Madagaskar - Jenseits von Afrika

Reisezeit: Oktober 2008  |  von Sarah Paulus

Antananarivo / Tana

Tag 1
05.10.2008, Sonntag

Eingewöhnungstag. Um 09:30 Uhr mampfen wir erwartungsfroh unser Frühstück. Da erscheint auch schon überpünktlich Nathalie, Vertreterin unseres wichtigsten Tour Operators. Nun war Deutschland hier ja aber nie Kolonialmacht. Wie sich diese preußische Korrektheit, der wir während der Reise öfter begegnen, bis nach Madagaskar durchsetzen konnte, bleibt daher eine gänzlich unbeantwortete Frage. Vouchers und Rechnungen werden übergeben, einzelne Tourdaten nochmals im Detail besprochen. Alles schön.

Dann endlich beginnt die Entdeckungstour durch Tana. Wer sich mit Afrika ein wenig auskennt, weiß, daß afrikanische Städte nicht zu den schönsten der Welt gehören. Tana bildet an diesem Sonntag eine Ausnahme. So lernen wir eine ruhige Stadt bei schönstem Sonnenschein kennen. Der Straßenverkehr hält sich in Grenzen und die Geschäfte sind geschlossen. Ganze Familien flanieren, sonntäglich fein gemacht, auf dem Weg zu einer der zahlreichen Kirchen an uns vorbei. Überall begegnen wir herrlich tiefblau blühenden Bäumen. Sakaraga betitelt sie einer unserer Chauffeure später, meine Schreibversion ist wahrscheinlich völlig falsch.

Erste Eindrücke

Erste Eindrücke

Unweit der Avenue de l'Indenpendence entdecken wir einen schönen Markt, dessen Charme mein Rolf nichts entgegensetzen kann. Mich hingegen verstören die Fülle und Intensität der Farben, Gerüche, Menschen und Waren. Hier gibt es alles, was das afrikanische Leben benötigt. Tonnenweise Schuhe und Second Hand Kleidung, Direktexporte der ersten und zweiten Welt. Obst und Gemüse. Brot. Pfeffer und Vanille, klar doch. Gesottenes und Gebratenes. Lebende Hühner und totes Fleisch nebst der dazugehörigen Fliegenschwärme. Schon allein vom bloßen Hinsehen könnte man Durchfall bekommen.

Wochenendmarkt

Wochenendmarkt

Fleischerei

Fleischerei

Und immer wieder: 'Salut Vazaha!' um gleich darauf mit 'Donne-moi un bonbon?' Oder 'Donne-moi un stylo?' der materiellen Seite des Lebens zu huldigen. Ja, willkommen im Ausland. Wir gehören unzweifelhaft zu den wenigen Vazahas - Fremden bzw. Weißen. Mit Wohlstand gesegnet. Dagegen gehört Madagaskar zu den ärmsten Ländern der Welt.

Straßenmusikant

Straßenmusikant

Wir entfliehen dem Trubel und durchstreifen die Oberstadt. Die Metropole ist recht hügelig und eröffnet dem sportlichen Wanderer immer wieder beeindruckende Panoramen. Das macht durstig. Eher ungewöhnlich, aber hier sind am Sonntag zur Mittagszeit beinahe alle Läden geschlossen. Unsere Wasserflaschen sind versiegt und nach Erreichen des Präsidentenpalastes beginnt eine längere Durststrecke, die mit dem Erwerb einer glühend heißen 1 Liter Coca-Cola-Glasflasche endet. Enjoy.

Obenauf

Obenauf

Schließlich gelangen wir zum Lac Anosy. Mitten im Tal der Stadt, wunderschön gelegen. Pärchen liegen träumend am Flussufer. So auch der Abfall. Am Ufer entdecken wir zwei Hauptstädter. Der eine wäscht sich, der andere pinkelt. Nebeneinander. Bizarr. Der See, oder Lac Urinal wie ihn Rolf bissig tauft, dient halt allen Bedürfnissen. Am Rande dann eine winzig kleine Gasse mit aneinander gereihten Bretterverschlägen. Die Straße der Barbiere.

Lac Anosy

Lac Anosy

Ach ja, eine schöne Erkenntnis. Die Malegassen feiern Oktoberfest! Ungaublich, aber wahr. Wir haben überall Werbung dafür gesehen.

Oktoberfest

Oktoberfest

Später am Abend verlassen wir unser Hotel ein zweites Mal. Zum Abendessen. Gleich mehrerer Warnungen zum Trotz. Tana sei abends gefährlich. Es habe in der letzten Zeit wiederholt Raubüberfälle auf Touristen gegeben. Bloß nicht zu weit vom Hotel entfernen. Hm? Wie schon gesagt: Madagaskar ist eines der ärmsten Länder der Welt und fast alles muß bar bezahlt werden. Jeder Tourist ist demnach gezwungen, eine nicht unerhebliche Summe an Bargeld herumzuschleppen. Das wissen natürlich auch Alibaba und die 40 Malegassen. Wir zwei Naivlinge regeln das dann immer auf unsere Weise. Die großen Geldbündel werden tief in den Taschen vergraben. Bargeld im Gegenwert von höchstens EUR 5 dagegen gesondert und leicht erreichbar transportiert. Bei erster Anforderung wird es sofort und ohne Widerstand ausgehändigt. Blutgeld - ach mein Rolf der Täufer.

An dieser Stelle ein praktischer Hinweis: In Tana gibt es ausreichend Banken mit Geldautomaten, an denen man mit Visa und in wenigen Fällen sogar mit Eurocard Geld abheben kann. Man muß sich nur selbst bei kleineren EUR-Beträgen auf riesige Bündel Ariary einstellen. Wir haben kichernd eine ältere Dame der Grande Nation beim Abheben von nur EUR 100 beobachtet. Der Geldautomat hat unglaublich lange, sehr viel Altpapier ausgegeben. Ein Glück, daß sie eine größere Tasche bei sich hatte.

Tana bei Sonnenuntergang

Tana bei Sonnenuntergang

Den Abend beschließen wir mit einigen kühlen THB in einem kleinen Imbiß direkt neben dem Hotel. Hier ist der Döner Poulet mit Pommes sehr empfehlenswert. Beim kauen stelle ich fest, daß ich vom vielen Neuen völlig erschlagen bin. Unzählige Fragen und Eindrücke schwirren mir durch den Kopf. Herr Rolf hingegen ist völlig aus dem Häuschen und vollauf zufrieden. Madagaskar, eine Liebe auf den ersten Blick.

Three Horses Beer

Three Horses Beer

© Sarah Paulus, 2009
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Die Reise
 
Worum geht's?:
20 Tage auf der viertgrößten Insel der Welt.
Details:
Aufbruch: 04.10.2008
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 24.10.2008
Reiseziele: Madagaskar
Der Autor
 
Sarah Paulus berichtet seit 16 Jahren auf umdiewelt.