Fünf Monate Kängurus und Kiwis

Reisezeit: April - September 2006  |  von Jonas L.

Canberra, oder: " Ey Mann - wo ist mein Bus?"

Das Abenteuer Canberra begann eigentlich schon hier in Brisbane. Mein Gastvater hatte sich freundlicherweise bereit erklärt, mich zum Flughafen zu fahren und meinte, dass wir an einem Samstag Morgen wohl nicht länger als 20 Minuten brauchen würden. Da der Check-in um 7.45 Uhr schließen sollte, fuhren wir um punkt sieben los. Obwohl wir absolut keine Probleme mit dem Verkehr hatten, kam der Flughafen einfach nicht in Sicht. So war es dann halb acht, bis ich mal vorsichtig fragte, wie lange es denn wohl noch dauern würde. Darauf bekam ich nur die Antwort: "In about five minutes, but you have got plenty of time left." Reichlich Zeit übrig? Wer mich kennt, weiß auch, dass ich alles lieber drei Jahre im Voraus plane und immer mindestens 20 Minuten vor dem Zug am Bahnhof bin - und jetzt war ich auf dem Weg zum Flugzeug und hatte noch 15 Minuten bis ich eingecheckt haben musste. Mein Blick wechselte nervös zwischen Uhr und Tacho, wobei ich feststellen musste, dass Mike die Geschwindigkeit nicht um einen Kilometer überschritt. Das Ende vom Lied war, dass als ich am Flughafen angekommen war, die Füße in die Hand nehmen mußte und zwei Minuten vor Schluß endlich meinen Boarding Pass in den Händen halten konnte.
Der Flug war nicht besonders aufregend, bis auf dass ich natürlich die unter Druck stehende Kondensmilch über die Sitze der neben mir sitzenden Personen verteilen musste. Es war mir äußerst peinlich, aber so kam man wenigstens ins Gespräch. Irgendwie glaube ich, dass das Verteilen von Milchprodukten auf anderen Leuten bei uns in der Familie liegt: Mein Vater hat es mal gebracht, Schlagsahne aus der Dose auf anderen im Café sitzenden Personen zu verteilen (sorry Vater, dass ich das hier erzähle).

Und es soll doch tatsächlich Leute geben, die behaupten, in Canberra sei am Wochenende nichts los!

Und es soll doch tatsächlich Leute geben, die behaupten, in Canberra sei am Wochenende nichts los!

In Canberra angekommen erwartete mich etwas, was ich aus Australien noch nicht kannte: Regen! Am Flughafen waren alle super freundlich und glücklich, weil es sich dabei um den ersten Niederschlag seit Monaten handelte. Nachdem ich meine Freude hierüber gerade noch unter Kontrolle halten konnte, erkundigte ich mich erstmal nach dem nächsten Bus in die Stadt. Ich dachte erst, dass ich die Frau an der Information aufgrund ihres starken australischen Akzents nicht richtig verstanden hatte, auf erneutes Nachfragen erhielt ich aber die selbe komische Antwort: Es gibt am Wochenende keinen Bus vom Flughafen in die Stadt!!! Dies war meine erste Erfahrung mit dem, was man in der australischen Hauptstadt als "öffentliches Verkehrssystem" bezeichnet. Ich denke, dass es in manchen Hauptstädten sogenannter Drittweltländer ein besseres Bussystem gibt als in Canberra. Man kann es eigentlich fast mit einer deutschen Meisterschaft des FC Schalke 04 vergleichen, beides ist schlimm - wobei, wenn ich es mir recht überlege, tue ich den Australiern damit unrecht - so grauenvoll ist es auch wieder nicht. Ein Vergleich mit dem Bussystem in der tiefsten Eifel tut es wohl auch.
Um das Problem zu lösen habe ich mir also zusammen mit einer ebenfalls leicht geschockten Engländerin ein Taxi geteilt. Da sie zur Nationalgalerie wollte, ließ mich der Taxifahrer dort ebenfalls raus und ich machte mich zu Fuß auf den restlichen Weg. Eigentlich kann ich ja Karten lesen und finde mich auch schnell zurecht, aber in Canberra half mir das alles nichts: Da hören die Bürgersteige einfach irgendwann auf und man kommt nicht weiter, da man direkt auf einer Hauptverkehrsstraße laufen müßte. Immer wenn ich dachte, dass ich wohl jetzt auf dem richtigen Weg sein sollte, musste ich umdrehen und einen neuen Weg suchen. So benötigte ich für die eigentlich relativ kurze Strecke knappe zwei Stunden (und es regnete natürlich weiter).

