Westwärts
Neuseeland: Südinsel - Orcas & Orgs
Am 22. Februar um 12:51 fuhren wir gerade von Dunedin, einer hübschen Studentenstadt im Süden, der Küste entlang Richtung Christchurch. Das Wetter war zum ersten Mal richtig schlecht und der Wind lies unseren Campervan hin und herschaukeln. So bemerkten wir von dem Erdbeben, welches Neuseeland den schwärzesten Tag seiner Geschichte bescherte nicht viel. Im Radio erfuhren wir Minuten später von dem starken Nachbeben - eigentlich nichts Neues, tausende von Aftershocks haben Christchurch seit starken Erdbeben am 4. September 2010 heimgesucht. Doch bald war klar, dass dieses Nachbeben aufgrund seiner geringen Tiefe (nur 5km unter der Erdoberfläche) besonders starke Zerstörungskraft aufwies. Bald waren es die einzigen Nachrichten auf allen Radiosendern. Erst abends schauten wir mit anderen Mitcampern fassunglos die Bilder aus Christchurch an. Seit da gibt es hier kein anderes Thema mehr; egal wohin man kommt, mit wem man spricht, welchen Sender man hört oder welche Zeitung man liest. Es wird viel Zeit brauchen, bis in Christchurch wieder einigermassen normales Leben einkehren wird.
Da wir unseren Campervan in Christchurchs abgeben mussten und unser Flug erst 2 Tage später nach Melbourne abhob, waren wir gezwungen 2 Nächte in der Stadt zu verbringen. Mit viel Glück haben wir noch eine Cabin auf einem Campingplatz beim Flughafen gefunden - unser ursprünglich gebuchtes Hostel liegt nämlich in der Innenstadt. Die Gegend um den Flughafen wurde weitgehend von Schäden verschont. Trotzdem sahen wir bei einem kurzen Spaziergang in der Umgebung (Busse fahren keine - das Busdepot liegt auf der zerstörten Seite) eine Kirche, deren Turmspitz schön neben dem Gebäude liegt der Kirchenturm allerdings zerstört ist, oder riesige Trümmerhaufen, die nicht mehr erkennen lassen was vorher mal da gestanden hatte, und japanische Suchtrupps, die sich eine Pause gönnen. Noch immer gibt es mehrere Aftershocks am Tag, die auch uns durchschütteln lassen.
Auch wenn es nach diesem verherenden Erdbeben nicht leicht ist einen unbeschwerten Urlaub zu geniessen, haben wir trotzdem noch ein paar tolle Dinge in der wundervollen Umgebung von Mt. Cook und den Canterbury Plains unternommen. Und auch in den Wochen zuvor haben wir einiges erlebt:
Der Abel Tasman ganz im Norden der Südinsel ist mit seinen einsamen Stränden, dem sonnigen Wetter und schönen Wanderwegen direkt an Küste der beliebteste Nationalpark von NZ. Eine mehrtätige Wanderung bringt einem von Süden des Parks der Küste entlang bis ganz in den Norden. Auch wir haben eine Teilstrecke dieses Treks absolivert, wollten den Nationalpark aber vor allem vom Wasser aus entdecken. Das Kajaking war hierfür das ideale Mittel und scheint nebenbei ein neuseeländischer Nationalsportart zu sein. Praktisch jedes Auto hat ein Kajak auf dem Dach wenn Herr und Frau Neuseeland in den Sommerurlaub fahren. Weitere bei uns eher unbekannte Nationalsportarten sind übrigens Netball und Cricket und natürlich Rugby. Im Moment dreht sich eigentlich Alles um Letzteres, denn ab September wird hier die Rugby WM 2011 ausgerichtet.
