Frankreich 2010 - Loire, Indre, Vienne, Loir, Cher

Reisezeit: September / Oktober 2010  |  von Uschi Agboka

Angers

Plan des Chateau in Angers

Plan des Chateau in Angers

Wehrtürme des Chateau Angers - weißer Tuffstein und schwarzer Schiefer - davor die schönen Gärten im Schlossgraben.

Wehrtürme des Chateau Angers - weißer Tuffstein und schwarzer Schiefer - davor die schönen Gärten im Schlossgraben.

Chateau Angers mit Wehrtürmen (insgesamt 17 Türme!), die zwischen 30 und 50 m hoch sind.

Chateau Angers mit Wehrtürmen (insgesamt 17 Türme!), die zwischen 30 und 50 m hoch sind.

23. Tag - Angers

Sonntag, 10.10.2010 23. Tag Chinon

Das Wetter erscheint uns heute merkwürdig. Die Sonne kommt nicht richtig durch die Wolken. Trotzdem fahren wir um 10 Uhr, nach dem Frühstück wie immer mit Bernie, Richtung Angers. Überall auf den Feldern spazieren Jäger umher, meist schwer beladen mit verschiedenen Gewehren. Die kleinen Söhne, die sie begleiten, tragen hell-leuchtende Warnwesten, wohl damit sie nicht versehentlich erschossen werden! Gegen 12 Uhr erreichen wir Angers und parken gleich am Chateau. Der Eintritt kostet uns beide nichts, da Rolf seinen Schwerbehinderten-Ausweis vorzeigt.

Angers
liegt am Fluss Maine, in der Nähe von Zusammenfluss von Maine und Loire und war die Hauptstadt von Anjou. Die Gegend von Angers ist seit der Steinzeit besiedelt. Man fand ein monumentales Hügelgrab. Seit etwa dem 5. Jh. v. Chr. siedelten die keltischen Andes hier, nach denen das Anjou benannt ist. Sie errichteten eine frühstädtische Siedlung, die nach der Eroberung Galliens durch die Römer nach 50 v. Chr. Juliomagus (Marktplatz des Julius Caesar) benannt und zum Verwaltungszentrum wurde. Bei Ausgrabungen wurden die Thermen der Stadt und andere Gebäude aus der Römerzeit freigelegt. 372 wurde Angers erstmals als Bistum erwähnt. 851 erhielt die Stadt eine Burg, die allerdings die Angriffe der Normannen nicht ver-hindern konnte. Um 929 nimmt Fulko den Titel eines Grafen von Anjou an. Angers wird Sitz der Grafschaft seines Herrscherhauses, das in der französischen Geschichte eine bedeutende Rolle spielte. Die Universität Angers wurde 1356 gegründet. 1373-1382 entstand der "Wandteppich der Apokalypse". 1598 bereitete Heinrich IV in Angers das Friedensedikt vor, das in Nantes unterzeichnet wurde. Im Jahr 2005 kam die Stadt in die Schlagzeilen als dort der größte Kinderschänderprozess in der Justizgeschichte stattfand. Angeklagt waren 66 Erwachsene, die sich an 45 eigenen und fremden Kindern auf brutalste Art vergangen haben und ein Geschäft aus Prostitution betrieben. Dieser Fall schockierte ganz Europa.

Château du Roi René
Das Schloss Angers findet seinen Ursprung im 11. Jahrhundert, als die Grafen von Anjou ihr Palais an dieser Stelle errichteten. In den Jahren 1232-1242 erfolgte der Bau des Schlosses durch Blanka von Kastilien und Ludwig IX.. Es war Teil der Stadtmauer. Nach außen imponiert die Feste durch die Wucht ihrer 17 Türme und ihrer Wehrmauer. Die Türme sind 30 Meter hoch und auf drei oder vier Etagen mit Schießscharten bestückt. Eine architektonische Besonderheit sind die Baumaterialien: Tuffstein (weiß) und Schiefer (schwarz). Im Inneren überrascht das Schloss durch elegante Gebäude und Gartenanlagen. Die Festung nimmt ein Areal von über 20.000 m² ein. In der Kapelle und auch im Mühlenturm wurden zeitweise mehr als 600 englische Matrosen inhaftiert. Pascal di Pari hat ihnen im Mühlenturm, unter Einbezug der in die Wand geritzten Worte, dort ein sehr nachdenklich machendes Denkmal gesetzt.

