Fahrrad-Welt-Reise
Bolivien: 02 - Tocando el cielo más selva y polvo
Den Himmel berührend sowie Dschungel und Staub
(24.05.2006 bis 31.07.2006)
Seit nunmehr 3 Monaten sind unsere Räder in Santa Cruz in Pension. Fast schon wissen wir nicht mehr, wie es ist im Sattel zu sitzen und seine tägliche Ration an Kilometern zu erarbeiten. Nun, untätig sind wir in dieser Zeit nicht gewesen und fast das ganze Land haben wir indes bereist, doch langsam wir es Zeit sich wieder auf echte "Fahrradreise" zu begeben. In ein paar Tagen, so in den ersten Stunden des August wollen wir es endlich wieder wissen und werden uns auf die eingestaubten Sättel schwingen. Mal sehen, was unsere eingeschlafften Muskeln so dann von sich geben werden.
Nachdem wir uns von unserer Chiquitos Rundreise ein wenig in Santa Cruz ausgespannt hatten, sind wir dann am 02.06. mit dem Flieger nach Sucre aufgebrochen. Wir wollten die Teile des Landes, welche wir auf unserer anschließenden Weiterreise nicht mit dem Rad besuchen werden, so noch besichtigen. Hauptsächlich war diese Tour auch für Mun Suk gedacht, denn ich selbst hatte bereits vor 15 Jahren Bolivien ausgiebig bereits. Mir selbst fehlte jedoch auch noch ein kleiner Teil, nämlich der Salar de Uyuni, welcher diesmal auch auf dem Programm stand. Am Donnerstag den 02.06. wie gesagt sind wir diesmal sehr bequem, weil mit dem Flieger, in Sucre angekommen.
Kathedrale von Sucre
Die weise Perle, wie die Stadt auch genannt wird, hat uns erst mal das angenehme Klima genießen lassen. Frühlingshaftes Wetter und angenehme Temperaturen, gepaart mit herrlichem Sonnenschein. Viel Programm hatten wir uns für diese Stadt nicht vorgenommen. Lediglich am darauf folgenden Sonntag stand der standardmäßige Touristenausflug zum Indiomarkt nach Tarabuco, etwa 80 km von Sucre entfernt, auf dem Plan.
Dorfschönheiten in Tarabuco
Die letzten Wochen hatte ich schon in Santa Cruz nicht so viel Schlaf abbekommen, da hier in der Nachbarschaft ständig die ganze Nacht durch lautstark gefeiert worden ist und nun in Sucre quälte mich die zu weiche Schaumstoffmatratze im Hotel. Das für mich die Betten in 99,9% der fälle sowieso zu kurz sind, damit habe ich mich ja schon längst abgefunden. Die Beine hängen dann halt einfach unten raus. Aber dazu auch noch durchgebogen schlafen, dass ist dann doch zuviel des Guten. Also haben wir nach zwei Nächten das Lager gewechselt. Zum Glück aber hat die Stadt, zum Ausgleich, kulinarische Angebote welche die erlittenen Strapazen anderweitig ein wenig wieder ausbügeln. Am Samstag Abend sind wir so auf dem Weg zum Schweizer Restaurant, um Fondue zu essen. Da hören wir auf dem Weg zum Restaurant im Vorbeigehen aus einem Innhof schöne Folkloremusik drängen.
Folkloregruppe Los Masis
Heimlich lauschen wir am Tor ein wenig der Musik, denn wir sind der Auffassung, es handle sich um eine private Feier. Die Leute die im Innhof sitzen geben uns jedoch zu verstehen, dass wir gerne eintreten dürfen, was wir natürlich prompt annehmen. Erfreut genießen wir das Spektakel. In dem kleinen Innenhof macht eine Gruppe von über 20 Personen Musik und in einer Ecke steht eine "Virgen" (Heiligenfigur), welcher Opfergaben dargebracht werden. Auch uns werden Alkohol, Zigaretten und Cocablätter dargeboten.
