Madagaskar - Jenseits von Afrika

Reisezeit: Oktober 2008  |  von Sarah Paulus

Von Belo nach Bekopaka

Tag 6
10.10.2008, Freitag, 100km

Totz einiger Herumbummelei auf dem Fluß kommen wir um 11:00 Uhr in Belo an und sind damit am Ende unserer Schiffsreise. Gut so. Denn der Spannungsbogen gab langsam nach. Unterwegs hatten unsere fleißigen Helferlein sogar Bekannte gesichtet und sich offenbar auf eine gemeinsame Rückreise verständigt. Was soweit führt, daß man uns scheinbar möglichst schnell loswerden will und unser Mittagessen vergleichsweise mager ausfällt. Es gibt Huhn, zäh wie Leder. Was aber auf Madagaskar eher normal ist. Obwohl hier alle Hühner freiländig, antiautoritär und damit doch recht glücklich aufgezogen werden. Die Lieben rennen und gackern den ganzen Tag herum, ohne auch nur ansatzweise die Bekanntschaft einer Legebatterie zu machen. Dennoch ist irgendwie der Wurm drin. Sie sind und bleiben zäh. Selbst Mark Everleigh empfielt in seinem Buch 'Madagaskar - Der sechste Kontinent' möglichst auf hen'akoho (Huhn) zu verzichten. Vielleicht verausgaben die sich zu sehr? Wer weiß das schon. Während also andere Tourikähne später als wir landen und ganz in Ruhe unzweifelhaft tolle Abschiedsmittagessen zelebrieren, dürfen wir schon mal absitzen und unsere Rucksäcke allein die Böschung hinauftragen. Jacques tut noch ein bißchen der Kümmerung und verschwindet dann nach kurzer Verabschiedung recht unbeholfen mitsamt dem Boot.

Abschiedsfoto

Abschiedsfoto

Gestrandet. Die Sonne sengt erbarmungslos herunter. Wir setzen uns irgendwo in der Nähe der Anlegestelle in den Dreck. Allein gelassen. Hier soll uns der neue Chauffeur auflesen. Um 12:00 Uhr soll er kommen. Die große Depression. Schwitzig, unrasiert und fern der Heimat. Mit ersten Löchern in den Hemden und längst nicht mehr porentief rein. Wir changieren perfekt mit der Umgebung: den staubigen Hütten und Baracken, dem vertrockneten Gestrüpp sowie einem verlorenen Weg, der wo auch immer hinführt. Was vom Boot aus malerisch wirkte, erscheint nun suizidär. Ein Ranzplatz an der Sonne. Müde lächelnd gründen wir die Ranzig Reisen Aktiengesellschaft und planen den Börsengang für 2009.

Kein Mensch beachtet uns

Kein Mensch beachtet uns

Ach ja, Handy. Mit einigen Telefonaten finden wir heraus, daß unser Chauffeur durch eine Fähre aufgehalten wurde, aber immerhin unterwegs sei. Wir sollen nach einem roten 4x4 Toyota Ausschau halten, was wir dann auch artig tun. Eine unendlich lange Zeit lang. Verschiedene Geländewagen treffen ein und fahren wieder weg. Sie sind weder rot, noch würdigen sie uns eines Blickes und nehmen immer nur diese blöden anderen Dooftouris mit. So auch die Familie Legumier, die mitfühlend aus dem Fenster winkend in einem superschicken Allradteil an uns vorbeireist. Air Condition. Standesgemäß. Später sehen wir einen kleinen Mann hektisch am Ufer entlang schauen. In einiger Entfernung ein Jeep. Rot? Nun gut, staubrotrostig. Unser Auto? Nö doch. Ja doch. Die mit Abstand älteste Allradkiste am Ort sucht nach uns. Mit 287.000km auf dem Tacho.

Das neue Auto

Das neue Auto

Der Eindruck ist beiderseits. Auch Zo muß erst einmal unseren Zustand verarbeiten. Nach einiger Zeit verspüren wir aber beiderseitige Zuneigung und der Neue stellt sich als übernetter, aufmerksamer Zeitgenosse heraus. Zum rund 80km entfernten Bekopaka brauchen wir aufreibende vier Fahrstunden. Bereits nach kurzer Fahrt ist klar, daß wir es mit einer echten 4x4 Strecke zu tun haben. Schon im ersten Dorf, nur wenige Autominuten vom Ranzplatz entfernt, sind die Schlaglöcher vom letzten Regen so groß wie Mondkrater und nur waghalsig zu meistern.

Mitten im Buschwerk

Mitten im Buschwerk

Um 17:30 Uhr Ankunft an der Fähre von Bekopaka. Ganze drei Autos passen da auf so ein Gefährt. Zo schätzt die Wartezeit vage auf eine halbe Stunde. Wunderbar. Das reicht für ein kühles THB, das von einem selbstvergessen dreinschauenden Franzosen und seiner einheimisch Geliebten direkt am Geschehen verkauft wird. Genau das Richtige für meinen kratzigen Hals, der langsam anfängt, mir Sorgen zu machen.

Wie beinahe überall in Afrika, sind Flußüberquerungen auch hier ein Erlebnis. Insbesondere für Liebhaber archaischer Technik. Mora, Mora, wie die Malegassen sagen. Nur immer mit der Ruhe. Und Gelassenheit ist ja nun auch genau die Eigenschaft, die dem effizienten Europäer und Deutschen am wenigsten behagt. Hier aber bestimmt sie den Lebensrhythmus. So setzen wir kurz vor dem Dunkelwerden über und finden alsbald unseren schönen Bungalow im Hotel L'Olympe du Bemaraha auf der Spitze eines Berges mitten im Naturreservat. AIR 82.000 das Haus mit ausgezeichnetem Service.

Mora, Mora am Abend

Mora, Mora am Abend

Nach einem guten Abendessen mit Terrassenblick auf die unter uns liegende Weite ist der Tag für mich beendet. Alles tut weh. Das Hälschen brennt. Ich kann mich nicht mehr senkrecht halten. Da ist etwas im Anmarsch. Ich muß ins Bett.

Endlich angekommen

Endlich angekommen

© Sarah Paulus, 2009
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Die Reise
 
Worum geht's?:
20 Tage auf der viertgrößten Insel der Welt.
Details:
Aufbruch: 04.10.2008
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 24.10.2008
Reiseziele: Madagaskar
Der Autor
 
Sarah Paulus berichtet seit 16 Jahren auf umdiewelt.