Fahrrad-Welt-Reise

Reisezeit: April 2005 - August 2008  |  von Eric Wehrheim

Argentinien - ¿ De donde viene ?

Bariloché, Argentinien, 12 August 2005

Nach 30 zermürbenden Stunden sind wir am 31.05.2005 heil auf dem Flughafen in Buenos Aires in Argentinien angekommen.

...ein paar kleine Pakete

...ein paar kleine Pakete

Ausgelaugt und mit etwas mulmigen Gefühl ging es dann erst mal Richtung Flughafenausgang zum Zoll. Die haben ganz interessiert dreingeschaut, als wir hochbeladen mit zwei Transportrollis dort vorfuhren. Als wir aber auf die Frage hin, was wir den in fünf großen Kartons denn mit uns führen geantwortet haben: zwei Fahrräder samt Anhängern mit welchen wir Südamerika bereisen wollen, haben die Zöllner sich sehr gefreut, nur einen kurzen Blick in ein kleines Loch in einem der Kartons geworfen und uns mit "bienvenidos" herzlichst begrüßt. Der erste Eindruck vom Land war denn somit für uns schon mal ganz positiv.

Drei Wochen haben wir uns in Buenos Aires aufgehalten etwas dort umgeschaut (und getanzt)

Korean Tango

Korean Tango

...und das die deutsche Variante

...und das die deutsche Variante

und zwei Wochen davon auch fleißig spanisch in einer kleinen Privatschule gelernt. Gewohnt haben wir innerhalb dieser Zeit in einem Privatapartment, im Haus einer sehr netten Familie. Doch nach drei Wochen müßigen Lebens war es denn doch Zeit endlich aufzubrechen. Am 20.06.2005 sind wir dann endlich gestartet, zu unserer eigentlichen Tour in Südamerika. Und da wir uns auf keine Reiseroute zuvor festgelegt haben, und dies auch für den Verlauf der gesamten Reise nicht tun möchten, haben wir kurz vor dem Start die Wetterberichte eingehend studiert (na ja, mehr oder weniger ) und uns, wegen des vermehrten Regens im Norden, für den Südausgang der Stadt entschieden. Sowieso hat der Süden - Patagonien - einen gewissen Reiz ausgeübt. Doch uns war auch bewusst, das hier die Jahreszeiten anders herum sind und wir uns in den Winter hinein bewegen.

Die ersten Tage unserer Tour verliefen eigentlich ganz ruhig,

Kühe und immer wieder Kühe

Kühe und immer wieder Kühe

mal davon abgesehen, dass wir uns gleich am ersten Tag etwas verfahren hatten und zu westlich aus der Stadt rauskamen. Eigentlich wollten wir möglichst nahe an der Küste entlang fahren, doch diese liegt nun mal im Osten. Somit hatten wir uns einen Umweg von ca. 20 Km eingehandelt. Somit waren wir bei Einbruch der Dunkelheit noch mitten auf dem Lande und guter Rat, für eine Übernachtungsmöglichkeit, war teuer. Kurzerhand haben wir eine Estancia (Farm) angesteuert. Hier durften wir die Nacht zelten und sind denn auch gleich von den Leuten etwas mit Essen verpflegt worden. Am Morgen, nachdem wir das Eis vom Außenzelt abgeschüttelt hatten, ging es dann weiter.

erste Pistenerfahrungen

erste Pistenerfahrungen

Da die Distanzen in Argentinien zwischen den Orten doch schon erheblich sein können, haben wir in den darauffolgenden Tagen, an den unterschiedlichsten Orten ein Quartier für die Nacht gefunden. Sowohl in Hotels als auch auf Estancias, in einer Schule als auch in einer Tankstelle

luftiges aber trockenes Nachtlager

luftiges aber trockenes Nachtlager

haben wir dann übernachtet.

Durch diese Art und Weise der Nachtquartiersuche kamen wir sehr häufig in Kontakt mit der örtlichen Bevölkerung.

