Korsika-Rundreise im September
Tag 14: Fahrt nach Calvi
01. Oktober 2009
Wie die Zeit vergeht....
Diesen Satz haben wir heute in zweierlei Hinsicht "erlebt". Erstens, wie traurig, unser Urlaub neigt sich mit rasender Geschwindigkeit dem Ende entgegen. Zweitens ist unser eng gesteckter Fahrplan heute etwas durcheinander geraten, da wir die knapp 130 km zwischen unserem Campingplatz in Agone und dem von Calvi, der es letztlich gar nicht wurde, leicht unterschätzten.
Aber von vorn. Gegen Acht Uhr, was für Campingplatzverhältnisse recht normal ist, wurden wir durch das Gerumpel anderer Mitcamper langsam aus dem Schlaf gerüttelt und so begann der Tag verhältnismäßig gemächlich. Wir schenkten uns zwar das Frühstück, lediglich ein Cappuccino war Pflicht, aber wir wussten genau, dass es in Porto den "weltbesten" Bäcker gibt, zumindest was Chausson aux Pommes angeht. Die Erfahrung hatten wir gestern bereits gemacht. Die Fahrt bis Porto dauerte schon recht lang, was einfach an der Schönheit der Natur lag. Obwohl wir die Calanche nun schon fast zu jeder Tageszeit gesehen hatten, konnten wir nicht genug filmen und fotografieren. Und so verging Minute um Minute. Hinter Porto wurde es auch nicht viel besser, da nun die Straße durch den Gebirgszug der Scandola-Bucht begann. Diese Bucht, vielmehr Halbinsel, ist ein Naturreservat, das einmalig in Korsika ist und aufgrund seiner Artenvielfalt von Fauna und Flora auch internationalen Schutz genießt. Dieser Tatsache ist auch eine nette Randerscheinung geschuldet. Das in diesem Gebiet liegende Dorf Girolata, das erst in den `80ern an die "Stromversorgung" angeschlossen wurde und danach um eine Zugangsstraße kämpfte, liegt nach wie vor absolut unerreichbar in der Scandola-Bucht. Mittlerweile sollen wohl die weniger als 100 Einwohner sogar recht froh über ihre isolierte Lage sein, da sie somit eine Attraktion sind und ein erträgliches Geschäft mit den Tagestouristen machen, die per Boot kommen.
Wie gesagt, wir machten etwa eine Million Fotostopps und ließen uns dann nur eine größere Verschnaufpause auf der Passhöhe, um mit dem Blick auf die Halbinsel und auf Girolata unsere Apfeltaschen zu mampfen. Die Fahrt ging die nächsten Stunden zwar zwischenzeitlich weniger spektakulär weiter, was nicht bedeutet, dass es keine Kurven gab, ganz im Gegenteil. Und so kam dann auch der Punkt, wo ich kurzfristig einfach mal keinen Spass mehr daran fand, nun noch eine geschnippelte Kurve und noch eine und noch eine und noch eine und dann sofort die nächste... zu fahren. Letztlich blieb aber keine Wahl. Geradeaus wäre keine Lösung gewesen... Ca. 10 km vor Calvi durchquerten wir die sogannte "tote" Balagne, Balagne deserte. Darunter kann man sich einen bergig, hügelige Landschaft vorstellen, die zu 100% verlassen ist, abgesehen von einigen wenigen "Verrückten" wie uns, die das kontrollieren müssen. Die Natur hat wohl auch keine größere Lust gehabt sich eine Vegetation zuzulegen und so gibt es den üblichen Mix aus spärlichem Graswuchs, etwas Maccia und hier und da eine Kaktusfeige am Baum hängend. Selbst die enormen Steinblöcke der Gegend konnten sich scheinbar nicht entscheiden, was sie lieber sein wollten. Zur Auswahl standen schroffe Klippen, gepaart mit wie von Menschenhand aufgetürmten Felsen oder wild und ohne System herumliegenden Steinen. Das Gefühl, durch diese Gegend zu fahren, ist seltsam. Einerseits irgendwie todlangweilig, weil ja letztlich nix los ist, andererseits fasziniert auch gerade diese absolute Einöde und Gottverlassenheit, vor dem Hintergrund, dass keine 5 km entfernt eine der Touristenhochburgen Korsikas liegt. Und genauso kam es dann auch. Eine Kurvenbiegung um eine letzte Klippe und Pflopp, da war Calvi. Wie aus dem Nichts steht hier eine moderne Stadt, die zumindest in der Nebensaison keineswegs überlaufen ist und eine nette Zitadelle, einen anmutig kleinen Hafen mit langem daran anschließenden Strand und eine gepflegte Innenstadt bietet. Zu unserer freudigen Überraschung trug gleich als Erstes der Blickfang im Hafen bei. Da lag nämlich, die uns aus Bonifacio noch sehr in Erinnerung gebliebene "Wellenreiter", jenes Wahnsinns-Segelboot, das uns schon wieder in seinen Bann zog. Calvi beherbergt neben vielen Touristen auch eine 1.200 Mann starke Truppe der Fremdenlegion, die sich Frankreich bekanntlich noch immer als private international besetzte "Söldnerarmee" hält. Von diesen Spezialeinheiten haben wir einige gesehen, da sie mit ihren 1mm Kurzhaarschnitten und Tarnanzügen verhältnismäßig unübersehbar sind.
In einem Supermarkt von Calvi erstanden wir dann endlich auch den ewig gesuchten Aperitiv, in Form von Napoleons Silhouette. Teuer, aber macht optisch und geschmacklich was her.