Nachdem ich nun endlich eingecheckt hatte und meine Zimmerkameraden kennen gelernt hatte (zwei Franzosen und ein Schwede), erfuhr ich, dass am Abend ein Rugbyspiel im Stadion stattfindet und es noch Restkarten hierfür gibt - der Grund hierfür stellte sich später noch heraus. Da ich noch nie ein Match gesehen hatte, beschloss ich, dort hinzugehen. Da aber noch einige Stunden Zeit übrig waren, machte ich mich zuvor noch auf den Weg zum australischen Kriegerdenkmal.
Wer nun denkt, dass der Weg leicht und locker war, der irrt sich - ich war nämlich erneut auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen. Nachdem ich also etwa 45 Minuten auf den nur jede Stunde fahrenden Bus in die Innenstadt (wenn man die so nennen möchte) gewartet hatte, musste ich feststellen, dass es am Hauptumsteigebahnhof für Busse keinen gescheiten Fahrplan gab, der einem sagt, welche Linie man zum Denkmal nehmen muss. Da ich auch keinen fragen wollte, sagte ich mir: "Nun gut, dann holst du schnell noch etwa Geld und gehst die 2 Kilometer halt zu Fuß, geht ja eh nur geradeaus." Ich sollte vielleicht besonders auf das Wort "schnell" hinweisen, da das Geldabheben doch deutlich schwieriger war als ursprünglich gedacht. Nachdem ich nach verzweifelter Suche endlich die Bank gefunden hatte, bei der ich keine Gebühren bezahlen muss, sagte mir der Automat, dass er mir aus technischen Gründen leider kein Geld geben könne.
Das war zu viel! Nachdem ich diesem Tag schon Regen, keinen Bus in die Stadt, die schier endlose Suche nach dem Hostel und ein beschissenes Nahverkerssystem ertragen musste, war der Geldautomat der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Ich habe in der Bank lautstark meinem aufgestauten Unmut Luft gemacht und wer schon mal mit mir Fußball geguckt hat, weiß ja, dass ich dabei auch manchmal außfallend werde. Auf jeden Fall haben mich alle Leute angestarrt, als wenn ich vom Mars komme - das war mir in diesem Fall aber echt egal. Die haben eh alle nichts verstanden, hab nämlich auf Deutsch geflucht.

Die Kränze sind noch vom ANZAC-Day. Findet jemand den deutschen Kranz??? Im Hintergrund das neue Parlament.

Die Kränze sind noch vom ANZAC-Day. Findet jemand den deutschen Kranz??? Im Hintergrund das neue Parlament.

Um an dieser Stelle mal etwas zu kürzen: Ich bin also letztendlich noch zum Denkmal gekommen - und zwar zu Fuß. Dort haben die Australier in wirklich beeindruckender Art und Weise alle Kriege aufgearbeitet, in denen Soldaten von ihnen gekämpft haben. Ich habe mich beim Betrachten der Ausstellung dann doch etwas komisch gefühlt, den irgendwie hätten die Australier ohne "deutsche Hilfe" nicht viel zum Ausstellen gehabt. Fast alles handelt vom ersten und zweiten Weltkrieg und auf wirklich jeder Tafel stand irgendetwas über die Deutschen zu lesen. Na ja, wie gesagt, war schon irgendwie komisch. Auf jeden Fall ging ich danach zum Rugby, was sich ebenfalls als schwieriger erweisen sollte als gedacht...

So sieht das australische Kriegerdenkmal von außen aus...

So sieht das australische Kriegerdenkmal von außen aus...

... und drinnen steht jede Blume für einen gefallenen Soldaten.

... und drinnen steht jede Blume für einen gefallenen Soldaten.

© Jonas L., 2005
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Moin. Ich fliege im April von Frankfurt über Dubai nach Brisbane, wo ich insgesamt drei Monate ein Praktikum in einer Highschool machen werde. Meine Aufgabe dort ist es, die Deutschlehrerin zu unterstützen. Während dieser Zeit habe ich vor, in den Schulferien nach Tasmanien zu fliegen, ehe ich nach dem Praktikum noch einem Monat durch Australien und gut zwei Wochen durch Neuseeland toure. Dann geht es Mitte September wieder zurück nach Deutschland.
Details:
Aufbruch: April 2006
Dauer: 5 Monate
Heimkehr: September 2006
Reiseziele: Australien
Neuseeland
Der Autor
 
Jonas L. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
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