2 Jahre China
Eben noch Weihnachten & jetzt schon Ostern
Mein Umzug:
Soooooooooo... ich bin dann also umgezogen!!! Ich habe zwei Wochen gewartet, dass ich eine Wohnung zu sehen bekommen. Während dieser Zeit haben ich immer mal wieder Leute telefonieren gehört und es ging immer um eine kleine billige Wohnung. Zwischendurch ist mir gesagt worden, dass es außerhalb des Campus keine freien Wohnungen gibt, was ich nicht so recht glauben wollte. Ich habe vorgeschlagen zu einer Wohnungsagentur zu gehen, aber da hieß es immer. Das ist zu teuer! Statt dessen ist mir vorgeschlagen worden, innerhalb des Campus um zu ziehen. Aber da wollte ich ja gerade raus. Ich wollte mich nicht mehr in das Uninetz einloggen, ich wollte nicht mehr in einer Wohnung wohnen, in der abends die Haustür abgeschlossen wird und man klopfen muss um rein zu kommen..... Ich wollte das Campusleben nicht mehr. Nach zwei Wochen hatten ich noch keine Wohnung gesehen, dafür aber einen kleinen Heizlüfter fürs Büro bekommen, mit dem ich fast meinen Schreibtisch abgefackelt habe. An dem Abend war ich danach so genervt, dass ich beschlossen habe, auswärts zu essen. Auf der Strasse hab ich dann eine Wohnungsagentur gefunden und bin spontan rein. Am diesem Abend hab ich die erste Wohnung angeschaut, am Tag drauf dann noch eine und für die hab ich dann noch einen Tag später den Vertrag unterschrieben. Während der drei Tage hab ich auch ein neues Wort gelernt: Matong. Matong ist eine Toilette, also so ne richtige. Ich hab dem Makler gesagt ich brauche ein richtiges Klo. Natürlich waren in den zwei gesehen Wohnungen keins. Er hat mich dann in den von mir viel besuchten Supermarkt geführt und ich dachte mir schon: aber hier gibt's doch keine Badezimmerabteilung! Er zeigte mit dann so ne Art Campinghocker zum zusammenklappen mit einem Loch in der Mitte. Ich hab nur mit dem Kopf geschüttelt und ihm dann klar gemacht, dass das auf gar keinen Fall geht und ich erklärte ihm, was ich will. Danach sagte er "Matong". Wir sind dann zu einem Matong-Geschäft gefahren und ich durfte mir mein Klo aussuchen. Vier Tage später bin ich umgezogen. Liezhao, der auf Heimurlaub war, hat zwei starke Männer organisiert die mit einem Auto und zwei Tragestangen kamen und das Ganze hat dann nur eine halbe Stunde gedauert von A nach B. An dem Tag habe ich mindestens 10 mal gesagt: Ich liebe diese Wohnung! Ich musste noch nicht mal großartig putzen. Der Supermarkt ist genau unten drunter, ich wohne im 15. Stock mit Blick auf Berge und Campus und zur Arbeit ist es Näher als vorher und: ich habe jetzt eine vernünftige Internetverbindung! Ich habe das erste mal seit dem ich hier bin das Gefühl gehabt, durchatmen zu können.
Fliegende Pandas und Chinesisches Kino:
Am 7. Februar bin ich mit Lie Zhao und Lin Na in "die große Stadt" gefahren. Mit dem Bus fährt man ungefähr eine Stunde und das ganze kostet n Euro. Die Stadt ist überall geschmückt für das bevorstehende Neujahrsfest in China. Es wird das Jahr des Tigers eingeläutet.
Dort angekommen ging es erst mal zum Mittagessen. Dann sind wir ein bißchen bummeln gegangen. Dieses Gebäude sieht alt aus, ist es aber nicht. Alles neu errichtet, damit man irgendwann noch mal weiß, wie es früher ausgesehen hat.
Anschließend sind wir mit der Seilbahn über den Yangze-Fluß zum Bereich rund um das neue Theater. Ich habe irgendwo mal gelesen, das Theater soll so etwas Symbolisches werden wie das Theater in Sydney, aber ich bin mir das nicht ganz so sicher. Eigentlich soll es einem Schiff nachempfunden sein, aber ich hab da eher andere Assoziationen....
Auf dem Theaterplatz lässt man Drachen steigen, die wunderschöne Farbtupfer in das Grau in Grau setzen.
Deshalb kauft Lin Na 30 aneinander gereihte Drachen mit Pandabären drauf und es kann losgehen. Schritt 1: erst mal alles entknoten
Schritt 2: die Leine befestigen. Ich lerne heute: je höher der Drachen steigt, desto mehr Glück hat man.