Blöderweise fing es in Calvi kurz aber heftig an zu regnen und wir waren irgendwie aufgeschmissen. Unser Zeitplan hatte keinen Platz für derlei Wetterchen. Also haben wir das Donnern und Regnen kurzerhand ignoriert, daraufhin wurde es wieder besser, und wir sind weitergefahren. Im Nassen wollten wir noch nicht unser Zelt aufschlagen und es war ja auch erst 15 Uhr. Also führte uns unsere Tour noch zu einer kleinen pisanischen Kirche inmitten eines Friedhofes, der letztlich interessanter war als, die Kirche selbst.
Wir hatten noch immer viel zu viel Zeit als das mittlerweile wieder schöne Wetter auf einem Campingplatz zu verdatteln. An Hinweisen für Sehenswertes haben wir genügend Bücher dabei. Die Entscheidung fiel auf eine kleine Wanderung von 1h, die direkt gegenüber des Campingplatzes Panoramique bei Lumio, also hinter Calvi, begann, der leider schon geschlossen war Die Wanderung verlief unproblematisch, die Aussicht wurde aber immer besser und am Ziel einer Klosterruine angelangt waren die drückende Hitze und die fehlenden Wanderschuhe wieder vergessen. Keine Ahnung warum, aber dieser Ruine ist kaum irgendwo beschrieben und daher kaum frequentiert - zum Glück. Man kann sich die schon stark beschädigten Gebäude wie ein ehemaliges kleines Dorf vorstellen, das aber doch gut genug erhalten ist, um sich eigentlich jedes Haus noch vorstellen zu können. Einzig die Kirche auf dem "Dorfplatz" war scheinbar völlig in Takt und ohne Makel. Hier konnten wir uns kaum trennen und schossen zig Fotos und ich filmte jede Menge. Doch die Zeit drängte nun doch ein wenig, wir benötigten noch ein Quartier für die Nacht und der Tank neigte sich auch dem Ende.
In einen Örtchen ca. 5km vor L'Ile Rousse entfernt, Algajola, campierten wir nun doch auf dem noch einzig offenen Zeltplatz in der Gegend. Ein Mann, dessen Gebiss nur noch aus einem, dafür umso gepflegteren Zahn bestand, empfing uns recht freundlich. Die etwas schiefe Aussprache, war gerade noch verständlich. Ist doch auch eigenltich immer dasselbe Spiel: Ausweis abgeben, Plätzchen suchen, Zelt aufbauen. Wir suchten uns erneut den schicksten Platz, erwarten allerdings nicht zuviel von der Nacht. Links geht ne Hauptstraße vorbei und rechts ein Bahngleis, deren Bahn jedoch nur äußerst selten unterwegs ist. Immerhin befindet sich hinter den Schienen dann der campingeigne Badestrand. Die Sanitärbereiche sind allerdings nur auf 2 Sterne Niveau und ganz stark renovierungsbedürftig, aber für eine Nacht geht das schon mal.
Das Zelt war wieder schnell bewohnbar. Hendi sollte filmen, leider vergaß sie im Eifer des Gefechts die Record-Taste zu drücken, plapperte aber trotzdem fleißig mit den potenziellen Zuschauern... so dass der besonders gut gelungene Aufbau des Wurfzeltes erstmal umsonst war. Vielleicht klappts ja morgen mit der Filmerei Wir waren immer noch nicht ganz geschafft, so dass wir entschieden noch schnell nach L'Ile Rousse zu fahren und das Städtchen zu besichtigen, frei nach dem Motto, was Du heute kannst besorgen, dass verschiebe nicht auf morgen! Wir spazierten die Hafenpromenade vom Place de Paoli (oder ähnlich), vorbei am Fährhafen bis vor zum alten Pisanerturm, der es Hendi fototechnisch mächtig angetan hatte. Unterwegs machten wir Stopp und genossen eine Partie Boule mit wirklichen korsischen Originalen, die dieses Spiel äußerst ernst, aber mit viel Tamtam und auch Humor nahmen, so dass allein schon das Zusehen Spaß machte und wir einfach mitfiebern mussten.
Einen filmreifen Sonnenuntergang erlebten wir gegen 19:30 Uhr auf Höhe des Leuchtturmes, der auf einer vorgelagerten Insel im Hafenbecken von L'Ile Rousse liegt, die durch einen Damm mit dem Festland verbunden ist.
Zurück am Campingplatz mussten wir uns zunächst einer wilden Attacke von seltsam großen Flugkäfern erwehren. Dummerweise scheint auch die Tierwelt ihre Tollpatsche zu haben. Und so verbrannte sich einer dieser Käfer mehr als nur die Füße in unserer Kerze. Diese Lehre schien gesessen zu haben, denn fortan wart kein Käfer mehr gesichtet. Das Abendbrot war wiederum "zu" reichlich und nun wälzen wir uns von einer Seite zur anderen, weil uns die Bäuche weh tun.
Warum schmeckt das alles auch nur so verdammt gut?
Morgen ist dann auch schon der letzte richtige Tag auf Korsika Dann geht's noch einmal rund und zwar im wahrsten Sinne des Wortes durch die Balagne bis zu unserem Ursprungscampingplatz in Marina de la Pietracorbara.
Gute Nacht aus Korsika
H & M
Aufbruch: | 18.09.2009 |
Dauer: | 3 Wochen |
Heimkehr: | 05.10.2009 |
Italien