Fahrrad-Welt-Reise
Bolivien: 04 - Tiempo de esperanza
Tiempo de esperanza (13.09.2006 - 24.10.2006)
Zeit des Wartens
Fast zwei Monate hatte es gedauert, bis die ersehnten Ersatzteile aus Deutschland bei uns in Cochabamba eintrafen. Am 20.10.2006 konnte ich endlich den Fahrradrahmen samt Gabel und neuem Schutzblech in Empfang nehmen.
Doch ein kleiner Rückblick zuvor, was wir in der Zwischenzeit noch unternommen hatten. Das Fest der "Virgen de Guadalupe" war vorüber und wir blieben noch ein paar Tage bei Ramiro und Eva in Sucre. Hier konnten wir gut relaxen und das Stadtleben genießen. Sucre, auch die weiße Perle Südamerikas genannt, ist ja eigentlich die Hauptstadt Boliviens. Merken tut man davon jedoch so gut wie nichts, denn de facto ist La Paz die eigentliche Hauptstadt. Dort gibt es den Regierungssitz und die Stadt ist zudem fast 10 mal größer als Sucre. Dies gereicht aber Sucre eigentlich nur zum Vorteil, denn das Leben läuft hier ruhiger ab, ist überschaulicher und die Stadt ist gespickt mit vielen Kolonialen Gebäuden.
La Recoleta in Sucre
v.l.n.r. (Christian, Eva, Ramiro, Esteban)
Nach Sucre haben wir uns am 22.09. auf den Weg nach Copacabana gemacht. Nein nicht nach Brasilien, sondern zum gleichnamigen Ort in Bolivien, am Titicacasee gelegen. Dem vorausgegangen war erst mal eine lange und bitterkalte Nachtfahrt in einem unbequemen Bus bis La Paz. Hier kamen wir um 05:30 Uhr morgens an. Eigentlich wollten wir unser Stammhotel in La Paz, gleich neben dem Busterminal aufsuchen, doch man wimmelte uns über die Sprechanlage ab, mit der Aussage, alle Zimmer seien besetzt. Bestimmt gab es noch freie Zimmer, doch der Nachtwächter hatte wohl keine Lust dazu, uns in eines einzutragen. Durch die Stadt wollten wir jedoch so früh morgens und bei der Kälte, es waren so glaube ich um die +5°C., auch nicht rumlaufen, so dass wir wieder zum Busbahnhof zurückgingen, um uns dort ein wenig hinzusetzen und vor der Kälte ein wenig geschützt zu sein.
Als wir so, gut durchfroren, im Busterminal saßen, machte Mun Suk eine kleine Aufwärmrunde durch die Halle. Laut Reiseführer hatten wir die Information, dass vom Hauptbusterminal keine Busse nach Copacabana abgehen sollten. Doch wie Mun Suk so im Terminal herumlief, konnte sie einen Schalter entdecken, welcher wider Erwartens doch Busfahrten nach Copacabana anbot. Unausgeruht und durchfroren saßen wir so um 08:00 Uhr wieder in einem Bus, auf dem Weg nach Copacabana. Von der schönen Strecke haben wir dann aber nur sehr wenig mitbekommen, denn die meiste Zeit dösten wir im Bus nur vor uns hin. Nach der Fahrt, als wir gut ermattet gegen 13:00 Uhr in Copacabana ankamen, gesellten sich zu unserem Zustand dann noch Kopfschmerzen (wohl wieder einmal durch die Höhe, Copacabana liegt auf 3800 m) und eine einsetzende Erkältung (die durchfrorene Nacht im Bus lässt grüßen) dazu. So ist dann anschließend die obligatorische Zimmersuche zu einer ziemlich anstrengenden Angelegenheit ausgeartet.