Deshalb wird in Schritt 3 die Leine verlängert, nachdem die erste zu kurz war. 200 Meter mehr, heißt ja 200 Meter mehr Glück. Schritt 4 ist dann, die Leine immer wieder einzuholen, weil sich unsere Drachen mit den Schnüren anderer kreuzen. Schritt fünf ist dann am Ende nach zwei entspannten Stunden, die Spaß gemacht haben, die Leine wieder aufzurollen, soweit das noch geht.
Am Ende haben wir nur noch 18 Panda-Bären gehabt. Den Rest hat der Wind davon getragen. Als es Abend wurde haben wir nochmals den Yangse-Fluß überquert und haben auf der anderen Seite gewartet, bis die Lichter angingen, haben Skyline-Fotos gemacht und sind noch lecker essen gegangen.
Ein paar Tage später bin ich dann mit Lin Na zum ersten mal ins Kino in Avatar. Mir ist vorher versprochen worden, dass es zumindest englische Untertitel gibt, aber dem war nicht so. Am Anfang dachte ich: ok, ich versteh zwar kein Wort, aber ich werde einfach drei Stunden lang die 3D-Effekte genießen. Ich hab dann aber gemerkt dass ich zwar nicht jedes einzelne Wort, aber die Handlung insgesamt schon verstehe. Das war dann noch besser und ich war dann schon ein bißchen stolz auf meine Chinesisch-Kenntnisse
Und wann ist jetzt das Feuerwerk?
12. Februar: Statt Karneval in Köln gibt es dieses Jahr Springfestival in Shanghai. Beibei ist schon seit dem ich aus Deutschland zurück bin überall mit kleinen rosa Lichterketten geschmückt und sieht aus wie ein kleines Märchenland.
Während meines Fluges denke ich mal wieder darüber nach, dass alles eine Sache der Ansicht ist. Die Chinesen feuern schon seit Tagen immer wieder Raketen in die Luft. Ich mag Raketen, die so groß und schön ausschauen und soooooooo hoch fliegen und jedesmal möchte ich für eine Sekunde die Zeit anhalten, wenn die bunten Lichter am Himmel zu sehen sind. Ich sehe vom Flugzeug aus das erste mal Raketen aus der Vogelperspektive. Das ist nix mit groß und hoch und bunt. Das sind nur kleine, verpuffende Lichter, ganz unspektakulär! Das Neujahr wurde mit Jen, Hung und Shirin gefeiert. Ich fand es irgendwie lustig, dass sich ein Multikulti aus Bulgarien, England, Österreich und Deutschland in einer Wohnung in Shanghai trifft, um das wichtigste Chinesische Fest zu feiern. Und wieder bin ich fasziniert von dem was ich hier erlebe. In der Wohnung haben wir dann auch die meiste Zeit verbracht, weil das Wetter es irgendwie nicht wirklich zulassen wollte, dass wir uns länger draußen aufhalten. Wir sind in ein Koreanisches Bad zum Entspannen und zum Antiquitätenmarkt. Hier gibt es alles mögliche zu kaufen, von Buddhas, über Mao-Figuren, Terrakotta-Soldaten, Porzellan und vieles mehr.
Für den großen Tag, den 14. Februar hatten wir eigentlich geplant, ganz schnike in eines der schicken Restaurants in den Wolkenkratzern essen zu gehen und uns von dort das Feuerwerk anzuschauen. Deshalb haben wir den Abend vorher ganz gemütlich in der Wohnung gekocht. Um halb 12 ging dann die Knallerei los und die Raketen stiegen hoch. Der Lärm war unglaublich. Man hat drinnen sein eigenes Wort nicht verstanden und wenn man das Fenster (im 20. Stock) aufgemacht hat, haben die Augen aufgrund des Rauchs in der Luft angefangen zu tränen. Man kann das nicht wirklich beschreiben. Eine halbe Stunde später haben wir dann angefangen zu überlegen: ist das jetzt das richtige Feuerwerk oder ist das die Probe für den nächsten Tag. Man weiß das ja nicht so genau. Bei uns gibt es Feuerwerk in der Silvesternacht, aber wann machen das die Chinesen, und: man weiß das ja auch nicht so genau, weil ja schon Tagelang rumgeknallt wird. Am nächsten Morgen wussten wir dann auf Nachfrage, dass das doch das richtige Feuerwerk war und deshalb wird kurzfristig umdisponiert.
Statt schickes Restaurant soll es eine schicke Cocktailbar sein. Den Plan haben wir dann aber auch wieder schnell verworfen (zu kalt, zu regnerisch, zu windig). Als Hung und Jen vom Einkaufen wiederkamen, gab es Brathähnchen und Cocktails selbstgemacht. Und weil wir ja alle etwas von der chinesischen Kultur abbekommen haben, haben wir uns im Internet noch eine Karaokemaschine gesucht und eine Stunde gesungen.
