Wo die Sonne aufgeht
Der Norden: Schönes und Bedrückendes
Der Fluss Yuam ist über Nacht ziemlich angestiegen und fliesst trübe, mit Holzstücken durchsetzt an unserem schönen Gästehaus vorbei. Die Wolken hangen tief, als wir frühstücken. Doch als wir losfahren, heben sie sich langsam, und die Sonne blinzelt ab und zu mal dazwischen. Die Strecke südwärts Richtung Mae Sot führt uns wieder durch dichten, grünen Wald, ein paar Dörfer mit Bergstammbewohnern und hier und da Reis- und Maisfelder. Nach einer Stunde wird die Strasse sehr rau, und wir kommen nicht mehr so schnell vorwärts. Doch es kommt noch rauer... Auf etwa fünf Kilometern ist die Strasse, die sich durch die steinigen, rotbraunen Hügel frisst, gar nicht mehr geteert. Rinnen und Buckel durchziehen den steilen Fahrweg - einmal mehr sind wir sehr dankbar um unser hochgesetztes, starkes Auto. Mit einem normalen PW wäre dieser Abschnitt nicht fahrbar gewesen. Wir begegnen zwei Minibussen, deren Fahrgäste den Berg hochgehen mussten. Baumaschinen stehen bereit, die Strasse ist im Bau. Aber es scheint, als würde abgewartet, bis die Regenzeit vorbei ist, bis weitergearbeitet wird.
Nach etwa der Hälfte der 4 - 5 stündigen Strecke wird die Strasse besser und wir kommen deutlich schneller voran. Wir treffen auf den Moei-Fluss, der etliche Kilometer das einzige ist, was uns von Myanmar trennt. Über dem Fluss steigen steile, grün bewachsene Berghänge hoch, um dann wieder ins Tal abzufallen. Oft fahren wir durch lichten Teakwald, wo die Sonne ihre Strahlen durchschicken kann. Es ist eine abwechslungsreiche Landschaft, die sich uns hier präsentiert.
Auf einmal werden die Wolken dunkler, und es beginnt zu regnen. Wieder hangen die Wolken tief in den Bäumen. Als wir an den Flüchtlingcamps (viele sind Karen, die von Myanmar über die Grenze geflüchtet sind) vorbeifahren, regnet es zwar nicht mehr, aber das Grau passt zu den Hunderten von engstehenden, einfachsten Hütten, die am rechten Strassenrand, von Zäunen eingepfercht, stehen. Die Tore sind bewacht. Die Hütten sind ein paar Quadratmeter gross, aus Bambus und mit Blättern gedeckt. Nur die wenigsten haben mindestens eine Blache übers Dach gelegt oder sogar ein Wellblechdach. Als ich aussteige, ruft mir ein Junge immer wieder "Sawadee khap" zu, mit seinen Augen zieht er mich zu ihm hin. Drei andere Kinder sehe ich unter dem Vordach. Auch sie sind schmutzig, wie der Junge. Wie leben die Kinder hier? Werden sie unterrichtet? Was passiert mit den Sehnsüchten der Teenager und Jugendlichen? Haben die Erwachsenen, die schon lange hier leben, überhaupt noch Hoffnung?
Am nächsten Polizeiposten steht ein Soldat mit dem Gewehr im Anschlag. Ist es nur Angeberei, oder hat es mit der Situation des riesigen Flüchtlingcamps zu tun? Wie immer werden wir, sobald die Polizisten "den Inhalt" des Autos entdeckt haben, freundlich durchgewunken.
Bald schon erreichen wir die grosse Grenzstadt Mae Sot. Wir fahren zum Grenzübergang, weil sich dort ein bekannter Markt befinden soll mit Händlern aus Myanmar, China und Indien. Was wir vorfinden, ist reger Betrieb bei der Grenze (aber kein Markt); Fahrzeuge, die nach Myanmar wollen, solche, die nach Thailand einreisen. Wir schlendern im Grenzbereich herum, auch weil wir gerne einen Blick nach Myanmar werfen möchten. Am Fluss unten, der auch hier wieder die Grenze bildet, stehen slumartige Hütten, ja Zelte müsste man sagen. Hunde knurren sich zähnefletschend an, ein Soldat mit dem Gewehr in der Hand patroulliert, dunkle Asiaten, wahrscheinlich Burmesen, mit glänzenden Äuglein sitzen träge auf dem Geländer, Abfall liegt herum - uns ist irgendwie nicht wohl.
Wir finden unser Gästehaus auf Anhieb und sind mit der Wahl sehr zufrieden. Einfache, geräumige Zimmer, sauber, anständiges Badezimmer, sogar mit Frühstück (das man sich selbst zurecht macht), und das nur 400 Baht (ca. 12 Franken) pro Zimmer. Zum Glück gab es zumindest in einem Zimmer anständige Matratzen (die anderen waren trotz Auflage hart, sehr hart, aber den Kindern macht das nichts aus).
Das Nachtessen nahmen wir im schönsten Restaurant ein, das wir je besucht hatten. Da hat sich ein (Garten-)Architekt seinen Traum erfüllt: Genial angelegt liegen massive Holztische zwischen Bächen, kleinen Wasserfällen, hellen Steinen, Bäumen und Pflanzen aller Art. Alles ist ultrasauber. Auch die Abschlüsse, die Kanten sind hier wirklich schön gemacht, nicht wie so oft nachlässig und ungenau. Ein herrlicher Ort!
Aufbruch: | 21.09.2016 |
Dauer: | 4 Wochen |
Heimkehr: | 15.10.2016 |