Restaurant: Estoy Loco
Hier wurden wir direkt von der Strasse aus weg eingeladen

Restaurant: Estoy Loco
Hier wurden wir direkt von der Strasse aus weg eingeladen

Hierdurch haben wir viele interessante Leute kennen lernen können

Nachtlager in einer Schule auf dem Land

Nachtlager in einer Schule auf dem Land

...oder auf einer Estancia (gerade rechtzeitig zu einem Kindergeburtstag)

...oder auf einer Estancia (gerade rechtzeitig zu einem Kindergeburtstag)

Gaucho in Madariaga mit Bild von einem Gauchofestumzug

Gaucho in Madariaga mit Bild von einem Gauchofestumzug

und ich glaube auch, dass für die meisten Leute, die wir unterwegs kennen gelernt haben, sich der Kontakt mit uns gelohnt hat. Denn die viele von den Leuten kommen kaum raus aus ihren Dörfern oder Estancias und den Blick den sie von der Welt oder z.B. von Deutschland oder Korea haben, ist allein durch die Presse (Fernsehen) geprägt. Doch da braucht man ja gar nicht so weit zu schauen. Bei uns zu Hause sieht es da ja auch nicht unbedingt besser aus, oder?

Waren wir in Buenos Aires mit dem ersten Sonnenschein gestartet, drei Wochen zuvor war es entweder trübe oder hat geregnet, so hatte uns unterwegs dann doch nach zwei Wochen das schlechte Wetter wieder eingeholt. Die Kälte ist eigentlich gar nicht so schlimm, denn man kann sich ja dick genug anziehen. Doch die Feuchtigkeit dringt, selbst wenn man sich versucht kleidungsmäßig dagegen zu schützen, dann irgendwann doch bis auf die Knochen durch. Und spätestens dann, macht das Rad fahren keinen Spaß mehr. Auch gibt es noch einen Unbill, der einem das Radlerleben äußerst schwer macht und das ist der Wind. Komme wie es wolle, als Radfahrer hat man fast immer Gegenwind. Patagonien ist ja bekannt für seine heftigen Winde und auch wir konnten nach kurzer Zeit ausreichend davon probieren. Nass und ausgelaugt sind wir so nach 1000 km südlich von Buenos Aires in einem kleinen Nest namens Necochea angekommen. Weil auch die Wettervorhersage für die nächsten Tage keine Wetterbesserung vorhergesagt hatte, haben wir uns kurzer Hand dazu entschlossen, uns und unsere Räder ein klein wenig komfortabler zu verfrachten und zwei Bustickets gekauft. Zuerst sind wir so bis Bahia Blanca gefahren und anschließend gleich, um der weiten Leere dazwischen zu entgehen (400 km ohne eine Aussicht auf eine Behausung oder menschlichen Kontakt), anschließend gleich bis Puerto Madryn weiter per Bus samt Rädern. Wer aber glaubt, dass dies nur bequem ist, der sei vorgewarnt. Zum einen strengt Busfahren auch irgendwie an und zum anderen ist es jedes Mal ein riesiger Akt, die Räder samt Anhängern und Radtaschen aufzugeben und in den, meist zu kleinen, Laderaum des Busses zu verfrachten. Hat man das einchecken endlich geschafft muss man denn die Stunden des Busfahrens bangen und hoffen, dass möglichst die Räder noch in einem Stück ankommen (Schlaglöcher gibt es hier teilweise wie Sand am Meer). Und ist man dann endlich am Zielort angelangt, muss man höllisch aufpassen, das nicht ein profanern Angestellter der Busgesellschaft wie wild an den Rädern hantiert und versucht sie aus dem Gepäckraum, in welchem sie zwischen anderen Gepäckstücken eingelagert sind, zu zerren.

was rein ging muss auch wieder rausgehen, oder?

was rein ging muss auch wieder rausgehen, oder?

Von daher kann man gut einen Tag Busfahren, mit drei bis vier "normalen" Tagen Radfahrens anstrengungsmäßig gleichsetzen.

Reisemüdigkeit

Reisemüdigkeit

Nun, Puerto Madryn hat uns wieder etwas aufgepäppelt. Nicht nur das wir dort gut und sehr schön untergekommen sind, nein, auch die äußerst schöne Lage am Meer und dazu die Wale in unmittelbarer Nähe am Strand oder am Bootssteg haben ihren Teil dazu beigetragen.

Wale direkt aus nächster Nähe am Strand

Wale direkt aus nächster Nähe am Strand

Wale direkt aus nächster Nähe am Strand

Wale direkt aus nächster Nähe am Strand

Robbenbucht bei Punta Loma

Robbenbucht bei Punta Loma

Ursprünglich sind wir nach Puerto Madryn gekommen, um der Halbinsel Peninsula Valdez einen Besuch abzustatten. Diese Halbinsel ist bekannt dafür, dass sich dort Pinguine, Robben, Seelöwen und auch Orkas (Killerwale) in Mengen aufhalten. Wir waren aber leider etwas zu früh vor Ort, die Saison geht dort erst ab Ende September los, so dass sich noch keines dieser Tiere bisher dort eingefunden hatte. Also haben wir den Besuch auf eine spätere Reise nach Argentinien erst mal verschoben. Das hat unserer guten Laune in Puerto Madryn aber keine Abbruch getan, denn allein den Walen dort zuzusehen hat schon gereicht. Ein paar Robben haben wir dann aber doch noch zu Gesicht bekommen, denn von P.M. haben wir einen Tagesausflug mit unseren Rädern nach Punta Loma unternommen. Dort hält sich eine Robbenkolonie das ganze Jahr über auf und die Argentinier bzw. der Staat, geschäftstüchtig wie er ist, hat gleich einen Park mit Eintrittsgebühren daraus gemacht.

