Fahrrad-Welt-Reise
Chile: 03-Vino y al camino por el cielo
(Wein und der Weg zum Himmel)
Der Abschied von Pelluhue ist uns nicht gerade leicht gefallen. Zu schnell hat man sich wieder an das müßige und bequeme Leben gewöhnt. Auch die Tage auf den Pferden waren eine schöne Abwechslung. Doch zum Glück wird irgendwann der Reisedrang wieder stark genug, um sich auch aus der gemütlichsten Umarmung zu lösen.
Abschiedsessen bei neu gewonnenen Freunden in Pelluhue
Abschiedsfoto in Pelluhue
Viele von Euch, die unsere Reiseberichte lesen, haben sich bestimmt schon des öfteren gefragt, wie wir uns durch fremde und unbekannte Gegenden fortbewegen. Das Ganze ist eigentlich gar nicht zu schwer. Denn zum einen haben wir Straßenkarten der jeweiligen Länder dabei und zum anderen holen wir oftmals vor Fahrtantritt Auskünfte über die anstehende Strecke bei "kundigen" Leuten ein. Die Straßenkarten, wenn auch mit dem Maßstab von ca. 1:4.000.000 nicht gerade sehr übersichtlich, geben uns doch zumindest eine Idee, wo es langgehen kann, doch die direkt eingeholten Auskünfte sind oftmals zweigeteilter Natur. Leider viel zu oft erhalten wir die Auskunft: prima Strecke, alles ganz eben - oder es geht nur bergab, alles ganz easy, oder so ähnlich. Man freut sich dann auf einen schönen, nicht ganz so anstrengenden Tag und dann, meisten schon nach der nächsten Kurve, sieht die Fahrradfahrer Welt dann doch ganz anders aus. Was denn für den Autofahrer eine kaum merkliche Bewegung mit dem rechten Fuß bedeutet, bedeutet dann für uns schweißtreibende Arbeit. Ja ich weiß, nach etwa 4 Monaten sollte man eigentlich diese Art von Aussage werten zu wissen. Doch leider gibt man sich immer wieder allzu leicht der Illusion hin und hofft halt insgeheim, dass diese zutreffen möge.
Auf dem Weg nach Constitución - kleines Fischerdorf
So auch diesmal, als wir uns von Pelluhue aus auf den Weg nach Constitución gemacht haben. Vorhergesagt waren eine flache und bequem zu befahrende Strecke. Doch schon die ersten Meter, außerhalb des Ortes, waren steilste Auf und Nieder und das Ganze im Dutzend. Zwischendrin gab es dann zum Glück eine mal nicht ganz so steile Strecke, doch kurz vor Constitución schraubte sich unaufhörlich Straße als weiter den Berg hinauf. Dazu kam dann an diesem Tag dann auch noch ein ordentlicher und reichlicher LKW-Verkehr und weil's halt nun mal auch dazu passt, gleich noch einen Speichenbruch und zwei Platzfüße.
Reparatur unterwegs
Das Ganze führte dann noch dazu, dass wir mit einsetzender Dunkelheit in einen fremden Ort einfuhren. Ein Umstand, den wir normaler Weise aufs tunlichste vermeiden wollen. Denn der Verkehr, welcher am Tag schon teilweise gefährlich genug ist, wird in der Dunkelheit nicht gerade sicherer. Am Abend waren denn auch die durch die Erholung in Pelluhue gewonnen Reserven somit gleich wieder aufgebraucht.
In Constitución haben wir dann auch einen Zusatztag eingelegt. Dieser hatte sich denn auch gelohnt, denn die Stadt war ganz nett anzuschauen, mit ein paar ganz netten, alten Kolonialhäusern und einem sehr schönen Küstenstreifen.
Küstenstreifen von Constitución
Küstenstreifen von Constitución
Umgeben von Bergen und nur über eine steile Bergstraße zu erreichen. Hatten wir diese Straße zwei Tage zuvor, mit einsetzender Dämmerung in rasanter Bergabfahrt genommen, so durften wir nun beim verlassen des Ortes diese Strecke gleich wieder bergauf nehmen. Was uns aber auf dieser Strecke zumindest erspart blieb, war das Auf und Nieder von der Strecke zuvor und so ging es denn auch kontinuierlich weiter bergauf. Das Ganze macht dann auch Spaß, denn man hat zum Schluss, oder zumindest an der höchsten Stelle, etwas erreicht und danach geht es dann fast ausschließlich, sozusagen als Belohnung, auf einer längeren Strecke bergab.
