Korsika-Rundreise im September

Reisezeit: September / Oktober 2009  |  von H & M

Tag 10: Sartene und Menhire in Filitosa

27. September 2009

Ein Tag mit Überraschungen

Guten Morgen zusammen! Die Welt sieht nach etwas mehr Schlaf schon viel besser aus, die Sonne lacht, ein Cappuccino weckt die Lebensgeister und uns hält nicht mehr viel - auf zu den tollen Stränden rund um Porto Vecchio. In selbigen Ort angekommen, war unser erstes Ziel ein großer Intersport, in dem wir uns über einige Campinggegenstände informieren und unsere Ausrüstung etwas aufpeppen wollten. Ach verdammt, zu blöd wenn man das Zeitgefühl vergisst. Heute ist doch Sonntag. Kein Geschäft hat offen und die Strände sind sicherlich auch voller als sonst. Also haben wir ohne groß zu überlegen unsere Pläne über den Haufen geschmissen und uns für den heutigen Tag Tour 2 im Süden vorgenommen, die eigentlich erst morgen dran gewesen wäre. Von Porto Vecchio ging es daher schnurstracks über Figari, Richtung Propriano, einem kleinen Küstenstädtchen, das vom Tourismus, dem Naturhafen und der Fährverbindung zwischen Frankreich und Korsika lebt. Dementsprechend touristisch gestaltete sich auch die Uferpromenade. Alles in allem war es aber gar nicht so "schlimm", wie im Reiseführer angekündigt. Das Ziel der Reise, die heute mehr als 200km betrug, auf Korsika ist das aufgrund der extrem vielen Kurven enorm weit, lautete Filitosa. In diesem Örtchen, das nicht mehr als 10-15 aufgepeppten Bauernhäuschen Heimat ist und etwa 90km von Bonifacio entfernt liegt, ist eine Besonderheit Korsikas zu finden, die es sonst nirgendwo gibt. Es handelt sich um die so genannten Menhire. Darunter versteht man einzelne Felsstatuen, die irgendwo zwischen 8000- 1500 v.Chr. Entstanden. Ja, richtig gehört. Wir haben hier nicht etwa eine Null zu viel angehängt, um es spektakulärer zu machen. Nein die Dinger stehen da wirklich wie bestellt und nicht abgeholt herum und könnten mit sehr viel Fantasie Krieger darstellen. Ein paar alte Behausungen aus der Zeit sind auch vorhanden. Es gibt für mich spontan extrem viele Fragen, die sich mir aufwerfen, doch letztlich stecke ich nicht tief genug in der Materie. Fragt ihr Euch nicht auch, wie es 8000 Jahre v. Chr. !!!! (nur mal sacken lassen), möglich war diese Steine so exakt zu bearbeiten und zu transportieren? Als Schmanckerl kommt noch hinzu, dass die Steine offenbar mit einem Metall bearbeitet wurden, das auf Korsika gar nicht vorkommt. Es war zu lesen, dass wohl ein Handel zwischen Sardinien und Korsika bestand.!!! Da kommt mir doch gleich die nächste Frage. Wie ist es möglich, dass hier ein "reger" Metallhandel bestand, wenn die Hauptaufgabe Jagen und Sammeln war, wie ebenfalls beschrieben. Boote bauen war wohl kaum möglich, denke ich mal. Aber wie gesagt, ich stecke nicht tief genug im Thema. Das kann sich ja ändern.

Danach ging unsere Reise weiter durch Örtchen, wie Olmetto oder Arbellara, in denen noch bis vor wenigen Jahrzehnten die Vendetta, zu deutsch "Blutrache", wütete. Und tatsächlich sind in einigen Dörfern die Häuser eher kleine Festungen, als Häuser. Man mag es sich kaum vorstellen, aber innerhalb von wirklich kleinen Dörfern, die im besten Fall vielleicht 200-300 Einwohner haben, bekriegte man sich bis aufs Blut und begegnete Gewalt mit brutaler Gegengewalt. Ein mulmiges Gefühl hatten wir auch bei der Durchfahrt. Es war einfach überhaupt niemand, absolut niemand auf offener Straße zu sehen. Die Orte schienen tot zu sein und verfügten immer über sehr große, aber auch pompöse Friedhöfe. Letzte Station war Sarténe. Ebenfalls von der Vendetta gezeichnet und eher als triste Stadt in den Bergen gekennzeichnet. Auffällig war, dass wiederum von einheimischer Bevölkerung, sehr wenig zu sehen war. Lediglich einige Touristen, die durch die engen Gassen wuselten, munterten das Stadtbild und den Hauptplatz etwas auf. Auch zur Vendetta werden wir uns noch weiter belesen. Alles in allem hat uns Sarténe aber sehr gut gefallen. Diese als korsischste aller korsischen Städte bezeichnete Stadt wirkt noch wie vor 200 Jahren stehen geblieben, hat eine sehr hübsche Altstadt mit ganz engen Gassen und tollen Fotomotiven...

