Philippinen 2010

Reisezeit: November 2010 - April 2011  |  von Frank P.

Ich habe es getan

Bahala na, so oft habe ich es benutzt, noch nie war es so passend wie heute...

Ich sitze am Steuer eines Toyota Kleinbusses. Ich bin auf dem Weg von Dumaguete nach Apo Island. Mit dem Bus natürlich nur bis zum Ableger der Charter-Bankas. Eine solche bringt uns dann rüber nach Apo Island.

Uns? Ja, hinter mir sitzen Andre jr. und Antonete, neben mir auf dem Beifahrersitz hat es sich Ttjanok gemütlich gemacht. Wir vier werden heute gemeinsam tauchen. Nicht irgendwo, Apo Island gehört zu den Top-Adressen des Tauchsports weltweit. In der Tat ist die Unterwasserwelt dort sehenswert, insbesondere das praktisch durchgängige Korallenriff. Vorgestern war ich das erste Mal bei Apo Island tauchen und konnte mich in drei Tauchgängen an drei verschiedenen Plätzen davon überzeugen.

Auch Andre, der Vater der drei, wollte unbedingt, das seine Sprößlinge dort tauchen können. Schließlich möchte er ihnen Erfahrung ermöglichen. Vor wenigen Tagen haben sie ihren Tauchkurs OWD beendet und hatten einen ersten Tauchgang in Sipalay/Negros. Insgesamt haben sie bisher 4 Tauchgänge. Sie sind 11, 13 und 17, gute Kinder, wie der Vater meint. Dies alles erfuhr ich am Abend zuvor in einem Gespräch mit eben Andre, dem Basisleiter und mir. Ich gebe zu bedenken, dass Apo vielleicht nicht der beste Ort wäre für derartige Frischlinge. Was der Basisleiter bestätigt, ein Landtauchgang in der Nähe wäre die bessere Wahl. Als Andre dann aber meint, dann eben nicht, es soll schon Apo sein, lenkt der Basisleiter sofort ein und sagt, er würde checken, ob er noch eine Banka bekommt, aber nur eine kleine für 4 Passagiere.

Dann schaut er zu mir.

"Würdest Du das machen?"

Ich gebe meine Bedenken nochmals zum Ausdruck, auf keinen Fall Coconut Point, die Strömung dort ist viel zu stark. Ich frage Andre, ob seine Kinder 2 oder 3 Tauchgänge wollen, er ist sich nicht sicher. Ich sage ihm, ich mache maximal 2 Tauchplätze mit seinen Kindern, halte es aber nicht für klug. Andre fragt nochmal den Basisleiter, ob er dann fahren würde aber dieser sagt nur: "Naanaa, Frank will do this, Coconut Point is to difficult".

Wieder an mich richtet Andre die Frage: "You can do this?"

"Yes, i can"

Nun gibt es kein Zurück mehr, ich habe mich entschieden. Es ist wohl das Verrückteste, was ich jemals getan habe und auch global gesehen liege ich auf der Verrückheitsskala wohl ganz ganz weit vorn. Ähnlich weit vorn liegt allerdings der Leiter der Tauchbasis.

Um das jetzt zusammenzufassen, ich habe eben zugestimmt, dass ich der Diveguide für 3 Kinder, absoluten Anfängern, bei Apo Island sein werde. Und der Leiter der Basis stimmt dem zu, er verkauft Andre die Tauchgänge für dessen Kinder und er schickt mich als Guide mit. Von Anfang bis Ende.

Na ja, was ist daran so verrückt, wird sich jetzt der eine oder andere fragen. Immerhin tauchen tagtäglich tausende von Tauchern mit einem Guide und natürlich auch Minderjährige.

Das Verrückte daran ist, ich bin gar kein Tauchguide. Ich habe Mitte Juni dieses Jahres überhaupt erst mit dem Tauchen begonnen. Ich habe 88 Tauchgänge, davon jeweils einen an drei verschiedenen Plätzen vor Apo Island.

