Fünf Monate Kängurus und Kiwis
Die Südinsel - man ist das kalt hier
Da es am Ankunftstag schon relativ spät war, beschlossen wir, direkt in Picton zu bleiben, um den dortige Campingplatz zu nutzen. Außerdem mussten wir unsere Klamotten waschen - sie stanken ja noch immer nach Schwefel. Das Waschen war auch kein Problem, das Trocknen jedoch schon. Mein Bruder meinte, dass es keine gute Idee sei die Klamotten nass mitzunehmen und deshalb nutzten wir den vorhandenen Trockner. Nach einem Trockengang war die Kleidung immer noch feucht und deshalb ließen wir sie noch ein zweites Mal trocknen, dieses Mal auf einer höheren Stufe. Danach waren sie zwar trocken, jedoch auch drei Nummern kleiner. Meinen geliebten Irland-Pullover kann ich jetzt bauchfrei anziehen und einige T-Shirts meines Bruders haben jetzt Puppengröße - zwar eine große Puppe, aber trotzdem... Hiernach gingen wir schlafen und waren erleichtert, dass wir noch genug andere Oberteile dabei hatten.
Der nächste Tag war relativ unspektakulär, da uns der Weg an die Westküste nach Greymouth führte. Dort regnete es wie aus Eimern - kein Wunder, hat doch die Westküste mehr als 200 Regentage im Jahr und der Niederschlag wird hier in Metern gemessen. Das besondere an diesem Tag war, dass es sich um unser Bergfest handelte, was wir gleich mit zwei 500 Gramm Steaks feierten. Da man als Mitteleuropäer eine solche Menge Fleisch nicht gewöhnt ist, hatten wir auch noch einige Tage danach noch "Spaß" mit unserem Steak. Unser Magen danke es uns mit Sodbrennen.
Von Greymouth aus ging es die Westküste runter. Hier jagte wirklich ein Highlight das andere: Wir sahen die Pancake-Rocks, schneebedeckte Berge, tiefe Schluchten, den Pazifik und Gletscher. Einer hiervon war der Franz-Joseph-Glacier, den wir auch mit Hilfe eines Führers besteigen konnten. Sehr beeindruckend!!! Es ist wirklich unglaublich durch das hohe, blaue Eis des Gletschers zu wandern und die Aussicht zu genießen. Allerdings wird es einem auch mulmig, wenn ein paar Meter von einem entfernt Eisbrocken zu Boden fallen und man weiß, dass sie einen erschlagen könnten. Nur um euch mal einen kleinen Eindruck zu geben wie der Gletscher so ist: Er wächst mehrere Meter im Jahr und auf seine Spitze fallen 60 Meter Neuschnee im Jahr.
Aus dem Eis wieder zurück am Camingplatz ging es auch gleich weiter noch weiter gen Süden. Es klingt für europäische Verhältnisse zwar bescheuert aber es wurde im Süden immer kälter. Na ja, wir hatte ja noch genug Klamotten die nicht von Florian in den Trockner geschmissen wurden über . Außerdem heizte Henry (so hatten wir unseren Heizlüfter genannt) unseren Van wirklich gut auf. Unser nächstes Ziel war zwei Tage später Te Anau und dieser Ort diente uns als Ausgangsbasis für eine Bootsfahrt im Milford Sound - aber der Reihe nach. Die Fahrt nach Te Anau alleine war wieder bombastisch. Durch Schluchten, Täler und natürlich die neuseeländischen Alpen. Gott sei Dank machte unsere Doris II nicht schlapp - sie zog zwar nicht unbedingt wie ein junges Roß, brachte uns aber letztendlich sicher ans Ziel. Hier sei auch noch einmal an die Fahrweise der Neuseeländer erinnert: Ich hatte es ja schon früher gesagt, aber auch in den echt steilen und gefährlichen Alpen fahren die Kiwis als wenn es nur sie geben würde - dutzende Kreuze am Wegesrand sprechen eine eindeutige Sprache. Trotz einiger Kamikazefahrer und nach einer Übernachtung kamen wir in Te Anau an. Hier trafen wir einen deutschen Aussteiger, der nicht so ganz wußte, was er denn mit seinem Leben anfangen sollte und ein britisches Pärchen, mit denen wir uns lange unterhielten und einige gekühlte Gerstengetränke zu uns nahmen. Sehr lustig die beiden, zumal mein Bruder froh schien mal jemanden ohne diesen - zugegeben etwas gewöhnungsbedürftigen - Kiwi Akzent zu hören. So klang der Abend vor unserer Bootstour also langsam aus. Der nun folgende Tag ist mit Sicherheit unter den top drei der Highlights in Neuseeland zu sehen. Es ging früh morgens (gefühlt zwei Stunden zu früh) auf zum Milford Sound, einer der berühmtesten Fjorde des Landes. Die Fahrt dahin dauerte etwa zwei Stunden und spätestens jetzt waren wir endgültig in Neuseeland angekommen - standen wir doch nach wenigen Kilometern erstmal in einer über die Straße getriebenen Schafherde fest. Wer schon einmal in Neuseeland war weiß auch, dass die nicht gerade klein war. Na ja, nach einigen Minuten konnten wir weiter und es ging eine Straße entlang, die die Inter-Zonenautobahn in Sachen "Qualität" locker hinter sich gelassen hätte. Schlaglöcher in denen wir hätten parken können und einen Straßenbelag, der den Bremsweg wahrscheinlich verfünffacht hätte. Ich musste ein paar mal auf die Karte gucken, um sicher zu gehen, dass die Welt nicht gleich aufhört. Absolutes Highlight war hier ein Tunnel - durch den jedes Jahr immerhin hunderttausende von Touris fahren, dessen Beleuchtung und Untergrund aber eher mit einem Bergwerk des 18. Jahrhunderts zu vergleichen war. Angekommen kam man sich fast vor wie nach einer Berg- und Talbahnfahrt auf dem Rummel - übergeben hat sich aber keiner (wobei mein Bruder mal kurz alleine auf dem Klo war .
