Junges Gemüse auf altem Hasen süß-sauer

Reisezeit: April / Mai 2013  |  von Susi & Dominik Lempeare

Irgendwo im Nirgendwo

Pünktlich rollt unser Senandung Wau (zu deutsch: Drache) ein.
Mit ihm werden wir die erste Hälfte der Strecke nach Singapur zurücklegen, da er noch Betten frei hatte, während der Direktzug nach Singapur schon voll war.

Bis zur Stadt Gemas fahren aber sowieso alle Züge auf dem Selben Gleis - es gibt ja nur dieses eine durch den Dschungel...
Von daher müssen wir also keinen Umweg in Kauf nehmen.
In Gemas werden wir dann auf den nachfahrenden Senandung Timuran (zu deutsch: der Östliche) warten, der uns dann vollends nach Singapur schaukeln darf.

Nachtzüge in Malaysia sind sehr zu empfehlen, die Betten sind wirklich gemütlich und speziell auf der Jungle Line wird sowieso so langsam gefahren, dass man wie in einer Hängematte dahinschaukelt. Das langsame Tempo ist natürlich dem maroden Zustand der Strecke geschuldet, zwar baut Malaysia sein Streckennetz zur Zeit massiv aus, doch die Brücken und Tunnel auf der Jungle Line stammen ausnahmslos noch aus der Entstehungszeit von 1910 bis 1931...

... meine beiden Bettnachbarn ...

... meine beiden Bettnachbarn ...

Direkt nach dem Einsteigen werden die Tickets gelocht und der Schaffner notiert sich den jeweiligen Ausstiegsbahnhof - somit können wir unbesorgt schlummern, der Weckdienst ist hier selbstverständlich.

... alles schläft ...

... alles schläft ...

Die Nacht verfliegt denn auch unspektakulär, am Tage würde sich diese Strecke natürlich viel mehr lohnen.
Gegen 5:45 Uhr am Morgen erreicht unser Drachenzug schließlich Gemas. Laut Plan haben wir also gerademal ein gutes Stündchen Verspätung

... Gemas und sein High-Tech-Bahnhof im Nichts ...

... Gemas und sein High-Tech-Bahnhof im Nichts ...

Der nachfolgende Timuran soll hier gegen halb sieben einrollen, Zeit genug also, ein bisschen auf Entdeckungsjagd zu gehen.

Doch außer uns und der aufgehenden Sonne gibt es hier nicht viel zu holen. Der neumodische Bahnhof mit 8 (!!!) Bahnsteigen wirkt heillos überdimensioniert - Gemas ist zwar der Kreuzungspunkt der beiden Linien in Malaysia, dennoch verkehren hier aktuell ganze 10 bis maximal 14 Züge pro Tag...
Naja, da wurde wohl für die (sehr ferne) Zukunft dimensioniert...

... ganz allein waren wir dann doch nicht ...

... ganz allein waren wir dann doch nicht ...

Nach dem Sonnenaufgang belebte sich der Bahnhof dann aber doch ein bisschen - anscheinend dienen die Hohlräume unter den Bahnsteigen manch armen Gesellen als Notquartiere.

In der Zwischenzeit wird ein wenig die neue Bahnhofshalle erkundet, hier soll wohl wirklich mal "Etwas" los sein -
die Frage ist nur: WANN
... und:WER will hier los sein ...

... hier warten die Wartebänke auf Wartende ...

... hier warten die Wartebänke auf Wartende ...

... wenn der Name nur Programm wäre - so einen trockenen kalten Fallwind könnten wir hier gebrauchen, Gemas ist selbst am Morgen einfach nur feucht und heiß ...

... wenn der Name nur Programm wäre - so einen trockenen kalten Fallwind könnten wir hier gebrauchen, Gemas ist selbst am Morgen einfach nur feucht und heiß ...

... noch einmal die hübsche Sinnlosigkeit im Überblick - vor und hinter dem Bahnhof besteht die Strecke aus einem Gleis ...

... noch einmal die hübsche Sinnlosigkeit im Überblick - vor und hinter dem Bahnhof besteht die Strecke aus einem Gleis ...