EINEN

Bevor ich meine Reise startete, war ich allerdings fleißig und habe immerhin das Level des Master Divers erreicht, die letzte Stufe der Unterrichtsorganisation SSI für "normale" Taucher, danach beginnt der professionelle Einstieg in das Tauchgeschäft.

Ich hatte vor, mich hier auf den Philippinen darauf vorzubereiten und genug Erfahrung zu sammeln um vielleicht im nächsten Jahr tatsächlich eine Ausbildung zum Tauchguide oder Tauchlehrer zu beginnen. Auch hatte ich vor meinem Urlaub überlegt, ob ich eventuell in einer Tauchbasis mithelfen könne, so als Mädchen für alles, ohne Bezahlung, dafür kostenloses Tauchen. Während des Tauchens dann vielleicht auch etwas Unterstützung für die echten Guides. So spinnerte Ideen halt von mir. Die hiesige Basis hatte ich diesbezüglich auch schon vor meinem Urlaub angeschrieben und man war nicht abgeneigt, man müsse sich halt mal ansehen, wie ich tauche.

Nun bin ich hier. Ich helfe jedoch nicht. Ich bin der Guide.

Alleine.

Wie konnte ich dem nur zustimmen? Bin ich von allen guten Geistern verlassen? Ja, das bin ich wohl. Nur ein Geist ist es, der mich dazu gebracht hat, mein unerschütterlicher Glaube, dass ich es kann. So wie ich es zum Vater der drei und zum Basisleiter gesagt habe, ohne eine Sekunde des Überlegens, "ja" bzw. "yes, i can". Überheblichkeit? Unendliche Selbstüberschätzung? Ich weiß es nicht. Es ändert jedoch auch nichts daran, ich weiß, dass ich es kann. Allen zusätzlichen Widrigkeiten, den bereits bekannten und den noch unbekannten zum Trotz.

Heute morgen stattete man mich mit Pesos aus. Ich muss die Banka, den Eintritt in Apo Island bezahlen. Außerdem braucht die Basis für die kommenden Tage 10 weitere Tanks, die ich auf dem Rückweg mitbringen soll, er hat mir ja gezeigt, wo ich die bekomme. Klar in einer Seitenstraße auf dem Weg zwischen Dumaguete und Dauin, finde ich schon wieder. Schwieriger empfinde ich zunächst, überhaupt den Bankahafen für Apo Island zu finden. Bei meinem Trip vorgestern saß ich nämlich als stinknormaler Touristentaucher auf der Rückbank, mit dem Rücken zur Fahrtrichtung.

"Ja ja, da fährst du so bis Kilometerstein 25, da kommt dann ein Markt und ein Schild Apo, findest du schon"

Ja ja, finde ich schon, wenn nicht, dann tauchen wir halt nicht und jemand anderes darf sich mit dem Vater der drei rumschlagen.

Hauptsache, wir erreichen Apo überhaupt. Die Kiste, mit der wir fahren, ist nämlich alles andere als fit. Zunächst einmal hat der Wagen zwar 5 Gänge, diese sind jedoch je nach Geschwindigkeit nur partiell einlegbar, gerade der fünfte Gang will seine Arbeit immer weiter verrichten und es ist meist nicht möglich zurückzuschalten. Nach erfolglosem Versuch und erneutem Einlegen des fünften Ganges ist dann halt ein sensibler Gas und Kupplungsfuß hilfreich. Aber insgesamt kann man sich daran gewöhnen.

Während der Fahrt überhaupt nicht stören die Türen. Die Vordertüren lassen sich nämlich nur von innen öffnen. Die hintere Schiebetür auch. Man könnte nun vermuten, dass man durch die Heckklappe ins Auto kommt. Die kann man derzeit nämlich gar nicht verschließen. Aber es geht einfacher. Man schiebt einfach ein Schiebefenster der Schiebetür auf, greift das Verschlussgestänge und zieht daran den Verschluss auf. Gestänge ist wichtig, weil weder der Türgriff außen noch innen funktionieren.

