La Moselle - Wanderung auf den Spuren eines Flusses
5.Oktober Wanderung Le Drumont - Moselquelle
5.Oktober - Wanderung F.A. Gustiberg - Le Drumont - Moselquelle
Mein Plan für die nächsten Tage ist, dem Verlauf der Moselle von der Quelle am Col de Bussang bis Remiremont zu wandern, dann den Zug oder Bus nach Epinal zu nehmen. Dabei will ich mir Zeit nehmen, um die Gegend ein wenig zu erkunden. In jedem Quartier werde ich zwei Nächte bleiben. Nach jeweils einer Etappenwanderung werde ich einen Tag am Ort bleiben, um eine Rundwanderung mit Tagesgepäck zu machen. Ein bloßes "Ablaufen" einer Strecke ist nicht in meinem Sinne!
Für heute ist eine Wanderung zur "Source de la Moselle" mit leichtem Tagesrucksack vorgesehen. Es gab ein üppiges Menü gestern abend: eine Suppe als Vorspeise, drei dicke Scheiben Schweinefleisch mit Kartoffelbeilage und Salat als Hauptspeise und Eis zum Dessert. Dazu reichlich Brot. Ich esse normalerweise wenig Fleisch, aber nach anstrengenden Wanderungen bilde ich mir oft ein, daß genau DAS jetzt das Richtige ist. Die Ferme Auberges sind eine Kombination aus bäuerlichen Betrieben und Herbergen. Sie bieten überwiegend Produkte aus eigener Herstellung an. Das Fleisch stammt aus eigener Schweinezucht, so daß ich hier kein schlechtes Gewissen wegen quälender Massentierhaltung haben muß. Das Frühstück besteht aus vier Scheiben geröstetem Bauernbrot, Butter, Marmelade, einem Schälchen Joghurt, einem Glas Apfelsaft und Kaffee. Ich habe noch Obst und Butterbrote von zu Hause mitgebracht; als Proviant für unterwegs.
Ich wandere zunächst hinauf zum Berg Le Drumont. Der Lärm der LKWs auf der unten im Tal verlaufenden N 66 dringt zunächst noch -wenn auch gedämpft- nach oben, aber bald verschwindet er und wohltuende Stille tritt ein. Nur vereinzelte Vogelstimmen sind zu hören, in der Luft schwirrende Insekten, Kuhglocken. Hier oben sind die sogenannten "chaumes", die Hochweiden. Überall sehe ich die Hinterlassenschaften der Kühe. Ich sehe die schwarzen Tiere auch an einem Steilhang weiden, wie gestern die Schafe. An einer Gruppe von Kühen gehe ich direkt vorbei. Manche haben Glocken um ihre Hälse. Für uns ist Glockengeläut -meistens zumindest- ein Wohlklang. Wie mag es wohl für die Tiere sein? Wie lange brauchen sie, um sich daran zu gewöhnen, daß bei jeder kleinsten Bewegung dieses Ding um ihren Hals so aufdringlich laut bimmelt? Vom Gipfel des Le Drumont auf 1200 Metern Höhe genieße ich ein großartiges Panorama: Der Blick öffnet sich über das Thurtal zum Grand Ballon und weiter bis zum knapp 70 Kilometer Luftlinie entfernten Belchen im Schwarzwald, auf dem ich vor ein paar Jahren mit meinem Wanderfreund Heli ein paar Tage Wanderurlaub gemacht habe. Ich sehe den Ort Bussang im oberen Moseltal, den Ballon de Servance, den Ballon d`Alsace. Die letzte Eiszeit, die vor 10 000 Jahren endete, hat die Landschaft geformt: Die vom Eis rundgeschliffenen Bergkuppen, die U-Täler mit ihren steilen Hängen, Moränen, Kare und schmale, lange Bergkämme. Weiter geht es durch den Wald zum Berg Tête de Fellering. Hier oben hat die Herbstfärbung des Laubes bereits begonnen. Wie vielfältig hier der Wald ist! In den hohen Lagen stehen Tannen, Kiefern, Ebereschen, Birken, Fichten, Ahorne, Eichen, Buchen und -besonders auffallend: Mehlbeeren, deren rote Früchte jetzt reif sind. Eine üppige Krautschicht mit Beerensträuchern, Farnen und Gräsern. Die Wanderwege sind hier nicht breit: Es sind schmale Wurzelpfade, sehr angenehm zu gehen. Nach dem Abstieg vom Tête de Fellering gehe ich durch Buchenwald wieder hinauf zur geschlossenen Ferme Auberge du Drumont, dann abwärts Richtung Col de Bussang. Hier ist das Quellgebiet der Moselle; es gibt ein paar "fontaines" hier oben im Wald. Ich entdecke auch einen kleinen Bachlauf, der mich neugierig macht. Ich gehe zu ihm hinunter. Hier ist es dunkel und alles ist mit Moos überwachsen: Steine, Felsen, Baumstämme, Äste. Ich ziehe Wanderschuhe und Socken aus und setze mich hin. Die Füße im kalten Wasser höre ich auf das Plätschern und Gurgeln des Baches. Ich bekomme Lust, barfuß über den ziemlich steinigen Waldboden zu gehen. Der unmittelbare Kontakt der Fußsohlen mit der Erde ist eine wunderbar sinnliche Erfahrung. Es ist, als ob man das Gehen neu lernt.
Dieser Bach muss der erste Zufluss der Moselle sein. Nach einem kurzen Stück über eine Straße -wieder mit Schuhen - erreiche ich schließlich die eingefasste Quelle der Moselle auf 715 Metern Höhe. Von hier hat sie 550 Kilometer vor sich, bevor sie in Koblenz in den Rhein mündet. Ein schön gestalteter Platz, über den die Moselle in einer Rinne fließt, bevor sie wieder in einem Loch verschwindet. Eine Säule, eine Bank mit kleinen Tafeln, auf denen sich ein paar Besucher -meist Gruppen- verewigt haben. Ich gehe weiter an der gefährlichen Bundesstraße entlang, dann an hohen Grauwacke-Formationen vorbei, schließlich einen sehr steilen Wurzelpfad über den Berg Tête des Russiers (sein deutscher Name ist "Steinkopf") zurück zur Ferme Auberge Gustiberg. Heute gibt es Fleischkuchen, wie die Bedienung es nennt. Französisch "tourte" genannt: eine Blätterteig-Pastete mit Hackfleischfüllung; zum Dessert Heidelbeer-Tarte. C`èst délicieux !
Aufbruch: | 04.10.2023 |
Dauer: | 12 Tage |
Heimkehr: | 15.10.2023 |