Fünf Monate Kängurus und Kiwis
Von Feiertagen und dem Älterwerden
Bevor ich jetzt anfange, über meine ersten Tage an der Highschool zu schreiben, möchte ich euch noch beruhigen. Ich werde nicht jede Woche aufzählen bzw. erzählen, was ich gemacht habe. Das wäre denke ich sowohl für euch als auch für mich ziemlich langweilig; stattdessen würde ich mich über regen E-Mailkontakt freuen. Falls natürlich etwas spannendes passiert, werde ich es wie gewohnt hier reinschreiben.
Also, dann fange ich mal an: Freitag war also mein erster Schultag - beziehungsweise ein "Schnuppertag". Ich wurde erstmal allen Lehrern vorgestellt, die an uns vorbeiliefen, wobei ich mir nicht einmal fünf Namen behalten konnte. Zum Glück tragen die meisten Lehrer Namensschilder, so dass man kurz nachgucken kann, wen man denn gerade nach dem Weg fragt. Für mich sieht da jedes Gebäude fast gleich aus. Liegt wohl daran, dass die Schule relativ schnell hochgezogen werden musste, da die Bevölkerungszahl hier in den 60er Jahern dramatisch anstieg. Na ja, auf jeden Fall waren alle sehr nett zu mir und ich konnte auch gleich einer der beiden Deutschklassen an der Schule kennen lernen. Sie haben mir alle möglichen Fragen über Deutschland gestellt, wobei sie am meisten von unseren Autobahnen fasziniert waren. Da es an der Highschool nicht ein zentrales- sondern mehrere kleine Lehrerzimmer gibt, bin ich in einem Raum mit der Deutschlehrerin und den Mathematikern. Das ist eine ganz neue Erfahrung für mich - Mathematiker können ja auch richtig nett und witzig sein. Auf jeden Fall gefällt es mir dort sehr gut!
Wie ich ja zum Ende des letzten Kapitels geschrieben habe, haben wir am Samstag Katies Geburtstag gefeiert und ich war mit der Dekoration der Fahrräder beauftragt - dementsprechend sahen sie aber auch aus und es mußte von Seiten des Großvaters etwas nachgeholfen werden. Egal, die Feier war auf jeden Fall sehr schön, weil auch gleich die Eltern eingeladen wurden und es Bier und Wein für uns gab. Dabei bin ich mit den meisten ins Gespräch gekommen und sie waren alle ganz stolz, ein paar Worte Deutsch mit mir sprechen zu können. Auch wenn sich dies größtenteils auf "Hallo" und "Danke" beschränkte.
Das bin ich mit meiner Gastfamilie. Die Füße habe übrigens nicht ich, sondern derjenige der das Foto gemacht hat abgeschnitten. Ich wollte also nicht verstecken, dass ich Flip-Flops - oder wie man hier sagst Thongs - trage. Nur damit Mario und Marcel sich nicht gleich wieder beschweren .
Der Sonntag begann ziemlich spannend, da ich am Frühstückstisch gleich erstmal erfahren habe, dass die Polizei die Leiche eines Jungen der im Brisbane River ertrunken war knappe 200 Meter von unserem Haus entfernt aufgefunden hat. Aus diesem Grund war direkt vor unserer Haustür die Polizei die alles absperren mußte. -> Maria und Anne: Genau an der Stelle, an der wir zwei Tage vorher noch gesessen haben.
Anschließend sind wir dann nach "Dreamworld" gefahren. Das ist ein Vergnügungspark hier in der Nähe, der etwa halb so groß wie der "Heidepark" in Soltau ist. Was soll ich dazu noch groß schreiben, ich gehe doch davon aus, dass jeder von uns schonmal in einem Themepark war.
