4 Monate in einer anderen Welt - Indien

Reisezeit: August - Dezember 2008  |  von Elke Sch

Mumbai: Darf ich mal durch?

Nach 22 Stunden Zugfahrt bin ich endlich in Bandra (Stadtteil von Mumbai) angekommen. Bandra ist einer der besseren Gegenden in Mumbai. Trotzdem war mir nicht wohl. Ich war das erste mal ganz alleine mit vollen gepaeck in einer mir unbekannten Stadt angekommen. Draussen wurde es dunkel (die Sonne geht hier zwischen 18 und 19 uhr unter) und da stand ich nun. Ich fragt mich bis zum Infoschalter des Bahnhofs durch in der hoffnung, dass die Leute mir dort ein Hotel empfehlen koennen. Am zuvor buchen bin ich klaeglich gescheitert, da Diwali (Fest des Lichtes) vor der Tuer stand und die Stadt komplett ausgebucht war.

Am Infoschalter sassen wahnsinnig nette Menschen die mir anboten ein Zimmer hier am Bahnhof zu nehmen, da sie es auch nicht befuerworteten, dass ich als Maedel alleine, nachts durch Mumbai streife. Ausserdem war es guenstig und ich duerfte 24 Stunden bleiben.
Als erstes wollte ich das Zimmer sehen.
Einer zeigt mir das Zimmer. Geht die Treppe in der Eingangshalle des Bahnhofs hoch, um einen Pfeiler und steuert auf Zimmer Nr. 4 zu. Ich um den Pfeiler bemerke ich ploetzlich, dass da ja gar nicht wie sonst wartetende Passangiere wie sonst ueblich am Bahnhofsboden hocken.
Nein! Schoen in Reih und Glied, auf Knien, in weiss gekleidete, jeder auf einem Teppich/Tuch ca 100 Maenner.
*Oh verdammt* Alle in meine Richtung blickend.
Der Hindu, der mich zum Zimmer bringen wollte und schon etwas vorraus war bemerkte nun auch, dass dies das Abendgebet der Moslems war und trat zur Seite.

*Mist* Nun knieten da zwischen mir und meinem Zimmer 100 Moslems und zwischen ihnen und Mecca stand ich!
Mit Rucksack, verschwitzt, doch zum Glueck mit Schal und bedeckten Schultern und langer Hose.
Waere es nicht total pietaetlos gewesen haette ich am liebsten die Haende gehoben und gerufen "Im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen geistes. nun gehet hin in Frieden (und lasst mich durch)".

Die Glaeubigen hatten mich schon bemerkt und den meisten wird bekannt sein, dass in islamischen Moscheen fast ausschliesslich getrennt geschlechtlich gebetet wird, weshalb hier oben auf der Empore auch keine einzige weitere Frau zu finden war. (Ja die anderen Frauen wussten das. Die leben schliesslich hier, aber woher sollte ich das wissen???) Ich vertrat also die Frauenquote hier oben ganz alleine und erntete nicht gerade einladende Blicke, verstaendlicherweise.

Doch "Hey, ich bin 22 Stunden unterwegs und schleppe 20 kg und es hat 35 C, ihr verlangt jetzt nicht wirklich, dass ich die gefuehlten 1000 Stufen die Empore wieder hinab steige, oder?" Nein musste ich natuerlich nicht.
Ich trat zur Seite. Die meisten waren eh grad fertig, einige beteten noch 10 minuten und gingen. Schliesslich konnte ich zu meinem Zimmer.

Mein Zimmer Nr 4 und der Platz an dem mindestens 100 Moslems ihr Abendgebet vollzogen.

Mein Zimmer Nr 4 und der Platz an dem mindestens 100 Moslems ihr Abendgebet vollzogen.

Ich moechte betonen, dass ich absoluten Respekt vor jeder Religion habe. Und bitte jeden Leser diesen Beitrag nicht miss zu verstehen, sondern zu schmunzeln und sich einen Elefanten im Porzellanladen vorzustellen, denn so muss diese kleine Christin ausgesehen haben.

© Elke Sch, 2008
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Von Mumbai nach Delhi und zurück!
Details:
Aufbruch: 11.08.2008
Dauer: 4 Monate
Heimkehr: 02.12.2008
Reiseziele: Indien
Nepal
Der Autor
 
Elke Sch berichtet seit 16 Jahren auf umdiewelt.