In Rente - aber nicht aufs Sofa
Ein Tag in der Kandal Provinz
Gester fuhren Peter und ich mit drei Mitarbeitern unserer NGO in die Kandal Provinz, um die beiden Doerfer Ampou Prey und Svay Prey zu besuchen.
Bevor es losging, wurde der Pickup mit allen moeglichen Dingen vollgeladen: Reissaecken, Unmengen von Kuerbissen, Wasserbehaelter, Gewuerze ...
Diese Dinge dienen zur Zubereitung fuer eine warme Malzeit taeglich fuer die Kindergartenkinder, von denen viele zuhause keine vernuenftige Malzeit bekommen koennen, weil ihre Eltern zu arm sind.
Ein weiterer Anlass war der Besuch verschiedener Familien in diesem Gebiet, die Kinder haben, die Sponsoren brauchen, um weiter auf die Schule gehen zu koennen.
Dieser Junge ist ein Waise, der bei seinen alten Grosseltern lebt. In seiner Huette lebten 8 - 10 Menschen.
Das Problem ist oft ein finanzielles, manchmal muss aber auch den Eltern, die nie eine Schulbildung bekommen haben, klar gemacht werden, wie wichtig diese heute ist. Man muss sie ueberzeugen, die Kinder nicht auf die Reisfelder zum Arbeiten zu schicken, waehrend sie eigentlich in der Schule sein muessten.
Die grossen Schueler erhalten auch Training am PC. er dient aber mehr als Schreibmaschine, da es auf den Doerfern noch kein Internet gibt. Aber man kann sich ja schon mal auf die Zukunft vorbereiten.
Der Weg zu den Doerfern dauerte rund eine Stunde und nachdem wir von der Hauptstrasse abgebogen waren, wurde wieder schnell klar, warum man dorthin nur mit Vierradantrieb gelangen kann. Es gibt keine Strassen mehr, nur festgestampfte Wege, die so holperig sind, dass ich meiner Huefte vorsichtshalber schon morgens eine Schmerztablette genehmigt hatte. Die Wege sind teilweise auch so schmal und liegen nah an Baechen und Kanaelen, dass man sehr viel Fahrgeschick braucht, um ueberhaupt zu den Haeusern zu gelangen.
Dir Familien, die wir besuchten, waren sehr unterschiedlich. Die ausgesuchten Kinder waren zum Teil Waisen, die mit irgendwelchen Verwandten leben, teilweise Kinder aus dem Lake 94 Gebiet, ueber das ich noch extra berichten werde, die getrennt von ihren Eltern bei Grosseltern oder anderen Familienmitgliedern untergekommen sind.
Wenn es nicht mal zum Noetigsten reicht, wird Schulbildung nicht mehr wichtig genommen. Dann geht es nur noch ums Ueberleben.
Die Armut, die uns begegnete, war oft sehr bedrueckend. Bei einer Familie, deren Junge ein Waisenkind war, dass jetzt bei den alten Grosseltern und einem Okel mit Familie lebte, war gerade Mittagszeit und die Mutter begann waehrend des Besuches das vorbereitete Mittagessen zuzubereiten. Die Familie lebt mit 8 Personen zusammen in einer baufaelligen Bambushuette und zum Mittagessen gab es 5 abgezogene Ratten, die gegrillt wurden.
In einer anderen Familie wurde das Maedchen von der NGO Mitarbeiterin gefragt, warum sie denn so haeufig zu spaet zum Unterricht erscheine. Erst sagte sie gar nichts, dann fuellten sich ihre Augen mit Traenen und sie fing bitterlich an zu weinen. Schliesslich stammelte sie, dass ihre Familie kein Geld fuer ein Fahrrad habe und der Weg bis zur Schule so weit sei, dass sie es nicht immer rechtzeitig schaffe. Wir werden ihr vor dem naechsten Besuch ein gebrauchtes Rad in Phnom Penh kaufen und schenken.
Von einer anderen Familie, deren Mitglieder alle bis auf das juengste Maedchen Aids haben, wurden wir herzlichst begruesst. Sie bekommen die notwendigen Medikamente gesponsert.
Bei der Gelegenheit konnten wir nochmals die Huette besichtigen, die wir im letzten Jahr einer Frau mit 2 kleinen Kindern gesponsert hatten. Ein Sturm hatte ihr zuhause zerstoert, ihr Mann hatte sie wegen einer anderen verlassen, was hier immer mit absoluter Armut einhergeht, weil es gleichzeitig den Verlust des Ernaehrers bedeutet. Sie war damals voller Dankbarkeit, weil sie sonst mit den Kindern auf der Strasse haette schlafen muessen.
Gegen 5 Uhr machten wir uns auf den Rueckweg und kamen in den Stau der Staus. Vorwaerts ging es millimeterweise. Langweilig war es aber trotzdem nicht, weil man mal wieder fassungslos bestaunen durfte, was sich alles so auf Kambodschas Strassen bewegt.
Unsere Polizei + unsere Gesetze = so viel Geld an einem Tag, dass sie das ganze Jahr nicht mehr arbeiten braeuchten.
Um diese Zeit schliessen die Bekleidungsfabriken und die Arbeiterinnen sind oft junge Maedchen aus den Doerfern, die abends nach Hause geschafft werden. Sie stehen mit 100 Maedchen eng an eng auf den Ladeflaechen kleiner Trucks. Umfallen kann niemand. In Deutschland duerfte man noch nicht einmal Vieh auf diese Art transportieren.
Vollgeladene VW Busse verlassen Phnom Penh. Auf den Daechern sitzen oft noch 10 oder mehr Kinder und Erwachsene. Man stelle sich lieber nicht vor, was passieren wuerde, wenn der Fahrer heftig bremsen muesste.
Mopeds, an die 20 lebende Enten, Gaense oder Huehner gebunden sind fahren nach Phnom Penh, nur damit unsereiner am naechsten Tag wieder frisches Fleisch hat.
Es war jedenfalls ein rundum interessanter Tag, der einen wieder bescheiden werden laesst.
Egal, ob wir unsere Kinder richtig erzogen haben oder sie frustriert haben. Sie hatten jedenfalls ein zuhause, genug zu essen, die Chance auf Bildung, Eltern, die sich gekuemmert und sie geliebt haben und eine gewisse Sicherheit in ihrem Leben. Wir sollten alle sehr dankbar sein.
Aufbruch: | Dezember 2009 |
Dauer: | circa 13 Wochen |
Heimkehr: | März 2010 |
Thailand