Nach nur einem Jahr zurück in Peru!!!
Silahua - Abseits aller Touripfade bei Piura
Am Sa 15.3. gings dann endlich los auf die heißersehnte Reise Richtung Ecuador. Nach einer heißen Salsanacht in "La barra" Trujillo und einem Tag der Entpannung davon gings in der darauffolgenden Nacht nach Piura, von wo die Reise in die Sierra starten sollte.
Frühmorgens in Piura angekommen, erwartete uns dort Joseph (sprich: Jossäht, oder so ähnlich ), Lisseths Bruder, der im Moment Arzt im Dörfchen Silahua ist und übers Wochenende bei seiner Freundin, Mimi in Piura gewesen war. Zu viert gings anschließend per Bus weiter nach Chulucanas, dem letzten Stück Zivilisation, das wir sehen sollten.
Und das Abenteuer begann. In einem Geländewagen mit 2 Sitzbanken in der Kabine vorne für die besser betuchten und einer Ladefläche für die andern ging es ca. 3 Stunden über Stock und Stein (im wahrsten Sinne des Wortes!). Die "Straße" ähnelte bestenfalls einem Trampelpfad in deutschen Wäldern, war meist gerade so breit, dass ein Auto darauf fahren konnte und führte desöfteren gerade so am Abgrund entlang. Dadurch, dass wir uns am Ende der Regenzeit befinden, war die Straße wohl im schlechtesten Zustand des Jahres. So mussten mehrere Flüsse passiert werden. Vor dem tiefsten mussten wir erst anhalten, damit uns ein Einheimischer den Weg hindurch weisen konnt, indem er voraussprang und sich so ein Trinkgeld verdiente. Zwar spürte ich meinen Hintern schon deutlicher als zuvor, zum Vergleich mit der Rückfahrt war das allerdings die reinste Luxusfahrt, aber dazu weiter unten mehr.
Angekommen in Limón erwartete uns Lisseths Großvater mit 2 Eseln für Geüäck und Essen. Beeindruckend, der Mann, 75 Jahre und top in Form. Zu folgen war nicht immer einfach! Bis zu seinem Haus war es eine ungefähr einstündige Wanderung, immer nur bergauf! Wie in der Regenzeit normal, hatte es mittags zu regnen angefangen und der Weg wurde zur reinsten Schlammschlacht. Nur zu oft, waren die Schuhe komplett im Matsch versunken.
Wunderbar dagegen die Landschaft. Wohin man sieht, alles grün! Aus den wenigen Häuser, die wir passierten, ragte ab und zu ein neugieriges Köpfchen und verschwand wieder. Gut möglich, dass hier zum ersten Mal ein Weißer gesehen wurde. Dementsprechend machte sich der Großvater gar nicht erst die Mühe sich meinen Namen zu merken und nannte mich einfach "Gringo".
Der erste Abend endete gemütlich in der Familie. Die nicht mehr erkennbaren Schuhe wurden gewaschen und es gab ein wie die ganzen Tage sehr leckeres und viel zu reichhaltiges Essen. So leckeres Fleisch wie von der "leña" (hier wird noch über dem Feuer gekocht) hat ich glaub ich noch nie gegessen.
Die Großeltern leben eigentlich fast nur von eigenen Erzeugnissen, in erster Linie Mais und Zuckerrohr, sowie einige Früchte. Da die Bauern nicht organisiert sind, bringt der Verkauf nur sehr wenig ein. Das Glück der Großeltern ist, dass Lisseths Bruder zurzeit als Arzt im Dorf arbeitet und quasi im Gegenzug zu Unterkunft, Essen und Co regelmäßig Fleisch, Reis und ähnliches "aus der Stadt" mitbringt.
In den letzten Jahren ist die Stromversorgung bis nach Silahua fortgschritten. Da die Großeltern etwas außerhalb wohnen, kam diese allerdings noch nicht bei Ihnen an. Immerhin gibt es hinter dem Haus fließend Wasser, an sowas wie eine Dusche nicht zu decken. Ganz lustig ist auch die Toilette, ein Loch von vielleicht 15-20 cm Durchmesser zwischen 2 Wurzeln eines Baumes. Darunter fließt ein kleines Bächchen, was für die Hygiene sorgt! Gar nicht so einfach zu treffen, aber ich war jedes Mal erfolgreich!
Am nächsten Morgen kamen wir leider später als geplant aus der Federn. Nach dem Frühstück gings mit Lisseths Cousine Lis und ihrer kleinen Schwester Bianca zu der Krankenstation, wo Joseph arbeitet, dieses Mal mit Gummistiefeln, was die Sache erheblich erleichtert.
In der Krankenstation fehlt es wirklich an allem! Zum Beispiel ist der Kühlschrank kaputt und Medikamente und Spritzen müssen im Nachbarhaus in einem Privathaushalt zwischen Wurst und Käse aufbewahrt werden. Vorrätige Medikamente sind auch sehr knapp bemessen und oft nicht ausreichend oder gar nicht vorhanden, gerade für die sehr verbreitete und nicht harmlose "Uta" (Leishmanasis). Der Liege, auf der ab und an Geburten stattfinden, sind ihre Jahre auch schon anzumerken und für Hygiene kann hier auch kaum gesorgt werden. Es ist schon außergewöhnlich, dass solch ein entlegenes Dorf (mit immerhin 2000 Einwohnern) gerade einen Arzt hat. Das verdanken sie im Moment nur mangelnden Berufsmöglichkeiten in der Stadt und der Nähe der Großeltern.