... noch verpackt und ungenutzt ...

... noch verpackt und ungenutzt ...

... alles neu macht Gemas, äh der Mai ...

... alles neu macht Gemas, äh der Mai ...

Wir bekommen reichlich Gelegenheit das Nichts näher kennen zu lernen, denn der Östliche hat wie schon der Drache ordentlich Verspätung.

... Premiere - eine genutzte Wartebank ...

... Premiere - eine genutzte Wartebank ...

... Brudermord - multiple Kains und ein großer Abel ...

... Brudermord - multiple Kains und ein großer Abel ...

Bei Wilhelm Busch heißt es, "grad zu den frühen Morgenzügen kommt man am leichtesten zu spät" - in Malaysia ist es wohl genau umgekehrt, wobei moment, da kommt er ja endlich

Alles an Bord und als erste Amtshandlung gleich mal ein scharfes Frühstück organisiert.

... Reis, Ei und Hühnchen extra scharf - sowas schmeckt 24/7 ...

... Reis, Ei und Hühnchen extra scharf - sowas schmeckt 24/7 ...

Mit gut 2 Stunden Verspätung rollen wir los in Richtung Singapur und im weiteren Verlauf macht der Timuran wenig Anstalten, die Verspätung aufzuholen - ganz im Gegenteil, im gemütlichen Tempo wird die Landschaft an unserem Fenster vorbeigezogen.

Auf halber Strecke dann ein seltenes Erlebnis, wir begegnen einem anderen Zug.

Ansonsten halten wir an jedem Dorf am Wegesrand, im Gegensatz zum High-Tech-Bahnhof von Gemas verfügt so manche Station dabei über nicht mal einen einzigen Bahnsteig ...

... Ausstieg im Gleisbett ...

... Ausstieg im Gleisbett ...

Nach Stunden erspähen wir dann Militär, die Grenze kann also nicht mehr weit sein.

... Grenzschützer bei der Arbeit ...

... Grenzschützer bei der Arbeit ...

Mit weit über 3 Stunden Verspätung erreichen wir schließlich den Bahnhof von Johor Bharu, der Grenzstadt zu Singapur.

Hier springen Beamte an Bord und kontrollieren die Pässe - mangels Stempel wird das Ausreisedatum handschriftlich im Pass vermerkt.

13:22 Uhr - planmäßig wäre 10:05 Uhr ...

13:22 Uhr - planmäßig wäre 10:05 Uhr ...

Irgendwann zuckelt unser Zug dann auch wieder los und wir begeben uns auf die letzten Kilometer. Auf diesem kurzen Stückchen zwischen Johor und Singapur lungern unzählige Gestrandete, die von einer Einreise ins gelobte Land träumen.

Doch ein Wagemutiger nutzt die Gunst der Stunde und versucht sein Glück als blinder Passagier.

... unauffällig landen und ...

... unauffällig landen und ...

... ruhig verhalten, vielleicht sieht mich ja keiner ...

... ruhig verhalten, vielleicht sieht mich ja keiner ...

... Timuran, Marian und ein Gestrandeter ...

... Timuran, Marian und ein Gestrandeter ...

... unter dem Granzdamm ...

... unter dem Granzdamm ...

... und hier die Grenzstation von Singapur - umgangssprachlich auch Alcatraz genannt ...

... und hier die Grenzstation von Singapur - umgangssprachlich auch Alcatraz genannt ...

Gestern Abend um 19:30 Uhr sind wir losgefahren, mit 4 Stunden Verspätung stellen wir uns heute um 14:30 Uhr dem Grenzprocedere in Singapur - bei 19 Stunden Reisezeit ergibt das einen Schnitt von 42 km/h -
die Bahn kommt, nur wann ...

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Singapur, Malaysia und vielleicht auch der Süden Thailands querbeet - Städte, Dschungel und Inselglück
Details:
Aufbruch: 18.04.2013
Dauer: 5 Wochen
Heimkehr: 20.05.2013
Reiseziele: Singapur
Malaysia
Der Autor
 
Susi & Dominik Lempeare berichtet seit 12 Jahren auf umdiewelt.
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