Acht Wochen in Ghana
Ankunft in Bunkpurugu
4. Eintrag:
Ankunft in Bunkpurugu
Am Nachmittag des 7. August haben wir uns in Gruppen aufgeteilt. Es gab insgesamt vier Wahlmöglichkeiten. Ich habe mich für den Aufenthalt in Bunkpurugu entschieden, einem kleinem Ort im Nordwesten der Northern Region. Es ist ein für die Gegend typisches Dorf und liegt nur drei Kilometer von der Grenze zu Togo entfernt. Vor dem Ersten Weltkrieg war Togo eine deutsche Kolonie gewesen, und Teile vom heutigen Ghana standen früher unter deutscher Herrschaft . Bunkpurugu gehörte vor 90 Jahren zu Deutsch-Togo.
Am 8. August machten wir uns auf den Weg. Die Straße war nicht asphaltiert. Aufgewirbelter Staub bedeckte die Piste. Viele Schlaglöcher und Steine erschwerten unser Weiterkommen.
Manchmal musste Pater Thomas abrupt abbremsen, weil Schafe, Ziegen oder Hunde den Weg blockierten. Ein junger, bernsteinfarbener Hund überlebte diesen Tag nicht. Er war uns geradewegs vor die Stoßstange gerannt. Thomas wollte das Tier nicht auf der Straße liegen lassen und trug es deshalb vor die Haustür des Besitzers.
Mit mir nach Bunkpurugu gingen Laurent, mein französischer Zimmergenosse, Ilse, eine Niederländerin und Pater Jacek aus Polen. Pater Thomas, aus Deutschland, wohnt schon seit mehreren Jahren in Bunkpurugu, er arbeitet dort als Missionar.
Die erste grundlegende Erfahrung, die ich in diesem Dorf gemacht habe betrifft das Tempo der Menschen.
Alles ist hier viel langsamer als in der hektischen Stadt.
Zum Beispiel der Tagesablauf am Tag nach unserer Ankunft: Frühstück war um 8:00 Uhr, danach ruhten sich alle erst einmal eine halbe Stunde lang aus. Um 10:00 Uhr sind wir in das Dorf gegangen und haben uns ein bisschen umgesehen. Die erste Station war Patricias Gasthaus. Die Einheimischen reichten uns Kalebassen dessen Inhalt ein würzig riechendes Getränk war, welches "Pito" genannt wird. Es schmeckte sonderbar, ein wenig nach Zimt und es war alkoholisch. Verblüffenderweise hatte ich den Alkohol gar nicht geschmeckt und fühlte mich deshalb ein wenig überrumpelt. Ich hatte nicht die Absicht im angetrunkenen Zustand die Stadt kennen zu lernen. Alkohol um 10:00 Uhr morgens! Eigentlich ist das gar nicht nach meinem Geschmack. Es war an diesem Tag jedoch sehr heiß und irgendwie passte der "Pito" zu der Hitze.
Es gab keine geteerten Straßen in Bunkpurugu, sondern nur Trampelpfade. Für mich, als Europäer, sahen die Straßen alle gleich aus und ich konnte mich kaum orientieren. Erschwerend kam noch hinzu, dass rings um einen herum Milletpflanzungen waren. Die Halme waren übermannshoch, deshalb konnte man nicht über den Weg hinausschauen. Millet ist die englische Bezeichnung für Hirse. Die Bewohner verwenden sie, um Brot zu backen und Pito zu gewinnen. In der Nähe des Dorfes befindet sich ein Fluss, welcher durch einen kleinen Damm aufgestaut wird.
Wir aßen um 12:30 Uhr zu Mittag und danach war erst einmal Zeit für eine Siesta.
Am Nachmittag bin ich zusammen mit Laurent und James, einem Einheimischen, zum Fußballfeld von Bunkpurugu gegangen. Es war nur einige hundert Meter von der Mission entfernt. Ich habe fünf Minuten mitgespielt, danach war ich total erschöpft.
Die Hitze war für mich an diesem Tag doch zu stark um mich sportlich zu betätigen.
In Bunkpurugu leben die Menschen in starker Abhängigkeit zu der Sonne. Es gibt keine Elektrizität im Dorf. Der Tag beginnt um 6:00 Uhr, wenn die Sonne aufgeht und er endet um 18:00 Uhr, wenn sie untergeht. Ein weiterer Faktor, der starken Einfluss auf den Tagesablauf der Leute hat, ist der Regen. Zwischen Juli und November fällt genügend Regen, um die Felder mit Wasser zu versorgen. In dieser Zeit findet ein Großteil der Feldarbeit der Bevölkerung statt. Im Dezember beginnt die Trockenzeit. Während dieser Periode sind die Einwohner nahezu beschäftigungslos, denn fast alle Dorfbewohner sind Bauern und bis zum Ende der Trockenzeit, also im Mai, wächst weder Gemüse, noch Getreide.
