Acht Wochen in Ghana
Das Leben in Bunkpurugu
5. Eintrag:
Das Leben in Bunkpurugu
Am 13. August haben wir auf dem Weg von Nakpanduri, zurück nach Bunkpurugu zwei Beerdigungen besucht. Die erste war sehr traurig. Der Mann, welcher uns am Vortag eine Cola spendiert hatte war durch ein Motorradunglück ums Leben gekommen. Der Mann war noch relativ jung. Als wir ankamen herrschte eine sehr bedrückte Stimmung, es war sehr leise und sowohl Frauen, als auch Männer weinten ungeniert.
Die zweite Beerdigung war grundlegend anders. Dort wurde ein alter Mann beerdigt. Dieser Mann war weder Christ noch Moslem. Er war ein Traditionalist. Die Menschen waren fröhlich und tanzten den ganzen Tag. Musik wurde gespielt und der Tote wurde im Sarg herumgetragen.
Viele alte Frauen tanzten ausgelassen auf dem Platz, sie zwangen uns sogar mitzutanzen.
Später, als wir wieder im Jeep saßen und alleine waren, fragte ich Thomas, warum die Menschen auf der zweiten Beerdigung so fröhlich waren.
Er meinte sie seien so froh, weil der alte Mann den natürlichen Lauf des Lebens gegangen sei, dass er nun in einer besseren Welt sei und das Traditionalisten grundsätzlich dem Tod offen gegenüberständen. Zumindest im Norden von Ghana. Ich konnte die Argumente halbwegs verstehen, dennoch bleibt es für mich sehr befremdlich.
Am 14. August fuhren wir am Nachmittag nach Najong. Offiziell heißt der Ort Najong Nr.2. Najong Nr.1 ist ein paar Kilometer entfernt.
Wir sind dort in die Kirche gegangen um die Jugendlichen des Dorfes zu treffen.
Die Kirche war relativ schäbig, ziemlich klein und die Wände sehr schmutzig.
Mich hat dieser Umstand verwundert, denn Najong ist sowohl die größte, als auch die älteste christliche Gemeinde in der Umgebung.
Die Leute des Dorfes spielten uns zwei kurze Theaterstücke vor. Es waren Stücke die sich mit biblischen Themen auseinander setzten. Das erste Stück thematisierte den Glauben als fundamentale Kraft, welche sogar tote wieder zum Leben erwecken kann. Das zweite Theaterstück hatte die Geschichte des barmherzigen Samariter zum Inhalt.
Den darauf folgenden Tag verbrachten wir wieder in Bunkpurugu. Der Vormittag war frei, ich ruhte mich lange aus und um 10:00 Uhr ging ich zusammen mit James zum Friedhof.
Auf diesem Friedhof waren sowohl Christen, als auch Traditionalisten begraben. Die
Traditionalisten hatten einfache Hügelgräber, während die Christen entweder ein kleines Kreuz oder sogar eine Grabplatte aus Stein hatten.
Es muss sehr schwierig sein in dieser Gegend eine große Steinplatte zu bekommen. Vermutlich wird der Stein aus den Felsen in der Nähe von Nakpanduri gehauen.
Am Nachmittag schlenderten wir zusammen mit den Dorfbewohnern am Fluss entlang. Ich sah einen schönen Baum. Das Licht war etwas trüb, so dass der Baum sich Umrisshaft abhob. Er wirkte wie ein einzelner, feingliedriger , schwarzer Schatten vor einem hellen Hintergrund.
Am Abend aßen wir zusammen mit den Dorfbewohnern in der Mission. Zum Abschluss des Tages tanzten wir alle miteinander.
Es war ein traditioneller Tanz, alle haben sich hintereinander aufgereiht und sind langsam im Kreis gelaufen.
Der Samstag, es war der 16.August war ein freier Tag. Es gab kein Programm für diesen Tag, also machte ich mir mein eigenes.
Um ca. 11:00 Uhr ging ich zusammen mit James zu Yennuson. Ich hatte schon mehrere Tage lang vor sie einmal zu besuchen.
Mir war bewusst, dass es ein wenig schwierig sein würde, denn ich kenne die Sitten des Dorfes nicht gut. Ich wollte nicht den Eindruck erwecken, an einer Heirat interessiert zu sein.
Im nachhinein kann ich jedoch sagen, dass es die richtige Entscheidung war sie zu besuchen.
Sie hatte mit meinem Besuch nicht gerechnet, fühlte sich geehrt und war total verlegen.
Sie ist eine ausgebildete Färberin. Ich bestellte ein Batikhemd bei ihr.
Am Nachmittag fand ein Fußballspiel statt.
Ursprünglich sollte es um 15:00 Uhr starten. Der Anstoß war jedoch erst um 16:30 Uhr. Diese normale Verspätung führte dazu, dass die Spieler die Zweite Halbzeit nicht zu Ende spielen konnten, denn es wurde dunkel und fing an zu regnen.
Es war wirklich bemerkenswert, welche Geschwindigkeit die Dorfbewohner plötzlich entwickelten, als sie bemerkten, dass der Regen bald anfängt.
Innerhalb weniger Sekunden rannten alle Spieler nach Hause.
Während des Spiels ist ein Hund auf das Feld gelaufen. Die Partie musste unterbrochen werden, denn am Rande des Spielfeldes standen die Dorfbewohner so dicht, dass der Hund keine Lücke in der Menschenmenge sah.
Er lief drei Minuten lang aufgeregt hin und her gelaufen, bevor er sich schließlich doch durch eine Lücke vom Platz retten konnte.
An diesem Tag war auch der Markt in Bunkpurugu gewesen. Als das Spiel begann wurde das Markttreiben zwangsläufig eingestellt, denn alle Händler kamen zum Fußballspiel.
Am Sonntag verabschiedeten wir uns am Morgen von den Dorfbewohnern. Mir viel es besonders schwer mich von Yennuson und James zu verabschieden.
Ich glaube Yennuson hat sogar geweint.
Wir fuhren zunächst nach Nakpanduri und haben dort am Sonntagsgottesdienst teilgenommen. Danach weiter nach Tamale. Kurz vor Sonnenuntergang kamen wir dort an.
Als wir an diesem Abend alle zusammen saßen, war ich ziemlich benommen. Es ging alles so schnell! Die Menschen, die mir 10 Tage vorher noch vertraut waren schienen plötzlich Fremde zu sein.
Dieses merkwürdige Gefühl hatte ich wahrscheinlich deshalb, weil das Leben im Dorf sehr viel bedächtiger war als das Leben in der Stadt. Im Dorf waren wir ständig unter Afrikanern, jetzt plötzlich waren wir wieder inmitten von Weißen.
Aufbruch: | 31.07.2003 |
Dauer: | 8 Wochen |
Heimkehr: | 26.09.2003 |