Auf dem Heimweg Richtung Bonifacio machten wir nur noch einen kurzen Halt an einer hübschen, kleinen Genuesenbrücke und an zahlreichen Verkehrsschildern. Verkehrsschilder?? Richtig. Diese sind hier in französisch und korsisch beschrieben. Den absolut bestehenden Konflikt zwischen beiden Staaten, denn Korsika sieht sich als annektierten, selbständigen, stolzen Staat, merkt man überall. Unter anderem eben auch an Verkehrzeichen, deren französische Bezeichnung zu 90% übersprayed wurde. Die restlichen 10% besitzen zumindest mal ein Einschussloch. Damit zur zweiten Merkwürdigkeit der Verkehrsschilder. Offenbar ist vielen Korsen langweilig oder sie sparen an Beiträgen in Schützenvereinen. Jedes zweite Schild weist Einschusslöcher auf. Manche sind vom Schrotflintenhagel kaum wieder zuerkennen. Und richtig abgefahren wird es, wenn auf den "Warnung - hier könnten Kühe auf der Straße stehen - Schildern", die Kühe als Zielobjekte herhalten mussten. Weniger schießwütige Zeitgenossen haben diese Kuhschilder zumindest mit Humor verunstaltet und den Tierchen einen Reiter mit Lanze aufgesetzt oder ihnen einen Fallschirm auf den Rücken gemalt.

Bevor ich zum eigentlichen Highlight des Tage komme, noch ein Wort zu den Korsen selbst. Wir sind nun ein paar Tage hier und sind uns einig, dass sicher durch ihre Vergangenheit bedingt, die Korsen ein übertrieben stolzes, Fremden gegenüber eher misstrauisch, bis ablehnendes und durchaus aggressives Völkchen sind, was sich nicht zuletzt am extremen Fahrstil vieler bemerkbar macht. Das tut dem Land als solches aber keinen Abbruch. Wenn man sich ein bisschen mit der Geschichte beschäftigt, kann man diese Einstellung nur zu gut verstehen. Immerhin war das Land gerade mal 14 Jahre unabhängig, sonst immer von irgendwem besetzt...

Nun zur heutigen unerwarteten Attraktion. Wir waren heute ja eigentlich auf Baden eingestellt und daher auch schon entsprechend begleitet und vorbereitet und so nutzten wir die Gelegenheit bei einem vermeintlichen kurzen Fotostopp kurzum in die Fluten zu springen und das angenehm warme und glasklare Wasser zu genießen. Das klingt im ersten Moment nicht sooo überwältigend. Spätestens die Fotos sollten Euch überzeugen, dass es was ganz Besonderes war. Wir durften uns nämlich glücklich schätzen, unseren eigenen, von zerklüfteten Felsen umgebenen Sandstrand zu erleben. Beschreiben hat hier kaum einen Sinn, es bleibt nur zu sagen - Besser geht's kaum!

Ich kann mir ehrlich gesagt nur bedingt vorstellen, wie uns morgen die Strände von Palombaggia und Santa Gulia noch mehr überzeugen könnten. Haben wir unser kleines Paradies doch heute schon gefunden. Wir werden es sehen und Euch wie immer ausführlich mitteilen.

Bis morgen sonnige Grüße

H & M

Da umarmt Hendi den Falschen...

Da umarmt Hendi den Falschen...

In der Nähe von Propriano...eine, an diesem Tag UNSERE, Badebucht

In der Nähe von Propriano...eine, an diesem Tag UNSERE, Badebucht

Sartene - die korsischste Stadt

Sartene - die korsischste Stadt

Korsen und ihre Schilder...

Korsen und ihre Schilder...

© H & M, 2009
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Die Reise
 
Worum geht's?:
2 Wochen Korsika. Eine Rundreise mit Auto und Zelt...
Details:
Aufbruch: 18.09.2009
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 05.10.2009
Reiseziele: Frankreich
Italien
Der Autor
 
H & M berichtet seit 16 Jahren auf umdiewelt.