Insgesamt aber besser als durch die Heckklappe, die kann man zwar öffnen, sie bleibt aber nicht von alleine offen. Das funktioniert nur mit einem Holzbalken, den man zwischen Stoßstange und Heckklappe steckt.

Leider ist dieser Holzbalken etwas kurz geraten, so dass die Klappe nur etwa zur Hälfte geöffnet ist, was das Beladen nicht gerade einfacher macht. Hinten befinden sich in der Regel die Lufttanks und meist die Boxen mit weiterem Tauchequipment.

So, nun läßt sich derzeit aber die Klappe nicht schließen. Daher muss diese während der Fahrt festgebunden werden. Schließlich sollen sich weder die Tanks noch das weitere Equipment auf der Straße verteilen. Als Binder dient ein Stück Plastik, ich würde meinen, von einer Plastiktüte. Das nenne ich philippinische Improvisationskunst, gepaart mit österreichischer Sparsamkeit.

Ich gebe zu, die Tatsache, dass die Heckklappe nur auf die beschriebene Art gehalten wird, bleibt während der Fahrt in meinem Kopf haften. Zwar sind die philippinischen Straßen nicht so schlecht, aber auch nicht so gut, als der nicht mehr so optimal gefederte Bus nicht doch manchmal ganz schön schaukelt. Paperlapap, Weichei-Geschwätz, die wird schon zu bleiben.

Die Fahrt läuft auch wirklich geschmeidig, einmal in Schwung, fährt sich der Hobel nicht so schlecht. Selbst Überholen geht meist problemlos, kurz hupen und vorbei. Na gut, hupen ist manchmal ein Problem, weil einem das Innenteil des Lenkrades samt Hupe entgegen fällt, aber überwiegend bleibt die Hupe wo sie ist. Man muss ja auch nicht immer hupen beim Überholen.
Den Zustand der Straßen kann man im übrigen nicht nur durch das Fenster überprüfen, auch das eine oder andere Loch im Boden bietet freie Sicht auf den Asphalt.

So wird die Fahrt nicht langweilig und schon sehe ich das Schild Apo und so was wie ein Markt ist hier auch, zumindest sehen die leeren Stände so aus. Ja ja, ist schon richtig hier, habe doch gewusst, dass ich das finde. Also auf zum "Hafen". Dort soll ich nach Koan Ausschau halten, so einen dicken, von dem bekomme ich das Boot zugewiesen und dort soll ich auch bezahlen. Dort angekommen lässt eben dieser Koan auch nicht lange auf sich warten und er begrüßt mich auch gleich. Ob ich von Tauchbasis XY bin? Ja, bin ich. Wer sonst würde wohl so eine Höhle von Auto fahren.

Ich soll aber nicht hier stehenbleiben, sondern rückwärts auf die Steinmole bis nach vorn fahren, dann muss man die Ausrüstung nicht so weit tragen. Mache ich doch, ist doch keine Hausnummer, hier zwischen etlichen anderen Tauchern, diversen anderen Fahrzeugen, die es auch nicht sonderlich schert, dass ich versuche, mich rückwärts auf die ziemlich genau fahrzeugbreite Mole zu fädeln. Dabei bremse ich auch gern für Scooterfahrer, die unbedingt hinter mir lang fahren müssen oder fädel mich an einem zuvor umgeparkten, weil gänzlich im Weg stehenden, Fahrzeug vorbei, da der Fahrer aber auch nicht einen Zentimeter mehr Platz gemacht hat, als nötig. Dadurch komme ich zwar auch nur um wenige Zentimeter an einem Laternenpfahl vorbei, aber eine paar Mal vorwärts und rückwärts, dann passt das schon. Da kann ich gleich ein bisschen Gänge suchen üben.

Hier gibt es Bankas zu chartern

Hier gibt es Bankas zu chartern

um dahin zu kommen

um dahin zu kommen

die wäre schön gewesen, unsere war etwa ein Fünftel

die wäre schön gewesen, unsere war etwa ein Fünftel

Nun wird alles ausgeladen. Die Banka ist allerdings so klein, dass wir uns komplett vorher anziehen müssen, da zu wenig Platz ist. Gern doch, ist ja nicht so warm, da trage ich meinen 5 Millimeter Ganzkörper-Neopren-Anzug gern etwas länger.