Da die Strecke nach Talca insgesamt für einen Tag für uns zu lang war, haben wir mittendrin, in einer Landstraßengaststätte, nach einer Unterkunft gefragt. Zuerst wurde uns von der Bedienung mitgeteilt, dass es dort keine Möglichkeit zum übernachten für uns gäbe. Ich spürte jedoch, dass das nur die halbe Wahrheit war und weil wir, mehr oder weniger, auf eine Übernachtungsmöglichkeit angewiesen waren, denn nach Auskunft gab es auf den nächsten 50 Kilometern keine weitere Übernachtungsmöglichkeit, hakte ich bei der Besitzerin nach. Im Gespräch mit der Besitzerin merkte ich, dass wir wohl die ersten Ausländer dort waren, die nach eine Übernachtungsmöglichkeit dort nachgefragt hatten, denn die Frau meinte, dass wohl das Zimmer nicht unseren Ansprüchen genügen dürfte. Als wir uns dann aber das Zimmer angeschaut hatten, es war bei leibe nicht schlechte als manch andere Übernachtungsmöglichkeit, die wir unterwegs schon hatten, war diese Hürde genommen. Wir schliefen diese Nacht, auf dem Lande, dann auch ganz gut und am Morgen gab es frisch gebackene Brötchen, aus dem Hausofen.
unsere frischen Brötchen werden in den Backofen geschoben
nicht alle Chilenen sind groß und manche Häuser können extrem klein sein
In Pelluhue hatten wir zuvor ein etwas älteres chilenisches Ehepaar kennen gelernt, welche direkt an der Panamericana nach Curicó wohnt.
Jennifer und Jaime in Pelluhue
Wir wurden von ihnen eingeladen sie zu besuchen, was für uns die erste Erfahrung dieser Art auf und unserer Tour war. Wir wussten daher nicht so recht, ob wir der Einladung nachkommen sollten oder nicht. Da wir aber den Kontakt mit Einheimischen mögen sind wir dann der Einladung nachgekommen. Jennifer Jackson und Jaime hießen die beiden, die uns herzlich willkommen hießen. Schlafen durften wir in den Betten ihrer Kinder, welche selbst alle schon groß sind, zwischen 25 und 35 Jahren und in Santiago leben. Als Gegenleistung haben wir dann zumindest einen Abend für die beiden gekocht und ihnen, anhand des von uns mitgeführten Notebooks, Bilder von unserer Reise gezeigt.
zu Hause bei Jennifer und Jaime
der Stadtfotograf, auf der Plaza in Curicó
Nachdem wir uns von Jennifer und Jaime verabschiedet hatten, ging es mal wieder ein kurzes Stück auf der Autobahn weiter, um dann aber auch gleich wieder nach ein paar Kilometern davon abzubiegen. Mittlerweile waren wir in dem Haupt Weinanbaugebiet von Chile angelangt und so ging es denn auch herrlich an Weinplantagen vorbei, durch eine herrliche Landschaft. Der Frühling war nun voll im Gange und alles roch in der Gegend herrlich, mal abgesehen von ein paar Lastern, die wohl von der Küste her kamen und Guano geladen hatten. Für diejenigen, für welche Guano kein Begriff ist: Guano ist, soweit ich es weis, der beste Dünger auf Erden und wird aus Vogelschei.... hergestellt. Dementsprechend tierisch stinkt denn auch das Ganze. Aber wie gesagt, zum Glück waren es nur wenige Laster und der Rest der Landschaft roch dafür umso besser.
an Weinbergen vorbei
Und etwas was wir uns nicht zu glauben getraut hatten, tauchte plötzlich auf. Fahrradwege. Wer hier in Südamerika unterwegs ist glaubt in seinen kühnsten Träumen nicht daran, so etwas hier zu finden. Doch zumindest für ein paar Meter unseres Weges hatten wir das Glück auf solchen zu fahren. Uns wurde anschließend erläutert, dass die Leute, welche im Weinanbau arbeiten, meistens mit dem Rad zu Arbeit fahren und weil es halt in dieser Gegend nicht so wenige davon gibt, gibt es auch das Phänomen eines Radweges. Dazu muss man aber auch sagen, dass die Gegend so gut wie ausschließlich flach ist.