Für uns ging es am ersten Tag mit einem Guide und am zweiten Tag ganz alleine mit einem Doppelkajak raus aufs smaragdgrüne Wasser. Natürlich wurden wir ausgiebig instruiert; schliesslich muss man für alle Evaluitäten gewappnet sein. Generell sind die Sicherheitsstandards in NZ bei allen Aktivitäten sehr hoch - einerseits ein gutes Gefühl, andererseits wurde uns dadurch nur bewusst, was es diesbezüglich für Unterschiede zu Südamerika gibt.... Und so mussten wir erstmal bei Trockenübungen zeigen, dass wir wissen, wie man paddelt und was zu tun ist wenn wir kentern. Als Andrea die Trockenübung des Kenterns nicht ernst genommen hat und die Bewegungen am Boden, der natürlich das "Wasser" darstellte, nur so angedeutet hat, brachte ihr das auch gleich einen Rüffel vom Guide ein, der bemerkte "der is only one man who can walk on the water"... Egal, irgendwann wurden wir dann auf's offene Meer gelassen. Im Eiltempo paddelten wir zu einer einsamen Insel, wo wir unserem Armen eine erste Pause gönnten. Gerade als wir weiter paddeln wollten tauchten zwei Orcas in nächster Nähe von uns auf. Einfach gigantisch - nur wir, diese riesigen Tiere und der grosse weite Ozean. Zunächst sahen wir nur den oberen Teil der Rückenflosse. Diese wurde in einer gleichmässigen halbrunden Bewegung immer grösser und ragte schliesslich gut einen Meter in die Höhe. Kurz bekammen wir den Rücken des Giganten zu sehen, bevor die Flosse gleichmässig wieder abtauchte. Erst als die Orcas in Richtung unseres Kajaks schwammen wurden wir etwas nervös - obwohl sich die Orcas nicht für Menschen interessieren, hätten sie uns locker zum kentern bringen könnten. Besonders Andrea war nicht so sicher, ob sie es dann jemals wieder zurück ins Kajak geschafft hätte... Ungefähr eine Stunde folgten wir den Orcas. Sie tauchten immer nur für ein paar Sekunden auf, verschwanden für mehrere Minuten, nur um dann an einem völlig anderen Ort wieder Luft zu holen. Berauscht von dem Gefühl, hier gerade etwas ganz besonderes gesehen zu haben, merkten wir gar nicht wie unsere Arme müde wurden. Irgendwann schwammen die Orcas dann aber immer weiter hinaus in den Malborough Sound und wir beschlossen umzukehren. Auf dem Rückweg konnten wir dann noch der Leibspeise der Killerwale - den Fur Seals - beim flirten zuschauen und gönnten uns dann auf einer einsamen, nur per Boot zu erreichenden Insel ein stärkendes Pick-Nic. Mal wieder hatten wir richtig Glück; Orcas sehen sie in dieser Region nämlich nur alle paar Monate.
Mit vereinten Kräften paddeln wir die Küste am Abel Tasman Nationalpark entlang
und umrunden den "weltberühmten" Split Apple Rock"
Nach diesem Naturspektakel stranden wir an einer einsamen Insel und verputzen die selbstgemachten, besten Sandwichs der Welt
Vom sonnigen Norden der Insel ging es an die nasskalte Westküste - in dieser Region, die gegen Osten an die Southern Alps und im Westen von der Küste grenzt regnet es an 3 von 4 Tagen. Innerhalb eines Tages tauschten wir Sonne gegen Regen und Strand gegen Gletscher. Trotz des miesen Wetters beschlossen wir eine Tour auf den Fox Glacier zu buchen. Und so ging es mit unserem Guide Graham, der uns viel über Geologie erzählte, mit Steigeisen ausgerüstet hinauf ins ewige Eis. Das war sehr beeindruckend - weil sich der Gletscher jeden Tag um fast 30cm bewegt - gibt ständig neue Eisformationen zu bewundern. Wir folgten Graham auf Schritt und Tritt hindurch durch Gletscherspalten und Höhlen. Mit vielen kleinen Horrorgeschichten, was alles passieren kann resp. schon alles passiert ist, wenn man seinen Pfad verlässt, stellte er sicher, dass ihm alle Schäfchen brav folgten.
Die Abbruchkante am Fox Glacier
Graham erläutert der interessierten Andrea die geologischen Besonderheiten Neuseelands
Andrea inmitten der tiefen Gletscherspalten
Gemäss Guide Graham sollen wir mit dem Eis nicht zimperlich sein und so stampfen wir mit den Steigeisen über den eisigen Grund
Ein Ice Arch bildet den wilkkommenen Rahmen für ein Abschiedsfoto vor dem Abstieg
Ein weiteres Mal näherten wir uns dem ewigen Eis bei Mount Cook, dem mit 3700 Meter (oder so...) höchsten Berg Ozeaniens. Da der Tasman Gletscher wie viele andere auch, in den letzten Jahren stark geschrumpft ist, hat sich an der Abbruchkante ein grosser See gebildet, der bis zu 200 Meter tief ist. Und wenn sich vorne an der Abbruchkante Eis löst, bleiben diese im nur ca. 2 Grad kalten Wasser als Eisberge zurück. Das Erdbeben zwei Tage zuvor hatte dazu geführt, dass viel Eis abbrach und so kamen wir bei einem weiteren Kajakabenteuer in den Genuss zwischen Eisbegen hindruchzupaddeln. Das war einfach gigantisch, im Hintergrund der Gletscher und die höchsten, schneebedeckten Berge Neuseelands und vorne tausende kleine und einige riesige - fast Hochhausgrosse Eisberge (wobei ja bekanntlich nur 10% sichtbar sind). Da wir als ziemliche Kajakanfänger auch mal dem einen oder anderen dieser Eisberge nicht ausweichen konnten, waren wir froh dass wir in unseren stabilen Kajaks und nicht in der Titanic sassen...
