Abenteuer Amazonas

Reisezeit: Januar 2020  |  von Beatrice Feldbauer

Käse

Blog-Frühstück

Blog-Frühstück

Und ob Alex keinen Fehler mehr machen konnte!

Ich hatte ihm noch gestern geschrieben, dass die beiden den Tagesbus wollen, nicht den Nachtbus, wie er empfohlen hatte. Nein, den Tagesbus, der am frühen Morgen in Nasca startet und am Abend in Arequipa ankommt. Und bitte Plätze im oberen Teil auf der rechten Seite reservieren. Die Antwort war: "ich habe die Karten gekauft, die ich bekommen konnte". Was auch immer das heisst.

„Wir fahren erst am Mittag, Ankunft in Arequipa kurz vor Mitternacht.“

Ich hatte es geahnt, es wäre zu schön gewesen, wenn es einfach so geklappt hätte. Ich versuche mich abzulenken, versuche mit den Gedanken hier zu bleiben und nicht dort. Lege mich nach dem Frühstück in die Hängematte mit einem Buch. Wozu habe ich denn die halbe Bibliothek mitgeschleppt.

Das Buch eines 19-jährigen, der sich in eine 30 Jahre ältere Frau verliebt, bringt mich auf andere Gedanken. Buchstäblich. Gedanken eines pubertierenden jungen Mannes sind mir tatsächlich so fremd, dass ich abdrifte, in andere Zeiten, andere Sphären, in eine englische Kleinstadt vor 40 Jahren eintauche. Genau das will man, wenn man liest. Sich in jemand anderen eindenken, ein wenig träumen. Ein wenig neidisch, oder zufrieden mit dem eigenen Zustand sein.

In diesem Fall bin ich sehr zufrieden mit meiner eigenen jetzigen Situation, auch wenn sie im Moment etwaas verworren scheint. Das geht vorbei. Mich stört nur, dass ich Alex vermittelt habe und er sich jetzt gegenüber meinen Freunden so unmöglich verhält, während ich hier bin und keinen Einfluss mehr nehmen kann.

Schon wieder abgedriftet, zurück zu unserem ungleichen Paar, zurück in die Hängematte.

Um zwei fahren die beiden in Nasca los, da kommt Flor zu mir, Keylas Schwester. Sie will mir die Fussnägel machen. Ich bestelle einen Krug Maracuyasaft und sie besorgt sich eine Schüssel warmes Wasser. Sie hat ihre kleine Tochter mitgebracht, Flavia. Ihr ist langweilig. Lange hält sie es in der Hängematte nicht aus. Sortiert Mamas Nagellacke, stromert durch den Garten. „Pass auf, fall nicht in den Pool!“ ich komme mir schon wie eine besorge Mutter vor.

Flor kümmert sich um meine Füsse. Wäscht, massiert, cremt ein. Feilt, schneidet und lackiert. Hier in Iquitos ist es absolut üblich, dass man sich die Fussnägel bemalt. Mit bunten Bildern. Mit Blumen und Schmetterlingen. Mit glitzernden Diamanten verziert, oder gar künstliche Nägel macht. An den Füssen wohlverstanden. Man läuft ja auch fast nur in Sandalen und FlipFlops rum. Da dürfen die Nägel ruhig etwas länger sein.

Ich möchte aber, dass sie mir die Nägel kurz hält, schliesslich werde ich bald wieder in geschlossenen Schuhen laufen. Damit Flor das richtig versteht, zeige ich ihr ein paar Schneefotos.

„Es ist kalt in der Schweiz. Unter null Grad, bajo cero.“ „Wow, so kalt?“

Flor hat natürlich keine Ahnung von Kälte. Wenn man hier lebt kommt man schon bei 20 Grad ins Frösteln. Hier sind die Temperaturen eigentlich meistens um 30 Grad, heute steigt das Thermometer aber deutlich höher Da ist es im Schatten hinter dem Pool grad auszuhalten.

Ich muss dringend einen Schluck Maracuya-Saft trinken, wenn ich an die kalte Schweiz denke.

Ein geduldiger Nachmittag, das Malen braucht Zeit. Aber das Ergebnis lässt sich sehen. Passend zu meinen roten FlipFlops, die mir David in Guatemala geschenkt hatte, habe ich jetzt Blumen auf den grossen Zehen. Sie werden mich noch eine Weile an meine Zeit in Iquitos erinnern.

Später liege ich in wieder allein in der Hängematte, zusammen mit meinem Buch, als mir eines der Mädchen ein Stück Pizza bringt. Eine neue Kreation, ich soll meine Meinung abgeben. Walter ist gestern von New York zurückgekommen und hat Käse mitgebracht.

Wir sitzen an der Bar, die Gäste sind alle gegangen, plaudern über Käse und New York und seine Erlebnisse da. Gefroren hat er. Es war kalt in New York. Aber er war erfolgreich, hat seine Tochter besucht und einen alten Bekannten getroffen. Und er war im Käseladen.

„Wir stehen im Stau, seit einer Stunde geht nichts mehr.“ Endlich eine Meldung, mit der ich gar nichts zu tun habe, ausser, dass ich nicht gewollt hatte, dass sie um diese Zeit überhaupt noch unterwegs sind.

Bleiben wir beim Käse. Schweizer Käse hat Walter eingekauft. Einen Ostschweizer, der in New York anscheinend fast in Gold aufgewogen wird. Jedenfalls kommt mir das so vor, als Walter den Preis sagt, den er für die zwei Käsestücke bezahlt hat.

Einen reifen Gorgonzola hat er gekauft und eben diese Neuentdeckung. Den Chällerhocker. Und davon gibt er mir ein Stück zum Versuchen. Fein würzig, fest und jeder Bissen ein Vermögen. Walter bringt immer Käse mit, wenn er wegfährt. Mit Käse und Schokolade aus der Schweiz kann man ihm richtig Freude machen.

Wir reden noch ein wenig übers Leben, über seine Projekte, seine Vorstellungen, über das Haus, das Altern, Walter ist etwas älter als ich. Dann ziehe ich mich zurück. Walter geht früh schlafen, am Abend ist es in der Casa Fitzcarraldo ruhig. Ausserdem bin ich im Moment der einzige Gast.

Wo sie jetzt wohl sind?

„Es läuft wieder“, kam irgendwann herein, ich hatte die Meldung übersehen, aber jetzt kann ich gut schlafen gehen.

Heute gabs nicht viele Fotos. Erstens bin ich nicht so in Stimmung und zweitens kann man einen Mocken Käse auch nicht so einfach fotografieren.
Dafür habe ich den Chällerhocker gegoogelt.

Hiier ist er

Du bist hier : Startseite Amerika Peru Käse
Die Reise
 
Worum geht's?:
Nach vier Jahren kehre ich zurück nach Iquitos, wo ich mit Hilfe von Einheimischen eine Lodge geführt habe. Ich werde Freunde besuchen und freue mich auf neue Begegnungen.
Details:
Aufbruch: 04.01.2020
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 31.01.2020
Reiseziele: Peru
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
Bild des Autors