Südafrika -Once again
In vino veritas
13.11.16
Wetter: Heiter bis wolkig 19C frischer Wind in Böen stürmisch
In Vino veritas
Der Tag beginnt heute gemütlich. Um 8:00 singt Miriam die Afrika-Hymne, wir sind aber schon wach.
Andreas besorgt uns in der wuseligen Küche ein frühstückstypisches Heißgetränk, welches wir vor unserem Zimmer in Ruhe trinken. Es windet jetzt schon stark und der Himmel hält sich noch bedeckt.
Erst gegen 10:00 brechen wir auf in Richtung Waterfront um ein nicht selbst zubereitetes Frühstück zu uns zu nehmen.
Danach bummeln wir gemütlich durch den Food Market und bedauern das ein oder andere Mal, leider schon satt zu sein. Eine Fülle von kleinen Ständen locken mit Köstlichkeiten. Frisch gepresste Smoothie's Kuchen, Austern, Bilton, Samosas und und und. Dazu spielt eine Live Band und es ist fast so schön, wie in der Old Buiscit Mill. Glaube ich zumindest.
Da ich langsam schon vom bloßen betrachten der vielen Leckereien Sodbrennen bekomme, wechseln wir in die nächste Halle. Das ist die, mit den vielen schönen Dingen. Dinge die niemand braucht aber trotzdem gerne hätte. Ich fühle wie unstillbare Kaufeslust in meinem Inneren versuchen an die Oberfläche zu gelangen. Ich ringe mit mir, schaue, gehe weiter, bleibe stehen und schaue wieder. Ich schaffe es tatsächlich die gesamte Halle zu durchqueren ohne etwas gekauft zu haben. Stolz breitet sich in mir aus. Auf dem Rückweg durch dieses bunte Paradies kapituliere ich. Ein kleiner Stand mit einer reizenden alten Lady lässt meinen Anti-Kauf-Schutzwall zerbröseln wie eine Sandburg am Strand von Camps Bay im Kapstädter Wind.
Die Lady hütet einen kleinen Schmuckstand mit wundervollem Silberschmuck in Kombination mit süßen kleinen Porzellan Anhängern. Als sie mich mit einem warmen Großmütterlichen Lächeln einlädt näher zu treten, ist es geschehen. Ich muss diese eine Kette haben aber bitte mit dem Anhänger vom Armband. Denn genau diese Kombination hat mein kleines Käuferherz zum pochen gebracht. Ich erkläre ihr mein Anliegen.
Sie guckt etwas unsicher und gesteht, dass sie den Stand heute nur für ihre Kinder hütet und sich leider gar nicht auskennt. Das ist kein Problem, beruhige ich sie, mein Geldbeutelträger hat beträchtliches handwerkliches Geschick und würde das schon richten. Während Andreas also die Schmuckstücke in die von mir gewünschte Konfiguration bringt, hält Grandma stolz eine kleine Zange in die Höhe und fragt, ob diese hilfreich sein könnte. Der Heimwerker König hat seine Arbeit aber schon zur vollsten Zufriedenheit beendet und alle Beteiligten sind glücklich. Strahlend drücke ich Granny die Scheinchen in die Hand, sie macht pflichtschuldig einen Strich auf ihrer Verkaufsliste und mein Held legt mir das neue Geschmeide an.
Jetzt wo das selbst auferlegte "ich kaufe nichts Gelübde" gebrochen ist, gehen die nächsten Einkäufe ganz einfach. Denn auch ein Straußenei nebst Holzständer wandern noch in die Einkaufstüte. Bei Teabag-Design muss es auch noch eine Kleinigkeit sein, allein schon wegen der guten Sache und des reinen Gewissens. Bevor ich alle Barschaften auf den Kopf haue, geleitet mich mein Schatzmeister an die frische Luft und erinnert daran, dass ich doch eigentlich in Constantia Weingüter besichtigen wollte.
Von meinen Errungenschaften noch ganz beseelt kehren wir zum Auto zurück. Die Tüte mit den neu erworbenen Schätzen wird liebevoll im Kofferraum verstaut.
Bei Google erfahre ich, dass Sonntags nicht nur die Old Buiscit Mill geschlossen hat, sondern auch Buitenverwachting. Tja, wenns läuft, läuft's. Groot Constantia hatten wir letztes Jahr schon im Program und so fällt die Wahl heute auf Steenberg. Gegründet 1682 kommt es in modernen klaren Linien daher und lockt einen förmlich Platz zu nehmen, in einer dieser bequemen Sitzgruppen, direkt an den geometrisch angelegten Wasserbecken. Auf dem Weg zum Tasting Room fällt uns ein Schild ins Auge, auf dem vor kreuzenden Schweinen gewarnt wurde. Erstaunlich, dass auf diesem gepflegten Estate, wo der Rasen bestimmt mit der Nagelschere geschnitten wird, Schweine rumlaufen. Aber gut, andere Länder, andere Sitten.
Ich entscheide mich für das Classic Tasting, der Driver bleibt beim Wasser.
Im vino veritas sagen die alten Lateiner und meinen damit gemeinhin, dass Betrunkene zu betrunken sind, um zu lügen. Wenn auch im Wein die Wahrheit liegen mag, so ist damit nicht gesagt, das auch der Weinerzeuger automatisch nie lügt. Aber lassen wir das...
In der Sitzecke neben uns unterhält ein deutschstämmiger Südafrikaner (eigene Aussage) mit ausgeprägtem Profilierungsdrang seine Schweizer Freunde mit Geschichten aus seinem Leben. Uns übrigens auch. Denn er ist nicht nur sehr mitteilungsbedürftig, sondern auch sehr laut. Als wir in seiner Vita soweit sind, dass wir schon fast geneigt sind ihm auch noch einige Tipps zu geben, wie er ein Buisness aus IT,Fallschirmspringen und Skilaufen unter einen Hut bekommt, das am liebsten alles Online, damit er sich jederzeit in einem Land seiner Wahl aufhalten kann, ziehe ich die Reissleine und wechsele den Tisch. Wir wollten uns wenigstens die Option offenhalten unter Umständen auch ein Gespräch zu führen, ohne uns anzuschreien.
Die Wein-Lady nickt verständnisvoll und schenkt nochmal nach. Alle probierten Weine und Sparklings schmecken hervorragend, die Sonne scheint, der Nachmittag ist schön. Selbst das Schwein, übrigens ein stattliches Hängebauchschwein kommt vorbei getrottet und schmeißt sich Diven gleich direkt am Eingang auf der Wiese in die Sonne. Streicheleinheiten werden hoheitsvoll entgegen genommen und ab und zu mit einem zufriedenen Grunzen quittiert. Zu vorgerückter Stunde verlassen wir Steenberg, ich leicht wiederwillig, Andreas eher erleichtert,um noch ein letztes Mal an der Waterfront etwas zu essen.
Damit sind unsere Tage in Kapstadt auch schon wieder vorbei. Kapstadt konnte beim zweiten Besuch deutlich mehr überzeugen als letztes Jahr. Wir hatten 4 wirklich schöne Tage. Bekanntes wurde mit Neuem kombiniert und ergab so für uns die perfekte Mischung. Auch wenn die Mother City uns alle Tage ihre stürmische kalte Schulter zeigte. Aber mit genug Gewicht in den Taschen verloren wir nicht die Bodenhaftung.
Fortsetzung folgt...
Aufbruch: | 09.11.2016 |
Dauer: | 3 Wochen |
Heimkehr: | 02.12.2016 |