Kashmir
Die Brüder Rashid und Bashir
Rashid und Bashir
Mein erster Ausflug geht zu Fuß in den nahe gelegenen Stadtteil. Rashid wird mich auf allen Ausflügen begleiten. Er ist ein freundlicher, zurückhaltender Mann, der mir Sehenswertes zeigt und den ich vieles fragen kann. Er spricht recht gut Englisch, aber wie die meisten Inder mit dem besonderen indischen Akzent. Rashid und sein Bruder Bashir haben nie eine Schule besucht, können kaum lesen und schreiben, sprechen aber mehrere Sprachen. Als sie im schulpflichtigen Alter waren, baute die Familie ein zweites Hausboot, so dass das Geld für die Schule fehlte und alle Arbeitskräfte gebraucht wurden. Ich frage Rashid, ob er denn einen Führerschein hat, da er doch nicht schreiben und lesen kann. Da lacht er mich an und sagt, ja er hat einen Führerschein, es war aber nur ein bisschen teurer. Rashid und seine Familie haben eine schwierige Zeit erlebt. Während des Bürgerkriegs wurde immer wieder eine Ausgangssperre verhängt und keiner wusste, ob er den Tag überleben würde, wenn er sich auf die Straße traute, um Nahrung zu besorgen. Weil Kashmir hauptsächlich moslemisch ist, hätte es bei der Gründung Indiens eigentlich zu Pakistan gehören müssen. Nun wird ein moslemisches Land von einer Hindu-Regierung in Delhi beherrscht. Die mächtige Polizeipräsenz hält die Angehörigen verschiedener Religionen unter Kontrolle, so dass sich das Leben wieder normalisiert hat.
Bashir kocht unser Essen und er ist der Geschäftstüchtige der Brüder. Irgendwie ärgert es ihn schon, dass ich nur 1000 Rupien zahle, weil ich das Zimmer doch allein bewohne. Gelegentlich sagt er mir, dass er mich auf meinem nächsten Ausflug begleiten möchte und schwelgt schon in Gedanken an den Restaurantbesuch, zu dem ich ihn dann einladen würde. Bei meinen Ausflügen ist mir ein Essen im Restaurant aber nicht wichtig, denn der Tag ist kurz und ein paar Kekse und Bananen reichen mir für den Tag völlig. Rashid dagegen ist sehr bescheiden und passt sich meinen Bedürfnissen an. Bashir gibt mir seinen Unmut über die Bevorzugung seines Bruders zu verstehen, als wir über den nächsten Ausflug sprechen und ich ihm erzähle, dass ich den Taxifahrer schon in der Stadt getroffen und mich mit ihm verabredet habe. Da gibt er mir deutlich zu verstehen, dass ich ein Taxi nur mieten kann, wenn er damit einverstanden ist. Bei der Abreise fragt er auch direkt nach seinem Trinkgeld. Da ich zwei Tage eher abreise als geplant, lasse ich ihm natürlich den zuviel gezahlten Betrag. Rashid freut sich dagegen sehr über mein großzügiges Trinkgeld, traut sich dann aber doch, seinen Wunsch für meinen nächsten Besuch zu äußern. Er hätte so gern ein zweites Paar Trekkingschuhe, die auch gebraucht sein könnten.
Aufbruch: | 25.09.2011 |
Dauer: | 14 Tage |
Heimkehr: | 08.10.2011 |