Mal mit dem Fahrrad zum Klettern (nach Griechenland)
Montenegro - Im Land der schwarzen Berge
Am nächsten Tag steht wieder ein Grenzübertritt an. Dieser ist, wie auch die vorherigen, völlig unspektakulär.
Der Tip des Campingplatzchefs, zunächst bis Crkvicko Polje zu fahren, erweist sich als sinnvoll.
Erstens ist die Steigung der Straße auf vielen Kilometern >10%, da müssen wir schieben. Dadurch sind wir sehr langsam und es dämmert schon, als wir den kleinen Ort erreichen. Zweitens haben wir (mal wieder) Glück und treffen auf Jovan, der gerade dabei ist, eine seit 2015 geschlossene Herberge wieder herzurichten. Im Mai 2020 will er wieder öffnen. Wir bekommen erstmal ein kühles Bier und bauen unser Zelt auf der frisch gemähten Wiese auf. Warm Duschen können wir in einem der Bungalows auch. Als wir unser Brot auspacken, stellt uns Jovan Schinken, Käse und Paprika-Chutney auf den Tisch und wir reden über viele Dinge, da Jovan ganz gut Deutsch spricht. Viele Jahre ist er als Truckfahrer nach Deutschland gefahren. Ohne Rakij dürfen wir nicht in den Schlafsack kriechen, sonst könnten wir ja vielleicht nicht gut schlafen.
Am Morgen verabschieden wir uns und wünschen Ihm viel Erfolg. Etno Selo Yugoslavia - so heißt die Herberge - ist mitten im Paradies und wird genug Gäste bekommen. Wir strampeln weiter bergan und durchqueren riesige Wildwiesen, die der Prairie ähneln. Wir können uns an der menschenleeren Weite kaum satt sehen und halten immer wieder zum Fotografieren an. Kurz nach Mittag rollen wir nach Nadeijno und stärken uns in der einzigen Gaststätte weit und breit. Das ist auch notwendig, denn nun geht es ca. 250 Hm steil hinab in den Sušica-Canyon, aber auf der anderen Seite noch steiler wieder hinauf. Die Streckenlänge pro Tag sinkt auf mickrige 28km, dafür “klettern“ wir über 1000 Hm bergauf. Am Eingang zum Durmitor-Nationalpark hält uns ein Ranger an und nimmt uns die 3€ Tagesgebühr pro Person ab.
Uns kommen zwei Spanier aus Barcelona vollbepackt entgegen, die wir mit “la viva España“ begrüßen. Die beiden sind perplex, woher wir wissen, dass sie aus Spanien kommen. Aber das hatten uns in Nedajno ein dt. Pärchen avisiert, die hatten die beiden überholt.
Wir zelten mitten im Zentrum des Nationalparks, da wir die weiteren 400 Hm an diesem Tag nicht mehr schaffen. Da das Wetter schlechter werden soll, beeilen wir uns, da wir nicht bei Nebel und Regen in die Tara-Schlucht schauen wollen. Und prompt hat Thomas am Morgen einen platten Hinterreifen, der noch schnell geflickt werden muss.
So schnell wir können strampeln wir hinauf zur Tara-Aussicht und haben Glück: Die Sonne scheint noch, während schon dicke Wolken aufziehen. Die Tara-Schlucht ist nach dem Colorado-Canyon die zweittiefste Schlucht der Welt und mit bis zu 1300 m Tiefe der größte Canyon Europas.
Hinab nach Žabljak geht's ruck-zuck. Wir leisten uns noch einen Abstecher zum schwarzen See, bevor das Wetter endgültig umschlägt.
Žabljak ist ein Touri-Ort, der mit großen Hotelneubauten zugepflastert wird. In ein paar Jahren braucht man hier nicht mehr herkommen. Schade.
Am nächsten Morgen begegnen uns Heerscharen von schlecht ausgerüsteten Touristen, die eine Hiking-Tour gebucht haben und nun mit finsterer Mine dem Abenteuer im Nebel zusteuern.
Was bezahlt ist ...
Wir packen unsere Räder und fahren aus Žabljak in Richtung Šavnik - auch im Nebel und später im Regen. Wir tingeln von einem Restoran / Café zum Nächsten und geben dann 16:30 Uhr entnervt auf. Ein Etno Village abseits der großen Straße bietet uns Unterschlupf in einer geräumigen Finnhütte.
Wir wollen das Kloster Ostrog besuchen. Langsam nach oben kurbelnd begegnen wir einer jungen Frau mit gleichem Ziel, die zu Fuss unterwegs ist.
Lilijana stammt aus Podgorica und ihre große Liebe gilt (zu unserem Glück) der deutschen Sprache. Sie ist wie 76% ihrer Landsleute orthodox. Mit ihrer Großmutter kam sie früher oft zum Kloster und pilgert mindestens einmal jährlich zu ihrem Andenken dahin. Morgen ist nämlich der Geburtstag der Gottesmutter und deshalb wird sie mit vielen anderen im Kloster übernachten. Ob wir das auch vorhaben?
Ähm, ja, jetzt schon.
Mit jeder Kehre der engen Straße erkennen wir mehr Details des beeindruckenden Bauwerkes (1656 gegründet).
Hier wird der Körper des heiligen Vasilije aufbewahrt. Bei Bränden wurden jedes Mal die Überreste verschont.
Heute wächst an dem Ort, an dem der Heilige gestorben ist, eine Weinrebe aus dem Felsen. Dieser Anblick grenzt an ein Wunder. Schließlich gibt es in dem Fels überhaupt keine Erde, auf dem Pflanzen gedeihen können.
1942, während des Zweiten Weltkrieges warfen Faschisten eine Bombe auf das Haus. Diese Bombe zerbrach zwar in zwei Teile, explodierte jedoch nicht. Dieses Ereignis wird ebenfalls als Beweis für die Heiligkeit von Vasilije angesehen.
Das ist nur ein kleiner Teil der im Kloster für Gäste zur Verfügung stehenden Decken. Auf jeder Etage liegen solche Stapel.
Morgens kommen mehrere große Reisebusse mit Gläubigen. Die Gebete und Liturgien werden den ganzen Tag andauern, wir verzichten darauf und gehen erstmal frühstücken.
Mit Lilijana spazieren wir den langen Weg hinunter, unterhalten uns über “Gott und die Welt“ und verabschieden uns wie von einer alten Freundin.
Ich glaube, sie hat nichts dagegen, wenn ich ihren schönen Brief an uns hier einfüge :
"Ich freue mich sehr Gelegenheit zu haben, sie beide kennenzulernen. Zeit mit Ihnen hat so schnell und schön verlaufen, dass ich es gerne verlängern würde. Ich bin glücklich so gute Menschen auf meinem beliebtstens Weg zu treffen. Mir war so schön mit ihnen dass ich später Zeit für reiten und Freunden hatte. Es tut mir nur Leid dass ich nun mit meiner Eltern lebe und konnte sie nicht bei uns zu übernachten einladen- entschuldigen sie bitte dafür, aber mit ihnen ist ein bisshen so, nicht ganz einfach. Aber ich würde gerne sie als meine Gäste eines Tag sehen. Ich denke an sie jeden Tag und bete um alles gut zurechtzukommen. Ich frage mich nach wo sind sie jetzt, ob sie Pause machen, wo übernachten sie, wie viel Tage haben sie bis Zurückkehren...Schreiben sie mir wann dafür Zeit haben.
Viele Küsse und Grüsse meine liebe Menschen,
Lilly aus Montenegro"
Aufbruch: | 17.08.2019 |
Dauer: | 4 Monate |
Heimkehr: | Dezember 2019 |
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