Ziemlich spät verlassen wir diese Zeremonie und fast hätten wir nichts mehr zu Essen bekommen. Doch man ist hier mit der Zeit nicht ganz so genau wie in den einheimischen Gefilden, so dass wir nicht mit einem knurrenden Magen zu Bett gehen mussten. Unsere nächste Etappe war Potosí, die höchstgelegene Stadt in ihrer Größenordnung auf dieser Erde. Zum Glück hatten wir uns in Sucre (2.790 m) ein wenig schon an die Höhe akklimatisiert, doch Potosi toppte das Ganze nochmals um 1.300 Höhenmeter, was uns in den ersten Tagen dann doch ein paar Kopfschmerzen einbrachte und unterwegs jeden Schritt bergauf zu einem anstrengenden Akt machte.
El Cerro Rico
Die Minen im Cerro Rico, welche hier eine touristische Hauptattraktion darstellen, haben wir nicht besichtigt. Mun Suk konnte ich nicht für eine solche Tour begeistern (aufschlussreich sind diese aber allemal) und auch ich selbst wollte mir dies nicht noch einmal antun, denn vor 15 Jahren hatte ich eine solche Tour bereits schon einmal mitgemacht. Danach konnte ich eine Woche lang kaum ordentlich laufen, denn die Minen sind äußerst beengt in den Berg getrieben, was damals dazu geführt hatte, dass ich über 4 Stunden lang fast nur in der Hocke gelaufen bin und mir dementsprechend einen tierischen Muskelkater eingefangen hatte.
Wir hatten uns bereits unsere Weiterfahrtickets nach Uyuni gekauft, denn der Salar de Uyuni stand nun auf dem Programm, da erfahren wir, dass in zwei Tagen in La Paz ein großes Folklorefest stattfinden wird. La Paz ist aber von Potosí ne gute Ecke entfernt und den Salar wollen wir auf jeden Fall besuchen. Was also tun? Nun, wir haben uns gesagt, dass wir dafür nun mal auf Reisen sind, um solche Dinge wahrzunehmen und somit haben wir kurzer Hand die Tickets gewechselt und sind so am darauf folgenden Tag nach La Paz aufgebrochen. Die ganze Nacht sind wir durchgefahren und am Samstag den 10.06. um 05:00 Uhr in La Paz angekommen und um 07:00 Uhr ging bereits das Fest los, welches sich komplett durch die ganze Stadt zog.
El Gran Poder Festival in La Paz
El Gran Poder Festival in La Paz
El Gran Poder heißt das Fest, welches eines der größten und wichtigsten Festlichkeiten der Stadt darstellt. Den ganzen Tag lang bis in die tiefe Nacht hinein haben wir dem Treiben beigewohnt, um dann am übernächsten Tag wieder in den Bus zu steigen. Und um nicht gleich wieder 12 bis 13 Stunden im Bus zu sitzen haben wir erst mal einen Zwischenstopp in Oruro,
Viele Rechtsanwälte hat es dort
ca. 4 Stunden von La Paz entfernt und sowieso auf der Strecke Richtung Uyuni liegend, eingelegt. Von dort dann haben wir uns mit dem Zug in Richtung auf den weiteren Weg gemacht. Welch eine Wohltat! Endlich mal nicht so eingeengt, wie im Bus, sitzen und die Füße ausstrecken können. Leider gehören Zugverbindungen zur aussterbenden Gattung auf dem Lateinamerikanischen Kontinent und nur ein paar wenige Verbindungen haben bis in unser Zeitalter überlebt.
Uyuni als Stadt bietet kaum etwas. Dafür ist dieser Ort aber das "Gateway" zum Salar und demzufolge mit unzähligen Tourveranstalterbüros übersäht. Auch wir haben uns einem solchen Veranstalter, nach etlichen hin und her Suchen, anvertraut. Wir haben extra nicht den billigsten genommen, in der Hoffnung so ein zuverlässigeres Unternehmen gefunden zu haben, doch auf Tour war unser Auto dasjenige, was zuerst auf der Strecke liegen geblieben ist. Zum Glück war es aber keine tragische Sache und unser Fahrer hatte den Jeep nach einer halben Stunden wieder flott bekommen. Zu acht saßen wir in dem Toyota Landcruiser, sechs Touristen samt Fahrer und Köchin. Drei Tage hatten wir gebucht, um den Salar zu
Cementerio de los trenes (Zugfriedhof) bei Uyuni
Das Salzhotel auf dem Salar
Essenzubereitung á la Salar de Uyuni
befahren und die Laguna Colorado und Laguna Verde zu besuchen. Auch wenn das Ganze eine ziemlich harte und extreme Tour war, etliche hundert Kilometern mussten eingepfercht in dem Jeep durch unwegsames Gelände absolviert werden und die Nächte waren bitterkalt (ca. -18°C.), doch gelohnt hat sich dieser Ausflug auf jeden Fall. In Worten kann man diese Landschaft kaum beschreiben, weswegen ich auch erst gar den Versuch dazu unternehmen will. Auch die Fotos, welche ihr hier sehen könnt, geben leider nur einen Teil wieder, was diese Landschaft ausmacht. Somit einfach gesagt: atemberaubend schön.