und es gibt sie wirklich - Fahrradwege in Chile
Auf der weiteren Strecke sind wir an Orten wie: San Vincente de Tagua Tagua, El Manzano, San Antonio,
Hafenblick am Abend in San Antonio
Isla Negra (dort gibt es ein Haus mit Park von Pablo Neruda) vorbeigekommen. In manchen haben wir auch Rast gemacht und auch mal wieder gezeltet. Unser Weg führte uns auf dieser Strecke nach Valparaiso. Irgendwie hat dieser Name etwas mystisches für mich, etwas was ich nicht so genau beschreiben kann. Vielleicht liegt es nur an dem schönen Namen und vielleicht auch daran, das ich wohl mal einen Kinofilm gesehen habe, in dessen Titel dieser Ortsname vorkam, oder war es vielleicht ein Fernsehfilm aus Kindertagen, mit dem Seeräuber Sir Francis Drake, welcher dort eingefallen ist. Die Erwartungen auf diesen Ort waren bei mir also, so oder so, groß.
Pelikane vor dem Fischmarkt
Schon allein die Abfahrt nach Valparaiso, sieht man mal davon ab, dass diese über eine zwei- bis vierspurige Autobahn erfolgt, war fantastisch. Dann kommt man, plötzlich aus den Bergen heraus, in einen Trubel von Stadt. Blickt man dann um sich, sieht man, dass diese Stadt anders ist, als alle anderen Lateinamerikanischen Städte. Nur einen schmalen, flachen und bebauten Küstenbereich gibt es. Danach schmiegt sich die Stadt an den 45 steilen Hügeln hoch, wild bewachsen. Zu erreichen nur über Treppen oder wenige, sehr, sehr steile Straßen.
Dornensträucher am Wegesrand - was hätte wohl Dornröschen zu diesen Dingern gesagt?
Von daher ist es schon logisch, dass diese Stadt dem sonst üblichen Schachbrettmuster nicht folgt und der Straßen- und Wegeverlauf kreuz und quer ist. Teile der Stadt, wie der Cero Alegre, stehen unter Unesco Denkmalschutz. Dort bildet sich z.Z. ein Künstler-, Gastronomieviertel aus. Herrlich alte Häuser werden wieder auf Vordermann gebracht, ordentlich saniert und herausgeputzt. Bewegt man sich zwar ein paar Meter davon ab, beginnen z.T. zwar schon die Armenviertel oder besser gesagt, die wild an den Hang geschusterten Hütten. Doch das gehört eigentlich zum eigentlichen Flair der Stadt hinzu und macht das Bild von Valparaiso nur komplett. Ihr merkt schon, diese Stadt hat mir unwahrscheinlich gut gefallen.
Valparaiso mit Blick von Cero Alegre
Valparaiso, wie es lebt und am Hügel klebt
ob dieses Auto wohl aus Bad Homburg kommt
Aufklärungsunterricht auf einer Plaza in Valparaiso
Blick auf Valparaiso
Von Valparaiso haben wir dann, auch nur mit dem Bus, einen Abstecher zur Hauptstadt Santiago gemacht. Den Trubel und Verkehr wollten wir uns per Rad nicht antun und das war auch gut so. Wie Großstädte nun mal sind, gibt es dort ausreichend Verkehr und sie sind halt riesig groß. Santiago hat aber auch seine schöne Seiten. So ist diese Stadt, am Rande der Anden, eingerahmt von hohen, schneebedeckten Bergen.
Blick auf einen kleinen Teil von Santiago
Ein paar alte, schöne Häuser hat es auch und natürlich viele Kirchen und Staatspaläste. Trotzdem waren wir froh, nach zwei Tagen Anstandsbesuch, wieder nach Valparaiso fahren zu können.
Doch auch hier mussten wir uns dann zwei Tage später wieder verabschieden, denn mittlerweile waren wir bereits über 2 ½ Monate im Land, was bedeutete, dass wir in ein paar Tagen das Land verlassen mussten. 3 Monate sind nun mal das Maximum, was einem Tourist an Aufenthaltsdauer eingeräumt wird. Zudem galt es noch einen sehr hohen Andenpass, mit über 3000 Metern Höhe, zu schaffen, wofür wir den Zeitbedarf noch nicht so genau einschätzen konnten.
