Einmal ans Ende der Welt und zurück
Ankunft in der Wildnis
Raus aus dem Großstadttrubel
Nach einer 20-stündigen Anreise von Lima bin ich in El Calafate (auf der argentinischen Seite Patagoniens) aus dem Flugzeug gestiegen und war überwältigt von dem, was mich da erwartete. Wunderschöne Landschaft, Sonnenschein, eine kühle Briese und endlose Weite...genauso hatte ich es mir vorgestellt
Und nachdem ich meinen ersten Schock überwunden hatte, dass man nicht erwarten darf, an argentinischen Geldautomaten tatsächlich an Geld zu kommen, konnte ich es sogar genießen. Ja... die endlos langen Schlangen vor den Banken und die Mitteilung "Dieser Bankautomat hat leider kein Geld mehr zur Verfügung" gehören leider zum argentinischen Alltag. Grund hierfür ist anscheinend, dass die Inflation der argentinischen Währung ihren Lauf nimmt, die Preise immer höher werden, aber der höchste verfügbare Geldschein umgerechnet nur ca 10€ wert ist. So schnell kann die Bank die Scheine nicht nachfüllen, wie Argentinier und Touristen sie leeren. BesondersBesonders vor, nach und zum Wochenende führt dies zu nervigen Engpässen...
Die ersten Tage
In den ersten Tage habe ich zusammen mit Christian- einem Bekannten aus Deutschland- Touren unternommen. Wir hatten uns im März 2015 im Skiurlaub flüchtig kennengelernt. Als wir uns damals auf der Almhütte über unsere noch völlig unkonkreten Südamerika-Pläne austauschten und rumwitzelten, dass wir uns dort treffen werden, habe ich weder daran geglaubt, dass er oder ich tatsächlich nach Südamerika gehen, geschweige denn, dass ein Treffen am anderen Ende der Welt tatsächlich Realität wird. Aber so kam es tatsächlich und er konnte sein Praktikum in Córdoba (Argentinien) für ein paar Tage unterbrechen, um zu reisen. So haben wir zunächst El Calafate und Umgebung zu Fuß erkundet, einen Reitausflug durch die patagonische Steppe unternommen, den Perito Moreno Gletscher bestiegen und dann die berühmten "Torres" im chilenischen Nationalpark "Torres del Paine" ("Die Türme des blauen Himmels") in einer an meine körperlichen Grenzen gehende Tageswanderung erklommen.
Der Perito Moreno Gletscher (5 km breit und 60 m hoch). Einer der wenigen argentinischen Gletscher, die nicht an Größe verlieren. Und trotzdem kommt er pro Tag bis zu 2 m voran und "kalbt" in seiner Gletscherzunge ständig neue Eisberge.
Die Wanderung auf dem Eisberg mit Steigeisen unter den Füßen war eines meiner bisherigen Patagonien Highlights
Wandern, Campen, Trekkingfreaks treffen
Nachdem die Tageswanderung im Torres del Paine so viel Spaß gemacht hat, habe ich mich nun alleine für eine weitere Tour mit 2 Nächten Camping im Park entschieden und habe neben ein paar kleinen Wanderungen an verschiedenen Seen auch die 25km lange Westroute des bekannten "W-Treks" zum Gletscher "Grey" gemacht.
Mein Schlafplatz für zwei Nächte...tatsächlich konnte ich hier besser schlafen, als die letzten Hostelnächte zuvor
Pingüinos magelanos :)
Als nächste Station stand Punta Arenas auf meinem Plan. Ein Stück weiter nach Süden, aber noch immer in Chile liegt das ruhige kleine Städtchen, in dem ich die Zeit hauptsächlich dazu genutzt habe, meine weitere Reise zu planen, einen netten Abend mit ein paar Deutschen zu verbringen und Pinguine anzuschauen!