Die Fahrt an sich lässt sich hier wirklich nicht in Worte fassen; guckt euch am Besten die Bilder an und versucht das alles zu fassen. Die Fahrt ist durch einen Fjord (der sich natürlich auf Meereshöhe befindet!), dessen Wände links und rechts über einen Kilometer in die Höhe ragen und deren Spitzen mit Schnee bedeckt sind. Außerdem kommen überall Wasserfälle raus und man kommt aus dem Fotografieren nicht mehr raus. Ich für meinen Teil hab so um die 100 Bilder gemacht. Die Fahrt war gut zwei Stunden lang und gewieft wie mein Bruder und ich so sind hatten wir uns einen genialen Plan ausgedacht: Um auf der Rückfahrt nicht hinter den ganzen Touribussen hinterherschleichen zu müssen, sprinteten wir gleich nach Ende der Fahrt los, warfen Doris II an und gaben Gas. Mit dieser Taktik hatten wir nur einen Bus vor uns, es sollte sich aber trotzdem herausstellen, dass unsere Rennerei völlig umsonst war. Mein Bruder musste öfters links ranfahren, um Busse vorbeizulassen - wer nämlich denkt, dass die neuseeländischen Autofahrer bescheuert seien, muss sich erstmal die Busfahrer angucken. Wir mit unserem kleinen Van sind nun wirklich nicht langsam gewesen, wurden aber permanent von den mit 50 Personen besetzten Reisebussen bedrängt. Ich frag mich echt, warum da nicht mehr passiert. Zurück auf unserem Campingplatz erfuhren wir, warum dies wirklich ein besonderer Tag war: Am Milford Sound gibt es nur etwa eine Hand voll Tage, an denen es nicht regnet und wir hatten sogar einen erwischt, an dem nicht einmal eine Wolke zu sehen war. Unsere Fotos haben also Seltenheitswert! Am Abend trafen wir uns wieder mit den Poms und tranken noch ein, zwei Bier mit ihnen.
Der Rest der Neuseelandreise war ziemlich pragmatisch geplant: Wir wollten so schnell wie möglich nach Christchurch und hatten noch zwei Tage - also nicht viel besichtigen und ab durch die grünen Schafweiden an unseren Abflugort. Auf der Fahrt passierte nichts besonderes, wobei wir beide merkten, dass der Abschiedsschmerz so langsam hoch kam.
Nachdem wir dann Doris heile und sicher wieder bei Ezy abgegeben hatten (mit einigen Umwegen, da mein Bruder meinte er kenne den Weg und könne die Karte im Hostel lassen ) und unser Zimmer für die letzte Nacht in der Jugendherberge bezogen hatten, machten wir uns auf, die Stadt zu erkunden. Sie ist zwar schöner als Auckland oder Wellington (gibt's da überhaupt noch andere Städte?), ein Ort für mich zum Leben wäre sie aber nicht. Echt ein wenig zu ruhig!. Nun gut, zu Ende ging unsere Reise dann so wie es sich bei zwei Männern gehört - an der Bar. Wir machten dann doch noch ein wenig Bekanntschaft mit der Happy Hour und waren beide froh, dass sie nur zwei Stunden dauerte. Wer kann es uns aber verdenken bei umgerechnet 3 Euro pro Liter?! Bei mir war nur das Problem, dass es mitten in der Nacht schon weiter ging und ich um vier zum Flughafen fahren musste: Dort ließ eigentlich alles glatt, bis auf dass die Zollbeamten mich mit Sicherheit für bescheuert halten. Noch leicht angeschwippst musste ich meine Ausreisekarte ausfüllen und als ich nach der Dauer meines Aufenthalts gefragt wurde füllte ich vollkommen überzeugt "3 weeks - 14 days" ein. Als ich das dann auf Nachfrage des Zöllners auch noch bejahte wurde er etwas grantig, sagte mir aber nicht warum. Als ich dann später noch mal drüber nachdachte wurde mir bewusst warum und ich fürchtete echt, bei einer erneuten Einreise Probleme zu bekommen - trotz der bezahlten Ausreisegebühr von 25 Dollar!!! Ich also wieder zurück und ab ins Zollbüro. Dort konnten sie sich ein Lächeln nicht verkneifen und meinten, dass dies mal wieder typisch deutsch sei, niemand macht sich über so eine Sache Sorgen - nur die Deutschen.
Nachdem das also auch geklärt war, ging es zurück nach Brisbane um dort noch ein geniales Wochenende mit beach, footy on telly, barbie and stubbies zu verbringen! Dann ging es wieder zurück nach Deutschland...
Aufbruch: | April 2006 |
Dauer: | 5 Monate |
Heimkehr: | September 2006 |
Neuseeland