Andrea präsentiert einen der wenigen Momente mit Sicht auf Mt. Cook
Eisberg Kajaking auf dem Tasman Lake
Torsten am Ruder ist die treibende Kraft - ja so ein Kajak bietet nicht gerade imense Beinfreiheit, aber verglichen mit Flugzeugen ein Traum
Jeder Neuseelandreisende wird früher oder später mit dem Phänomen "Lord of the Rings" ,in Neuseeland nur noch LOTR, Bekanntschaft schliessen. Die Verfilmung der Fantasy-Trilogie durch den neuseeländischen Regisseur Peter Jackson dauerte mehrere Jahre. Alle drei Teile wurden parallel gefilmt, zahlreiche Schauplätzen im ganzen Land dienten als Kulisse der Phantasiewelt und jeder Neuseeländer ist in irgendeiner Form mit diesem Projekt verbunden. Kurzum, das Projekt wurde ein absoluter Welterfolg und gab der ohnehin wachsenden Tourismusbranche einen kräftigen Schub. An einigen der Originalschauplätze werden seitdem Touren angeboten und wir entschieden uns für die lokale Tour in Twizel, einem Ort in der Nähe von Mt. Cook.
Mit unserem Guide ging es in die Hügellandschaft hinter der Stadt. Auf dieser riesigen Fläche hat die LOTR Crew 30 Tage gedreht - für gerade mal 30 Sekunden im Film. Der Aufwand war riesig, die Crew umfasste ungefähr 700 Personen. Für einige Szenen mussten alle Leute von Twizel und Umgebung Orgs spielen - sogar die Armee half aus. So dass an einzelnen Tagen nochmals 600 Personen hinzu kamen. Da wir keine ausgewiesenen Kenner des Films sind, erkannten wir die hier gespielte Szene nicht und auch mit Hilfe von Bildern aus dem Film konnten wir nicht so richtig einordnen, was hier eigentlich gezeigt wurde. Das spielte aber auch bald keine Rolle mehr, denn der Entusiasmus unseres Guides sowie die zahlreichen Hintergrundgeschichten waren einfach fantastisch. Wir verbrachten zwei kurzweilige Stunden mit kurzen Filmsequenzen, Besuch der Originalschauplätzen sowie Nachstellen berühmter Szenen in entsprechender Kostümierung.
Obwohl das Ganze Projekt bereits vor fast zehn Jahren stattgefunden hat, so ist die Faszination und Begeisterung ungebrochen. Zudem ist derzeit eine weitere Verfilmung in Arbeit. Wie für LOTR wird auch bei "The Hobbits" wieder neuseelandweit nach Statisten gesucht. Der Guide, fasst so gross wie Torsten, jedoch gut 20 kg leichter, wusste dann auch zu berichten, dass derzeit wieder Elbs gesucht würden und Torsten und er hierfür die richtigen Masse hätten. Nun ja, spätestens bei der Kostümierung wäre der Filmcrew wohl aufgefallen, dass Torsten doch nicht die typische Elb-Statur hat. Aber als Elb in Frage zu kommen ist immer noch besser als Ähnlichkeit zu einem Hobbit (klein mit runden knubbeligem Gesicht). Die nämlich unterstellte unser Guide einer Dame der Gruppe - allerdings hatte er hdamit vollkommen recht
Wir spielen eine Szene aus dem Film nach ... Torsten sieht unter seiner Kapuze leider nicht, dass Andrea sich zwingen muss nicht zu lachen und es ihr schwefällt ernst zu kucken...
Wir posieren als Orgs
Neuseeland ist ein sehr landwirtschaftlich geprägtes Gebiet. Überspitzt könnte man meinen, dass Herrscharren von Touristen kreuz und quer in Campervans durchs Land sausen um sich Millionen von Schafen und Kühen auf satten grünen Wiesen anzuschauen und zwischendurch immer mal wieder die eine oder andere lokale Attraktion ausprobieren. Welch' grosse Rolle die Landwirtschaft spielt wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, dass Neuseeland ein Drittel des weltweiten Bedarfs an Milchprodukten erzeugt - EIN DRITTEL!!!
