Iquitos

Reisezeit: September / Oktober 2006  |  von Roland E.

Iquitos

In Iquitos angekommen belagern mich die Mototaxifahrer. Denn auch hier in Iquitos gibt es praktisch keine Autos und wenig Mofas. Dafür Tausende von Mototaxis. Sie ähnlen Rikschas, einfach mit Motor. Sie sind überall und laut und verstopfen die Strassen der Stadt. Im Zentrum wechsle ich Geld. Jeder Schein, der mir ausbezahlt wird, erhält einen Stempel. Scheinbar soll dies die Echtheit beweisen. Danach quartiere ich mich im Hotel Maflo (25 Soles) ein. Ich mag diese Stadt, ich mag die knuddeligen winzigkleinen Frauen mit ihren hübschen Gesichtern, doch ich kann mich keine Minute hinsetzen. Immer wieder werde ich angequatscht. Meistens wollen sie mir nach dem kennenlernen eine Dschungeltour andrehen. Walter ist besonders clever und mühsam und prallt, wie viele Schweizerinnen er hier schon flachgelegt hätte. "Und zu Hause tun sie so prüde", denke ich mir. Im Hotel möchte der Rezeptionist mit mir Englisch üben. Egal wo ich mich hinsetze, überall wollen sie Englisch praktizieren, immer diesselben einfache Fragen. Es wird mühsam.

Blick die schwimmenden Häuser von Belen

Blick die schwimmenden Häuser von Belen

Iquitos soll einem Rotlichtviertel gleichkommen doch davon merke ich nichts. Einzig die Kellnerinnen senden ein paar Signale. Mir scheint es aber, dass sie an mir eher als Ehemann interessiert sind, der sie aus der Armutsfalle befreit. Einzig am Plaza de Armas belästigen mich spätnachts ein paar Prostituierte. Aber alles sehr nett. Am nächsten Tag gehe ich nach Belen, dem Armenviertel, etwas essen. Ich bleibe aber vorzugsweise auf dem Malecon und schaue nur auf die Siedlung herab, obwohl Belen eine Touristenattraktion ist. Aber was ist das. Die Reichen kommen die Armut besichtigen. Die Kellnerin platzt vor stolz, dass ein Gringo in ihrem Restaurant essen kommt. Das Essen schmeckt und kostet 1 Dollar. Ich gebe ihr noch einen Sol Trinkgeld, was sie noch stolzer machen lässt. So willkommen habe ich mich noch selten gefühlt. Angeblich verdienen Kellnerinnen 10 Soles am Tag. Kaum zu glauben, denn das wären ja nur etwa 3 Dollar. Demütig verabschiede ich mich. Vom Malecon aus hat man eine fantastische Sicht Richtung Fluss. (Angeblich ist es nicht der Amazonas) Herrliches, saftig grünes Gras wächst dazwischen, zumindest sieht es bei Tiefwasser so aus. Kinder spielen Fussball.

Mototaxis in Iquitos

Mototaxis in Iquitos

Am Abend ist auf dem Malecon immer etwas los. Ein Clown unterhält die Leute, Tanzgruppen etc., viel Polizei und die Einheimischen, die flanieren kommen. Mir gefällt dieses Treiben und auch Walter hat es mittlerweile aufgegeben und belästigt mich nichtmehr. Doch dann ein neuer "Täter". Er spricht mich an und wir reden ein bisschen, aber bald nervt er. Jeder dritte Satz ist, dass seine Nichte Englisch kann. Ich ignorier ihn, doch er quatscht munter weiter und mitunter stupst er mich an. Ich gehe etwas in die Stadt. Doch er läuft mir hinterher. Später sitz ich wieder am Malecon, er daneben, aber jetzt sagt er wenigstens nichts mehr. Rettung kommt von den schüchternen Mädchen. Eine fragt, ob ich mit ihnen reden will, denn ihre Schwester fände mich so toll und ich soll sie doch heute Nacht aufs Zimmer nehmen. Sie ist 15, ihre Schwester 18 und total schüchtern. Sie fabuliert weiter, dass ich dann ihre Schwester heiraten soll und in die Schweiz nehmen und wenn wir da sind, dann hol ich den Rest der Familie in die Schweiz.
Dann folgt ein heikles Thema, dem ich auf meiner Reise immer wieder begegnen werde: Geld. Sie hören nur, dass man als Arbeitsloser in Deutschland 300 Euro kriegt, aber sie begreifen nicht, dass 300 Euro in Europa viel weniger Wert haben als in Peru. Sie wollen deshalb alle nach Europa, weil man dort viel verdient und wollen nicht hören, dass auch dort auch alles viel teurer ist.
Ich verabschiede mich von den netten Mädchen. Ich mag Iquitos sehr, vorallem die Menschen. Auch wenn es manchmal etwas mühsam ist, sie meinen es nur gut, dennoch will ich weiterreisen und jetzt bricht der Chaot bei mir durch. Eigentlich wollte ich mit dem Schiff nach Yurimaguas, doch jetzt halte ich ein Flugticket nach Lima in der Hand. Ich werde es später sehr bedauern, nicht nach Yurimaguas gereist zu sein.

© Roland E., 2006
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Mit einem stinkenden Boot gings über den Amazonas ins moderne Peru, dem einzigen lateinamerikanischen Land, indem man mit Englisch durchkommen könnte, dann nach Ecuador, dessen Bewohner ich äusserst garstig empfand, also schnell weiter ins wilde Kolumbien, dass sich als ganz zahm erwies.
Details:
Aufbruch: 04.09.2006
Dauer: 5 Wochen
Heimkehr: 05.10.2006
Reiseziele: Kolumbien
Südamerika
Iquitos
Ecuador
Der Autor
 
Roland E. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.