Am 16. Februar bin ich dann wieder zurück nach Beibei. Ich bin am nächsten Tag wieder in die Uni, aber da war keiner, also bin ich mittags nach Hause, das war dann die nächsten Tage auch so. Viel machen außer der Reihe konnte ich auch nicht. Die Geschäfte waren zu, weil eben Ferien sind. Irgendwann kam dann so nach und nach das Leben nach Beibei zurück zusammen mit der Sonne. Die Studenten liefen wieder mit ihren Köfferchen durch die Gegend, nur eben in die andere Richtung. Ich musste immer lachen, weil ich mir manchmal vorgestellt habe, wie das im Schnelldurchlauf aussehen muss. Das Leben verlief wieder normal, v.a im Supermarkt. Der Kampf an der Waage in der Gemüseabteilung war wieder eröffnet!
Wiedersehen:
Vom 3.- bis 7. März war ich wieder in Peking. Das erste Treffen nachdem der Sprachkurs zu Ende war, wurde organisiert und hier gibt es eigentlich nich viel zu berichten. Es war super, nach Monaten alle wieder zu sehen und das wurde abends natürlich auch gefeiert, nachdem tagsüber über alles Mögliche diskutiert wurde. Fotos? Kein einziges. Ich werde faul, was das fotografieren angeht. Ich versuche statt dessen, Gesehenes und Erlebtes in meinem Kopf festzuhalten.
Und dann gab es noch einen Ausflug, der mir viel Spaß gemacht hat: Meine Kollegen habe mich in den Nanshan Zhi Wu-Park mitgenommen. Morgens um halb neun am 13. März gings los. Wir sind mit dem Bus nach Chongqing und sind dort irgendwo ausgestiegen um in einen anderen Bus umzusteigen. Leider habe ich so gar keine Ahnung wo das war, aber die paar male, die ich jetzt in der Stadt war, habe ich jedes mal gedacht: Chongqing ist ürsprünglicher als andere Großstädte in China (naja, jede Stadt ist hier irgendwie ne Großstadt....). Es ist irgendwie noch ein bißchen exotischer. Da hängt das Fleisch auf der Straße zum Verkauf, dort werden die Hühner fürs Essen gerupft, es gibt das unterschiedlichste Essen.... Wir sind dann noch mal eine Stunde mit dem Bus gefahren und standen die Straße zum Park hin auch im Stau, weil wirklich jeder dort hin wollte. Der Grund dafür waren die blühenden Bäume. Es gab unzählige Menschen die Picknick gemacht haben, spazieren gegangen sind, natürlich gab es auch wieder Brautpaare die sich vor den blühenden Bäumen fotografieren ließen... und wir halt mittendrin machen genau das gleiche.
Heute ist der 31. März: Ich bin jetzt so ziemlich genau ein Jahr in China. Es ist Halbzeit. Ich hab die Entscheidung nach China zu gehen kein einziges mal bereut. Mein Leben überholt mich hier manchmal, so dass ich nicht weiß ob es Montag oder Mittwoch ist, oder ob heute der 31. März oder schon der 1. April ist. Und dann gibt es aber auch eine gewisse Kontinuität. Ich stehe morgens auf, gehe zur Arbeit, gehe abends nach Hause, mache was zu essen und das eben fast jeden Tag, halt eben wie überall. Es ist nicht immer einfach und ich bin öfters mal genervt (z.B an der Supermarktwaage) und ich schüttel über viele Dinge innerlich immer noch den Kopf, aber dann gibt es Momente da freu ich mich unglaublich über die kleinsten Dinge. Heute war ich mal in einem anderen Supermarkt und habe nach 6 Monaten in Beibei Küchenrollen gefunden. Ich wollte die Verkäuferin umarmen dafür, hab es dann aber doch gelassen und mich im Stillen gefreut. Und Butter, die kaufe ich eben, wenn ich mal wieder irgendwo anders unterwegs bin (zuletzt in Peking). Man wird auf eine gewisse Weise genügsam und dass muss man hier vielleicht auch sein. Manchmal möchte ich aber nicht genügsam sein, was eben auch dazu geführt hat, dass ich umgezogen bin. Man muss wohl einen Mittelweg finden und ich bin weiterhin dabei diesen Weg zu erkunden.
Ich habe den Ausflug in den Park auch zum Anlass genommen, um Denitsas bulgarischen Wunschbändchen, dass sie mir in Peking gegeben hat, in einem Baum zu hängen, denn ich soll das so machen und mir dabei etwas wünschen.
Jetzt gerade wünsche ich Euch allen frohe Ostern aus Beibei-Chongqing.
Aufbruch: | 29.03.2009 |
Dauer: | 25 Monate |
Heimkehr: | April 2011 |