Iceperience - wetterfest oder wetterscheu?
14.8. Die Caldera Askja
Wir sind die letzten, die aufstehen (was mir sehr gelegen kommt). Etwas benommen (aufgrund des über Nacht herrschenden Sauerstoffmangels, ich erspare euch weitere Details) mache ich mich zum Wasch- und Toilettenhäuschen auf. Die Waschstelle ist im Freien, das Wasser dementsprechend mobil (oder dachte jemand, es gebe in Island windfreie Zeiten?). Ich springe mutig und zunehmend munterer dem kalten Wasser hinterher, schaffe es, mir ein geduschtes Gefühl zu geben und dann geht es frisch voran zur Askja.
Auch die F88 ist ein zuverlässiger Performer. Auf dem Weg zur Askja "entdecken" und beobachten wir ein weiteres Naturwunder: einen Gletscherflussfall. Tobende Wassermassen und kleine Rinnsäle fließen nebeneinander, in Form eines Hufeisens. Eine unfassbare Lautstärke, die mir sehr deutlich in Erinnerung geblieben ist. Wenn das Wasser die Steine weiter schleift, entsteht hier einmal ein Canyon.
Die Askja gehört zum Dyngjufjoell-Vulkanmassiv und ist ein Einsturzkrater. Durch eine Explosion im Jahre 1875 entstand der so genannte Vitikrater und im Anschluss der Oeskjuvatn. Wenn man den steilen (und nach dem heftigen Regen sehr matschigen, schlammigen) Abstieg wagt (ich nicht), dann kann man im Vitikrater baden, wie uns drei Islaender eindrucksvoll bewiesen. Die dazugehörige Frau und Mutter erklärte uns jedoch (oben, am Rand des Kraters), dass dazu ein sehr tolerantes Umfeld notwendig ist, denn der Schwefelgeruch lässt sich nicht abwaschen - man stinkt einige Tage lang. Ihr freundliches Angebot, mir ein Handtuch zu leihen, damit auch ich den Viti wirklich kennenlerne, lehne ich dankend ab.
Dem starken Wind zum Trotz wandern wir weiter um den Krater zu einem Punkt, an dem wir den Oeskjuvatn übersehen können. Wunderschön. Er ist über 220 Meter tief und beherbergt wahrscheinlich Geschwister des Ungeheuers von Loch Ness. Denn auch um diesen See rankt sich eine dramatische Geschichte. Im Jahre 1907 machten sich der deutsche Geologe Walther von Knebel und der Maler Max Rudloff zu einer Bootstour über den See auf. Das Wetter war schön (anders als bei unserem Besuch, in der Zwischenzeit hatte ein starker Morgentau eingesetzt), dennoch verschwanden die beiden auf dieser Tour. Es blieb ungeklärt, was passiert damals wirklich passiert ist - weder wurden Leichen der beiden gefunden, noch das Boot. Aber es liegt bis heute eine Art Kondolenzbuch aus, in dem man den beiden seine Referenz erweisen kann. Für uns ist dies der Punkt, an dem wir langsam aber sicher zurück zum Auto gehen. Natürlich nicht ohne zu spekulieren, was im Juli vor fast 100 Jahren denn wohl passiert sein könnte. Der Morgentau peitscht und mittlerweile sind auch einige Tagestouristen angekommen (vom Myvatn aus fahren Busse), die der Einöde doch etwas die Ödnis nehmen.
Der Vollständigkeit halber: In der Region hat die die Nasa die erste Mondlandung geübt. Zugegeben, abgesehen von den schon zitierten Touristen, zu denen ich ja auch zähle, ist es hier öde. Aber darum nicht zwangsläufig mondmäßig langweilig. Die unterschiedlichen Farben und Arten von Steinen, die Landschaft insgesamt, die Berge, die Aufbruchstimmung dieser Region, das macht diese Ecke für mich zu einer sehr spannenden.
Für den Rückweg auf die Ringstrasse wählen wir die andere Route. Damit auch ich das echte Offroadfeeling genießen kann, steuere ich unser tapferes Auto über die Piste beziehungsweise durch die Steinfelder. Anders als auf dem Hinweg ist die Piste hier mit riesigen Findlingen durchsetzt, die weniger großen muss man tatsächlich auch "überfahren". Da hilft dann nur der feste Glaube an die Ingenieurskunst und die schon berufene Unbarmherzigkeit dem Material gegenüber. Meine erste Flussdurchquerung verläuft problemlos. Dramatischer fühlt sich da schon die Flussüberquerung mittels einer Brücke an. Vor der Brücke ist ein Tor, die Brücke selbst erinnert mich stark an eine südamerikanische Konstruktion und unter der Brücke tobt wildes, kaltes Gletscherwasser. Genau an dieser Stelle treffen wir zwei Deutsche mit einem Jeep mit Bonner Kennzeichen, die uns vormachen, dass es geht und wie es geht. Wenig später biegen die beiden Richtung Kverkfjöll ab, wir sind wieder allein auf unserem Weg in Richtung Ringstrasse. Ein merkwürdiges Gefühl. Wenn man hier Hilfe braucht, dann sollte man auf jeden Fall Zeit haben. Um kein unnötiges Risiko einzugehen, prüfe ich an der nächsten Furt noch genauer als sonst Wassertiefe und Strömungsstärke - ich wandere hindurch. Das empfand ich schon als heldenhaft, schließlich handelte es sich um einen Gletscherfluss, soll heißen, einen bibberkalten Fluss.
Irgendwann kommen wir sicher in Egilstadir an, stärken uns mit einer Soup of the day, heute Spargelsuppe, und suchen eine Unterkunft. Die hübschen Häuschen am See sind leider ausgebucht und so landen wir in einem Farmhaus außerhalb der Stadt. Warum wir am See nicht gezeltet haben, ist mir heute ein Rätsel.
Aufbruch: | 05.08.2005 |
Dauer: | 17 Tage |
Heimkehr: | 21.08.2005 |