Die Kinder müssen nun auch ran und ihre Sachen zusammenbauen. Das klappt an sich auch recht gut, die Leihsachen sind auch alles andere als aufwändig, ich würde sie als simpel bis zum absoluten Mindestmaß einstufen. Der Zustand ist nicht ganz so wie der des Toyotas, aber auch nicht weit entfernt. Nun höre ich, Andre jr. der feststellt, dass sein Atemregler, nicht abregelt, sondern dauerhaft Luft abgibt. Was ein Glück, dass man einige Teile extra mitgegeben hat, falls was nicht passt. Weise, weise. Ich gebe Andre einen anderen Regulator, jedoch ist schnell festzustellen, das dort an zwei Stellen schon das Gummi der Schläuche durch ist. Das gebe ich keinem dreizehnjährigen zum Tauchen mit. Aber einen Regulator haben wir ja noch... danach jedoch keinen mehr. Das sollte jetzt besser funktionieren... Es funktioniert.

Dafür funktioniert leider der Inflator an Ttjanok´s Jacket nicht, das Jacket kann nicht aufgeblasen werden. Aber macht ja nichts, ein Ersatzjacket haben wir dabei. Hoffen wir, dass es passt und funktioniert... Es passt und funktioniert. Alle Ausrüstungen sind fertig. Bis auf ein weiteres paar Flossen sind nun alle Ersatzteile aufgebraucht. Jetzt darf nichts mehr schiefgehen.

Inzwischen hege ich erste Mordabsichten in Richtung Basisleiter. Alles, aber auch wirklich alles läuft auf der allerletzten Rille. Warum wird das Equipment nicht gecheckt, bevor man es einlädt. Das war heute früh alles erledigt. Allerdings bezweifele ich, dass anderes Equipment da gewesen wäre. Auch die Flossen der Kinder sind kaum wirklich passend. Man man man...

Ich takte mich wieder etwas runter. Immerhin wusste ich vorher, dass hier nichts Ordentliches vorhanden ist. Eine ordentliche Tauchbasis hätte mich ja auch allenfalls zum Kaffee kochen beschäftigt, aber sicher nicht als Guide, also durchatmen und rauf auf die Banka.

Die ist dann tatsächlich so klein, dass es keine Sitzmöglichkeiten gibt, sondern nur ein kurzes ebenes Deck, gerade mit Platz für 4 Passagiere und deren Jackets mit Flaschen. Die mitgeführte Box steht schon auf einer Ablage neben dem Rumpf. Obwohl kaum Wellen zu entdecken sind schaukelt das Bankachen schon recht ordentlich. In einen Sturm sollte man mit dem besser nicht geraten. Nebenbei stottert der Motor auch immer wieder mal bedenklich, er sprang schon mehr als unwillig an. Alles auf der letzten Rille...

Während der Überfahrt erkläre ich den dreien, was uns erwartet, zumindest das wenige was ich weiß. Tauchplatz Canyons, schöne Korallen, Fische, Buddys, Tauchtiefe 7-12 Meter, da so junge Taucher nicht tiefer dürfen/sollen. Finger weg von den Korallen, zum Schutze dieser, aber auch zum Schutz der Kinder selbst, so ein Rotfeuerfisch, eine Muräne usw. machen halt ganz schön Aua und das wollen wir ja nicht. Also ein wenig Abstand zum Boden bitte halten. Sie nicken eifrig, sicher voller Vorfreude auf ihren fünften Tauchgang.

Ich sage dem Bootsführer nochmals Canyons als Ziel an, dieser fährt jedoch nicht die von mir erwartete Boje an, sondern fährt an den Strand. Warum das? Soll ich erstmal bezahlen? Ich frage nach. Nein an der Boje sei es zu voll. Na Klasse... Das bedeutet, ich muss mit den Kindern rund 50 Meter durch flaches Wasser schwimmen und tauchen, kann keinen Bleicheck machen und Boote schwirren hier auch rum. Aber es muss ja weitergehen, daher ab ins Wasser, alles anziehen.

