Korsika-Rundreise im September

Reisezeit: September / Oktober 2009  |  von H & M

Tag 9: Bavella-Gebirge und Bonifacio

26. September 2009

Ein seltsamer Tag

So schön der Campingplatz in Ghisonaccia ist, so grausam, war er zumindest für uns in der Nacht. Bis 4 Uhr nachts hämmerte es in der benachbarten Disco mit dumpfen Technobeats untermalt mit noch dämlicherem Gejohle der dortigen jugendlichen Touris in Partylaune. Kurzum, wir haben kein Auge zu getan und beschlossen kurzerhand heute früh um7:30 Uhr aufzustehen, einzupacken und abzuzischen. Langsam kommt Routine in unser Auf- und Abbauritual und so benötigten wir nicht einmal eine halbe Stunde zum Abbau und genehmigten uns einen Cappuccino, den wir am Strand schlürften und dem Sonnenaufgang zusahen. Sehr schööön!

Noch ein frisches Baguette gekauft und auf gings. Auf dem Plan, wie gestern beschrieben, stand zunächst die Fahrt zum Col de Bavella, einer mindestens genauso sagenhaften Berglandschaft inklusive Passstraße, wie in Zentralkorsika. Unterwegs trafen wir auf eine kleine Herde halbwilder und so typischer korsischer Schweine. Die Frischlinge hatten es Hendi besonders angetan. Die guckten aber auch zu dropsig. Mir verging schlagartig der Appetit auf die leckere Schweinewurst bei diesem herzzerreißenden Anblick.

Am Pass angekommen, hielten wir uns nicht lang auf, schnürten die Wanderschuhe und ab die Post zum Trou de la Bombe, zu deutsch so viel wie Bombenloch oder großes Loch im Felsen. Doch die Rechnung hatten wir ohne die recht "lasche" Beschilderung gemacht, so dass wir eine satte Stunde verloren, aufgrund von "Fehlwanderungen" in die falsche Richtung, von Verlaufen rede ich erst gar nicht. Irgendwann habe ich dann mehr oder weniger verzweifelt zwei Briten angequasselt, die zumindest mal eine Karte hatten, diese jedoch nicht zu deuten wussten. In einem Gemeinschaftsakt schafften wir es dann doch noch und nach ca. 2 statt 1 Stunde öffnete sich der dichte Nadelwald und eine umwerfende Silhouette an schroff gezackten Bergen im Tal gegenüber entlohnte uns all der Mühen. Unsere Seite des Tals war nicht weniger aufregend schön. Wir hat eben jenes Felsloch erreicht. Die letzten 10 Höhenmeter stellten allerdings eine für ungeübte Kletterer größere Herausforderung dar. Ich wagte mich bis zum unteren Ende des Felsloches, allerdings aus Respekt und zugegebenermaßen auch etwas Angst nicht in das Tor, denn auf der anderen Seite fiel der Berg senkrecht in die Tiefe. Hier oben kam das erste Mal das Seltsam-Gefühl. Einerseits waren wir beide hundemüde und durchaus vom nicht zu unterschätzenden Anstieg geschafft. Andererseits schwang auch ein gewisser Stolz mit den inneren Schweinehund besiegt und nicht aufgegeben zu haben. Und noch aus einer anderen Sicht betrachtet, wurde uns klar: ..."Murks, wir haben zu viel Zeit vertrödelt! Nun schaffen wir entweder die erste Besichtigung von Bonifacio nicht oder den "Hahnenpiss". Bonifacio erschien uns am Ende interessanter und so fuhren wir nach der Rückkehr zum Auto (die zum Glück ohne Verwanderungen erfolgte) ohne weitere Umwege zum nächsten Campingplatz 4 km vor der Stadt im Süden. Auch dieser Platz ist mit 4 Sternen gekennzeichnet, allerdings nicht ganz so nobel hergerichtet wie der in Ghisonaccia. Aber wir klagen nicht und haben uns wieder einmal ein schickes Fleckchen Erde ausgesucht. Kurz frisch gemacht unter eiskalter Dusche und schwups waren wir in Bonifacio.