Nach diesen erschreckenden Bildern war dann wieder genießen angesagt. Weitere 40 Minuten abenteuerlichen Weges zurück zur Unterkunft. Mittags machten wir noch einen Ausflug zu Lisseths Tante, ein ähnliches Wegstück entfernt.
Dort in einem netten Plausch kam plötzlich ein aufgeregter Herr angerannt und fragte nach Joseph als Arzt. Ein Einheimischer war von einer giftigen Viper gebissen worden. Per Funk war im ganzen Dorf nach Freiwilligen gefragt worden, die ihn zur nächsten Krankenstation mit entsprechenden Medikamenten tragen konnten. Wenig später erreichten uns ca. 20 Männer, die sich im Tragen des Mannes auf einer Liege abwechselten. Joseph schaute sich das Ganze an und begleitete die Menge bis nach Limón, wo sie einen Geländewagen nach Chulucanas (von wo wir gekommen waren, 3h Fahrtzeit) nehmen mussten. Völlig am Ende mit den Kräften kam er abends "zuhause" an, da die Begleiter wohl in einem wahnsinnigen Tempo den Rückweg (Aufstieg) zurückgelegt hatten.
Nach einem spirituellen Erlebnis am Abend, entschieden wir uns am nächsten Tag schon weiterzureisen, da uns weniger als 2 Wochen für unsere Reise nach Ecuador und zurück blieb. Im Nachhinein sicher die falsche Entscheidung, da es hier sicher noch viel zu erkunden gegeben hätte. Der letzte Tag empfing uns mit herrlichem Sonnenschein, der einige schöne Bilder ermöglichte:
Ein besonderes Abenteuer wurde die Rückfahrt. Lis und der Großvater begleiteten uns bis nach Limón. Da dort nur die vollen Autos von Frias nach Chullucanas vorbeifahren, entschieden wir uns erst eine Stunde in die entgegengesetzte Richtung nach Frias zu fahren und statteten einem anderen Onkel Lisseths noch einen Besuch ab. Frias ist ein nettes, ruhiges Städtchen, halbwegs zivilisiert, nur eben 4 Stunden auf übelsten Wegen entfernt von jeder anderen zivilisierten Gegend. In Frías gabs noch ein nettes Mittagessen. Der Großvater war begeistert von unserem gekauften CocaCola oder Sprite und ließ sich keine Einladung zum Trinken entgehen.
Unsere Hoffnung von Frias aus für die Rückfahrt noch Sitzplätze zu bekommen erfüllte sich leider nicht. So legten wir die 4 Stunden Fahrt (dank dem Fahrer waren es nur 3!) auf der Ladefläche, sitzend auf einem auf 2 Seitenstangen gelegten Brett zurück. Zu allem Überfluss fing es an in Strömen zu regnen, so dass die komplette Ladefläche mit einer schwarzen Plane überdeckt wurde und wir vollkommen im Dunkeln saßen.
Die Strecke war noch viel schlechter als auf dem Hinweg und der Fahrer rauschte in einem atemberaubenden Tempo über den Sandweg. Mimi hatte den Platz direkt an der Seite, hielt es nach einiger Zeit nicht mehr aus im ungewissen Dunkeln zu sitzen und hob die Plane, um zu sehen. Desöfteren stand das Auto nur noch auf 2 Rädern, schwankte deutlich und von Mimi waren Schreie zu hören. Wohlgemerkt führte die Straße den Großteil der Strecke direkt am tiefen Abgrund entlang. Eine Situation, als der Wagen am Kippen war, weil sich rechts von uns die Piste auflöste und dort eigentlich nur noch Abgrund war, werde ich wohl nie vergessen. Vollgas und dass der Reifen in letzter Sekunde doch noch griff, retteten uns.
Als der Fahrer nach den 3h Fahrt in Chulucanas noch einmal über den Fahrtpreis diskutieren wollte, weil er ja extra schnell gefahren wäre, konnte ich nur noch lachen. Am nächsten Tag konnten wir die blauen Flecken zählen und uns nach und nach von den Schrecken erholen. Also wem die Achterbahnen in deutschen Freizeitparks schon immer zu langweilig waren, für den ist die Fahrt zur Regenzeit sicherlich genau das Richtige .
Übrigens, wem der ganze Bericht Lust auf mehr gemacht hat, dem kann ich gerne Kontakt zu den Leuten von dort vermitteln. Die Leute dort sind nett, zuverlässig und auf jeden Fall vertrauenswürdig und danken für jeden Sol, den sie sich so dazu verdienen könnten. Und ein billigeres und authentischeres Erlebnis in Peru findet man wohl kaum wo. Die Gegend ist superschön, es gibt eine Menge Wasserfälle oder ähnliches zu erkunden. Und von dem höchsten Berggipfel (siehe Bild) soll man ein hervorragendes Panorama haben. Und in der Trockenzeit ist die Anfahrt übrigens vollkommen ungefährlich. Es fahren sogar Kombis (Kleinbusse) oder alternativ kann von Chulucanas in einem langen Tagesmarsch gewandert werden.
Aufbruch: | 04.03.2008 |
Dauer: | 5 Wochen |
Heimkehr: | 04.04.2008 |
Lambayeque
Bolivien