Begegnungen auf dem Weg zu den Anden
Dass das Ganze dann zum Schluss doch recht schnell gegangen ist und wir an meinem Geburtstag, den 8.11. das Land verließen, war ein paar Tage eher als erwartet. Doch das was uns in den Anden erwartete war dadurch nicht minder Anstrengend. Ihr könnt euch sicherlich vorstellen, dass über 3000 Höhenmeter kein Zuckerschlecken sind. Zuerst ging das Ganze auch noch sehr sachte an.
die Anden im Visier
Nach Valparaiso ging es fast unmerklich als weiter hinauf. Als wir dann in Los Andes ankamen, mit etwa 1100 Höhenmetern, hatte uns mehr das warme Wetter als die Steigung zu schaffen gemacht. Doch nach Los Andes war dann mit lustig Schluss. Wie der Stadtname schon darauf hinweist, standen die Anden unmittelbar an und der weitere Weg Richtung Westen schraubte sich von nun an steil nach oben. Am 06.11. legten wir an einem Tag, bis Rio Blanco, 800 Höhenmeter zurück und am darauffolgenden Tag, den 07.11., ging es über steile Serpentinen, einem Geröllabhang entlang, weitere 1200 Meter nach oben. Die Luft wurde mit jedem Meter merklich dünner und weil diese Strecke, die Hauptverbindungsstrecke zwischen Chile und Argentinien ist, gab es zudem auch entsprechend viel LKW-Verkehr. Welcher wiederum die dünne Luft etwas verdickte, und zwar mit dicken, schwarzen Rußabgasen, was aber uns von daher nicht unbedingt weiterhalf.
Wie wir das Ganze letztendlich geschafft haben, weis ich fast gar nicht mehr. Irgendwie haben wir uns den Berg voran gequält. Zwischendrin haben wir dann auch noch die ersten anderen Fahrradreisenden auf unserer Tour getroffen. Zwei US-Amerikaner, welche den Pass hinunterkamen.
Samuel und Joschua zwei Radfahrer aus den USA
Ein bisschen Smalltalk hat ganz gut getan, doch der Pass wollte noch bezwungen werden.
.. und näher kommen die Berge
Andenserpentinen - auf dem Weg yum Cristo Redentor Pass
Andenserpentinen - auf dem Weg yum Cristo Redentor Pass
Marina war dann irgendwann, wohl so auf 2800 Metern Höhe, körperlich und nervlich dem Ende nah. Irgendetwas hatte sie zudem noch in das linke Augenlid gestochen, so dass dieses ziemlich geschwollen ist und sie fast nichts mehr sah.
... und die Quälerei geht weiter
Blick auf die bereits geschafte Strecke
Es bedurfte schon einiges an Überredungskunst, um sie weiter die Strasse hinauf zu bringen. Mit den letzten Reserven sind wir dann in Portillo, einen Skihotel etwa 150 Höhenmeter unterhalb der Grenze, angekommen.
kurz vor dem Ziel
Obwohl hier die Preise für uns extrem teuer waren, wir mussten ca. 50 Euro für die Übernachtung bezahlen, haben wir uns dort niedergelassen, denn eine andere Alternative gab es nicht. Ein herrliches Bergpanorama und ein Blick, von unserem Zimmer auf den noch zugefrorenen Bergsee direkt vor der Tür, hat das Ganze zumindest ausreichend entlohnt.
Gut ausgeruht haben wir dann am 08.11. die letzten 150 Höhenmeter in Angriff genommen. Bei etwa 3180 Metern Höhe war dann endlich Schluss mit der Plackerei. Wir standen vor dem Tunnel unterhalb des Cristo-Redentor-Passes, welcher Chile mit Argentinien verbindet. Dieser ist etwa 5 km lang, zweispurig und für Fahrradfahrer gesperrt. Der alte Pass selber war noch gut zugeschneit und ist auch wohl nur noch im Hochsommer, für ein paar Tage im Jahr, für den Leichtverkehr offen. Das der Tunnel für Radfahrer gesperrt ist, war eigentlich kein Problem. Denn kaum standen wir davor, wurden wir auch schon von den Tunnelservicemitarbeitern in Empfang genommen, unsere Sachen komplett auf eine Camioneta verladen und schon ging es bequem durch den Tunnel. Lebend hätten wir ansonsten wohl diesen Tunnel nicht durchquert. Wenn nicht der Verkehr einem dort ein Ende gesetzt hätte, wären es dann zumindest eine Kohlenmonoxidvergiftung gewesen. Denn eine künstliche Be- oder Durchlüftung hat dieser Tunnel nicht. So sind wir heil und bequem auf argentinischer Seite angekommen und vor uns lag alles nur noch bergab.
der Pass ist geschafft
Aufbruch: | 24.04.2005 |
Dauer: | 3 Jahre |
Heimkehr: | 14.08.2008 |
Südkorea
Argentinien
Chile
Bolivien
Peru
Ecuador
Kolumbien
Kenia