Wandbehang der Apokalypse
Ein eigens zu diesem Zweck errichtetes Gebäude enthält den ältesten und berühmtesten erhaltenen Wandbehang. Die Bilder sind eine genaue Auslegung der Offenbarung des Johannes, des letzen Buches im Neuen Testament. Über die Darstellung der Apokalypse hinaus gibt das Werk wertvolle Aufschlüsse über die soziale und politische Situation Ende des 14. Jahrhunderts, als noch immer der Hundertjährige Krieg wütete. Der Teppich wurde für Herzog Ludwig I. von Anjou angefertigt und 1382 fertig gestellt. König Rene stiftete ihn später der Kathedra-le. Während der Revolution wurden die Bildteppiche zerschnitten und die Domänenverwaltung verkaufte sie als wertloses Gut, u.a. als Pferdedecken. Der Bischof von Angers erwarb sie für 300 Francs und ließ sie instand setzen. Ursprünglich war der Wandteppich 168 m lang, 5 m hoch. Besonders beeindruckend sind die exakten Zeichnungen und deren dekorative Wirkung. Info-Tafeln helfen dem Beschauer, alles wirklich zu verstehen. Der instand gesetzte Teppich von 100 m Länge und 4,50 m Höhe ist auch heute noch eine Augenweide. Um das Kunstwerk vor dem Verfall zu schützen, ist der Raum verdunkelt und wird konstant auf einer bestimmten Temperatur gehalten.

Wir verbringen mehr als 2 anstrengende Stunden in der Anlage. Um auf den Wehrgang zu gelangen, muss man steile Stufen erklimmen. Rolf macht das nichts aus, aber mir. Von dort oben hat man einen atemberaubenden Blick über die Stadt, in die Landschaft, die Grünanlagen zu Füßen des Schlosses. Man findet hier oben auch einen mittelalterlichen Garten mit Lavendel, Margeriten, Stockrosen und Wein, wie ihn König Rene einst pflanzte. Ich setze mich hier auf die Mauer, genieße die Ruhe und schreibe. Rolf steigt unterdessen noch mehr steile Treppen hinauf, um von dort zu fotografieren. Später erstehe ich in dem Museumsladen noch ein schönes Shirt für Junis (Enkel) sowie einen Merlin für unsere Hexenecke Zuhause. Dann setzen wir uns zur Erholung in ein Cafe, trinken Kaffee und Rolf isst seine Meringe. Nun folgt ein Rundgang durch die historische Altstadt bis zur Kathedrale St-Maurice. Dieser schöne Bau stammt aus dem 12. und 13. Jh. Die Dachwölbungen decken das breiteste Kir-chenschiff der damaligen Zeit: 16,38 m. Auch im Innern der Kirche finden sich eindrucksvolle Werke: eine große Orgel, von Atlanten gestützt, eine mächtige Kanzel, der Hauptaltar unter einem auf Marmorsäulen ruhenden Baldachin aus vergoldetem Holz, wunderschön geschnitztes Chorgestühl und schöne Tapisserien, die die Wände schmücken. Wundervoll sind auch die Glasmalereien. Leider können wir uns den Kirchenschatz nicht ansehen, da er geschlossen ist. Es geht zurück durch die alten engen Gassen (Fußgängerzone) zum Motorrad. Wir fahren nun durch die Weinberge zurück an die Loire. Eine tolle Fahrt bis zu unserem Campingplatz, wo wir gegen 17 Uhr, nach 201 km, eintreffen. Schnell duschen und schon sitzen wir an der Vienne und genießen das herrliche Sommerwetter. Leider ist es sehr windig. Bernie kommt herüber zum Abendessen: Es gibt Kalbgeschnetzeltes mit Champignons, Salat, Baguette, Käse und natürlichen guten französischen Wein, den Rolf hervorragend ausgewählt hat, obwohl er selbst nur hin und wieder mal ein Glas trinkt. Meist bleibt er bei alkoholfreiem Bier. Da es heute so windig ist und auch bald kalt wird, verziehen wir uns in den Bus und schauen uns einen spannenden Film über die Kasachen an.

Wandteppich der Apokalypse

Wandteppich der Apokalypse

Blick von dem Wehrgang des Chateaus Angers auf den Fluss Maine.

Blick von dem Wehrgang des Chateaus Angers auf den Fluss Maine.

Auf unserem Rundgang durch die Altstadt von Angers besichtigen wir auch die Kathedrale St-Maurice.

Auf unserem Rundgang durch die Altstadt von Angers besichtigen wir auch die Kathedrale St-Maurice.

Die Glasmalereien in der Kathedrale St-Maurice sind wunderschön.

Die Glasmalereien in der Kathedrale St-Maurice sind wunderschön.

Von der Kathedrale St-Maurice in Angers führt eine Straße direkt hinunter zum Fluss Maine.

Von der Kathedrale St-Maurice in Angers führt eine Straße direkt hinunter zum Fluss Maine.

© Uschi Agboka, 2010
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Es handelt sich um eine 4-wöchige, kombinierte Campingbus- bzw. Motorradtour, um die Loire-Schlösser anzuschauen.
Details:
Aufbruch: 18.09.2010
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 16.10.2010
Reiseziele: Frankreich
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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