Diese Stadt muss man mit eigenen Augen gesehen haben! Sie liegt zum Großteil auf einer extrem schmalen Landzunge aus Kreidefelsen und bildet damit einen herrlichen Naturhafen mit dem Festland. Auf der Landzunge stehen die Gebäude dicht an dicht gedrängt und das bis absolut an den Rand der 100 m steil abfallenden Küstenlinie. Irre! Unsere erste Tour führt uns zunächst Richtung Oberstadt und zur "Königstreppe". Diese Konstruktion ist sagenumwoben. Der Legende nach, soll König so und so, aus Angst vor den Bösewichten diese Treppe in nur EINER Nacht anlegen lassen haben. Nun wer es glaubt. Interessant und vor allem anstrengend sind die 187 Stufen alle mal. Leider mussten wir noch einmal ganz kurz zurück zum Campingplatz, um einzuchecken. Kaum war das erledigt, macht unsere ganze Fuhre kehrt und ab ging es wieder Richtung Bonifacio. Dieses Mal aber in Richtung Leuchtturm, der am anderen Ende der Bucht liegt und einen freien Blick auf die Stadt, das Meer und auch das nur 12km entfernte Sardinen frei gab. Hier hatte sich Hendi in den Kopf gesetzt, ihr Abendbrot zu essen und das war die beste Idee des Tages. Die Sonne glühte wie ein Feuerball und es hätte kaum einen schöneren Sonnenuntergang mit Picknick geben können. Was es gab? Welch Überraschung, Käse, Wein und Baguette. Besonders schön - morgens Sonnenaufgang mit Capuccino, abends Sonnenuntergang mit Wein und Käse...

Nachdem die Sonne am Horizont verschwunden war, entschlossen wir uns, die Hafenpromenade entlang zu spazieren. Bereits am Nachmittag war uns ein Segler aufgefallen, dessen gewaltige Ausmaße Eindruck machten. Es war zwar nur ein Einmaster. Dieser war aber schätzungsweise 70-80 m hoch und überragte die halbe Stadt. Das Boot an sich, schätze ich auf mindestens 50 m und war an Eleganz kaum zu toppen. Es lief unter luxemburgischer Flagge und heißt "Wellenreiter". Purer Luxus!! Nun hatte sich während unseres Picknicks das Who is Who der Schickeria mit seinen Edelyachten im Hafen eingefunden. Mindestens 5 Schiffe, darunter eine ungeheuer hochgezüchtete, römische Rennyacht, eine texanische Hochseeyacht und ein privater Luxusliner und eine sportliche Motoryacht mit dem auffälligen Schriftzug Genesis (wie der Schriftzug der Band) gehörten zur absoluten Weltklasse und präsentierten sich entsprechend am Hafen, mit allem was sie hatten. Hendi interessierten eher die Eigner, mich eher die Technik. Leisten kann sich das doch eh kaum einer. Auf diese Ungerechtigkeit der Welt genehmigten wir uns eine Flasche Wein aus dem Supermarkt, die wir in der Hand zum Auto trugen. Interessanterweise haben wir damit für mehr Aufsehen bei den Schiffseignern gesorgt, als die bewundernden Blicke über ihre tollen Boote. Bezeichnend oder? Nun sind wir zurück am Campingplatz, haben unsere Falsche Wein geöffnet und schlürfen ein Glas - vielleicht auch zwei und lassen diesen Tag, angefangen mit der Nacht Revue passieren und müssen alles erst einmal verarbeiten.

Vielleicht hilft ja eine Mütze voll Schlaf.

Viele Grüße aus dem südlichsten Süden Korsikas.

H & M

Ist es nicht herzallerliebst?

Ist es nicht herzallerliebst?

Steil am Seil....mal gucken, was da oben ist?

Steil am Seil....mal gucken, was da oben ist?

...heißt so viel wie: "Ich habe keine Lust mehr, mir tut alles weh, bäh..."  (Aber stolz, dass wir doch noch angekommen sind, waren wir doch)

...heißt so viel wie: "Ich habe keine Lust mehr, mir tut alles weh, bäh..." (Aber stolz, dass wir doch noch angekommen sind, waren wir doch)

Die "Wellenreiter" im Hafen von Bonifacio

Die "Wellenreiter" im Hafen von Bonifacio

Abendessen mit Aussicht...

Abendessen mit Aussicht...

ein Blick durch die Zidadelle von Bonifacio

ein Blick durch die Zidadelle von Bonifacio

wiederum ohne Worte...

© H & M, 2009
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Die Reise
 
Worum geht's?:
2 Wochen Korsika. Eine Rundreise mit Auto und Zelt...
Details:
Aufbruch: 18.09.2009
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 05.10.2009
Reiseziele: Frankreich
Italien
Der Autor
 
H & M berichtet seit 16 Jahren auf umdiewelt.