Árbol de piedra (Steinbaum)
Laguna Colorado
Gut durchgefroren sind wir am 17.06. wieder in Uyuni zurück angekommen und am darauf folgenden Tag mit dem Bus nach Sucre, zum Rückweg nach Santa Cruz, aufgebrochen. Hier bei der Abfahrt in Uyuni passierte es dann, wovor man überall gewarnt wird: wir wurden um unsere Videokamera erleichtert. Von anderen hörte man das schon allzu oft, doch selbst hatte man das Gefühl, dass so etwas einem selbst nicht passieren kann. Und dann einen Augenblick der Unachtsamkeit nur und weg ist das Gute Stück. Alle Maßnahmen, die Kamera wieder aufzutreiben, wie z.B. eine Durchsuchung des Busses oder Anzeige bei der Polizei, haben natürlich nichts gebracht. Ce la vie, weg ist weg.
Am 22.06. waren wir wieder zurück in Santa Cruz. Die Fahrräder ruhten weiter in ihrem Gemach und die nächsten Tage sollten sie auch daran nichts ändern. Über drei Wochen verbrachten wir so in unserem Domizil und konnten endlich unsere von der Tour stark verschmutzte Wäsche mal wieder wachsen. Beide hatten wir aber gut zu tun, Mun Suk mit Berichte schreiben für ihren Blog und Vorbereitungen für ihr nächstes Buch und ich mit dem Aufbau einer neugestalteten Webseite. Da wir aber bereits fast 3 Monate im Land waren, mussten wir uns auch um unser Touristenvisum kümmern, um nicht illegal im Land sich aufzuhalten. Leider ist es aber in Bolivien kaum möglich im Land selber dieses Visum verlängern zu lassen, so dass der einzige Ausweg die Ausreise mit anschließender Wiedereinreise ist. Somit stand als nächstes unsere Rundreise durch den Beni (Department im Norden des Landes) auf dem Programm.
Der Beni ist neben Santa Cruz das zweitgrößte Department in Bolivien und besteht hauptsächlich aus subtropischem Tiefland, welches von vielen großen Flüssen durchzogen ist. Ursprünglich wollten wir von Trinidad aus, welches wir zuvor am 12.07. mit dem Bus von Santa Cruz aus erreicht hatten, mit dem Schiff nach Guayaramerim aufbrechen.
Frachtschiffe bei Trinidad
Ein Schiff war jedoch nicht aufzutreiben, denn eine feste Schiffsverbindung gibt es hier nicht und das nächste, welches Richtung Guayaramerim aufgebrochen wäre, wäre es in "voraussichtlich 4 bis 5 Tagen gestartet. Die Alternative bestand daher entweder über 30 Stunden mit dem Bus über staubige Pisten fahren, um dann auf gleicher Strecke wieder zurück zu kommen, oder mal wieder das Portemonnaie zu strapazieren und zu fliegen. Ihr ahnt es bestimmt schon, ja wir haben unser Portemonnaie ausgebeutet. Für uns führte auch kein Weg an Guayaramerim vorbei, denn dieser Ort war nun mal der Einzige "nahegelegene" Grenzort für uns. Den Rückweg haben dann aber, um nicht noch ein tieferes Loch in unser Budget zu reisen, dann doch mit dem Bus angetreten. Man glaubt gar wir staubig so ein subtropisch feuchtes Gebiet sein kann. Zuerst hatten wir von Guayaramerim nach nur 5 Stunden Busfahrt eine Zwischenstopp in Riberalta eingelegt , doch am darauf folgenden Tag saßen wir dann über 16 Stunden im Bus bis wir in Rurrenabaque ankamen. Wirklich, so viel Staub haben wir beide bestimmt zuvor in unserem ganzen Leben noch nicht geschluckt. Da weiß man doch was man an asphaltierten Strassen hat.