Einen Besuch, diesmal ohne Räder, haben wir dann auch noch der südlichsten Stadt der Erde - Ushuaia - abgestattet.

Blick auf Ushuaia

Blick auf Ushuaia

hier beginnt oder endet alles. Die Rute Nr.3 - Anfang bzw. Ende der Panamericana.

hier beginnt oder endet alles. Die Rute Nr.3 - Anfang bzw. Ende der Panamericana.

Anschließend, auf dem Rückweg, haben wir auch noch in El Clafate

die Bucht von El Calafate

die Bucht von El Calafate

halt gemacht, und den Perito Moreno Gletscher besucht.

traumhaft schön, auch bei nicht so optimalen Wetter

traumhaft schön, auch bei nicht so optimalen Wetter

Beide Sachen jeweils für sich sind schon eine Reise Wert und unwahrscheinlich beeindruckend.

Nachdem wir dann in Puerto Madryn wieder zurück angekommen waren, haben wir uns mit unseren Rädern nochmals einer Buslinie anvertraut, um letztendlich den Anden entgegen zu streben. Wieder einmal lagen etliche hundert Kilometer reine Pampa dazwischen und zudem ran die Zeit so langsam zwischen unseren Fingern davon, denn die 90 Tage Touri-Visum waren bald aufgebraucht. Von Esquel jedoch sollte es dann nur noch per Rad weitergehen, bis Bariloché, von wo wir aus, aus dem Land ausreisen wollten. Nach zwei Tagen Abwarten des Wetter wegen, hatten wir uns denn für die Seenroute im Park Los Alerces nach Norden entschieden.

Parkeingang

Parkeingang

Uns war bewusst, dass die Strecke eine Pistenstrecke ist,

netter Hinweis

netter Hinweis

doch zum einen war sie landschaftlich viel reizvoller und zu anderen wären sonst auf der Asphaltstrecke 140 km Bergstrecke an einem Stück ohne Zwischenstopp zu bewältigen gewesen (so zumindest die Auskunft durch die örtliche Touristeninformation).

Kurz nach dem Start aus Esquel hat uns denn gleich auch ein kleiner Schneesturm in Empfang genommen.

Arschglatt

Arschglatt

Dieser war jedoch zum Glück nur von kurzer Dauer. Doch als wir uns dem Park näherten, hat den schon mal eine erste Schlamm- und Schneeflächeneinlage uns herausgefordert. Ausgelaugt in einem kleinem Nest am ersten See angekommen haben wir dann noch zwei Stunden gebraucht, um ein Schlafquartier zu finden. Gefunden haben wir dies letztendlich bei der Gendarmerie, welche uns zunächst den leeren Pferdestall als Übernachtungsquartier angeboten hatte. Nachdem wir aber mit den Leuten etwas mehr in Kontakt gekommen sind und mit ihnen Matte getrunken hatten, haben sie uns dann doch zwei Betten in ihrem Schlafquartier angeboten. Am nächsten Tag ging es dann tiefer in den Park hinein, doch diesmal wollte uns der Wetter- und Strassengott herausfordern. Nach kurzem Sonnenschein, scheinbar zum anlocken, gab es erst mal eine Regeneinlage und anschließend direkt übergehend in Schneeschauer.

...uähh, ich will nach Hause

...uähh, ich will nach Hause

Die Wegverhältnisse hatten sich dadurch von Buckelpiste in Schlammpiste und schneevereister Piste ständig abgewechselt. Mun Suk, aber auch ich, waren mit den Nerven am Ende und gut ausgelaugt. Und weil es so schön war, hat sich Mun Suk auch gleich zweimal mit dem Rad auf die Seite gelegt.

touch down

touch down

Zum Glück ist dabei nie etwas schlimmes passiert, nur halt das Rad samt Anhänger hat sie dann alleine selbst nicht mehr hochbekommen. Wie gesagt, gut ausgelaugt und mit letzter Kraft (stundenlanges steiles bergauf schieben im Schlamm hat schon seinen Reiz ) sind wir dann bei einer Herberge angekommen.