Der fruchtbare Boden und die zahlreichen Sonnenstunden haben neben der Milchwirtschaft auch den Weinanbau gefördert. Die Gelegenheit für uns, die in einem Weinkurs erworbenen Kenntnisse in der Praxis umzusetzen. Wir erkundeten das Weingebiet um Martinsborough im südlichen Teil der Nordinsel. Dieses Dorf ist bei Weinliebhabern sehr beliebt, da es angeblich das einzige in der südlichen Hemisphäre ist, in dem man von Weingut zu Weingut spazieren kann. Für uns die Gelegenheit, den Camper gegen Drahtesel einzutauschen, wobei wir leider feststellen mussten, dass Tandems nicht mehr verfügbar waren. Die zahlreichen Junggesellinnen Abschiede, denen wir an diesem Nachmittag begegneten, hatten sich bereits alle Tandems weit im Vorraus gesichert.
Kaum sassen wir auf den Rädern, so hatten wir auch schon das erste Weingut erreicht. Die Tasting Fee von 5 NZD erleichterte uns schnell von dem verpflichtenden Gefühl, wirklich etwas kaufen zu müssen, und so probierten wir uns einmal quer durch das lokale Weinangebot. Heiter schwangen wir uns nach dem Besuch des ersten Weinguts auf unsere Räder, um schon nach wenigen hundert Metern ein Weiteres vorzufinden. Bereits nach der zweiten Verkostung musste Andrea ihr Tempo auf dem Fahrrad deutlich verringern und da sie zudem zahlreiche extra Haken einschlug, dauerte es ganze fünf Minuten, bis wir freudig das nächste Weingut erreichten. So ging es den ganzen Nachmittag weiter, wir hatten viel Spass und waren froh, dass nicht zu viele Autos die Strasse waren, die uns fröhliche Velofahrer gefährdeten. Unsere Erkenntnisse des Tages waren:
1. Pinot Gris ist unser Favorit
2. Gut, dass wir kein Tandem hatten.
Andrea auf dem Fahrrad - noch klappt es mit dem Geradeausfahren einigermassen
Auf der Südinsel erlebten wir dann ein ganz spezielles Wine-Tasting. In Arrowtown trafen wir die beiden Poker-Kiwis Duncan und Hannah wieder. Zusammen hatten wir die Tage in der Salar de Uyuni in Bolivien verbracht. Auf dem Weingut Peregrine ist Duncan als Assistant Wine Maker für die Produktion verantwortlich. Zunächst besuchten wir den stilvollen Tastingroom und probierten mit anderen Besuchern die verschiedenen Sorten. Nach dem "offiziellen" Teil ging es anschliessend in die Produktion wo Duncan uns seine Arbeit erklärte und wir die Verkostung direkt an den grossen Stahltanks sowie einigen Eichenfässern fortsetzten. Highlight der Führung war schliesslich eine kleine Ecke im Lager, in der Duncan seine ersten eigenen sechs Fässer aufbewahrt. Auch hiervon durften wir probieren. Bald wird Duncan die Inhalte der Fässer mischen und nach weiteren Reifeprozessen ist sein erster eigener Wein dann Realität.
Reunion im Tasting Room. So ein Eichenfass kostet um die 2000 NZD - ohne Inhalt
Und als kleiner Junge ist TOBELIX mal in so ein Fass gefallen und seitdem ... ihr kennt die Geschichte. Im Hintergrund die erste Produktion von Duncan
Auf unserer Fahrt zu Duncan besuchten wir die Puzzling World in Wanaka - Die hatten da wirklich ein paar aussergewöhnliche Zimmer
Zum Abschluss geht es noch mal aufs Wasser ... Rafting
... es geht eigentlich nur darum im Boot zu bleiben
... Titanic?
Nach vier Wochen im Campervan lieferten wir diesen in Christchurch sicher aber etwas wehmütig ab. Dank dieses Gefährts waren wir flexibel und konnten unsere Reisepläne perfekt unseren Launen, der Wettervorhersage (die aber jeden einzelnen Tag so ziemlich daneben lag) oder coolen Aktivitäten anpassen. Nun geht es schon auf auf den Rückweg in die Schweiz - allerdings freuen wir uns noch auf ein paar kürzere und längere Stopp-Overs. Next: Australia!
Aufbruch: | 05.12.2010 |
Dauer: | 4 Monate |
Heimkehr: | 31.03.2011 |
Schweiz
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Bolivien
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Vanuatu
Australien
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