Am 10. August kam zu der Hitze noch eine unerträgliche Feuchtigkeit hinzu. Ich schwitzte den ganzen Tag und selbst eine Dusche schaffte nur für kurze Zeit Abhilfe.
Um 9:30 Uhr begann der Sonntagsgottesdienst. Es war ein sehr "moderner" Gottesdienst mit Gitarrenmusik und Gesangseinlagen.
Die Messe dauerte ungefähr zweieinhalb Stunden und das war noch ein relativ kurzer Gottesdienst für ghanaische Verhältnisse!
Am Nachmittag fand eine Gesprächsrunde mit der Jugend von Bunkpurugu statt. Es war geplant in der Kirche eine große Diskussionsrunde über das Thema "Tradition und Moderne" zu führen, wir wurden jedoch vom Regen unterbrochen, welcher so heftig auf das Dach trommelte, dass man sein eigenes Wort nicht mehr verstand. Zum Glück regnete es nicht den ganzen Abend. Die Gesprächsrunde wurde durch einen Tanzabend abgerundet.
Am darauf folgenden Tag ging ich zusammen mit Yennuson, einer Ghanaerin, zum Bibelübersetzungszentrum. Bis jetzt gibt es nur das Neue Testament. Vom Alten Testament wurde bisher nur die Genesis in Moar, die Sprache der Menschen, übersetzt.
Neben der Bibel haben die Beamten auch ein paar Volksmärchen übersetzt. Außerdem existiert ein Buch über die Geschichte der Bimoba.
Moar, die Sprache der Bimoba, wird nur in einem kleinem Umkreis gesprochen. Innerhalb des Bereichs variiert die Sprache von Dorf zu Dorf.
Die Bimoba sind eine von drei Volksgruppen in der Region. Die beiden anderen haben wiederum verschiedene Sprachen. In Bunkpurugu und der Umgebung gibt es nur sehr wenige Moslems, denn die Bimoba sind christlich geprägt.
Auf dem Weg zu den verschiedenen Zielorten hatte ich Zeit mich ausführlich mit Yennuson zu unterhalten. Es ist nicht so einfach alleine mit den Ghanaerinnen zu reden. Ich war deshalb froh einmal die unzensierten Eindrücke einer Frau aus diesem Land zu erfahren:
Es ist nicht leicht für die Mädchen aus Nordghana. Ihre Schulbildung ist im Durchschnitt geringer als die der Jungen. Es wird von ihnen erwartet, dass sie mehr im Haus mithelfen. Für viele Familien ist es zu teuer alle Kinder in die weiterführenden Schulen zu schicken. Sie lassen eher den Jungen eine bessere Ausbildung zukommen.
Während ich mich über die Traditionen informierte haben Laurent und Ilse zusammen mit einigen Dorfbewohnern die alte Mission angemalt.
Am 12. August besuchten wir Nakpanduri. Wir beschlossen dort eine Nacht zu bleiben.
Gegen Mittag empfingen uns die Dorfbewohner. Pater Thomas hatte ein Dutzend Schösslinge mitgenommen. Wir pflanzten sie gemeinsam mit den Menschen aus dem Dorf.
Danach wurden wir zu einem Spaziergang in den nahe gelegenen Bergen eingeladen. Das halbe Dorf begleitete uns, ich ging neben einem Poliogelähmten jungen Mann her und unterhielt mich lange mit ihm. Es war für mich sehr faszinierend mitzuerleben, wie unbekümmert er mit seiner Behinderung umging. Er war auf seinen Krücken fast so schnell wie wir zu Fuß.
Nakpanduri liegt auf einer Anhöhe und die Strasse, welche nach Süden führt schlängelt sich an der Seite eines hohen Berges ins Tal. Wir gingen auf dieser Strasse in Richtung des Tals und hatten einen imposanten Einblick in die Landschaft. Das Land am fuße des Berges war sehr flach. Dies ermöglichte uns sehr weit in das Land hinein zu sehen. Am Horizont konnte ich einen zweiten Berg erkennen. Nach dem Spaziergang wurden wir von den Dorfbewohnern durch traditionelle Tänze und Spiele unterhalten.
Aufbruch: | 31.07.2003 |
Dauer: | 8 Wochen |
Heimkehr: | 26.09.2003 |