Rurrenabaque liegt herrlich gelegen, vor den Bergen und stellt das Tor zum Amazonischen Tiefland in Bolivien dar.
Beni Fluß bei Rurrenabaque
Gleich um die Ecke hat es zudem noch einen großen Naturpark (Madidi), welcher zu den biologisch Artenreichsten auf unserem Planeten zählt. So haben wir denn mit dem Boot eine Tagestour dorthinein unternommen und beim Parkeingang auch gleich mal Freundschaft mit einem Ameisenbär geschlossen.
Bekanntschaft mit einem Ameisenbär
Im Dschungel selbst, wir haben ihn anschließend ein wenig durchstreift, sieht man dann aber, außer Ameisen in Hülle und Fülle, kaum noch irgendwelche anderen Tiere. Es sei jedoch angemerkt, dass dies nicht an unseren schlechten Augen lag, nein, denn nach Auskunft unseres Guides gibt es in diesem Wald zwar eine unwahrscheinlich große Artenvielfalt nur halt nicht zu reichlich. Auf einer Dschungeltour ist sowieso Glück, durch den dichten Wald, überhaupt etwas zu erkennen bzw. zu sichten.
Madidi Nationalpark
Die Wahl des Rückweges nach Santa Cruz stand wieder einmal bevor. Entweder zurück über Trinidad oder hoch in die Berge, um anschließend von La Paz aus mit dem Bus herunter zu kommen. Auf Trinidad hatten wir beide keine so rechte Lust mehr, denn dort war es feucht und heiß. Also haben wir uns nach Caranavi und anschließend nach Coroico aus aufgemacht. Stetig ging es nun bergauf. Wieder einmal gut eingestaubt sind wir aus dem Bus ausgestiegen.
"Kleinere" Reparatur unterwegs an unserem Bus – die Blattfeder war gebrochen
Coroico ist mittlerweile ein sehr beliebter Ort bei Radtourenveranstaltern aus La Paz. Die werben damit, die gefährlichste Strasse der Welt zu befahren. Das Ganza kommt aber nicht von ungefähr, denn die Strecke von Coroico nach La Paz bzw. für die Radfahrer aus La Paz umgekehrt hat es auch in sich. Direkt am Hang klebend windet sie sich von 1700 m Höhe bis auf 4700 m Höhe hinauf. Am Straßenrand kann man oft etliche hundert bis tausend Meter tief direkt nach unten in den Abgrund sehen. Straßensicherung? Fehlanzeige, die Ganze Strecke bis kurz vor La Paz ist Schotter- und Staubpiste. An ganz uneinsichtlichen längeren Strecken gibt es dann aber Straßenposten, ausgestattet mit grünen und roten Fahnen. Man kann da dann nur hoffen, dass die sich mit den Farben nicht vertun.
In La Paz habe ich dann einen vollen Tag lang flach gelegen. Zu meinem Malheur muss ich mir unterwegs zuvor einen heftigen Bazillus eingefangen haben. In Coroico hatte ich schon etwas Halsschmerzen, doch in La Paz dann, mit der Höhe gepaart, hat es mich aus den Socken gehoben und auf die Matte gelegt. Zum Glück hat das Ganze sich am darauf folgenden Tag schon etwas gebessert, so dass wir unsere Rückreise mit dem Bus nach Santa Cruz doch antreten konnten.
Internationale Geldwechselstuben in La Paz
Nach 18 Stunden Nonstop-Fahrt sind wir wieder in Santa Cruz angekommen. Hier liegt nun Mun Suk flach. Auch sie konnte wohl dem Virus nicht wiederstehen.
Aufbruch: | 24.04.2005 |
Dauer: | 3 Jahre |
Heimkehr: | 14.08.2008 |
Südkorea
Argentinien
Chile
Bolivien
Peru
Ecuador
Kolumbien
Kenia