurde der Himmel immer dunkler und immer wieder trafen mich ein paar Tröpfchen. Dafür war es angenehm kühl, so dass ich im Eilmarsch nach Alpthal an dem Flüsschen Alp entlang vor dem Gewitter flüchtete.

Aufstieg auf die Hageneck

Aufstieg auf die Hageneck

Nach kurzer Rast ging's rauf, ganz steil rauf. Der Hageneckpass liegt auf 1400 m Höhe, damit musste ich ca. 400 Höhenmeter in kürzester Zeit machen, da mir das Gewitter noch immer im Nacken saß. Dafür waren die Temperaturen erträglich und ich noch einigermaßen frisch. Nach einem sehr steilen Stück Wegs mit nur schwer begehbaren Steinen kam ich endlich am Bruustchappeli auf ein angenehmeres Wegstück, teilweise durch Wiesen, teilweise auf recht gut begehbaren Wegen. Die Aussicht war ganz hervorragend, vor allem die Mythen, die Schwyzer Hausberge, hatte ich immer vor Augen.

Die Mythen

Die Mythen

Oben am Pass überredete ich den Wirt, mir eine kühle Coki zu servieren, obwohl eigentlich geschlossen war. Nach dieser kurzen Erfrischung machte ich mich sogleich an den recht steilen Abstieg, jedoch nicht ohne vorher den phänomenalen Blick auf den Vierwaldstädtersee zu genießen. Tiefblau lag er fast tausend Meter unter mir, umgeben von hohen Bergen, einfach herrlich! Damit hatte sich der Aufstieg auf die Hageneck mehr als gelohnt und als besonderes Bonbon kam inzwischen auch die Sonne wieder raus und tauchte alles in ihr goldenes Licht.

Blick auf den Vierwaldstättersee

Blick auf den Vierwaldstättersee

Der Abstieg von fast 1000 Höhenmetern nach Schwyz zog sich schier endlos auf inzwischen angenehmen Waldwegen, die sich den Berg runterschlängelten, dahin. Tock-Tock machten meine Stöcke, links, rechts, Tock-Tock. Immer im selben Rhythmus, ganz monoton, ganz wunderbar monoton um völlig abzuschalten. Mein Körper ging ganz automatisch weiter, mein Geist hingegen legte sich zur Ruhe, entspannte sich bei völlig leerem Kopf. Irgendwann kam ich dann in Schwyz an, wo ich in der Kirche gleich zwei weitere Pilgerpärchen traf. Die einen aus Würzburg, mit sehr schönen Pilgerstäben, die anderen aus Österreich, mit riesigen Rucksäcken, wogegen mein Gepäck wie ein Handtäschen aussah.
Die vier Pilger ließ ich relativ bald hinter mir und wanderte weiter nach Brunnen am Vierwaldstädtersee.

Schaufelraddampfer in Brunnen

Schaufelraddampfer in Brunnen

In Brunnen bestieg ich dann einen alten Schaufelraddampfer und genoss die Fahrt nach Beckenried, meiner letzten Station für diesen Tag, wo ich recht erschöpft in meinem Privatquartier bei einer netten älteren Dame ankam.

Abschied von den Mythen

Abschied von den Mythen

Auf dem Stadtplan von Beckenried, den ich bei der Zimmervermittlung erhalten hatte, entdeckte ich eine kleine Ida-Kapelle, leider wiederum auf etwas erhöhter Lage. Obwohl ich kaum noch gehen konnte und mich wohl jede Schnecke überholt hätte, machte ich mich auf den Weg zur Kapelle, da ich der Idda danken wollte dafür, dass mich meine Füße wieder ganz gut trugen. Wie ich dort aber feststellen musste, war es eine andere Ida, die aber meinen Dank weitergeben wollte.

Nach einer Pizza am See schleppte ich mich wieder in mein Quartier und fiel endlich in mein wohlverdientes Koma.

Beckenried am Vierwaldstädtersee

Beckenried am Vierwaldstädtersee

© Andreas Honisch, 2007
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Reisebericht von meiner Wanderung auf dem Jakobsweg durch die Schweiz. Gestartet bin ich in Kreuzlingen und nach 2 Wochen in Genf angekommen.
Details:
Aufbruch: 08.06.2003
Dauer: 14 Tage
Heimkehr: 21.06.2003
Reiseziele: Schweiz
Der Autor
 
Andreas Honisch berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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