Nun das nächste Maleur, Ttjanok zieht zu doll am Riemen seiner Flosse und zieht diesen aus dem Klipp. Mit meinen nassen Fingern habe ich keine Chance, es wieder einzufädeln. Mein Versuch, die zwei von der Bootscrew um Hilfe zu bitten, erzeugte nur fragende Blicke. Aber wir haben da ja noch ein Paar Flossen... Ich reiche sie Ttjanok und er zieht den Riemen wieder raus... dasdarfnichtwahrsein. Ich habe allerdings keine Wut auf ihn, er ist 11, macht seinen fünften Tauchgang. In eine andere Richtung sende ich allerdings die eine oder andere Verwünschung.

Ich probiere die Schnallen zu richten, ich bekomme es hin. Sicherheitshalber bereite ich jetzt die Riemen vor, er braucht sie nur anzuziehen... und das klappt auch. Geht es los? Nein, Antonete bemerkt, dass ihr Manometer Luft verliert, nur leicht, aber stetig. Dazu ist zu bemerken, dass die Basis das wusste. Kommentar dazu "Vielleicht merkt es ja keiner". Jetzt los? Nein, jetzt bemerkt Andre jr., dass sein Atemregler nicht abregelt und dauerhaft bläst. Wir haben aber keinen weiteren Regler. Funktioniert die alternative Luftversorgung? Ja. Dann muss er leider diese nehmen oder er kann nicht tauchen. Er entscheidet sich für die alternative Luftversorgung. Meine gedanklichen Verwünschungen nehmen unschöne Formen an..

So jetzt müssen wir ein Stück schwimmen, zum laufen zu tief, zum tauchen für die drei viel zu flach. Ich weise auf die Seeigel hin, damit keiner rein tritt. Endlich erscheint das Wasser mit ca. 2 Metern tief genug, damit wir untertauchen können, hoffe ich zumindest. Blei hatten die drei genug. Sie tragen nur sehr leichte Shorties, der Rest der Ausrüstung dürfte faktisch keinen Auftrieb erzeugen. Dürfte, sie kommen aber trotzdem nur unter Schwierigkeiten runter, treiben immer wieder hoch. Endlich habe ich alle unten. Wir tauchen weiter Richtung offenes Meer immer tiefer. Jetzt hat Ttjanok Probleme mit dem Druckausgleich, er muss etwas aufsteigen, an sich richtig, dabei hat er aber Schwierigkeiten mit der Tarierung, ich muss ihn unten halten. Er gibt mir ein Ok-Zeichen, hat anscheinend den Ausgleich hinbekommen. Ich drehe mich gerade zu den beiden anderen um und gleich wieder zu Ttjanok als dieser wieder schnell aufsteigt und das würde bis zur Oberfläche gehen. Ich bekomme ihn gerade noch gepackt, halte ihn unten und Sekunden später donnert vielleicht 10 Meter von uns entfernt eine große Banka über uns weg. Das war knapp...

Er versucht wieder runter zu kommen, schafft es aber nicht. Ich muss ihm eines meiner Gewichte geben, jetzt habe ich wieder nur ein Kilo. Ich befestige das Gewicht an seinem Tankgurt, nun kommt er runter.

Dabei muss ich natürlich auch immer wieder die beiden anderen im Auge behalten, auch Andre jr. bekommt die Tarierung nicht 100% hin, bleibt aber unter Wasser. Bei Antonete klappt es ganz gut, aber natürlich auch nicht sicher. Was deutlich zu sehen ist, das ist nicht nur ein Problem weil es Kinder und Anfänger sind, sondern vor allem, weil auch deren jetzige Ausrüstung alles andere als ordentlich arbeitet.

