Madagaskar - Jenseits von Afrika
Von Morondava über Tulear nach Ranohira
Tag 9
13.10.2008, Montag, 600km
05:00 Uhr! Wir traben müde zum Strand. Ganz allein auf weiter Flur. Eine wirklich saublöde Idee gestern Abend. Doch die Straße von Mosambique entschädigt mit samtig wohl temperiertem Wasser. Und der Sonnenaufgang erst. Einmalig. Über den Strand flitzen winzige Krebse. Man sieht sie kaum, so klein wie die sind.
Zo fährt uns das letzte Mal. Zum Flughafen. Beim Anblick des schlichten Flughafengebäudes frage ich mich ernsthaft, ob wir noch alle Tassen im Schrank haben. Wie konnten wir uns nur für solch einen Flug entscheiden? An diesem Ort, in einem der ärmsten Länder der Welt. Meine Gedanken drehen sich um Holzpritschen, altersschwache Fluggeräte, mitreisende Hühner, Chaos, Lost und Schotterpisten, die als Landebahn dienen. Schweiß bricht aus. Ich habe Flugangst. Einer kennt das schon und schaut mich besorgt an. Was ist denn los? Sieht doch ganz ok hier aus. Da haben wir schon schlimmere Ecken gesehen. Doch zum ersten Mal in meinem Leben beschließe ich, schon früh um 07:00 Uhr ungezügelt Alkohol zu konsumieren. Flat Rate-Saufen wäre ein Knaller. Und was trinke ich? Klar doch. Mein geliebtes THB. Was gegen Fieber hilft, könnte sich auch nützlich gegen Angst erweisen. Die Mitreisenden sehen das scheinbar etwas enger und schauen sofort entrüstet weg, wenn sie mich an meiner Bierpulle nuckeln sehen. Für Herrn Rolf ein Riesenspaß.
Ankunft 10:00 Uhr in Tulear. Na, das war doch überhaupt nicht schlimm. Hat überhaupt nicht wehgetan. Keinerlei Probleme. Beim Start, in der Luft und beim Landen. Ganz im Gegenteil. Eine mittelgroße Propellermaschine, solide Stewardessen, Frühstück und Getränke vom Feinsten. Sowie Boardkommunikation in drei amtlich anerkannten Sprachen. Da kann sich manche, weltweit operierende Airline eine Scheibe abschneiden.
Draußen wartet schon Henry, ein neuer Fahrer mit weißem Peugeot 505. Er scheint etwas ängstlich veranlagt. Nach kurzem Hallo, berichtet er schon von Überfällen, die es kürzlich in und um Tulear gegeben haben soll. Fragt, ob wir Geld abheben müssen. Lieber nicht, empfiehlt er. Man könnte beobachtet werden. An manchen Stellen der heutigen Straßenschlacht dürften wir auf keinen Fall anhalten. Weder aussteigen noch fotografieren. Immer erst vorher fragen. Es könnte fady (tabu) sein. Na dann mal los.
Die RN7 kennen wir ja schon vom Anfang unserer Reise. Nun fahren wir sie von anderen Ende aus los. Sie ist auch hier gut geteert und verläuft, relativ unspektakulär, geradeaus. Weites flaches Land mit einigen Hügeln. Wir fragen uns, wie und wo sich dieses Banditenpack hier wohl verbergen kann. Wer weiß das schon. Sicherheitshalber verteilen wir dann doch unser teures Geld in allen möglichen Ecken.
Plötzlich möchte Rolf Lemuren fotografieren. Wir stoppen bedächtig. Schon drängt Henry. Schnell, schnell, da vorn kommen Einheimische. Also selbst wenn es ganz böse Banditen wären, wären sie immer noch einen ganzen Kilometer von uns entfernt. Aussteigen? Fragt der Fotograf. Um Gottes Willen. Niemals. Dann eben nicht. Zwei Gefangene von Askaban. Wir durchfahren diverse Polizeisperren. Alle 5 bis 10km. Ok. Die Mahnungen kommen also nicht von ungefähr. Als wir dann durch Ilakaka kommen, fallen uns die vielen Steinhäuser auf. Die gibt es doch sonst nicht in dieser Fülle. Wir erfahren, daß in dieser Gegend Saphire abgebaut werden. Vor zehn Jahren standen hier keine zwei Häuser. Dann kam der Goldrausch. Clondike-City von Madagaskar. Bis 2003 rauchten auch tatsächlich die Colts. Rolfi will erneut fotografieren. Nein, verdammt nochmal.
Die letzten Kilometer bis Ranohira erfreut uns eine bergige Kulisse. Direkt vor einem Bergmassiv gelegen erreichen wir unseren heutigen Zielort gegen 14:00 Uhr. Das Hotel Les Toiles d'Isalo ist eine nette Anrichtung von Bungalows mit Gemeinschaftspool, Terrasse und Haupthaus-Restaurant. AIR 58.600 für das DZ. Die Zimmer sind klein, ins Bad fällt man eine Stufe tiefer. Der Abfluss funktioniert nur, wenn man ihm Zeit läßt. Was soll's. Wir fühlen uns hier pudelwohl. Henry hat den gesamten Nachmittag für uns verplant. Aber wer uns kennt weiß, daß wir gern mal ein bißchen rumgammeln und uns durchaus selbst genug sein können.
Am späten Nachmittag erleben wir ein dickes Gewitter. Mit viel Regen und wunderschön glühendem Sonnenuntergang. So sitzen wir auf der Terrasse und kommen aus dem Staunen nicht heraus.
Das läßt die Kehle trocknen. Der um 19:00 Uhr zum Getränk gereichte Gulasch ist zwar bescheiden, auf eine gepflegte Soup de Legumes kann man sich in Madagaskar aber immer verlassen. Um 21:30 Uhr ist die Kneipe zu, wir müssen ins Bett.
Aufbruch: | 04.10.2008 |
Dauer: | 3 Wochen |
Heimkehr: | 24.10.2008 |