Kashmir

Reisezeit: September / Oktober 2011  |  von Hilde Lauckner

Die Brüder Rashid und Bashir

Rashid, mein freundlicher und treuer Begleiter

Rashid, mein freundlicher und treuer Begleiter

Rashid und Bashir

Mein erster Ausflug geht zu Fuß in den nahe gelegenen Stadtteil. Rashid wird mich auf allen Ausflügen begleiten. Er ist ein freundlicher, zurückhaltender Mann, der mir Sehenswertes zeigt und den ich vieles fragen kann. Er spricht recht gut Englisch, aber wie die meisten Inder mit dem besonderen indischen Akzent. Rashid und sein Bruder Bashir haben nie eine Schule besucht, können kaum lesen und schreiben, sprechen aber mehrere Sprachen. Als sie im schulpflichtigen Alter waren, baute die Familie ein zweites Hausboot, so dass das Geld für die Schule fehlte und alle Arbeitskräfte gebraucht wurden. Ich frage Rashid, ob er denn einen Führerschein hat, da er doch nicht schreiben und lesen kann. Da lacht er mich an und sagt, ja er hat einen Führerschein, es war aber nur ein bisschen teurer. Rashid und seine Familie haben eine schwierige Zeit erlebt. Während des Bürgerkriegs wurde immer wieder eine Ausgangssperre verhängt und keiner wusste, ob er den Tag überleben würde, wenn er sich auf die Straße traute, um Nahrung zu besorgen. Weil Kashmir hauptsächlich moslemisch ist, hätte es bei der Gründung Indiens eigentlich zu Pakistan gehören müssen. Nun wird ein moslemisches Land von einer Hindu-Regierung in Delhi beherrscht. Die mächtige Polizeipräsenz hält die Angehörigen verschiedener Religionen unter Kontrolle, so dass sich das Leben wieder normalisiert hat.

Bashir kocht unser Essen und er ist der Geschäftstüchtige der Brüder. Irgendwie ärgert es ihn schon, dass ich nur 1000 Rupien zahle, weil ich das Zimmer doch allein bewohne. Gelegentlich sagt er mir, dass er mich auf meinem nächsten Ausflug begleiten möchte und schwelgt schon in Gedanken an den Restaurantbesuch, zu dem ich ihn dann einladen würde. Bei meinen Ausflügen ist mir ein Essen im Restaurant aber nicht wichtig, denn der Tag ist kurz und ein paar Kekse und Bananen reichen mir für den Tag völlig. Rashid dagegen ist sehr bescheiden und passt sich meinen Bedürfnissen an. Bashir gibt mir seinen Unmut über die Bevorzugung seines Bruders zu verstehen, als wir über den nächsten Ausflug sprechen und ich ihm erzähle, dass ich den Taxifahrer schon in der Stadt getroffen und mich mit ihm verabredet habe. Da gibt er mir deutlich zu verstehen, dass ich ein Taxi nur mieten kann, wenn er damit einverstanden ist. Bei der Abreise fragt er auch direkt nach seinem Trinkgeld. Da ich zwei Tage eher abreise als geplant, lasse ich ihm natürlich den zuviel gezahlten Betrag. Rashid freut sich dagegen sehr über mein großzügiges Trinkgeld, traut sich dann aber doch, seinen Wunsch für meinen nächsten Besuch zu äußern. Er hätte so gern ein zweites Paar Trekkingschuhe, die auch gebraucht sein könnten.

© Hilde Lauckner, 2015
Du bist hier : Startseite Asien Indien Die Brüder Rashid und Bashir
Die Reise
 
Worum geht's?:
Zwei Wochen als Frau allein in Kashmir unterwegs
Details:
Aufbruch: 25.09.2011
Dauer: 14 Tage
Heimkehr: 08.10.2011
Reiseziele: Indien
Der Autor
 
Hilde Lauckner berichtet seit 12 Jahren auf umdiewelt.
Bild des Autors