Endlich wird es tiefer, erleichtert die Tarierung. Ich tauche die ganze Zeit in Rückenlage, um keines der drei Kinder aus den Augen zu lassen. Ich versuche, auf ein paar schöne Korallenformationen zu steuern, aber hier in Strandnähe sind kaum welche. Endlich erreichen wir die ersten größeren Korallen, Kurz darauf zeigt mir Ttjanok, er habe nur noch 50 bar Luft, wie kann das sein? Wir sind gerade 25 Minuten unterwegs. Völlig egal wie das sein kann, es ist so. Ich möchte aber nicht jetzt schon den Tauchgang abbrechen, dann hatten die drei definitiv gar nichts von dem Tauchgang. Ich biete meinen Oktopus an, was er bestätigt, er nimmt ohne Probleme die Oktopusatmung auf. Ich zeige ihm noch, dass er sich bei mir an der Flasche festhalten soll und so geht es noch ein gutes Stück weiter.

Müßig zu erwähnen, dass es nicht ganz so einfach ist, mit einer kleinen Klette auf dem Rücken mich nach den beiden anderen umzusehen. Ich kann jetzt natürlich nicht mehr in Rückenlage tauchen. Ich frage die anderen nach ihrer Luft, auch Andre jr. hat nur noch wenig Luft, nach 40 Minuten müssen wir den Tauchgang beenden, ich habe nur einen Oktopus. Weit gekommen sind wir nicht, aber deutlich zu weit, um zurück zu schwimmen. Also Boje ausgepackt und aufgeblasen, ich hatte ja zu Bootsführer gesagt, er solle uns auffischen.

Es passierte erstmal gar nichts. Und nach erstmal auch nicht mehr. Jede Menge Boote, nur nicht unseres. Erst nach längerer Zeit kam es. Gerudert... Gerudert? Ja, es bleibt zu vermuten, dass der Motor nicht ansprang. Wie auch immer, nun war es da und das Einsteigen verlief dann auch ohne Komplikationen. Für den Rückweg zum Strand wurde dann jedoch tatsächlich wieder der Motor angelassen.

Dort angekommen musste ich erstmal die Eintrittsgebühren bezahlen. Ging problemlos von der Hand, drei Gäste, alle Philippinos, ich bin der Guide, welche Tauchbasis, ach die, 725 Pesos bitte, so wie vorher bekannt. Na ist doch mal schön, wenn was auf Anhieb klappt.

Die Kinder sind wenig angetan, sie mosern zwar nicht, sind aber auch von der schlechten Ausrüstung genervt. Ich pflichte ihnen bei, verspreche ihnen aber, dass es beim nächsten Tauchplatz einfacher wird, dort werden wir in jedem Fall auf dem Wasser starten, was es deutlich vereinfacht. Sie fassen Mut. Ich auch...

Nach angemessener Oberflächenpause weise ich den Bootsführer an, den Tauchplatz Rockpoint anzufahren. Dort ist wie bei Canyons nicht mit starker Strömung zu rechnen. Als wir den Platz erreichen, liegen dort schon drei Boote, wir machen am letzten fest. Hmmm... ziemlicher Wellengang und windig wird es auch.

Ich springe als erster ins Wasser, will schnell mein Jacket anlegen und jetzt klappt das nicht. Erst bekomme wegen der Wellen den Kummerbund nicht zu fassen, dann will sich ein Gurt nicht festziehen lassen. Inzwischen sind die drei auch im Wasser und halten sich nicht, wie aufgetragen, am Boot fest. Zwei bekommen den Ausleger auf meine schnelle Anweisung noch zu fassen, Andre jr. wird von den Wellen abgetrieben. Schnell hinterher, ihm auf dem Rückweg helfen, mein Jacket sitzt noch immer nicht richtig.

Endlich bekomme ich den Gurt nach ein paar Sekunden festgezogen. Andre jr. bemerkt, dass der Druckschlauch zum Inflator undicht ist. Damit muss er/man leider leben, es ist auch nur leicht. Ok-Zeichen abgefragt, alle bereit und runtergeht es. Wie zu erwarten, klappt das viel besser, unter Wasser ist auch wie zu erwarten keine Strömung. Doch leider hat Ttjanok wieder Problememit dem Druckausgleich, muss sogar an die Oberfläche. Mehrfache Anläufe scheitern. Die beiden anderen warten unten, haben keine Probleme. Es hat jedoch keinen Sinn, der Druckausgleich klappt nicht, wir müssen zum Boot zurückkehren, Ttjanok will selber aufhören, damit die anderen weiter tauchen können. Die müssen jetzt aber erstmal hoch, weil ich nicht mit Ttjanok oben schwimmen kann und die beiden unten tauchen.