Am nächsten Tag, obwohl diesmal Sonnenschein,

Strasse gesperrt, dafür aber Sonnenschein und ein Ausruhetag

Strasse gesperrt, dafür aber Sonnenschein und ein Ausruhetag

war die weitere Strecke erst mal durch die Parkwächter gesperrt, denn ein sehr steiles Bergstück konnten von einem Schneeräumgerät noch nicht freigeschoben werden. Ein Tag Zwangspause war aber gar nicht so schlimm. Danach ging es dann aber doch einen Tag später weiter, doch weder bergauf noch bergab war die Strecke leicht zu bewältigen.

ein wenig Schnee

ein wenig Schnee

Begegnung mit Gauchos

Begegnung mit Gauchos

...bald aus dem Park heraus

...bald aus dem Park heraus

Zudem kam kurz vor dem Schluss am Abend noch mal eine sehr steile und schlammige Bergaufpassage hinzu. Am fünften Tag hatten wir dann endlich den Park bezwungen. ...es war wirklich ein Gefühl etwas bezwungen zu haben.

normale Beanspruchungen

normale Beanspruchungen

Nun sitzen wir an unseren Endziel in Argentinien, in Bariloché. Dieser Ort ist hier so etwas wie ein Synonym für Urlaub. Denn alle Welt, zumindest die Argentinische, will hier Urlaub machen. So fahren auch alle Schüler, wenn sie die Schule beendet haben und es sich leisten können, nach Bariloché, um hier die Sau rauszulassen. Dementsprechend laut geht es hier in den Nächten auch zu. Ansonsten hat dieser Ort, außer seiner traumhaften Lage am See und den Bergen drumherum nicht viel zu bieten.

Morgen geht es dann aus Bariloché raus und um den Nahuel See herum Richtung Grenzpass zu Chile. Bis kurz vor dem Pass soll die Strasse geteert sein und auch der Pass sollte keine allzu großen Probleme bereiten, vorausgesetzt es schneit nicht schon wieder .

Bis demnächst denn aus Chile.

Mun Suk + Eric

Nachtrag da immer noch in Argentinien, Villa La Angostura, 16. August 2005:

Von Bariloché heraus ging es um den Nahuel See bei strahlend blauen Himmel und mit schneebedeckten Bergen um uns herum.

...endlich wieder Sonnenschein und "gute" Strassenverhältnisse

...endlich wieder Sonnenschein und "gute" Strassenverhältnisse

...das macht Laune

...das macht Laune

Viele ups and downs mit leichtem Gegenwind haben an unseren Kräften gezerrt, so dass wir auf dem ersten Zeltplatz, der uns sich bot, Quartier bezogen haben. Dies war ein z.Z. im Winter unbewirtschafteter Campingplatz ohne Gelegenheit zum Duschen, da wegen des Frostes alles abgestellt war. Trotzdem, die Lage war herrlich schön, in den Bergen direkt am See gelegen. Bei klirrenden Frostgraden haben wir abends mit Seewasser gekocht und uns ein wenig gewaschen. Die Nacht haben wir dann etwas fröstelnd in unseren Schlafsäcken überstanden, denn draußen waren es bestimmt gerade mal -5° C. oder weniger. Am darauffolgenden Tag ging es dann wieder bei schönstem Sonnenschein weiter, auch mal wieder kräftezerrend immer rauf und runter, bis Villa La Angostura, wo wir nun sitzen und auf die Weiterfahrt warten. Hier sitzen wir z.Z. fest, denn es schneit kräftig und der Pass den es nach Chile zu bewältigen gilt, ist somit zu mindestens von uns mit unseren Rädern z.Z. nicht zu bewältigen. Also warten wir nun darauf, dass der Wettergott es sich hoffentlich bald anders überlegt und die Sonne mal wieder nach vorne schickt.

© Eric Wehrheim, 2005
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Fahrradweltreise Teil II. Fortsetzung unserer Fahrradtour Teil I (1998 bis 2000 von Deutschland nach Korea). Teil II unserer Fahrradweltreise findet in Lateinamerika statt.
Details:
Aufbruch: 24.04.2005
Dauer: 3 Jahre
Heimkehr: 14.08.2008
Reiseziele: Weltweit
Südkorea
Argentinien
Chile
Bolivien
Peru
Ecuador
Kolumbien
Kenia
Der Autor
 
Eric Wehrheim berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
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