Indien 2.0
Verunsicherungen
Ins Ungewisse
Ich kann nicht sagen,daß mich noch viel in Delhi hält. Einzig das Ungewisse,das das Neue birgt,läßt mich noch zweifeln.
Und nach meinen bisherigen Erfahrungen ist das auch nicht unbegründet. Immerhin komme ich mitten in der Nacht irgendwo an und weiß nicht genau,wie es dann weitergeht. Und ich bin eben nicht mehr süße 23,wo ich mich für unverletzbar hielt und von einer Macht geschützt,größer als ich selbst. Nur unbedeutend größer.
Ich habe den tag mit diesem und jenem verbracht,habe thali und dal in den Straßen verspeist...und Durchfall bekommen. Aber ich bin nicht schlapp,nur dünnschiss halt.
Ich habe Abfahrt 21.50h nach Kota,ankomme 4h,dort geht es entweder mit Bus oder Bahn weiter. Eine Situation,die mich zugegeben,etwas nervös macht. Der Verkäufer sagte zwar:"Kota ist schön ordentlich,besser als Delhi,ruhst du 2h aus. Trinkst einen Tee..",aber was weiß der schon. Er ist Inder. Den würde nachts um 4 niemand auf dem Bahnhof anquatschen.
Ich versuche mich abzulenken,indem ich noch einen Spaziergang zur sacred heart church yusuf sadan mache,wo um 6.45pm ein AA Meeting stattfinden soll. Der weg dorthin ist nicht weit aber abenteuerlich. Komme an Märkten vorbei,die vor Volk überquellen.
In der kirche läuft eine Messe,ich genieße die aufgeräumte ruhig,sichere Atmosphäre des Gotteshauses und finde heraus ,daß das Meeting in einem Nebengebäude ist. Die Schritte und Traditionen hängen in Hindi an der Wand,ein tisch mit Mikrofon,die Stühle davor in Reih&Glied. Wie überall. Beruhigend. Aber die Zeit läuft mir weg. Um 20h schließt die Gepäckaufbewahrung,wo mein zeug lagert.
Ich nehme noch kurz Kontakt zu Freunden auf und empfehle mich. Für mich war es sinnvoll und wohl auch wichtig,auch wenn ich nicht bleiben kann. Es sind 4 Personen,die mir eine schöne sichere weiterreise wünschen.
Nicht zu früh. Ich erreiche mein Gepäck eins vor 8 und wie ich die Inder einschätze,heißt zu auch zu.
Ich mach mich auf zum bahnhof..der Zug fährt sehr bald ein. 30 min vor Abfahrt. Geil. Sehr bald finde ich meinen Waggon und platz. Habe 49 L. Heißt low. Unten. Nicht ganz wie ich wollte aber was soll's. Über mir liegen 2 junge Spanierinnen,die sehr selbstbewusst raum greifen und den Indern gegenüber angeben,aus Honduras zu kommen. Fit.
Wir kommen ins Gespräch. Dies&das. Sie sind mit Ausnahme von Weihnachten,welches sie bei den besorgten Eltern verbrachten,seit 2 jahren unterwegs,arbeiten als waitress,wenn die Kohle alle ist und auch als Schmuggler für Alkohol und Zigaretten( Panama und Costa Rica).
Die weiteren Stationen waren Kalifornien,Griechenland und Ägypten. Respekt. Laberlaber..Irgendwann erstirbt das Gespräch,wie so viele vor ihnen,und ich versuche,etwas schlaf zu bekommen. Vergeblich. Die beiden inder gegenüber sind,für mich,Ganoven,die ihre Chance auf ein backpack suchen. Ob das so ist,weiß ich nicht,aber es hindert mich am einnicken genauso wie die Tatsache,daß ich in 4h aussteigen muß. Ab 4h werde ich nervös. Wo ist Kota? Ich habe Durchfall und sorge in einer der Toiletten für ein Bild,daß keiner sehen mag...es gibt nur ein loch und kein Spülwasser.
Um 4.30 ankomme Kota. Typisch indisches Ambiente. Kein Personal,die Leute liegen in decken gehüllt auf dem Boden,von weitem gegenüber kann ich den busbahnhof erahnen.
Ich gehe zum Fahrkartenschalter und erstehe ein bahnticket nach bundi für 10 rupies.15cent für 38km. Soll um 6h gehen aus Gleis 4.
Ich setze mich in den recht ordentlichen Warteraum und warte vor mich hin. Frage mich,was zum Henker ich hier verloren habe und ob ich ewig so weiter traveln will. Bin groggy. Zu 6 bin ich am Gleis 4. Ein langer Zug steht dort. Nach bundi? Ich frage nach. Yep,dies ist mein Zug nach bundi. Steige ein mit sack und pack. Nur einfachste Leute,es ist lausig kalt und alle Türen und Fenster offen.
2 Kerle und 2 ladys samt Kleinkind,nackiger arsch,barfuß,sind meine Sitznachbarn. Anfangs freundlich werden sie während der 80minütigen Fahrt zunehmend aufdringlich,opa fordert mich auf,Geld für das Kind locker zu machen und Mama will abwechselnd a)meine asics funktionsjacke b)mir ihre gammlige decke verkaufen oder c)gleich das ganze gepäck.
Draußen wird es hell. Es ist ländlich und neblig. Nach 5,6 halten werd ich langsam nervös. Und nachdem ich ihre begehre abgelehnt habe,ist die Stimmung zwischen uns nicht,sagen wir mal,kooperativ. Auch der Rest der waggonbesatzung beteiligt sich am lebhaftem Gespräch,das sich erkennbar um meine Situation und vor allem mein gepäck dreht. Ich sag's mal ungeschminkt:ich krieg muffe.
Welch ein Segen,das ich mir eine indische sim-card gekauft habe und mittels Standort und Google maps recherchieren kann,daß ich im richtigen Zug und bald da bin. Endlich. Größerer bahnhof. Bundi? Ja,sagen die Bauern.
Was immer die Leute über Indien sagen..vor allem die,welche überschwenglich schwärmen...das Reisen mit der bahn ist scheiße,kein Personal,schlecht ausgeschildert,verdreckte ranzige abteile und in den warteräumen läuft als endlos schleife :" may I have your attention,please",dann in hindi
Ich fliehe aus dem Abteil,und bin so erleichtert,dass ich nicht mal mehr groß mit dem rikschafahrer feilsche,der unverschämte 100 ruppen für die 4km ins Hotelzimmer aufruft
Es wird noch einige Zeit dauern,bis das Adrenalin in meiner Blutbahn abgebaut ist.
Aber:
Der Wirt ist da! Freundlich weist er mir mein zimmer. Es ist einfach und zauberhaft. Heißes Wasser. Und eine eigene Toilette,in die ich mich die nächsten Tage entleeren kann,um die scheiß Bakterien loszuwerden...
Aufbruch: | 11.02.2017 |
Dauer: | 4 Wochen |
Heimkehr: | 11.03.2017 |