Einsam am Ende der Welt
Das alleine reisen ist um einiges anstrengender und vor allem einsamer, als ich es mir vorgestellt hatte. Noch habe ich mich nicht so richtig daran gewöhnt. Klar hat es seine Vorteile, alles selbst entscheiden und keine Kompromisse machen zu müssen und beim Wandern den eigenen Rhythmus gehen zu können, aber wenn man nach hart erkämpften 25km ständigen bergauf/bergabs endlich das ersehnte Ziel erreicht hat, ist es ein bisschen traurig, das mit niemandem teilen zu können. Dieses Gefühl von Einsamkeit nimmt einem auch nicht der Smalltalk mit dem 18-jährigen Deutschen neben einem am Gletscher, der auf einer Südamerika-Tour das Geld von Mama und Papa verprasst und sich für besonders cool hält, weil er an jedem Aussichtspunkt ein Selfie mit seinem deutschen Nutella-Glas schießt.
Tatsächlich sind auch Begegnungen mit interessanten und sehr netten Menschen darunter, zu denen man bereits nach kurzer Zeit eine gewisse Verbundenheit fühlt. Umso trauriger ist es dann, wenn jeder bereits am nächsten Tag schon wieder seiner Wege geht und man weiß, dass man sich vermutlich nie wieder sehen wird.
Unter ihnen waren mal wieder Menschen mit den krassesten Geschichten und Vorhaben. Z.B. eine Gruppe Deutscher, die in 8 Monaten von Feuerland nach Ecuador mit dem Fahrrad fahren oder zwei junge amerikanische Outdoor-Freaks, die 2 Jahre Südamerika mit dem Zelt, Schlafsack und Kletterausrüstung größtenteils zu Fuß unsicher machen. Bei vielen Geschichten, die diese Begegnungen mit sich bringen, erscheint mir mein eigenes Abenteuer ganz schön langweilig, mainstream und pauschaltouristisch. Stelle ich mir jedoch dann mich vor 5 Jahren vor, dann erlebe ich hier wohl fast täglich Situationen, in denen ich über mich selbst hinauswachse.
Das Hostelleben nervt
Belohnt wird man mit den Erlebnissen und Erfahrungen seines Lebens, doch die Alltäglichkeiten des Reisens nerven! Jede Nacht mit neuen und völlig fremden Menschen im Gemeinschaftsschalfsaal schlafen (darunter nicht selten mehr als fragwürdige Gestalten), nachts um 2 oder morgens um 6 vom Geschnarche, Geröchel oder im Rucksack Gewühle seiner Zimmergenossen geweckt zu werden, Anstehen in der Gemeinschaftsdusche, null Privatsphäre, die ständige Angst um seine Wertsachen, weil die Zimmer immer und für jeden zugänglich sind und limitierte Möglichkeiten, Strom zu beziehen stehen an der Tagesordnung und strengen mich schon nach 2 Wochen in extremsten Maße an. Nach einer entspannten Nacht mit drei netten, ruhigen, deutschen Mädels erwarten mich heute mal wieder 3 betrunkene (männliche) und auf unangenehme Weise an mir interessierten Chilenos, die vorübergend in Punta Arenas zum arbeiten sind und eine günstige Bleibe brauchen.
Peru vs Patagonien
In den ersten Tagen hatte ich ja schon einen kleinen Kulturschock- keine frisch gepressten Obstsäft an jeder Ecke, Langeweile in den Speisekarten, Supermärkte statt Straßenständen, unfreundliche Menschen, niemand, der sich auf meine Verhandlungsversuche einlässt, europäisches Preisniveau und überall englisch sprechende Touristen und Tourenanbieter. Es war ein bisschen wie zurück kommen in die westliche Welt. Doch ich will mich nicht beschweren, denn angenehme Temperaturen, sich uneingeschränkt verständigen zu können, sich in den Straßen auch als Frau frei bewegen zu können und als Fußgänger als vollwärtiges Mitglied des Straßenverkehrs angesehen zu werden, haben schon auch ihre nicht zu verkennenden Vorteile!
Aufbruch: | 21.10.2015 |
Dauer: | 4 Monate |
Heimkehr: | 23.02.2016 |
Chile
Argentinien
Frankreich