Tauchen wäre allerdings erheblich einfacher. Der Wind und die Wellen sorgen dafür, dass die drei dem Boot praktisch gar nicht näher kommen. Im Boot rührt sich keiner. Mist ich kann doch nicht alle drei abschleppen, ich mache es mit dem jüngsten, aber auch das geht schwer. Dann die Erlösung, Ttjanok sagte, er habe die Druckprobleme gelöst, er würde es jetzt hinbekommen. Ich weiß zwar nicht, wie er das an der Oberfläche geschafft bzw. bemerkt hat, aber tatsächlich, wir tauchen alle ab, ohne Probleme. Und hier sind wir auch gleich in den Korallen, so gibt es auch ein bisschen was zu sehen.

Ohne Probleme? Na nicht ganz, schon nach 15 Minuten unter Wasser zeigt mir Andre jr. an, er hat nur noch 30 bar, ich vermute, er hat beim Versuch zum Boot zu schwimmen, die ganze Zeit aus der Flasche geatmet. Also ihn an den Oktopus genommen. Nach 25 Minuten ist auch Ttjanok am Ende, wir müssen auftauchen. Antonete hätte noch über 100 bar, pfiffig stellt Ttjanok, er könne doch an Antonetes Oktopus. Dem muss ich eine klare Absage erteilen. Noch an Ort und Stelle erläutere ich, dass Oktopusatmung eine Notfallmaßnahme darstellt und eigentlich nicht dazu gedacht ist, den Tauchgang zu verlängern. Natürlich kann ein erfahrener Taucher so was mal machen, aber auch der, also ich, sollte so was nicht machen. Ich bat um Verständnis, dass ich das bei zwei so jungen Anfängern nicht akzeptieren kann. Dies wurde auch klaglos so hingenommen, ich bot Antonete an, wenn wir die beide Jungs abgeliefert hätten, dann würde ich mit ihr noch mal runter. Das wollte sie jedoch nicht.

Wieder an Deck war zu klären, ob noch ein dritter Tauchgang stattfinden sollte. Was alle wollten, den hier haben sie ja gesehen, wie schön es hier ist, wenn man wenigstens ein Stück zum Tauchen kommt. Es waren aber nur noch zwei volle Tanks da. Was natürlich genial berechnet war. Ich biete an, dass ich nochmal mit meinem Tank runter könnte ich habe noch genug Luft, erkläre aber gleichzeitig, dass man so was eigentlich nicht macht. Nach einem Tauchgang wird der Tank gewechselt, egal wie viel Luft da noch drin ist. Aber auch mit meinem Angebot müsste einer an Bord bleiben. Antonete bietet an zu bleiben, sie ist eh recht angenervt, ich kann es ihr nicht verdenken, sie hatte während der ganzen Zeit nie Probleme und kam trotzdem nicht richtig zum Tauchen.

Ich machte nun den Vorschlag, vielleicht auf einen dritten Tauchgang zu verzichten. Wenn nicht alle können, dann keiner, außerdem mit Ttjanok´s Ohrenproblemen und der unzureichenden Ausrüstung wird es auch nur bedingt Freude bereiten. Dies sahen alle dann genauso.

Kommando Rückkehr.

Das Tauchen war damit beendet. Ich hatte es geschafft, trotz der vielen zusätzlichen Schwierigkeiten, trotz der ohnehin schon so schlechten Ausgangslage. Wieder an Land bezahle ich das Boot, wir laden ein und fahren zurück. Die Kinder schlafen nach kurzer Zeit ein. Sicher war das heute für sie sehr anstrengend, leider können sie so wenig mitnehmen. Bald sind wir wieder zurück.

