Korsika-Rundreise im September

Reisezeit: September / Oktober 2009  |  von H & M

Tag 15: Der letzte Tag auf Korsika

02. Oktober 2009

Stress mit Genuss

Ok...da wäre also der letzte richtige Tag auf Korsika angebrochen. Unerwarteterweise haben wir die Nacht auf dem uns nicht so recht geheuren Campingplatz überstanden. Hygiene wurde heute als überbewertet betrachtet (bedingt durch die nicht sonderlich angenehmen sanitären Einrichtungen...) und so gingen uns die Abbauarbeiten flux von der Hand.

Auf dem Plan stand heute eigentlich "nur" eine Fahrt durch die Balagne, um dann über Saint Florent und Patrimonio zu "unserem" Campingplatz in Marina de la Pietracorbara zu gelangen. Klingt einfach, dauerte dann aber doch den ganzen Tag und wir erreichten unser Ziel erst gegen 19:00 Uhr.

Was kam denn so dazwischen? Grob gesagt Unmengen an Foto- und Zwischenstopps. Dazu muss man sagen, dass es in der Balagene sehr viele kleine Dörfchen gibt, in denen das Kunsthandwerk ganz groß geschrieben wird, die malerisch an Berghängen liegen und einfach nur wunderschön sind. Und so sind wir eben von einem Dorf zum nächsten gefahren und immer wieder ausgestiegen und rumgelaufen. Erste Station bildete dabei das Dorf Corbara, das sich kurz über L'Ile Rousse eng an eine Bergkuppe schmiegte und in der Morgensonne sein schönstes Gesicht zeigte. Die Bevölkerung erwachte gerade aus seinem Schlaf und die wenigen Geschäfte begannen sich für den Tourismus zu sortieren. Einfach herrlich. Nur 3-4 km weiter folgte Pigna, ebenfalls malerisch in die Berglandschaft eingebettet. Das Dorf ist für seine Keramiken berühmt und pflegt ausgiebig die korsischen Handwerkstraditionen. Leider waren wir auch hier noch etwas zu früh dran. Die Geschäfte in den verwinkelten, schmalen und teils dunklen Gassen, öffneten alle samt erst viel später und so mussten wir unverrichter Dinge von Dannen ziehen. Das Dorf selbst hat uns aber auch so sehr gut gefallen. Richtig nett.

Die Durchfahrt durch das folgende Aregno wurde nur durch eine interessante Kirche im bekannt pisanischen Stil gestoppt, bevor es weiter ging Richtung Sant' Antonio. Das Dorf, das befestigt ist wie eine Burg und über allen anderen Siedlungen erhaben auf einer Bergkuppe thront, ist schon ohne den Besuch von weitem ein Hingucker. Wir sind natürlich hingefahren und waren, von der Lage, die einen Blick über den halben nördlichen Stand Korsikas, sowie einen weiten Blick ins Landesinnere ermöglicht, beeindruckt. Die Architektur des Ortes ist eine Meisterleistung an sich. Nach einer kurzen Erkundungstour durchs Dorf, gönnten wir uns einen frisch gepressten Zitronensaft bei Olivier Antonini's Laden, der gleich am Dorfeingang zu finden ist. Frisch gestärkt und mit neu erweckten Lebensgeistern folgten wir der Route durch Cateri, Muro und Feliceto. Hier machten wir wieder einen Stopp, da unser Reiseführer einen guten Weinhändler empfahl, den wir aufsuchten. Leider war der von uns favorisierte Rosé nicht mehr erhältlich. Außerdem bot das Dorf noch eine bekannte, traditionelle Glasbläserei, deren Vasen, Figuren, Teller und Schalen zum Teil wunderschön anzuschauen waren. Leider schreckten uns Preise von mehreren hundert Euro recht schnell ab.

Nicht auf der Rechnung hatten wir den Ort Speluncato, der im Reiseführer als "verschlafenes Dorf" geschildert wurde. Wir erwarteten also nicht allzu viel. Die Realität sah so aus, daß der Ort tatsächlich unheimlich verschlafen wirkt. Alles läuft, wenn sich überhaupt etwas tut, sehr gemächlich ab und Hektik ist ein Fremdwort. Doch auch dieser Ort glänzte durch eine hervorragende Lage an und auf einer Felsnadel und die verwinkelten Gassen forderten uns mit jeder Ecke mehr heraus noch ein Stück weiter zu entdecken. Am Ende haben wir das Dorf recht vollständig "abgeklappert" und uns am Marktplatz, der gerade einmal zwei kleine Bars und einen Brunnen in der Mitte beherbergt, auf einen Nusswein und Pastis gefreut. Zu diesen Getränken erhielten wir noch ein paar Chips und Wasser. Die Rechnung freute uns noch mehr, denn es waren lediglich 2,60 Euro zu berappen. Erstaunlich, für das uns sonst so teuer bekannte Korsika. Ich denke, dieser Ort hat uns zumindest heute am besten gefallen und gehört auf jeden Fall zu den Highlights des Urlaubs.