Kathedrale von Copacabana
Altar in der Kathedrale von Copacabana
Am nächsten Tag dann, dank Aspirin ging es uns wieder etwas besser, unternahmen wir dann leichtsinniger Weise gleich einen Aufstieg auf den Hausberg von Copacabana. Ein Pilgerweg führte, teils über Stufen, steil den Berg hinauf und viele Leute waren an diesem Tag unterwegs, denn es war Sonntag und die Frühmesse musste wohl gerade zu Ende gegangen sein. Ca. 400 Höhenmeter dürfte wohl der Aufstieg gewesen sein und oft mussten wir Zwangspausen einlegen, da uns die Luft einfach zu dünn geworden ist. Oben angekommen entlohnte jedoch dann der wunderschöne Blick über die Stadt und über den See für die Strapazen.
Blick auf die Bucht von Copacabana, Titicacasee
Pilgerberg von Copacabana
Christlich, heidnische Zeremonie, auf dem Weg zum Pilgerberg
Tags darauf durfte ich jedoch für meinen Übermut bezahlen, denn ich lag mal wieder ziemlich flach, mit heftigen Kopfschmerzen danieder. So haben wir dann auch keinen Ausflug zur Isla del Sol unternehmen können oder wollen, denn die Kraft und somit auch Lust dazu war einfach nicht vorhanden.
Frischfleischexpress
Nach zwei weiteren Tagen des Kurierens machten wir uns wieder auf den Rückweg nach La Paz.
Blick auf La Paz
In La Paz hatten wir dann am 28.09. die Nachricht erhalten, dass unser Paket endlich von Deutschland abgesendet worden war und es voraussichtlich, in 4 bis 6 Tagen in Cochabamba ankommen sollte. So machten wir am darauffolgenden Tag schnell noch einen Abstecher nach Tihuanaco und tags darauf wollten wir uns dann auf den Rückweg nach Cochabamba machen.
Tihuanaco
Das Sonnentor in Tihuanaco
Monolithstatue in Tihuanaco
Doch der bolivianische Nationalsport, Strassen blockieren, machte uns nun einen Strich durch die Rechnung. Die Hauptverkehrsachse, zwischen La Paz und Cochabamba war zu, denn ein paar Minenarbeiter blockierten die Strasse. Man muss dazu sagen, dass Straßenblockaden hier wirklich so etwas wie eine Art Nationalsport sein müssen, denn wenn irgendjemand, irgendetwas auszusetzen hat, z.B. an der Regierung oder an seinen Arbeitsbedingungen oder sonst etwas, dann macht er halt mit einer Gruppe eine Straßenblockade. Es mögen ja größtenteils legitime Interessen sein, die diese Gruppen oder Personen verfolgen, dass sie dadurch aber das ganze Land parallelisieren und teilweise oder sogar auch ganz lahm legen, scheint diese Leute wenig zu interessieren. Wie soll da ein Land vorankommen, welches fast alle zwei Wochen irgendwo eine Straßenblockade hat. Kennen die denn keine anderen Ausdrucksformen des wirksamen Verhandelns? Wäre doch ein guter Ansatzpunkt für Entwicklungshilfeprojekte: Formen des sozialen Protestes (ohne gleich das ganze Land lahm zu legen).
Öffentliche Toilette – Cholita bei ihrer Notdurft – Schamgefühl???
In der Altstadt von La Paz – Touristensouvenirs und getrocknete Llama Föten für Zeremonien
So saßen wir also doppelt fest. Jeden Tag waren wir morgens und nachmittags im Busterminal, um zu sehen ob irgend etwas wieder voranging, doch ohne Erfolg. Am dritten Tag sagte man uns sogar, nachdem eigentlich tags zuvor es so aussah, dass die Blockaden aufgehoben werden sollten, dass nun die Straßenblockade sogar noch schlimmer sein sollen, da sich nun die Mineros (Minenarbeiter) sogar mit Dynamit bewaffnet hätten sollen. Unsere Eile war zwar nicht ganz so groß, denn erwartungsgemäß mahlen die Mühlen hier langsamer und die angegebenen 4 bis 6 Tage Lieferzeit des Paketes waren m.E. sowieso zu optimistisch (10 bis 14 Tage waren da wohl eher realistisch), doch ohne zu wissen wann man weiterkommen kann, ist auch diese Situation ohne Zeitstress ziemlich nervig. Am 5.Tag jedoch war die Blockade, so schnell wie sie gekommen war, dann auch wieder verschwunden. Schnell packten wir daher unsere Habseligkeiten zusammen und nahmen den nächstmöglichen Bus, denn man kann ja nie wissen.