Da war er nun also, mein erster "richtiger" Schultag und er begann gleich mit einem für mich völlig unbekannten Ding: einer Schulversammlung. Das gibt es hier jeden Montag; alle Schüler und Lehrer treffen sich in einer großen Hall und es werden die wichtigsten Neuigkeiten der Woche bekannt gegeben und die Nationalhymne gesungen. Dieses Mal war es aber etwas besonderes, da die Versammlung zu Ehren der Soldaten abgehallten wurde, die bei der Invsion der ANZAC (Australian New Zealand Army Corps) in der Türkei 1915 ihr Leben ließen. Da diese Operation am 25. April begann, war der folgende Dienstag gleich ein Feiertag - und zwar einer der höchsten, den die Aussies haben.
Diese Gedenkfeier war schon irgend komisch. Sie fand in jeder Schule statt und den Australiern ist dieser Nationalfeiertag wirklich wichtig. Wenn man dies mit unserem höchsten Nationalfeiertag vergleicht (3. Oktober), ist es schon fast ein bißchen traurig, mit wie wenig Beachtung und Patriotismus wir diesen Tag begehen. Für die meisten Leute (und da schließe ich mich ein) ist doch das Wichtigste, dass dieser Tag frei ist.
Am Abend guckten wir dann alle zusammen "Gallipoli" - ein Film mit Mel Gibson aus dem Jahr 1981, der die Geschichte rund um die Invasion der ANZAC in der Türkei erzählt. Das war eine gute Einstimmung auf den nun folgenden Feiertag.
Ich hatte ja kurz überlegt, ob ich zum Dorn-Service gehen sollte, als ich aber erfuhr, dass der Gottesdienst schon um 4.30 Uhr anfängt, habe ich diesen Gedanken schnell wieder verworfen. So konnte ich also ausschlafen und nach dem Frühstück fuhren meine Gastfamilie und ich mit der Fähre in die Stadt, wo wir den Feiertag mit Picknick und sonnen verbrachten. Abends erzählte Mike (mein Gastvater) mir, dass die Familie am kommenden Wochenende nicht zu Hause ist und ich allein sein würde. Da es sich aufgrund des Labourdays (1. Mai) aber um ein langes Wochenende handelt, hatte ich keine Lust, die ganze Zeit keinen zum Unterhalten zu haben. Aus diesem Grund habe ich spontan beschlossen, am 29. nach Canberra zu fliegen. Den Tripp hatte ich eh vor und so kommt er halt relativ früh in meiner Planung. Nach der Planung bin ich dann zum Ausklang des Tages mit Mike in seinen Buchklub gefahren, wo sie über ein Buch über das Dritte Reich diskutiert haben. Das war für mich als Deutschen sehr interessant und außerdem war das Essen dort fantastisch.
Am Mittwoch hatte ich dann wieder Schule und auch gleich meine erste Stunde zu halten. Ich wollte ja eigentlich damit ein bis zwei Wochen warten, habe aber aus Freundlichkeit gefragt, ob ich irgendwie helfen kann (Leute die mit mir Skat spielen wissen, dass ich auch oft nur die 18 sage um nett zu sein). Na ja, auf jeden Fall war die Stunde ein voller Erfolg und ich hoffe, die Schüler haben verstanden, wie sich bei Konjunktionen wie "weil" und "wenn" die Wortstellung im Deutschen ändert. Ob es geklappt hat, werde ich morgen sehen.
So, dass war's mal wieder. Ich lass nach meinem Tripp nach Canberra wieder von mir hören.
Ach ja, eine Nachfrage hab ich dann doch noch. Sehe ich irgendwie alt aus - ich meine wirklich alt? Mir wurde letzte Woche im Zug das erste Mal in meinem Leben ein Sitzplatz von einem Jüngeren angeboten. Ich werde wohl doch auch älter...
Die Story Bridge gilt als eines der Wahrzeichen von Brisbane.
Die Fähren sind hier öffentliches Verkehrsmittel und folglich sehr günstig. Von einem Ende der Flusses bis zum anderen dauert die Fahrt etwa eine Stunde.
Wie man hier sieht, waren wir nicht die einzigen, die den ANZAC-Day zum Picknicken nutzten.
Aufbruch: | April 2006 |
Dauer: | 5 Monate |
Heimkehr: | September 2006 |
Neuseeland