Der Weg führte uns nun Richtung Belgodere. Hier gab es nicht viel zu sehen außer einige arme Wildschweine, viel mehr deren Reste/Felle, die an den Zäunen der Landbesitzer aufgehängt waren. Hintergrund ist wahrscheinlich der Stolz solch ein Tier erlegt zu haben, eine Art Trophäe. Überhaupt fiel uns auf, dass es in diesem Teil der Insel der Stolz am stärksten ausgeprägt zu sein schien. Und das bezieht sich noch viel mehr auf die Nationalität als auf die Tiertrophäen. Insbesondere hier konnten wir kaum ein Ortschild finden, dass die französische Bezeichnung noch beinhaltete. Meist waren diese übersprayed und zum Schutz, damit auch ja nichts zu erkennen ist, durch zahlreiche Einschußlöcher zersiebt. Die korsische Bezeichnung direkt darunter hingegen war ohne jeden Makel.

Wir haben uns nun etwas intensiver mit der Insel beschäftigt und auch oft rumgemeckert über die Unhöflichkeit Fremden gegenüber und dass es uns vorkommt als wäre man hier eher gewaltbereit als im restlichen Frankreich.
Betrachtet man die Historie der Insel, die eigentlich immer ein eigener Staat sein wollte, verwundert das auch nicht. Seit der Mensch geschichtliche Aufzeichnungen führt, war Korsika von anderen Ländern besetzt, was an der strategisch guten Position lag. So fielen neben Sarazenen, abwechselnd Pisaner, Genuesen, der gesamte römisch-katholische Kirchenstaat und zu guter Letzt auch noch Briten und Germanen ein. Somit war ein neuer Aggressor und Fremder immer etwas "Schlechtes" und das über Jahrhunderte. Das scheint tief zu sitzen. Auch daß Pascale Paoli ein quasi "Übermensch" hier ist, verwundert kaum. Nur er ermöglichte Korsika eine kurze Zeit der Unabhängigkeit über wenige Jahre, bevor Frankreich sich endgültig der Insel Herr machte.

Wir finden, Korsika sollte ein eigenerständiger Staat sein, denn es sind weder Franzosen noch Italiener oder sonst etwas. Ein eigener Menschenschlag, der verdammt stolz auf seine wunderschöne Insel sein kann. Stellt sich nur die Frage, ob die Korsen wirklich zufrieden wären, wären sie unabhängig, denn immerhin bekommen sie ne Menge Subventionen von Frankreich...

Zurück zum Ausflug. Es war erst gegen 14:00 Uhr und jetzt schon Zeltplatz fanden wir uncool. Also suchten wir uns noch ein letztes Mal einen schönen Sandstrand und genossen das glasklare Wasser und die Sonne, bevor wir die Desert des Agriates querten. Hierunter kann man sich einfach eine hügelige, bis bergige Landschaft vorstellen, die keineswegs nach Wüste aussieht und eher grün ist. Allerdings ist hier echt kein Lebenszeichen zu erkennen. Nach etwa einstündiger Fahrt erreichten wir Saint Florent, dem Küstenort am südlichen Cap Corse, dem wir bereits am Anfang einen kurzen Besuch abstatteten und den wir seltsamerweise viel schlimmer in Erinnerung hatten, als wir es jetzt empfanden. Weitere 3 km weiter erreichten wir endlich Patrimonio, um uns mit Weinvorräten einzudecken. Und so probierten wir gar nicht groß herum und kauften reichlich an Weinerzeugnissen verschiedenster Art bei Larozzani´s ein. Hier kamen wir gerade rechtzeitig, als ein Schwung neuer Trauben in einem sichtbaren Hexler zerschreddert wurden, aus dem dieser köstliche Wein entsteht.

Um mehr als 70 Euro !!ärmer verließen wir Patrimonio und schlugen unser Quartier in Marina de la Pietracorbara auf.
...und ein bisschen traurig sind wir nun schon, so an unserem letzten Abend hier!

Ein letztes Mal gute Nacht aus Korsika

H & M

Eine Bar in Corbara

Eine Bar in Corbara

Künstlerkolonie Pigna

Künstlerkolonie Pigna

Sant' Antonio

Sant' Antonio

Speluncato - eines der schönsten Bergdörfer Korsikas

Speluncato - eines der schönsten Bergdörfer Korsikas

Ein Weinchen hier, ein Schnäpschen da...so lebt es sich ganz gut

Ein Weinchen hier, ein Schnäpschen da...so lebt es sich ganz gut

© H & M, 2009
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Die Reise
 
Worum geht's?:
2 Wochen Korsika. Eine Rundreise mit Auto und Zelt...
Details:
Aufbruch: 18.09.2009
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 05.10.2009
Reiseziele: Frankreich
Italien
Der Autor
 
H & M berichtet seit 16 Jahren auf umdiewelt.