Natürlich war auch nach 8 Tagen immer noch kein Paket da. So machten wir uns tags darauf auf den Weg zur DHL Niederlassung in Cochabamba. Aber auch hier Fehlanzeige, denn mit der Kopie des Paketscheines aus Deutschland, von der Deutschen Post/DHL, konnte man hier nichts anfangen. DHL hier fühlte sich sogar gar nicht dafür zuständig und man verwies uns an das Unternehmen XY. Welches Unternehmen das nun aber sein sollte, konnte uns die nette Dame bei DHL nun auch wieder nicht sagen. Frustration machte sich breit. Um nicht ganz untätig zu sein gingen wir daher direkt beim Zoll und auch bei der normalen Post vorbei, doch auch hier war noch kein heiß ersehntes Paket für uns da. Die nächsten Tage wiederholten wir dieses Prozedere etliche Male, aber immer wieder ohne Erfolg und ohne zu wissen, wo das Paket letztendlich hängen geblieben ist. Auch ca. 7 Emails an DHL in Deutschland blieben ohne Erfolg, denn die haben sich erst gar nicht darauf zurück gemeldet. Saftladen DHL!
Als schon fast alle Hoffnung abhanden gekommen war, kam endlich die erlösende Meldung, dass ein Paket für uns da ist.
Hurra der neue Rahmen ist da (neu und alt nebeneinander)
Aus alt mach neu, mein „fast“ neues Rad
21 Tage hat somit der Versand gedauert, für den wir 94,00 Euro hatten bezahlen dürfen (Paket Luftpost) und welcher angeblich nach 4 bis 6 Tagen hätte da sein müssen. Nochmals, DHL ist ein Saftladen, doch Alternativen (Spedition oder Kurierversand) waren leider unbezahlbar teuer. Nun mussten schnell noch die Zollformalitäten erfüllt werden, was etwa einen halben Tag in Anspruch nahm, doch dann hatte ich endlich alles in Händen, was ich zum Neuaufbau meines Rades benötigte. Der Aufbau des Rades ging dann auch ziemlich flugs von statten, obwohl er letztendlich doch zwei Tage in Anspruch nahm, da Petrus mir eine nasse Zwangspause von einem halben Tag auferlegte. Dann war es aber endlich geschafft, das Rad war zusammen gebaut und alles funktionierte wie es auch funktionieren sollte. Unser Touristen Visum war bereits gute 12 Tage überschritten, an einem gemütlich hochfahren nach La Paz und außer Landes fahren mit dem Rad war daher nicht mehr zu denken. Also besorgten wir uns zwei Busticket und am 23.10. ging es endlich wieder weiter auf unserer Tour. Am 24.10.2006 überquerten wir so die Grenze nach Peru.
Am 23.10. 2006 konnten wir uns dann endlich auf den Weg machen.
Und an dieser Stelle zum Schluss noch ein allerherzlichstes Dankeschön an unseren Gastgeber Herrn Kang in Cochabamba. Bekannt auch als Maestro Kang, denn Herr Kang (8.Dan Black Belt) ist einer der Ersten gewesen, die den Taekwondo Sport nach Bolivien gebracht haben.
Kangs Taekwondo Studio in Cochabamba
Aufbruch: | 24.04.2005 |
Dauer: | 3 Jahre |
Heimkehr: | 14.08.2008 |
Südkorea
Argentinien
Chile
Bolivien
Peru
Ecuador
Kolumbien
Kenia