Der Basisleiter fragt mich wie es war. Ich muss mich stark zusammennehmen, um nicht zu platzen. Dem Himmel könne er danken, dass das heute gutgegangen ist. Scharf greife ich ihn wegen seiner ganzen schlechten Ausrüstung an. Entschuldigungen, Rechtfertigungen, Erklärungen, er versteht es einfach nicht. Alles auf der letzten Rille, im Grunde ist nicht einmal die letzte Rille noch da. Allen Ernstes meint er, es wäre wohl doch besser gewesen, wenn er gefahren wäre. Hier erspare ich mir den Kommentar. Ich bin sicher, er hätte heute keine zwei Tauchgänge mit den Kindern hinbekommen. Ich weiß es und ich vermute, er weiß es auch. Vielleicht auch nicht, es ist mir egal. Ich will ihm trotzdem nicht sagen, dass er es nicht mehr im Griff hat, nicht nur seine Ausrüstung, sondern auch sein Tauchen. Es hat schon seine Gründe, warum er mich, ohne Ansatz einer Qualifikation, als Guide wollte. Ich kam ihm gerade recht. Doch darüber will ich mich nicht beschweren. Das war was ich wollte, auch wenn ich eigentlich nur Helferlein sein wollte. Diese Erfahrung kann mir keiner mehr nehmen. Und die Bestätigung: Ich kann es.

Fraglich ist nur wie es weitergehen soll. Man will mir einen Vorschlag unterbreiten, ich kann mir schon vorstellen welchen. Gegen Mitarbeit wird er mich ausbilden und ich bekomme meine Lizenz. Das klingt natürlich verlockend, nur hat die Sache einen Haken. Ich glaube nicht, dass man mir hier etwas beibringen kann und ich möchte etwas beigebracht bekommen. Ich weiß nicht mal, ob ich hier nochmal als Guide tätig werden möchte. Da ist der letzte Gedanke noch nicht getan, dafür ist mein Wunsch nach Erfahrung einfach zu groß.

Der Basisleiter fragt die Kinder wie es war. Sie lächeln schüchtern und sagen "nice". Was sollen sie auch anderes sagen, es scheinen mir sehr wohlerzogene Kinder zu sein.

Jetzt wollen sie aber auch Logbuch füllen, warten begierig, dass ich ihnen die Daten der Tauchgänge nenne. Wo, wie lange, wie tief usw. Eifrig schreiben sie mit. Kurz darauf kommt der Vater, fragt wie es war. Nun lachen sie breit und die Augen leuchten, es war toll sagen sie und jetzt glaube ich das auch. Sie hatten ihren Spaß. Ich weiß, wie scheiße das war, wie viel besser es hätte sein können. Aber sie sind froh und glücklich. Dann sollte ich das doch eigentlich auch sein. Ich es jedoch nicht, allenfalls zufrieden und auch das nur mit Einschränkung.

Schon im Vorfeld hatte ich mir Gedanken zu diesem Bericht gemacht. Ich ging davon aus, bei erfolgreichem Ende würde ich von einem der glücklichsten Tage meines Lebens sprechen. Aber das ist nicht der Fall. Zu viel lief schief. Was bleibt, ich habe es geschafft.

Und ein Satz hat seine Gültigkeit.

Bahala na

Diesmal wurde es allerdings ernsthaft ausgereizt.

Später rief ich Sibille an, teilte ihr mit, dass alles gut gegangen ist. Sie hat sich Sorgen gemacht und die ganze Zeit an mich gedacht. Ich weiß, deshalb ist mir ja auch nichts passiert.

"Meine" Tauchgäste

"Meine" Tauchgäste

© Frank P., 2010
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Die Reise
 
Worum geht's?:
6 Monate auf unbekannten Wegen. Über und unter Wasser.
Details:
Aufbruch: 04.11.2010
Dauer: 6 Monate
Heimkehr: 30.04.2011
Reiseziele: Philippinen
Der Autor
 
Frank P. berichtet seit 13 Jahren auf umdiewelt.